Zeugnis anfechten

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aleanjre
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Mo 27. Jun 2005, 11:10 - Beitrag #1

Zeugnis anfechten

Die Tochter meiner besten Freundin hat letzte Woche ihr allererstes Schulzeugnis erhalten. Das ganze Schuljahr über war die Mutter in regem Kontakt mit den Lehrern, und ihr wurde immer folgendes gesagt: Das Kind wäre sehr gut, es würde zum oberen Klassendrittel gehören. Wenn jeder so lieb, lernfreudig und schnell von Begriff wäre wie sie, wäre die Schule das Paradies.
Auch negatives wurde angesprochen: Die Kleine wäre recht sensibel, und manchmal zu flüchtig. Hält sich nicht immer damit auf, die Aufgabenstellung völlig zu erfassen. ABER: das ist nichts, worum man sich Sorgen machen müsse.
Die ersten drei, vier Monate hatte das Mädchen größere Schwierigkeiten mit dem Lesen. Gegen Ende konnte sie es gut. Das erste halbe Jahr hat sie ähnliche Buchstaben verwechselt. Am Ende nicht mehr.

Tja. Und jetzt kam das Zeugnis. Keine Ziffern, eben nur Text. Und der liest sich, als wäre das Mädel der letzte Klassendepp!
Sie könne nur ganz langsam, Wort für Wort lesen. Verwechsle Buchstaben.
Beim Schreiben ist sie unsorgfältig, mieses Schriftbild, hält keine Linien ein, macht ständig Flüchtigkeitsfehler.
Kann keine Aufgabenstellung umsetzen, auch auf Lehrerhinweis nicht alle Fehler korrigieren.
Das Rechnen im Raum bis 20 geht zwar noch, aber mit zu vielen Flüchtigkeitsfehlern. Sie sei verträumt, sensibel, anhänglich. (ANHÄNGLICH? :wzg: )
Die Hausaufgaben kämen nur "meistens" pünktlich. (Die werden im Hort unter Erzieherinnenbetreuung erledigt!)
Das Schulmaterial wäre meist nicht vollständig.
Selbst in Kunst war sie zwar enthusiastisch, aber zu ungenau.
Das einzige, dass dieser begnadete Mini - Schussel so drauf hatte, war Sport: In Laufen und Weitsprung hätte sie beeindruckende Leistungen gezeigt.

Das gesamte Zeugnis klingt nach einer Aufforderung, möglichst schnell einen Kinderpsychologen aufzusuchen, um ADHS ausschließen zu lassen. Oder vielleicht doch eine Zurückstufung zu beantragen. Denn das Klassenziel wurde ja offensichtlich nur mit äußerster Mühe erreicht.

Die arme kleine Erstklässlerin, die bis dato jeden Morgen glühend vor Stolz zur Schule marschiert ist, heult sich jetzt die Augen aus.
Und die Mutter wird auf jeden Fall ein ernstes Gespräch mit den Lehrern suchen. Ob sie das Zeugnis anfechten will, weiß sie noch nicht. (Hurra, wir kommen zur Frage):

Was muss man tun, um ein ungerechtes Zeugnis anfechten zu können? Wie groß sind die Erfolgsaussichten?

Milena
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Mo 27. Jun 2005, 11:47 - Beitrag #2

also ich war auch nicht immer begeistert vom Zeugnis meines Sohnes, aber wenn ich ehrlich bin, war es doch berechtigt.
Als Mutter hatte ich vielleicht vieles nicht so gesehen bzw. nicht wahrhaben wollen, sei es, dass sich Sohnemann schwer tat mit der Konzentration, der Aufmerksamkeit, der Teilnahme usw. auch zu Hause,
habe natürlich bemerkt, dass er ein Träumer war, still, in sich versunken, habe willentlich die Bemerkungen der Kindergärtnerin überhört, die mir mit auf den Weg gab, dass ich noch einige Schwierigkeiten mit dem Söhnchen in der Schule bekommen werde und habe es doch einfach ignoriert und gedacht,
na ,
die kann mir viel erzählen, ist doch bei den vielen Kindern schlichtweg überfordert
und ausserdem ist mein Sohnemann ein ganz ganz Lieber, der keiner Fliege etwas zuleide tut...
was ich sagen möchte:

ein Zeugnis wird in einer Lehrerkonferenz geschrieben, mehrere Lehrer tun sich zusammen, es ist wie in einem Interdisziplinärem Team, jeder trägt seine Beobachtungen, seine Kenntnisse vor, die er von dem jeweiligen Schüler im Laufe des Jahres gesammelt hat-
und:
viele Augen sehen mehr als nur die Augen einer Mutter...

