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Deutschunterricht

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:00
von Traitor
Dem Religionsunterricht haben wir ja bereits einmal zerpflückt, aber es gibt noch ein Schulfach, dass ich in seiner gegenwärtigen Form für sehr fragwürdig halte: den Deutschunterricht.
In Grundschule, Unterstufe und früher Mittelstufe ist er auf jeden Fall sinnvoll, man lernt Rechtschreibung, Grammatik und sowohl aktives als auch passives Beherrschen der diversen Textformen.
Aber etwa in der 9./10. Klasse, wenn nur noch Interpretationen sowie diverse theoretische Themen (Kommunikation, Sprachaufbau etc) an der Reihe sind, wird das Fach ziemlich absurd:
-Die Interpretationen sind reiner Selbstzweck (außer Germanist und Literaturjournalist gibt es wohl kaum Berufe, in denen man Dramen, Gedichte, Romane etc interpretieren muss) und somit ziemlich überflüssig.
-Die Literaturauswahl ist auch oft mehr als fragwürdig. Natürlich gibt es einige Klassiker, die man kennen sollte, aber vieles, was so genannt wird, verdient es nicht, und die Lehrer können auch nicht erklären, was diesen Status rechtfertigt (Beispiele: Emilia Galotti, Kabale&Liebe, die beide in fast jeder Schule gelesen werden, aber nur eine sehr plumpe Story und Klischeecharaktere haben)
-Im theoretischen Bereich existiert irgendein Modell, das vor x Jahren aufgestellt wurde, und alles muss in dieses Modell passen. Wenn ein Schüler eine gute Idee hat, wird diese nicht aufgenommen oder wiederlegt, sondern sie paßt nicht ins Modell und ist damit falsch.
Wer jetzt denkt, das läge nur an meinem Lehrer, nein, diese Erfahrungen habe ich bereits bei mehreren, an sich guten Lehrern gemacht und kenne sie auch von anderen Schülern. Der Fehler liegt also im Aufbau des Faches selber.

Re: Deutschunterricht

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:16
von Marc Effendi
Original geschrieben von Traitor
-Die Interpretationen sind reiner Selbstzweck (außer Germanist und Literaturjournalist gibt es wohl kaum Berufe, in denen man Dramen, Gedichte, Romane etc interpretieren muss) und somit ziemlich überflüssig.


Das würde ich so nicht sagen, denn grundsätzlich ähnelt das zerpflücken eines Textes, Gedichtes, etc. auch wissenschaftlicher Arbeit. Außerdem kommt in Klassen 12 und 13 auch geschichte und Philosophioe mit rein, etwa wie der Tod in dieser oder jener Epoche gesehen wird. Beispielsweise wird der Tod im 30jährigen Krieg anders dargestellt als etwa in der Romantik.

Ich persönlich finde Interpretationen sehr sinnvoll, auch wenn ich es gehasst habe jedes Leben aus einem Text zu quetschen.

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:20
von Noriko
du hast die erörterung vergesen, meiner meinung anch ein wichtige technik des deutsch unterricht. (natürlich amcht das nur sinn, wenn man das an aktuellen themen darlegt)
zu interpratation: ich denke es geht nich im allgemein um eione wissanschftlcihe darlegenung und ausformulierung der interpretation. wenn du einmal gut interptreteiren kanns, fällt dir vieleicht in einem gedicjt, kurgeschicht , roman den su list auf, was der autor meinete, wa er aussagen will, kann ja mal nützlich sien.

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:41
von Ratte
Egal, was letztendlich im Deutschunterricht behandelt wird, es geht um den Umgang mit der Sprache. Um den richtigen Umgang!
Wenn Du später mal eine Abhandlung über ein wissenschaftliches Thema schreiben sollst/willst, die dann aber gespickt ist mit Rechtschreib-, Ausdruck- und Grammatik-Fehlern empfinde ich das als ziemliches Armutszeugnis!

