Latein als Voraussetzung für bestimmte Studiengänge: Berechtigt oder Unsinn?

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Maurice
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Mi 23. Nov 2005, 22:37 - Beitrag #21

Nuriko bei uns auf der Uni gibt es in der Philosophie keine Vorlesungen und Seminare speziell fürs Grund- oder Hauptstudium und keine speziell für Lehramt oder Magister. Da gibt es einfach Veranstaltungen aus verschiedenen Bereichen der Philosophie, die jeder jederzeit besuchen kann, wenn er will. Z.B. der Schein für theoretische Philosophie, den man in einem Seminar macht (bei uns gibt es keine Pro- und Hauptseminare, sondern einfach nur Seminare) kann sowohl der Lehrämtler im Grundstudium, wie auch der Magisterstudent im Hauptstudium verwenden.

Padreic
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Mi 23. Nov 2005, 22:58 - Beitrag #22

@Maurice
Ich würde gerne mal wissen, wer von euch Philosophie jemals in der Schule hatte. Wenn das auf jemanden zutrifft, dann möchte ich von demjenigen Mal wissen, wann es da mal eine philologische Diskussion über ein Fremdwort gab. Mir ist sowas bisher noch nicht vorgekommen und ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass sowas mal in der Schule vorkommen sollte.

Nunja, wir hatten das. Unser Philo-Lehrer hat in 12/13 öfters Anmerkungen gemacht über griechische Wörter. Ich erinnere mich z. B. an längere Ausführung bzgl. des Wortes 'arete', das im lateinischen zu 'virtus' wurde und im Deutschen normalerweise mit 'Tugend' übersetzen wird, was man nicht missverstehen darf, sondern moralinfrei im Sinne von 'etwas taugen' verstehen sollte. In der 11 hat mein zeitweiliger Philosophielehrer (der allerdings kein studierte Philosoph war, sondern eigentlich Deutsch- und Musiklehrer) bedauert, kein Altgriechisch zu können. Wir hatten einen Dialog zwischen Hylas und Philonous von Stanislav Lem (glaube ich) gelesen und da ist die Anspielung auf Materie und Geist in den Namen schon von Relevanz... (ganz davon abgesehen, dass uns der Lehrer auch nicht darauf hingewiesen hat, dass diese Figuren schon bei Berkeley einen Dialog geführt haben).

Um einzelne Termini zu erklären, muss man das Latinum haben? Für was gibt es Lexika und Sekundärliteratur? Da werden die Begriffe ausreichend erklärt und sich das zu merken ist wohl deutlich effizenter, als sich eine ganze Sprache beizubringen.

Ich meinte auch nicht, dass man zwangsläufig ein ganzes Latinum haben muss. Ein gut ausgewähltes Stückwissen mag auch schon reichen, zumindest eben im Schulunterricht oder auch in so manchem wissenschaftlichen Bereich. Ich wollte mich nur dagegen verwehren, dass Lateinkenntnisse allgemein unnütz und irrelevant wären...

Ich weiß auch nicht, ob ich ein Latinum für Lehrer in Germanistik und Philosophie zur Pflicht machen würde...vermutlich nicht, auch wenn wohl einen Lateinkurs.
Aber ein Problem (zumindest in NRW) ist, dass der wissenschaftliche Studiengang und der Lehrerstudiengang prinzipiell erstmal gleich laufen, nur dass man das Fach dann nur bis Bachelor-Niveau studiert (was ich an sich schon unsinnig finde). Da kann man auch schlecht bei den Anforderungen trennen...entweder für alle kein Latinum oder für alle eins. Vielleicht wäre eine Lösung für bestimmte Veranstaltungen einfach Lateinkenntnisse vorauszusetzen, die Leute sollten ja eigenverantwortlich merken, wenn sie es nicht können.