mag auch sein, dass das Zeugnis tatsächlich etwas
überzogen negativ bewertet wurde, aber doch nicht gänzlich, vielleicht doch nur ansatzweise..
Die Mutter sollte diese Aussage des Zeugnis ihres Kindes als Chance betrachten und ihre Tochter einmal mit anderen Augen beobachten, zu Hause, beim Spiel,
sich diesbzgl. Fragen stellen, warum tut sich meine Kleine so schwer mit der KOnzentration, weshalb träumt sie still vor sich hin, was könnte ich dagegen unternehmen, wie könnte ich dem entgegentreten, was möchte mein Kind damit zum Ausdruck bringen, welche Wünsche, welche Sehnsüchte trägt es in sich...
Die Mutter sollte das Zeugnis nicht als Angriff auf ihr Kind oder ihrer mütterlichen Erziehung sehen, sondern als Möglichkeit einen positiven Nutzen daraus zu ziehen...
und vielleicht noch bzgl. der damaligen Prognose meines Sohnes:
er hatte die Klasse zweimal wiederholen müssen,
ist schliesslich von der Schule geflogen,
ich habe ihn für mehrere Monate in ein Heim geben müssen, damit es
zu einem Hauptschulabschluss kommen konnte,
er hat als Zehnähriger bereits Ergotherapie bekommen,
und ist als 19jähriger zur Zeit in therapeutischer Behandlung...
ich möchte den Teufel nicht an die Wand malen,
doch stelle ich mir natürlich bis heute die Frage,
hätte ich dies alles zum grössten Teil verhindern können,
hätte ich mit mehr Engagement und weniger Ignoranz den Schulpädagogen gegenüber treten müssen.. , mich auf eine gemeinsame Kooperation mit
Fachkräften einlassen sollen...
-
wie sieht die Anteilnahme, die Hilfsbereitschaft der Lehrer im kommenden Schuljahr für die Kleine aus, wenn die Mutter auf Kriegsfuss mit dem Lehrerkollegium steht und ein angefochtenes, nachträglich korrigiertes Zeugnis
vorweisen kann..?

Ipsissimus
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Mo 27. Jun 2005, 12:24 - Beitrag #3

zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust ...

eine gute Freundin ist Lehrerin und erzählt mir oft von Situationen, die sehr an die geschilderte Problematik erinnern, berichtet von Gesprächen zwischen ihr und empörten oder besorgten Eltern und von der Mühe, die sich das Kollegium macht, eine angemessene Bewertung zu finden. Für mich ist dabei immer wieder frappierend - anhand der Lehrer-Eltern-Gespräche - welche Diskrepanz in der Wahrnehmung der beiden Seiten besteht, in welchem Maße Ausagen auf der anderen Seite in einem andersgearteten Interpretationshintergrund einen völligen Bedeutungswandel erfahren. Und oft ist es leider die Seite der Eltern, die Aussagen der Lehrer falsch verstehen, weil es ja nicht sein kann, daß ihr Liebling ...

die andere Seite ist die, daß ganz klipp und klar die Schule nicht oder nicht mehr dafür da ist, die kleinen Menschen zur Entfaltung zu bringen, also deren Bestes in ihnen zum Vorschein zu bringen, sondern Nachwuchs für industrielle Betriebe zu züchten. In diesem Kontext frißt oder stirbt kind, es sei denn, die Eltern können sich für viel Geld Spezialschulen wie z.B. Waldorf- oder Montessorischulen leisten, die wieder ihre eigenen Probleme mit sich bringen.

Keine beneidenswerte Situation.