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:43
von Traitor
@Marc: Das Interpretieren von Sachtexten macht ja auch SInn, aber das macht man vielleicht einmal in der Schule, Gedichte dagegen drei-, viermal. Und Philosophie und Geschichte kann man doch wohl passender in den speziellen Fächern behandeln?
@Noriko: Erörterung sind aktives Textbeherrschen, das kommt in den höheren Klassen ja quasi nicht mehr vor.
Ich fände folgendes deutlich sinnvoller: Deutsch in der Oberstufe auf zwei Stunden reduzieren, wo aktive Textbeherrschung und wissenschaftliche Textarbeit geübt werden. Dafür Geschichte und Philosophie ausbauen, wenn man meint, der klassische Deutschunterricht würde Themen aus diesen Bereichen behandeln, und ein Fach Literatur (Bücher lesen+interpretierne, auch selber schreiben) als Alternative zu Musik und Kunst.
PS @Ratte: Aber diese Bereiche werden ja in den höheren Klassenstufen nicht mehr gezielt verbessert, und da sollte sie eigentlich schon jeder quasi perfekt beherrschen. Und vertrocknen tuen die Sprachkenntnisse in anderen Fächern auch nicht.

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 13:55
von Ratte
Original geschrieben von Traitor
Das Interpretieren von Sachtexten macht ja auch SInn, aber das macht man vielleicht einmal in der Schule, Gedichte dagegen drei-, viermal. Und Philosophie und Geschichte kann man doch wohl passender in den speziellen Fächern behandeln?

Du hast Philosophie als Fach? Regulär? Gab's bei mir nur als Arbeitsgemeinschaft (freiwillig Samstag Nachmittag)!


Ich fände folgendes deutlich sinnvoller: Deutsch in der Oberstufe auf zwei Stunden reduzieren, wo aktive Textbeherrschung und wissenschaftliche Textarbeit geübt werden. Dafür Geschichte und Philosophie ausbauen, wenn man meint, der klassische Deutschunterricht würde Themen aus diesen Bereichen behandeln, und ein Fach Literatur (Bücher lesen+interpretierne, auch selber schreiben) als Alternative zu Musik und Kunst.

Dann ergibt sich aber auch die Möglichkeit, Literatur abzuwählen. Und Literatur gehört (in meinen Augen) zur Allgemeinbildung: sie zeigt deutlich philosophische und geschichtliche Aspekte in ihrer Gesamtheit als z.B. Musik oder Kunst!

Aber diese Bereiche werden ja in den höheren Klassenstufen nicht mehr gezielt verbessert, und da sollte sie eigentlich schon jeder quasi perfekt beherrschen. Und vertrocknen tuen die Sprachkenntnisse in anderen Fächern auch nicht.

Das merk ich regelmäßig, wenn ich in's Philosophiforum stolpere: da schwebt so mancher in weit entfernten sprachlichen Sphären, dass ich nur noch Bahnhof verstehe. "Fremdwörter Benutzen" heißt nicht automatisch "intelligenter Sein"!

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 14:32
von Traitor
Du hast Philosophie als Fach? Regulär?
Gibt es bei uns im Normalzweig als Wahlfach, deckt dann statt Geschichte oder Erdkunde den Gesellschaftswissenschaft-Bereich ab.
Dann ergibt sich aber auch die Möglichkeit, Literatur abzuwählen.
Das stimmt auch. Als Pflichtfach wäre aber der Nachteil, dass dann wieder das Fach durch die ganzen unmotivierten Leute zerstört wird.
Das merk ich regelmäßig, wenn ich in's Philosophiforum stolpere: da schwebt so mancher in weit entfernten sprachlichen Sphären, dass ich nur noch Bahnhof verstehe. "Fremdwörter Benutzen" heißt nicht automatisch "intelligenter Sein"!
So schlimm ist es auch nicht. In Geschichte schreibt man zB mindestens soviel und auf so "normaler Ebene" wie in Deutsch, und in Deutsch wird ja auch nicht mehr besonders auf Stil etc eingegangen.

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 14:45
von Padreic
Nun, ich habe vom Oberstufendeutschunterricht noch nicht sooo viel mitgekriegt, aber ich gebe mal auch meinen Senf dazu ab.

Literatur zu interpretieren finde ich prinzipiell richtig. Man merkt manchmal, wie einem Geschichten, die einem erst nicht gefallen haben, durch ein wenig interpretieren nachher besser gefallen. Falsch ist aber m. E. die totale Analyse, die die Ästhetik des Textes vergisst.
Eine Sache, die im Deutschunterricht m. E. viel zu wenig behandelt wird, ist Rhetorik. Rhetorik braucht man immer wieder im Leben, doch man macht es nur sehr sporadisch. Man könnte sowohl die schriftliche als auch die mündliche Form üben. Die Schüler könnten Reden ausarbeiten und ab und zu eine halten. Einigermaßen frei zu sprechen, ist eine Fertigkeit, die trainiert werden muss.

