Latein-Frage

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Anaeyon
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Mi 21. Jul 2010, 13:31 - Beitrag #1

Latein-Frage

Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem oder sine necessitate?

Beides ist Laut Wiki möglich. Klingt eine der Varianten irgendwie "korrekter"?

Lykurg
[ohne Titel]
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Mi 21. Jul 2010, 14:01 - Beitrag #2

Nein, ich sehe keinen Bedeutungsunterschied in den beiden Formulierungen. Dem Wikipedia-Artikel über Poncius zufolge wäre "... praeter necessitatem" die erfolgreichere, weiter verbreitete Formulierung, "... sine necessitate" aber die ursprünglichere (jedenfalls die mit dem ältesten bekannten schriftlichen Beleg, was aber natürlich wieder nichts heißen muß).
Ich finde sine necessitate leichter verständlich und praeter necessitatem hübscher. Bild

Ipsissimus
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Mi 21. Jul 2010, 14:57 - Beitrag #3

es entspricht wohl im Deutschen dem Bedeutungsunterschied zwischen "ohne Notwendigkeit" und "über die Notwendigkeit hinaus". Beides wird verstanden trotz des geringfügig differierenden semantischen Gehalts. "Ohne Notwendigkeit" besagt das Nichtvorliegen einer Notwendigkeit, "über die Notwendigkeit hinaus" besagt ungefähr "stop sobald der Notwendigkeit Genüge getan ist".

In diesem letzteren Sinne ist das Ockhamsche Rasiermesser gemeint, und von daher favorisiere ich eigentlich die Version mit "praeter", obwohl die "sine"-Variante die verbreitetere ist.

Anaeyon
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Mi 21. Jul 2010, 15:28 - Beitrag #4

Gut, ich wollte die Version, die eher nach Rasiermesser klingt. Bild

Wäre es denn richtig, wenn ich darunter in etwa verstehe: "Wenn man für ein Phänomen mehrere Theorien hat, sollte man alle Theorien verwerfen, welche mehr Axiome/Entitäten erfordern, als andere Theorien." Oder bezieht sich dieser Satz nun gar nicht so sehr auf die Selektion von Theorien sondern eher einfach auf auf die Annahme der Existenz von möglichen Entitäten?

Also...sollen wir uns die Welt nicht mit Hilfe von Kobolden erklären, weil sie auch ohne Kobolde funktioniert, oder sollen wir nicht von der Existenz von Kobolden ausgehen weil es keinen Grund dazu gibt, es zu tun?

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 21. Jul 2010, 15:40 - Beitrag #5

das Ockhamsche Rasiermesser besagt ungefähr folgendes: Wenn mehrere Theorien einen Sachverhalt gleichermaßen plausibel erklären, dann gebe man der Theorie den Vorzug, welche die wenigsten Annahmen oder Axiome für ihre Erklärung benötigt. Das Rasiermesser formuliert also keine echtes Erkenntnistheorem, sondern eher ein Ökonomie-Theorem.

Anders gesagt: je einfacher die Erklärung - bei gleicher Erklärungs-Macht - desto besser. Eine echte Begründung gibt es dafür nicht. Es ist wohl eher eine Frage der Praxis und der Falsifizierbarkeit.

nach dem Rasiermesser sollen wir uns die Welt nicht mit Kobolden erklären, weil wir über Erklärungen verfügen, die mit deutlich weniger Voraussetzungen die Welt befriedigend erklären


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