Ich frage mal meine Freunding, wie der rechtliche Weg der Anfechtung aussieht, kann aber ein paar Tage dauern.

aleanjre
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Mo 27. Jun 2005, 12:27 - Beitrag #4

Natürlich ist es das eine, wenn die schlechte Bewertung einfach gerechtfertigt ist. Jede Mutter trägt die rosarote Brille mit sich. Das es Probleme gibt, will auch niemand leugnen.
Aber warum wurde in jedem Elterngespräch mit jedem Lehrer immer nur wiederholt, es gäbe nicht den geringsten Anlass zur Sorge und das Mädchen sei im oberen Klassendrittel, wenn es nun ein Zeugnis bekommt, dass ein einziger Aufruf zur Sorge ist? Wäre von Anfang an anders gesprochen worden - "Also, liebe Frau X, Ihre Tochter ist so unkonzentriert... ihr fällt das Lesen so schwer, da müssten Sie zuhause üben... das mit dem Rechnen sollte sie sich noch mal vornehmen... die Arbeitshaltung ist nicht Ordnung..."

- Ok! So be it. Dann müsste man sich den Schuh anziehen, die Zeichen der Zeit anerkennen und überlegen, was zu tun ist. So sind aber alle aus den Wolken geplumpst! Ein Verwandter der Kleinen, der wegen Verhaltensstörungen und Entwicklungsrückstand in verschiedenen Therapien ist, hat ein besseres Zeugnis bekommen als sie. Wenn das das Zeugnis einer der Klassenbesten ist, wie sehen dann die der schwachen Kinder aus? Welches Niveau muss eine Klasse haben, dass ein Kind, dass nur stotternd lesen und offensichtlich kaum schreiben kann, oben liegt?

Die Sorge, dass alles schlimm wird, wenn das Zeugnis angefochten wird, wälzt meine Freundin auch. Sie hat jetzt die Ferien vor sich, um zu überlegen, wie sie es machen wird.
Was ich als Unbeteiligte sagen kann: Ich habe Briefe gesehen, die das Kind geschrieben hat. Und die waren dem Stand einer Erstklässlerin völlig entsprechend. Ich weiß, dass sie am Anfang wirklich große Probleme hatte, lesen zu lernen, aber am Ende konnte sie es. Ich denke nicht, dass das Zeugnis gerechtfertigt ist.

Dein Sohn: Ein schwerer Weg, den ihr da gehen musstet. :( Die Krankheit als Kleinkind, später das... :(

Elbereth
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Mo 27. Jun 2005, 12:29 - Beitrag #5

Ich frage mich auch, was ein "verbesserte" Zeugnis besser macht, es ist ja "nur" die erste Klasse, dieses Zeugniss wird ja nicht direkt ihre weitere Schullaufbahn beeinflussen. Aber der große "Anfechtungsstress" könnte die Kleine bei den Lehrern unbeliebt machen, wie Milena schon sagte... Ich weiss nicht wie es in der Grundschule ist, aber in der Oberstufe ist das Anfechten eine ziemlich langwierige Angelegenheit...

aleanjre
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Mo 27. Jun 2005, 13:02 - Beitrag #6

@Ipsi: Ja, das wäre lieb, wenn du mal fragen könntest. :) Zeit ist dabei nicht entscheidend, die Ferien haben in Berlin gerade erst begonnen.
Sicher, man kann so vieles missverstehen. Nun neigt meine Freundin aber, so wie ich sie kenne, eher dazu, alles negativ zu verstehen. Ihr Erstgeborener hat bereits zig Jahre harten Kampf hinter sich - Asperger, ADHS + Hochbegabung, ständig fehldiagnostiziert, überall Hindernisse, Blockaden, Ignoranz.
Sie hatte lange mit sich gekämpft, bis sie entschieden hatte, wo ihre Tochter eingeschult wird, hat nicht umsonst ständig Gespräche gesucht, ob alles so läuft wie es soll.
Jetzt bin ich natürlich die Unteiligte Dritte, und auch noch 500 Km vom Schauplatz entfernt. Ich weiß nicht, was da wirklich schief gelaufen ist. Aber irgendetwas ist schief gelaufen. Hier wurde eine Schülerin abgeklatscht, die vorher hoch gelobt wurde, ich finde nicht, dass es so ablaufen sollte. Ich zum Beispiel bin gewarnt, was das noch kommende Zeugnis meiner Süßen anbelangt. Ich weiß um alle Probleme, und würde höchstens sehr irritiert gucken, wenn da stehen sollte: "Sie las stotternd, ohne den Zusammenhang zu verstehen..." - hier zuhause liest sie am 4. Buch einer Serie, empfohlen für 8jährige.