Und zur Literaturauswahl:
Die finde ich auch größtenteils schrecklich. Nicht wenige der Lektüren sind weder wirkliche Klassiker noch macht das Lesen dem Schüler Spaß. Es gibt auch wirklich gute Bücher, die auch interpretorisch einiges hergeben etc., mit denen man bei den Schülern auch den Spaß beim Lesen wecken könnte. Und viel Lesen vergrößert bekanntlich auch wieder die Sprachfertigkeiten!

@Ratte
Das merk ich regelmäßig, wenn ich in's Philosophiforum stolpere: da schwebt so mancher in weit entfernten sprachlichen Sphären, dass ich nur noch Bahnhof verstehe. "Fremdwörter Benutzen" heißt nicht automatisch "intelligenter Sein"!

Man bemüht sich halt, exakt zu arbeiten...

Padreic

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 15:21
von Feuerkopf
Mir hätte der Oberstufenunterricht beinahe jeden Spaß an unserer Sprache ausgetrieben. Dummerweise war es Anfang der 70er Jahre en vogue, Linguistik zu unterrichten. Unsere Lehrerin, eigentlich ganz fit in ihrem Fach, aber auch kurz vor der Pension, musste sich diesen ganzen Chomsky-Kram draufschaffen. Ich habe mich damals strikt geweigert, Sprache auf Formeln zu reduzieren.
Heute habe ich studienhalber mit Sprachstrukturen zu tun, da finde ich es interessant.
Wir haben relativ wenig "Klassiker" gelesen, dafür Brecht (Antigone - im Vergleich zu Sophokles und Anouilh), Böll, Grass und Plenzdorf (Die neuen Leiden des jungen W. im Vergleich zu Goethes Werther.)
Wenn ich den Deutschunterricht reformieren dürfte, so würde ich eine große Unterrichtseinheit "Kreatives Schreiben" und "Gemeinsames Lesen" hinzufügen, wo man sich gegenseitig interessante Werke vorstellen könnte.
"Freie Rede" hätte auch ihren Platz.

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 15:32
von Thod
wir haben in der oberstufe eine halbes jahr literaturgeschichte gehabt, das fand ich recht sinnvoll.
die interpretationen nach des lehrers art haben mich auch nicht so interessiert, vor allem das was zu sehr in politik ging. allgemein scheint mir in den gesellschaftswissenschaften der trend vorzuherschen, es gäbe keine gesicherten erkenntnisse, und somit könnte man sagen was man will...

klar zu schulen, einen gedanken zu erfassen und ihn sprachlich korrekt wiederzugeben, kann man aber imho nicht genügend.

thod

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 15:56
von Krautwiggerl
@Traitor:
ich gebe deiner Kritik Recht.
Ich bin nicht der Meinung, dass Textinterpretation auf die Art, wie es im Deutschunterricht geschieht, einem später was bringt. Diese sehe ich auch nur als Selbstzweck.
Dass einem das später bei wiss. Arbeiten nützt, kann ich nicht bestätigen. Bis jetzt sind 3 wiss. Arbeiten auf meine Schuld gekommen, gerade in Geschichte mit einer Kritik des Verfassers der Quellenkunde verbunden, welche auch unter Einbeziehung von Auftraggeber, histor. Hintergrunden, versteckten Motiven im Vorwort etc. zustande kam. Zur Bearbeitung desselben nützten mir da vielmehr die Art der (kritischen) Quellenbehandlung, wie sie auch im Geschichtsunterricht der Oberstufe (viel zu wenig) angesprochen wird. Ebenso auch bei den Arbeiten in anderen Fachgebieten habe ich diese Erfahrung gemacht.
Die Schul-Interpretation mit ihrem Aufbau taugt dafür wirklich nur für Germanistikstudenten und verdirbt zudem vielen Schülern den Spass an einem an sich wichtigen Fach!
Erörterungen bringen IMO so, wie sie in der Schule gemacht werden, auch nicht wirklich viel: hier wird zu sehr darauf geachtet, dass man sich um einer Mindestanzahl an Argumenten Willen was aus der Nase zieht, wobei der Aufbau der Einzelargumente auch vorgegeben ist. Schrott! Eine gelungene Argumentation gelingt aufgrund eines guten Argumentationsschlusses, der für andere objektiv und überzeugend ist. Dabei ist es ziemlich Wurst, ob zuerst Beispiel eins und dann eine Erläuterung dazu folgt oder umgekehrt (lediglich die These sollte am Anfang erwähnt werden). So achtet denn auch später keiner mehr auf den strikten Aufbau, sondern Argumentationen sind dann gültig, wenn sie dem "Diskurs" standhalten. Dabei kann ich ruhig etwas freier in der Hinführung sein.