Ipsissimus
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Do 24. Nov 2005, 00:38 - Beitrag #23

Wenn ich wissen will, was es mit dem Begriff "Logos" Auf sich hat, schaue ich doch ins Lexikon und studiere nicht Griechisch. Oder wer von euch geht da anders vor?


um "logos" zu verstehen ist der Blick ins Lexikon einer der sicheren Irrwege^^ nicht deswegen, weil die lexikalische Darlegung falsch wäre, sondern weil sie aus einer Vielzahl von Bedeutungsnuancen ein Substrat bildet, das von allen diesen Nuancen ein bißchen was hat, aber keine trifft. Für einen Mediator (Lehrer) mag das ausreichen, für einen Philosophen ist das eher ... fragwürdig^^

janw
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Do 24. Nov 2005, 01:43 - Beitrag #24

Um das von Ipsi mal zu erweitern...keine Sprache ist beliebig, jede Sprache ist Ausdruck der Bedingtheiten der Sprechergemeinschaft und ihrer Kultur und Denkstrukturen. Wir können eine Kultur nicht verstehen, wenn wir die Sprache nicht kennen, und die Sprache nicht, ohne Einblick in die Bedingtheiten und Denkstrukturen der Sprechergesellschaft zu haben.
Das Wort logos ist ein Musterbeispiel dafür, und eines der zentralen Probleme in der Bibelkunde. "Am Anfang war das logos, und das logos war bei Gott." Wer aus logos "Wort" macht, verfälscht den Satz.

@Latein als Sprachlernerleichterung: Ich lerne jetzt Spanisch und muss sagen, daß Latein eine ungemein große Hilfe dabei ist.

@abgespecktes Latinum: Einer meiner Geobotanik-Profs war ursprünglich Lehrer gewesen und hatte dann promoviert und sich habilitiert.
Im Falle einer Geisteswissenschaft hätte er bei dem Werdegang und einer abgespeckten Lateinanforderung für Lehrämtler später das Latinum nachholen müssen.
Wenn man wirklich die Lateinanforderungen je nach Studienziel abspecken will, dann kann man auch wieder zu den alten Lehrerseminaren zurückkehren. Lehrämtler runter von der Uni, was meint Ihr, was das dort für eine Erleichterung bringt...

Maurice
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Do 24. Nov 2005, 13:47 - Beitrag #25

Zitat von Padreic: Wir hatten einen Dialog zwischen Hylas und Philonous von Stanislav Lem (glaube ich) gelesen und da ist die Anspielung auf Materie und Geist in den Namen schon von Relevanz... (ganz davon abgesehen, dass uns der Lehrer auch nicht darauf hingewiesen hat, dass diese Figuren schon bei Berkeley einen Dialog geführt haben).

Aber rechtfertigt dieses Detail, dass jemand eine ganze Sprache lernen soll?
Es ist ja nicht so, dass ihr mit den Texten nichts hättet anfangen können, wenn ihr dieses Detail nicht erkannt hättet.

Ich wollte mich nur dagegen verwehren, dass Lateinkenntnisse allgemein unnütz und irrelevant wären...

Das ist klar. Kein Wissen ist unnütz. Hilfreich ist es auch auf jeden Fall Latein zu können. Aber es ist auch hilfreich sich in Physik, Chemie, Biologie, Politik, Geschichte und was es sonst noch alles gibt auszukennen. Muss man deshalb alles perfekt beherrschen?

Ich weiß auch nicht, ob ich ein Latinum für Lehrer in Germanistik und Philosophie zur Pflicht machen würde...vermutlich nicht, auch wenn wohl einen Lateinkurs.

Damit könnte ich leben. Da macht man 1-2 Scheine und vergisst die ganze Sache wieder nach ein paar Semestern. Ist zwar im Grunde auch überflüssig, aber da ist wenigstgens die Kosten-Nutzen-Relation nicht so irre verzerrt, wie es bei den Anforderungen für das Latinum ist.


Für einen Mediator (Lehrer) mag das ausreichen, für einen Philosophen ist das eher fragwürdig

Einer Philosophie-Lehrer ist erstmal ein Lehrer, der Schüler Philosophie beibringen/näherbringen soll. Darüber hinaus sind sie manchmal auch Philosophen. Aber nicht jeder Philosophie-Lehrer muss ein Philosoph sein. Oder verlangt ihr z.B. auch von jedem Physik-Lehrer, dass er Physiker ist?
Außerdem ist jemand erst dann Philosoph, wenn er Griechisch kann? Kommt es DARAUF an?