@Elbereth: Das Zeugnis mag für das offizielle spätere Leben Null Bedeutung haben. Aber für das Kind hat es eine entscheidende Bedeutung. Bis jetzt hatte sie größte Freude an der Schule, hat sich jeden Tag darauf gefreut, sich beweisen zu dürfen, war stolz auf jede noch so kleine Leistung. Ihre Hausaufgaben hat sie als Chance verstanden, ihrer Familie zeigen zu können, was sie schon wieder Neues gelernt hat. Diese große Freude und Begeisterung wurde mit nichts honoriert. Sie hockt heulend in ihrem Zimmer und hält sich jetzt für zu blöd, um einen Eimer Wasser umzuschmeissen.
Sie hat das Zeugnis ihres Bruders gelesen. Jeder Versuch, die wenigen nett formulierten Passagen ihrer Bewertung noch rosiger zu reden, beendet sie mit einem: M. hat ein gutes Zeugnis, ich nicht.

Egal, was letztendlich geschehen wird. Vielleicht reicht die Empörung der Eltern, das laute Überlegen, das Zeugnis ändern zu lassen schon aus, um ihr wieder Auftrieb zu geben.

Milena
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Mo 27. Jun 2005, 13:50 - Beitrag #7

alea: die Kleine hockt heulend in ihrem Zimmer? wieso? Ist ihre Mutter schreiend durch´s Haus gerannt, mit dem Zeugnis in der Hand und hat ihrer Empörung über ein so schlechtes Zeugnis der Tochter freien Lauf gelassen..?

ach nein, die Kleine hat es selbst mit dem Zeugnis ihres hochbegabten Bruders verglichen..
da tauchen bei mir etliche Fragen auf:
-kann eine Erstklässlerin tatsächlich Zeugnisse lesen, verstehen, begreifen und vergleichen?
-kann es sein, dass die Kleine unter einem immensen Konkurrenzdruck mit hochbegabtem Bruder steht?
-kann es sein, dass das Mädchen(plus die Familie) die schulischen Leistungen
zu sehr überbewertet, so nach dem Motto: mein Bruder ist gut, nun habe ich noch besser zu sein?
-das Mädchen hat gerade die 1. klasse hinter sich gebracht,
wie wird es in vier, in sechs, in zehn Jahren aussehen?



Bis jetzt hatte sie größte Freude an der Schule, hat sich jeden Tag darauf gefreut, sich beweisen zu dürfen, war stolz auf jede noch so kleine Leistung



nimm´s bitte nicht persönlich alea, ist Deine beste Freundin,
aber muss sich ein Kind in diesem Alter bereits beweisen dürfen(müssen),
stolz auf jede noch so kleine Leistung sein(müssen)...
aber ist alles natürlich kein Thema,
wenn das Kind um seiner Selbstwillen geliebt wird!

aleanjre
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Mo 27. Jun 2005, 19:08 - Beitrag #8

Nein, die Mutter war kein bisschen daneben. Sie hat ihre weinende, völlig entsetzte Tochter im Arm gewiegt und sich alle Mühe gegeben, die lobenden Passagen so zu betonen, dass sie noch schöner klangen, und die schlechten, dass sie netter herüberkamen.

Sie war offensichtlich selbst in der Lage, die Unterschiede zu verstehen und zu vergleichen.
Ihr Bruder ist 5 Jahre älter. Er ist ihr großer Held, sie eifert ihm nach. Leistungsdruck wird nicht auf sie ausgeübt.