Was Padreic über Rethorik sagt, finde ich dagegen ebenso wichtig: diese sollte den Platz des Überflüssigen einnehmen, da sie heute wichtiger denn je ist. Zudem ist die Rhetorik ein Gebiet, dass man den Schülern auch gut schmackhaft machen kann (wenn man beispielsweise in einem Zeitungstext danach sucht, welchen klass. Rhetorikaufbau man sogar heute noch (unbewusst) verwendet). Oder dass man der Rhetorik selbst auf den Grund geht, warum jedes Gespräch (auch das Private) rethorisch angehaucht ist (man will immer überzeugen), wo Rhetorik in den Medien/der Werbung etc. zu finden ist.

Zu der Auswahl der Literatur noch etwas:
auch in den Klassikern gibt es Storys, die eigentlich an Dämlichkeit kaum zu übertreffen sind (z.B. "Iphigenie", an klass.-gedanklichen Gutmenschen-Clichés kaum zu übertreffen). Nur darf man heute ja kaum an den Klassikern Kritik üben... und das ist eigentlich etwas, was die Leute zum Nachdenken anregen sollte!
Insofern schadet es gerade nicht, wenn die Schüler auch was lesen, was absolut neben dem jeweiligen zeitgeschichtlichen Mainstream liegt, und man eben nicht nur den altprofessorischen Literaturkanon runterbetet...

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 21:02
von Monoceros
Nun, meine Ansicht ist folgende:

Die Kriterien für die Literaturauswahl halte ich für äußerst fragwürdig. Gerade moderne Literatur wird kaum berücksichtigt, oft werden Pflichtlektüren behandelt, die kaum literarischen Wert haben bzw. zu denen es wesentlich bessere Alternativen gibt. Dort besteht definitiv Nachholbedarf.
Die detalliertere Behandlung der Linguistik in der Schule halte ich persönlich für überflüssig, weil die tatsächlichen Anwendungsgebiete der Linguistik weitab vom Alltag liegen.
Die Behandlung der Literarischen Eröterung, eine der Hauptformen gerade in der gymnasialen Oberstufe, halte ich durchaus für sinnvoll. Die Argumentation, das sei alles nur zum Selbstzweck, halte ich für etwas kurzsichtig. Gerade wenn es darum geht, zu argumentieren, halte ich gerade solche Formen für durchaus geeigenet. Hinzu kommt, dass man in dieser Form des Aufsatzes trainieren kann, wie man einen längeren Text aufbaut und strukturiert. Zum Erlernen dieser Fähigkeiten sind die Formen allerdings ungeeignet, dafür sind die vorausgehenden Aufsatzformen geeigneter.
Was den allgemeinen Aufbau von gegenüberstellenden Eröterungen etc. angeht, so sollte man vielleicht bedenken, dass man erst einmal die normale Form einer solchen Erörterung lernen muss, um seinen eigenen Stil zu finden, sonst kommt bei den meisten nur Unsinn dabei heraus und die Leute lernen nie, den roten Faden in einem Text zu entwickeln.
Als unnötig empfinde ich den Deutschunterricht auf keinen Fall. Wenn man ihn ernstnimmt, ist er auch für solche, die sonst weniger mit Texten in Kontakt kommen geschweige denn privat welche schreiben, eine gute Gelegenheit, die eigene Fertigkeit im Umgang mit der Sprache zu verbessern. Hinzu kommt, dass auch im Deutschunterricht Lektüre von literarischem Wert behandelt wird, deren Kenntnis man durchaus als wünschenswert betrachten kann.

Monoceros

BeitragVerfasst: Fr 1. Nov 2002, 21:38
von Krautwiggerl
Unnötig wird hier wohl keiner den Deutschunterricht halten, zumal wir ja ein paar echte Rechtschreib- und Satzbaukünstler haben (bitte nicht böse sein, das war nur die allabendliche Polemik ;)).

Ne, im ernst jetzt:

Literaturkanon = volle Zustimmung zu Monoceros. Das derzeitige Programm ist wohl kaum dazu angetan, Schüler mit verschiedenen (Blick-)Richtungen bekannt zu machen (was meines Erachtens essentiell ist).