Wir können eine Kultur nicht verstehen, wenn wir die Sprache nicht kennen, und die Sprache nicht, ohne Einblick in die Bedingtheiten und Denkstrukturen der Sprechergesellschaft zu haben.

Also muss ein Geschichtslehrer Latein können, weil er über die Römer erzählt. Er muss dann auch Griechisch können, weil er über Griechenland erzählt. Er muss auch Französisch können, weil er über Frankreich erzählt. Er muss auch Russisch können, wenn er über Russland spricht. Und er sollte sich davor hüten jemals China im Unterricht zu behandeln, weil er nur dann kompetent über dieses Land Auskunft geben kann, wenn er Chinesisch gelernt hat.

Ich wundere mich immer noch, was für Nutzenkalküle hier aufgestellt werden. Es wird ständig mit Bespielen argumentiert, die für den schulischen Alltag eine nebensächliche Rolle spielen und hält die Anforderungen eines Latinum im Bezug darauf für berechtigt.

janw
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Do 24. Nov 2005, 14:28 - Beitrag #26

Zitat von Maurice:Also muss ein Geschichtslehrer Latein können, weil er über die Römer erzählt. Er muss dann auch Griechisch können, weil er über Griechenland erzählt. Er muss auch Französisch können, weil er über Frankreich erzählt. Er muss auch Russisch können, wenn er über Russland spricht. Und er sollte sich davor hüten jemals China im Unterricht zu behandeln, weil er nur dann kompetent über dieses Land Auskunft geben kann, wenn er Chinesisch gelernt hat.

Mit Griechisch, Französisch und Russisch hast Du nicht unrecht, das alles zusammen ist recht viel, wobei Französisch aber schon fast zur Allgemeinbildung gehört, als häufige 2. Fremdsprache an Gymnasien.
Latein ist aber unabdingbar, um mittelalterliche Quellen, ja, teils bis in die Neuzeit, im Original lesen zu können.
Und das kann durchaus mal eine Rolle spielen, wenn diese Zeitepochen vertieft beleuchtet werden. Geschichtsunterricht sollte nicht nur reine Übermittlung von Zeitdaten sein, sondern den Schülern ein Bild vermitteln über die Lebensumstände und geistigen Bedingtheiten der Menschen in den Epochen, um eben Verständnis zu erreichen dafür, warum bestimmte Dinge so gemacht wurden und nicht anders, und welche Alternativen evtl. bestanden hätten. Und dieser "Geist einer Zeit" erschließt sich oft genug nur aus Originalquellen.

Maurice
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Do 24. Nov 2005, 14:37 - Beitrag #27

Latein ist aber unabdingbar, um mittelalterliche Quellen, ja, teils bis in die Neuzeit, im Original lesen zu können.

Was aber in der Schule nicht gemacht wird. Zumindest außerhalb des LAtein-Unterrichts.

Und das kann durchaus mal eine Rolle spielen, wenn diese Zeitepochen vertieft beleuchtet werden.

Was auch nicht in der Schule gemacht wird. In der Schule werden Grundlagen vermittelt. Wirklich tiefgehende Details gibts im Studium.
Aber man angenommen ein Geschichslehrer würde auf die Idee kommen in seinem Unterricht einen lateinischen Quelltext zu behandln: Das Ergebnis wäre enttäuschend!
1. Haben nicht alle Schüler Latein und die meisten würden somit mit dem Text nichts anfangen können.
2. Einen Originaltext aus der damaligen Zeit intensiv zu behandeln würde einfach viel zu viel Zeit kosten.
3. Glaube ich nicht, dass man die Schüler davon überzeugen könnte, dass es sinnvoller ist einen Originaltext mühsam und zeitraubend zu übersetzen (wozu ja manche nicht mal ansatzweise in der Lage sind, weil sie kein Latein, sondern Französisch haben), statt eine deutsche Übersetzung zu lesen.

Nun nenn mir bitte mal die Argumente, die diese überwiegen und zeigen, dass es nützlich ist lateinische Quelltexte im Geschichtsunterricht zu lesen.


PS: Und Französisch würde ich nicht als Allgemeinbildung bezeichnen, wenn man mal bednekt, dass viele Schüler diese Sprache nie in der Schule hatten.