Sie wird geliebt. Um ihrer selbst willen. Sie ist auch stolz auf ihre Window Colours, auf ihre Aquarelle, auf das Fahrradfahren, oder wenn sie sich ein Paar neue Schuhe ausgesucht hat. Genauso ist sie stolz, wenn sie einen neuen Buchstaben gelernt hat, und sie will, dass jeder das erfährt. Warum auch nicht? Es zeigt doch ihr Vertrauen darauf, dass die Erwachsenen sie in ihrem Tun unterstützen. Ich habe als Kind nie gewagt, auch nur ein gemaltes Bild vorzuzeigen.
Es ist gerade diese unschuldige Freude an der Schule, die so schön ist. Sie wollte immer lesen lernen, um ihren Bruder vorlesen zu können, der es bislang immer für sie getan hat. Sie wollte schreiben können, um ihrer Freundin - meiner Tochter - die so weit weg wohnt, Briefe schicken zu können.
Warum muss die Bewertung in der 1. Klasse schon so penibel und hart sein, dass diese natürliche Freude zerstört wird?
Natürlich müssen Probleme beim Namen genannt werden. Aber es gibt Formulierungen, die Probleme aussprechen, dass die Eltern es verstehen, es für die Kinder aber durchaus wie ein Lob klingen kann. Muss denn gesagt werden: "Sie machte beständig aus Flüchtigkeit Fehler"? möglich wäre doch: "Sie rechnete im Zahlenraum bis 20, war aber nicht immer sorgfältig genug." Es sagt das Gleiche, klingt aber einfach viel, viel freundlicher.

Noriko
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Mo 27. Jun 2005, 20:09 - Beitrag #9

Ehm...
Bei allem Respekt und aller vieleicht vorhandener Berechtigung der kritik am Kind, auch wenn es WIRKLICH grottenschlecht ist, ich weis es nicht, verstehe ich nicht, warum man ein Erstklässler Zeugniss so extrem drastisch vormulierten muss....
Ich meine, ich war schon uin der Grundschule was Hausaufgaben anging äußerst unzuverlässig, quatschte daeurnd im Unterricht und Meine Schrift war derart katastrophal, das sie heute noch schlimmer ist, als alles andere (kannst du jeden fragen der mich kennt) ich habe mich sogar GEWEIGERT im Unterricht zum Teil mitzuarbeiten, weil ich es nciht eingesehen habe, warum die Lehrer so extrem erpciht drauf waren,d as mein "K" vernünftig aussehen soll (ich kanns bis heute nicht vernünftig ^^")
Jaja, ich war damals schon ein kleiner Rebell gegen die Lehrerautorität, nicht zwingend dauerauffällig, aber immer mal wieder.
Und gerade was meine Sauklaue anging, war es bei weiterm nicht so harr formuliert, wie dort (und ich wette, ich schreibe schlechter als das arme Kind)

Anfehcten macht imho aber auch keinen Sinn, zuviel Aufwand, zuwenig Sinn, lieber mit Lehrern reden, das Kind trösten und versuchen die Situation zu verbessern.

Feuerkopf
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Mo 27. Jun 2005, 20:26 - Beitrag #10

Ich denke auch, die Lehrerin sollte nach den Ferien der Kleinen im Gespräch erklären, dass ihr Zeugnis nicht böse gemeint ist.

nils.ri
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Mo 27. Jun 2005, 20:57 - Beitrag #11

Da in dem Zeugnis ja keine Noten stehen, die irgendwie die Versetzung oder einen Abschluss beeinflussen würden, glaube ich auch nicht, dass Anfechten das Mittel der Wahl sein sollte.

Eine 6-Augen-Runde mit Kind, Lehrer und Mutter halte ich da schon für angebrachter, evtl. auch nochmal ohne Kind.
Ihm sollte auf jeden Fall klar gemacht werden, dass ein schlechtes Zeugnis nicht der Weltuntergang ist.

e-noon
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Mo 27. Jun 2005, 21:02 - Beitrag #12

Ich würde auf jeden Fall versuchen, es anzufechten. Zunächst mit der Lehrerin reden, was vor allem für die Kleine gut wäre, wenn die Lehrerin einsieht, dass da was falsch gelaufen ist, und der Kleinen wieder Mut machen kann. Wenn sie sich aber uneinsichtig zeigt, würde ich auch an höherer Stelle Protest einlegen. Nicht nur, dass das Zeugnis völlig übertrieben unfreundlich und demotivierend geschrieben ist, es ist auch noch entgegen allen Beteuerungen der Lehrer, dass das Kind gut mitkomme, schlecht ausgefallen. Allein aufgrund dieser Unverfrorenheit, den Eltern gegenüber alles als gut darzustellen und dann so ein Zeugnis auszuteilen, würde ich das Ganze nicht auf sich Beruhen lassen. Mich würde auch mal stark der Kommentar der Lehrer interessieren, wenn sie mit diesen unvereinbaren schriftlichen und mündlichen Aussagen konfrontiert sind.