Punkt Linguistik: von echter Linguistik ist das in der Schule definitiv himmelweit entfernt, insofern verstehe ich den Bezug nicht... wenn du damit die Behandlung von Grammatik meinst: teilweise reitet man wohl zu viel auf grammatikalisch richtigen, aber ungebräuchlichen Formen rum (bsp. würde statt büke (Konj. Imperfekt) jeder "würde backen" sagen, obwohl Konditional).
Wenn du damit aber auf mein Rhetorik-Postulat anspielst: das hat mit Linguistik eigentlich recht wenig zu tun, eher schon mit Literaturtheorie. Gerade da Rhetorik den Bereich der Literatur betrifft, aber nicht nur ihn, sondern den gesamten Alltag. Linguisten untersuchen ja ganz andere Gebiete, lediglich der Behaviourismus geht in die Richtung.

literarische Erörterungen:
ich hab's mir schon gedacht, dass das Argument mit dem roten Faden und der Einübung kommt, deswegen konnte ich mir hier schon ein paar Gedanken vorab zurechtlegen: ;)
was die literarischen Erörterungen anbelangt, so bleibe ich dabei, es Selbstzweck zu nennen, und zwar aus folgendem Grund. Das Argument des Einübens ist ja richtig, allerdings gibt es für da erst recht keine Veranlassung, dies an Bereichen zu üben, die ich später in der Pfeife rauchen kann! Warum macht man Textkritik nur an literarischen Werken und nicht auch vermehrt an Sachtexten, aktuellen Aufsätzen etc.? Da ist doch viel mehr Realitätsbezug da, zudem bewegt man sich hier auf einem Gebiet, wo man nicht nur die Technik einübt, sondern sich auch mit der Interpretation von Dingen befasst, aus denen wirklich alle einen Profit schöpfen können, sei es, dass man im Studium etc. eh nur an Sachtexten rummäkelt, oder dass es für den Otto-Normalverbraucher sinnvoll ist, mit Texten, die ihm im Alltag (!) begegnen, kritisch und sachlich umgehen zu können. Ich möchte Bildung um die Vorsilbe "Aus" erweitern und Bildung, auch wenn es Idealisten gern widerstrebt, mehr an den Bedürfnissen des Alltags, des Berufs festmachen und es nicht in der "Schöngeisterei" verloren wissen (ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu hart, aber es sollte auch vor dem Hintergrund gelesen werde, dass ich mich selbst für Geisteswissenschaften entschieden habe, also der "Schöngeisterei" keineswegs feindlich gegenüberstehe, nur der Meinung bin, das sollte man sich dann mehr selbst aussuchen können ;)).
Konkret: ich meine, dass ein halbes Jahr und zwei Klausuren und ein Hausaufsatz der literarischen Erörterung genüge tun würden und Erörterungen am Text dafür auf viele andere Textgattungen ausgeweitet werden sollen. Jetzt schleppt man seinen Goethe 3 Jahre mit sich rum *würg*, das kann's ja nicht sein...

gegenüberstellende Erörterungen:
das Argument mit dem Lernen der gedanklichen Strukturierung und dem "roten Faden" kann und will ich nicht wiederlegen, allerdings ist mir auch hier nicht klar, warum man die Schüler dann mal für Jahre auf eine fixe Linie zwingt. Sicher kann und sollte man viel über den Aufbau von Erörterungen sprechen, sich auch das eine oder andere nach dem Schema in der Praxis ansehen, aber dies bitte als Hilfestellung oder auch als Leitfaden anbieten, an dem man seine eigenen Gedanken ordnen kann, aber keinesfalls als einzig möglicher Aufbau einer Erörterung. In der Praxis (selbst erlebt) sieht das dann so aus, dass man den Eindruck hat, der Lehrer legt eine Schablone drauf, und wenn du die vorgegebene Reihenfolge nicht einhälst, dann gibt's Abzug, mag dein Schluss noch so richtig sein. Und dann, noch übler, will ein anderer Lehrer auch einen anderen Aufbau sehen etc. Die Schüler sollen doch argumentieren lernen und nicht eine vom Lehrer vorgegebene Struktur auswendig runterbeten können! Da kann es IMHO nicht angehen, dass sich so auf ein Verfahren versteift, und andere nicht toleriert, auch wenn dies kein einziger Arbeitgeber, Uni-Dozent, Mensch mit gesundem Menschenverstand mockieren würde...
(das ist jetzt zwar etwas drastisch ausgedrückt, aber sowas ist ja als Mittel der Visualisierung legal ;))