Ipsissimus
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Do 24. Nov 2005, 16:34 - Beitrag #28

es ist wohl richtig, daß die Lehrerperspektive manche inhaltliche Notwendigkeit der wissenschaftlichen Perspektive relativiert. Der Fehler liegt dann wirklich darin, daß das Lehramtsstudium für höhere Schulen als eine merkwürdige Mischform zwischen einem wissenschaftlichen und einem pädagogischen Studium daher kommt und nicht wirklich klar ist, in welchem Ausmaß die Beherrschung des wissenschaftlichen Teils wirklich notwendig ist. Meine Argumente zielten auch eher auf den Selbstanspruch als Philosoph, nicht auf den Selbstanspruch als Lehrer.

janw
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Do 24. Nov 2005, 16:35 - Beitrag #29

Maurice, es gibt durchaus Geschichtslehrer, die in Geschi-Leistungskursen oder AGs Originalquellen heranziehen. Die sie natürlich selbstredend selbst übersetzen müssen, weil die Schüler das sicher nicht können. Damit ergibt sich aber hervorragendes Unterrichtsmaterial, weil eine Originalquelle, in ihren Zusammenhang gestellt, implizit sehr viel mehr über eine Zeit verrät, als es ein Lehrbuchtext könnte.

Elbereth
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Do 24. Nov 2005, 18:49 - Beitrag #30

Maurice, es gibt durchaus Geschichtslehrer, die in Geschi-Leistungskursen oder AGs Originalquellen heranziehen. Die sie natürlich selbstredend selbst übersetzen müssen, weil die Schüler das sicher nicht können.


Wo ist für die Schüler der Unterschied zwischen einer "professionellen" Buchübersetzung und der des Lehrers? :confused: Oder meinst du, dass der Lehrer dadurch mehr Verständis für die Zeitepoche hat, und sie deswegen den Schülern besser vermitteln kann? Allerdings finde ich dann, dass ein Geschichtslehrer während seines Studiums schon einen ziemlich guten Überblick über die Epochen bekommen müsste, so dass er das nicht mehr "nötig" hätte (obwohl es bestimmt seinen Unterricht verbessern würde)

Lykurg
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Do 24. Nov 2005, 19:17 - Beitrag #31

Zitat von Elbereth: Wo ist für die Schüler der Unterschied zwischen einer "professionellen" Buchübersetzung und der des Lehrers?
Dein Buch erklärt dir normalerweise nicht, wo die Übersetzung mit Vorsicht zu genießen ist, weil der Begriff oder der Satzteil auf sehr verschiedene Weisen oder überhaupt nur näherungsweise übersetzt, eigentlich besser umschrieben werden kann. Außerdem ist es von der Wirkung auf die Schüler her doch ein ziemlich großer Unterschied, ob der Lehrer es selbst kann, oder doch nur aus einem Buch hat.
Zitat von Maurice:Aber man angenommen ein Geschichslehrer würde auf die Idee kommen in seinem Unterricht einen lateinischen Quelltext zu behandln: Das Ergebnis wäre enttäuschend!
1. Haben nicht alle Schüler Latein und die meisten würden somit mit dem Text nichts anfangen können.
2. Einen Originaltext aus der damaligen Zeit intensiv zu behandeln würde einfach viel zu viel Zeit kosten.
Das ist bei uns ab und zu gemacht worden. Allerdings lief es eher andersherum: Im Lateinunterricht wurden historische Texte gelesen, auf deren Inhalte dann in Geschichte zugegriffen werden konnte. Das Ergebnis war absolut nicht enttäuschend, im Gegenteil. Ich empfand es als sehr sinnvolle Verknüpfung. Im Religionsunterricht haben wir dann den Dialog "Octavius" gelesen, ein Dokument frühchristlicher Auseinandersetzung mit dem Heidentum. Und das war wirklich spannend. Natürlich hatten wir eine zweisprachige Ausgabe, aber wir haben die wesentlichen Abschnitte im Original gelesen und zitiert. Das ging natürlich nur, weil bei uns dein '1.' nicht gegeben war, und '2.' durch einige Übung relativ flüssig ging. Sinnvollerweise sollte man als Lehrer, wenn man einen solchen Zugang vermittelt, die entsprechenden Hilfen geben, komplizierte Konstruktionen aufdröseln, seltene Vokabeln angeben. Aber die Beschäftigung mit dem Text ist dadurch auch tiefergehend und letztlich das Verständnis größer.