Ausgerechnet als Lehrer einem Kind so die Motivation zu nehmen... :o

Traitor
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Mo 27. Jun 2005, 23:16 - Beitrag #13

Zuerst: Die Sache hat für mich auch etwas positives, zeigt sie mir doch, dass die Zeit, als die Bewertungen grundsätzlich und um jeden Preis nur positiv formuliert sein durften, endlich vorbei ist.

Dass dies aber gerade dazu führen muss, in diesem Fall derart hart und unpassend zu vorherigen Signalen zu urteilen, ist tatsächlich sehr befremdlich und in meinen Augen sowohl pädagogischer Unfug als auch schlicht und ergreifend unfair Kind und Eltern gegenüber.
Allerdings gehöre ich auch zur Fraktion, die von einer Anfechtung per Amtsweg abrät. Lieber mit der Lehrerin zu reden versuchen, fragen, wie es zu der Diskrepanz kommt, und ob sie nicht freiwillig etwas ändern will oder man sich zumindest auf eine Erklärung dem Kind gegenüber einlässt.

Banshee
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Di 28. Jun 2005, 08:45 - Beitrag #14

Nee, manche Lehrer sind einfach schlimm. In Zeiten von Pisa und sonstigen Katastrophen einem Kind die Motivation zu stehlen. :(
Aber anfechten? In der fünften Klasse war ein Mädchen, da wurde das Zeugnis angefochten. Ein halbes Jahr später war sie runter von der Schule, weil sie einfach nicht mitkam, es wäre besser gewesen, sie hätte das Jahr wiederholt. Die Lehrer hatten sich auch keine Mühe mit ihr gegeben, ihre Arbeiten wurden nicht gerecht benotet. Es kann nicht gut sein.

e-noon
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Di 28. Jun 2005, 14:24 - Beitrag #15

Natürlich sollte man es zunächst auf freundliche Weise versuchen, aber was zieht das Kind für Schlüsse, wenn die Lehrerin sich dann weigert und die Eltern nichts weiter unternehmen? Es wird sich entweder für dumm halten oder erkennen, dass Ungerechtigkeit ihr gegenüber auch von den Eltern hingenommen wird, sie wird sich hilflos fühlen. Daher würde ich schon versuchen, auf rechtlichem Wege weiterzukommen, wenn andere Versuche scheitern.

Im Focus Schule stand glaub ich auch was zu dem Thema, dass immer mehr Eltern schlechte Noten und Zeugnisse ihrer Kinder anfechten würden. Das finde ich auch gut so, denn die Bewertung ist meist so subjektiv und ortsgebunden, teilweise auch sehr unfair, dass man sie nicht hinnehmen sollte, ohne sie kritisch zu prüfen.

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Di 28. Jun 2005, 16:00 - Beitrag #16

Unabhängig vom von Alea geschilderten Fall ist es allerdings häufig so, dass Eltern ein geschöntes Bild von der Leistungs- und Lernfähigkeit ihrer Sprösslinge haben. Spätestens ab der 5. Klasse werden die Zeugnisse von mehreren Lehrern erstellt. Ein bisschen sollte man auch deren Urteilsvermögen trauen.
Zeugnisnoten werden übrigens auch auf dem Klagewege seltener geändert, als ihr glaubt. Im Regelfall können Lehrer sehr genau begründen, warum sie welche Zensur gegeben haben.

Ipsissimus
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Mi 29. Jun 2005, 11:42 - Beitrag #17

und ein weiterer, davon einigermaßen unabhängiger Aspekt


als ich zur Grundschule ging, damals noch als "Volksschule" bezeichnet, gab es für Erstklässler genau so Noten wie für alle anderen auch. Wenn ich auch aus anderen Gründen unter der Schule gelitten habe, so war es doch nicht der Aspekt der klaren Bewertung, der dazu führte. Ich war immer ein Spitzenschüler, und das einzige Mal, bei dem ich auf der Grundschule eine "Drei" geschrieben hatte in einem Diktat, habe ich Rotz und Wasser geheult, nicht wegen der Bewertung, sondern weil ich sofort gesehen hatte, daß die Bewertung gerecht war, weil ich einfach geschludert hatte und z.B. statt "trinken" "drinken" geschrieben hatte, ich weiß das noch wie heute^^

Will sagen: die Verschleierung des faktischen Leistungsstandes durch die Vermeidung klarer Bewertung oder gar beschönigender Bewertung ist imo das eigentliche Problem; ich wußte von der ersten Klassenarbeit an, wo ich stand und konnte mich selbst einigermaßen korrekt einschätzen, was heute in den Zeiten der Samtweichspülung den Kindern oft unglaublich schwer gemacht wird. Kein Wunder, daß dann gelegentlich - oder vielmehr: öfter, denn das Beispiel der Tochter deiner Freundin ist keine Ausnahme, Alea - die Kinder aus allen Wolken fallen.

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Mi 29. Jun 2005, 12:17 - Beitrag #18

Diese Texte werden wohl meistens nach "Baussätzen" geschrieben, ähnlich wie bei Arbeitszeugnissen. Aber eine Internetbekannte, die sich ein bisschen in der Marterie auskennt, behauptet, dass wäre nicht, oder zumindest nicht in jedem Bundesland, Pflicht? Denn irgendwo ist dann ja eine Interpretationsspannweite auch für den Lehrer gegeben, der sich 30 Mal abhuddeln muss, um einigermaßen originell ein paar Fakten zu verfassen...

Meine Freundin erzählte mir gestern Abend, dass die Lehrerin wohl eine ältliche Dame ist, die seit zig Jahren nur die "großen Grundschüler" vor der Nase gehabt hatte. In Berlin sind das Fünft- und Sechstklässler. Möglicherweise hat sie wirklich gedacht, sie würde ein gutes Zeugnis schreiben, in dem alle positiven Aspekte mal erwähnt werden? Oh, das wird ein interessantes Gespräch!

Ich stimme dir zu, Ipsissimus. Ein "befriedigend" ist einfach eindeutiger als ein "es klappte schon, aber es wurden noch häufig Flüchtigkeitsfehler gemacht". Es kann weder schön noch kaputt geredet werden, eine 3 ist eine 3, eine durchschnittlich gute Leistung. Es wäre für Eltern wie Kinder wesentlich leichter, mit einer solchen Bewertung umzugehen als erst mit der halben Welt diskutieren zu müssen, wie eine bestimmte Formulierung wohl gedacht ist.