Und noch ein kleiner Anhang zur Germanistik, ich hatte gestern keine Zeit mehr... ich bin ja schon ein verrückter Liebhaber toter Sprachen.^^ Als ich vor zwei Semestern Gotisch gelernt habe, war ich der einzige im Kurs, der wirklich vernünftig Griechisch konnte. Das Gotische hat sich aber ganz massiv am Griechischen entwickelt, grammatikalische Konstruktionen wie der Gen. Abs. und zum Teil das Vokabular sind mit den entsprechenden direkt übertragbaren Kenntnissen überhaupt kein Problem. Außerdem hatten wir diese Texte in einer zweisprachigen Ausgabe: Gotisch-Altgriechisch. Juchuu! Ich habe weit schneller die Sprache lernen können und hatte so die Möglichkeit, mich wirklich schon mit den Inhalten zu beschäftigen, während die anderen mit den Wörtern kämpften... (abgesehen davon war auch in der Prüfung der Text zweisprachig :cool: ).

e-noon
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Do 24. Nov 2005, 19:18 - Beitrag #32

Ich würde Latein nicht missen wollen :) Und ebenso ist mir vollkommen klar, dass mit Latein und Griechisch andere romanische Sprachen sehr viel leichter erschlossen werden und sich viele Fachbegriffe verschiedener wissenschaftlicher Bereiche durch sie leichter einprägen und in ihrer ganzen Bedeutung erfassen lassen.

Aber für einen etwas verbesserten Umgang mit Fachbegriffen und den äußerst seltenen Rückgriff auf Originaltexte fähigen Anwärtern für bestimmte Studiengänge ihr Studium zu verwehren - können wir uns das leisten? Ist das tatsächlich sinnvoll?

Niemand streitet hier wohl den Vorteil ab, den solche Anforderungen mit sich bringen - aber imo sollte man auch allein mit seinen Fähigkeiten für die später auszuübenden Berufe angenommen werden. Wem ist damit geholfen, wenn jemand sich mit einer Fremdsprache abquält, es nicht schafft und dann einen Beruf ergreifen muss, für den er weniger geeignet ist? Während andere, die für seinen ursprünglichen Traumberuf viel weniger geeignet sind, seine Stelle übernehmen, nur weil sie zufällig gut Latein können?

Auch wenn ich bei meinen Lehrern fundierte Sprachkenntnisse schätze, fundiertes Fachwissen und pädagogische Fähigkeiten sind mir weit wichtiger und sollten imo auch ausschlaggebend sein.

Maurice
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Fr 25. Nov 2005, 10:04 - Beitrag #33

Als ich vor zwei Semestern Gotisch gelernt habe, war ich der einzige im Kurs, der wirklich vernünftig Griechisch konnte.

Ich fühle mich plötzlich so dumm :( ...

Feuerkopf
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Fr 25. Nov 2005, 10:38 - Beitrag #34

Zitat von Maurice:Ich fühle mich plötzlich so dumm :( ...


So geht mir das hier ständig. ;)

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Fr 25. Nov 2005, 12:33 - Beitrag #35

Zu einer Vorraussetzung würde ich Latein nicht deklarieren. Man kommt zweifelsohne auch im Sprachensektor ohne Latein zurecht. Dennoch habe ich es an der Uni (Studium der angewandten Sprachwissenschaften) immer bedauert, dass ich kein Latein hatte, denn wie meine Vorposter bereits anmerkten, es erschließt sich vieles im grammatikalischen Bereich oder in Bezug auf den Wortstamm leichter, wenn man Latein hatte. (Ich hatte zudem einige Professoren der alten Garde, die überhaupt nicht verstehen konnten, dass jemand das Abitur hat, ohne jemals in den Genuss von Lateinunterricht gekommen zu sein!)