Andererseits sind Noten immer eine subjektive Sache. Selbst in einer Mathearbeit, wo die Fehler sich selbst erklären, hat ein Lehrer Ermessensspielraum - gibt er Extrapunkte für den richtigen Lösungsweg? Zieht er Punkte für ein schwer leserliches Schriftbild ab? Wie hart greift er bei fehlenden "cm - Angaben" durch? Wo setzt er den Notenspiegel an, mit wie vielen Fehlern gibt es noch eine 4- zu erreichen? Noch schlimmer sind Deutschinterpretationen. Ich erinnere mich, das mal ein Test gemacht wurde, Lehrern wurde das Thema genannt und die Ausarbeitung eines Schülers dazu gegeben. Von 1-6 waren wohl alle Noten dabei.
Letztendlich bleibt den Eltern nur, eine schlechte Note zu schlucken oder auch nicht. Ich hatte mal eine Französisch - Nachhilfeschülerin. Sie hatte 5, 4, 4 geschrieben im Halbjahr, und der Lehrer hatte versprochen, dass sie, wenn sie die dritte Arbeit mit ausreichend schafft, die "4" auf dem Zeugnis sicher hätte. Dann hat er ihr aber trotzdem ohne Vorwarnung eine 5 gegeben und beim Elterngespräch argumentiert, das Mädel wäre mündlich zwischen 5 - 6.
Nun war diese junge Dame bestimmt keine "Schule ist doof" - Zicke. In jedem anderen Fach stand sie zwischen 1- 2. Sie hatte immer ihre Hausaufgaben gemacht, natürlich auch in Französisch. Sie hatte immer ihr Arbeitsmaterial vollständig, und sie versicherte glaubhaft, dass sie in jeder Stunde ein paar Mal aufzeigen würde. Sie käme nicht immer dran, und hätte auch nicht immer etwas intelligentes gesagt, aber sie hätte sich bemüht. Wenn sie nicht gelogen hat, hätte sie mündlich also mindestens als "ausreichend" eingestuft werden müssen. Sie erzählte außerdem unter Bestätigung ihrer Klassenkameradinnen, dass selbiger Lehrer ein recht merkwürdiges Bewertungssystem hätte - Jungs waren grundsätzlich schlecht in seinem Kurs, und Mädchen bekamen unabhängig von ihrer Leistung bessere Noten, je blonder und hübscher sie waren, und desto kürzer ihre Röcke. Sie trug leider gerne Jeans, und war schwarzhaarig.
Tja. Glauben oder nicht? Die Eltern haben die Note nicht angefochten. Auch wenn alles dafür sprach, dass sie keinerlei gerechte Grundlage hatte, auch wenn es das Versetzungszeugnis in die 10. Klasse war. Es gab zu wenig echte Beweise.

Skandale und subjektive Fehlentscheidungen sind immer möglich. Aber ich stimme Feuerkopf zu: sie sind weitaus seltener als die Elternklagen. Normalerweise wollen Lehrer ihren Schülern nicht schaden und bewerten lieber mit zusammengebissenen Zähnen als zu streng, und sie haben immer noch einen objektiveren Blick als die Eltern.

Feuerkopf
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Mi 29. Jun 2005, 13:37 - Beitrag #19

Zitat von aleanjre:
Skandale und subjektive Fehlentscheidungen sind immer möglich. Aber ich stimme Feuerkopf zu: sie sind weitaus seltener als die Elternklagen. Normalerweise wollen Lehrer ihren Schülern nicht schaden und bewerten lieber mit zusammengebissenen Zähnen als zu streng, und sie haben immer noch einen objektiveren Blick als die Eltern.


Nicht nur das:
Lehrer sind auch nicht scharf auf die Arbeit, die ein Einspruchsverfahren mit sich bringt.

e-noon
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Mi 29. Jun 2005, 17:48 - Beitrag #20

@Ipsi: Das kenn ich auch noch :D In der Grundschule waren meine Noten eigentlich immer ok (lassen wir Sachkunde mal außen vor), aber in einem Diktat hatte ich einmal die letzten fünf Wörter vergessen und ne drei bekommen! Sonst war alles richtig! Mann, hab ich mich kaputtgeärgert!!!

Am besten sollten Computer die Schüler bewerten, natürlich leistungsfähige, denen man zB. den Bewertungsmaßstab eingibt (aufzeigen gibt einen Punkt, die Aussage wird dann nochmal bewertet, die Hausaufgaben, wieviel man quatscht und was der Lehrer noch so alles bewertet haben will) und die dann eine vollkommen neutrale und sachliche Bewertung angeben. An dieser darf der Lehrer dann noch, wenn er ein etwas anderes Bild hat oder als pädagogische Maßnahme etwas herumdeuteln, aber für deutliches Abweichen müsste er wirklich gute Gründe angeben können. Damit wäre wohl erst annähernd Gerechtigkeit möglich.

Und dann könnte man vielleicht auch endlich etwas einheitlichere Bewertungen einführen (in Bayern bekommt derselbe Aufsatz eine vier, der im Norden eine zwei gewesen wäre und solche Scherze).

Ich sehe das Problem nicht so sehr in der schlechten Bewertung, sondern darin dass vorher gesagt wurde, es bestehe kein Grund zu Sorge oder Eingreifen. Wäre man vorher gewarnt worden, könnte man den Eltern vielleicht jetzt Voreingenommenheit unterstellen, aber die Lehrerin hat ja anscheinend selbst zuvor noch gesagt, es gäbe keine Probleme.

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