Ganz allgemein denke ich das über viele Fächer und Bereiche. Ich habe mir viele Bereiche des universitären Lehrens später erst erschlossen, weil ich während meiner Schulzeit nie in den Genuss bestimmter Aufgaben, wie z. B. ein Referat verfassen und halten, gekommen bin. Man schafft trotzdem seine Prüfungen und bekommt sein Diplom, aber man hat natürlich viel mehr Aufwand als die anderen, die auf ein profundes bereits vorhandenes schulisches Wissen zurückgreifen können. Dennoch ist auch das kein Garant für Erfolg, denn meiner Ansicht nach hängt die Tatsache, ob jemand sein Studium bis zum Schluss durchhält und besteht von vielen Nebenfaktoren ab, wie z. B. die eigene Disziplin und das eigene Durchhaltevermögen und die Lehrumstände an der Univ (überfüllte Hörsääle etc.).

Maglor
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Fr 25. Nov 2005, 14:51 - Beitrag #36

Der Witz ist, um Deutschlehrer oder Pfarrer zu sein, benötigt man eigentlich keine ernsthaften Lateinkenntnisse. Um Germanistik oder Theologie zu studieren allerdings schon.
Im Germanistikstudium wird das Latein schon benötigt, gerade die ältere und älteste Literatur (die ja in der Schule keine Rolle) ist ohne Lateinkenntnisse nur schwer verständlich. Obwohl man natürlich einhaken könnte und fragen müsste, ob die Ältere Literatur überhaupt notwendiger Bestandteil des Lehramtsstudiums sein muss.
Dieser Lateinfimmel ist interessanterweise nur in Deutschland so stark ausgeprägt. (Österreich ist vielleicht auch noch ein Kanidat.) Dort verlässt auch der absolute Großteil der Schüler ohne Lateinkenntnisse die Oberschule. Der passende Witz: Jemand der sieben Sprachen kann ist polyglott. Jemand der zwei Sprachen spricht, ist biglott. Wer nur eine Sprache kann, ist Amerikaner.
Ich selbst spiele ja mit dem Gedanken, ein Latein-Studium zu beginnen. Die geforderten Griechisch-Kenntnisse machen mich schon ein wenig scheu.
MfG Maglor :rolleyes:

Lykurg
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Fr 25. Nov 2005, 18:22 - Beitrag #37

Maurice, bitte entschuldige - das war weder meine Absicht, noch ist es in meinen Augen gerechtfertigt. Denn in den Bereichen, in denen deine Stärken liegen, möchte ich mich nun wirklich nicht mit dir messen. Jeder hat eben irgendwo seine Steckenpferde laufen. Und außerhalb der Uni nützt es mir leider meistens eher wenig (geschweige denn im Umgang mit Menschen).

Der verbreiteten Ansicht, daß die Lehrämtler Latein vielleicht nicht so dringend brauchen, schließe ich mich zum Teil an. Tatsächlich spielen die alten Texte für den schulischen Deutschunterricht kaum eine Rolle. Philosophie hatte ich nie, kann daher nicht darüber urteilen, aber meine obigen Beispiele zeigen, warum ich es für Geschichte und Religion für sehr wünschenswert bis notwendig halte - insbesondere an altsprachlichen Gymnasien. Und deren Erhaltung, Förderung und Ausbau ist mE wichtig. Ich habe bereits in einem früheren Beitrag anklingen lassen, daß die universitären Kurse in meinen Augen nur ein Feigenblatt darstellen. Der vielleicht größte Nutzen des Lateins, die Schulung des Denkens und der Ausdrucksweise, kann sich unmöglich innerhalb von ein bis drei Semestern Intensivkurs einstellen. Das muß früher und längerfristig geschehen, ansonsten kann man es (jedenfalls für Juristen und vielleicht Mediziner) tatsächlich bei einer Vokabelliste der wichtigsten lateinischen Fachwörter belassen. :(

e-noon
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Fr 25. Nov 2005, 18:36 - Beitrag #38

@Maglor: Ich denke auch drüber nach, Latein zu studieren :D Lass dich von Griechisch nicht abschrecken, imo ist das gar nicht so schwer. Hab von meiner Lateinlehrerin ein Griechisch-Lehrbuch bekommen und schon reingeschaut, so schlimm sieht es wirklich nicht aus. Und es macht Spaß ^^
Für was anderes als Lateinlehrer/-dozent oder Übersetzer für den Vatikan wird man es aber wohl nicht so gut verwenden können ^^

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