BeitragVerfasst: Sa 2. Nov 2002, 12:06
von Monoceros
Als ich die Linguistik ansprach, meinte ich eher den großen Bereich der Semantik, der zumindest im Saarland dick und fett im Lehrplan steht und das ist allemal "richtige" Linguistik.
Was die literarische Erörterung angeht, so ist sie bei der Behandlung von Lektüre durchaus sinnvoll. Die Behandlung von Sachtexten wird durch die (bei uns abiturrelevante) Textanalyse abgedeckt, in der Oberstufe mit der Ergänzung einer textspezifischen Erörterung. Ich kann dir aber in dem Punkt nur zustimmen, dass man die Textanalyse mit textspezifischer Erörterung stärker trainieren sollte.
Bei der gegenüberstellenenden Erörterung muss man allerdings sagen, dass die Qualität dort auch immer abhängig vom Lehrer ist. Zumindest bei mir war es so, dass ich einen vernünftigen Deutschlehrer hatte, der zwar Wert darauf gelegt hat, dass die Grundform eingesetzt wurde, nach den ersten erfolgreichen Schritten aber auch die (eigentlich unvermeidlichen) Variationen auf diese Formen zugelassen hat, natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die Variation den eigentlichen Sinn der Eröterung auch erfüllt hat. Der Kernpunkt ist allerdings, ob man es stur nach Schema F macht oder nicht, immer der gleiche, und das ist der Aufbau der Argumente. So macht es keinen Sinn, als Variation einzuführen, das gewichtigste Argument an den Anfang zu stellen...

Monoceros

BeitragVerfasst: Sa 2. Nov 2002, 15:41
von Krautwiggerl
Behandlung von Semantik... ich kann mich nicht erinnern, das in Bayern angesprochen zu haben.
Mich interessiert das mal: was kriegen die Schüler im Saarland da so vermittelt? (Um mir ein Bild machen zu können)

Ob Sachtextanalysen bei uns abiturrelevant sind, weiss ich jetzt gar nicht. Leider liegt bei und das Verhältnis von literarischer Erörterung zu Sachtexten & Co. bei etwa 4:1. Und das ist, finde ich, zu viel.
Wenn man eine Lektüre behandelt, so kommt man zwangsweise um eine Interpretation der selben nicht herum, das ist richtig. Man soll das Gelesene auch einordnen können. Ich frage mich nur, ob man das dann jedesmal als Klausurhauptthema verunstalten muss...
Zwar wurden bei uns auch andere (Ausweich)Themen angeboten (manchmal auch Sachtexte), aber wenn man es fast nie übt...

Zu den gegenüberstelleneden Erörterungen:
Wenn es so abgeht, wie dein Lehrer, dann finde ich das auch ok. Die Reihenfolge der Argumente habe ich auch weniger in Frage gestellt, sondern vielmehr den Aufbau innerhalb eines Argumentes. Hier waren die Lehrer IMHO zu verbohrt. Wäre ich jetzt im Studium noch so vorgegangen, hätte ich meine Seminararbeiten (mit komplexen, cohärenten und rekursiven Argumenten) in die Tonne kicken können... dann kann auch von Vorbereitung für später keine Rede sein...

BeitragVerfasst: Sa 2. Nov 2002, 18:13
von Monoceros
Daran kann man mal wieder erkennen, wie unterschiedlich der Bildungsweg doch verlaufen kann, abhängig von Bundesland, Schule und nicht zuletzt den Lehrpersonen selbst.
Was nun im Saarland auf dem alten Lehrplan für Semantik stand, weiß ich nicht mehr genau, die alten Lerhpläne liegen mir auch nicht mehr vor. Die Unterrichtseinheit setzte sich mit den ganzen Wortfeldern, den verschiedenen Bedeutungsebenen eines Wortes, der Beziehung zwischen Metasprache und Objektsprache (das einzige, was wenigstens ein bisschen interesssant war...) etc..

Monoceros

BeitragVerfasst: Do 7. Nov 2002, 15:41
von KiNfuSioN
Also ich komme aus Hessen
und bei uns war in der 10ten Klasse die komplette Literatur ab dem Mittelalter dran.
Zum beispiel Sturm und Drang und Klassig usw.
Das fand ich auch garnich so schlimm weil es auch ein bisschen den horizont erweitert im bereich Geschichte und Literatur.
Aber unser Lehrer war da eigentlich sowieso immer fair.
In Arbeiten hat er sich immer auf das wichtigste konzentriert und nicht den ganzen Inhalt von Nibelungenlied abgefragt.
Naja war trotzdem ne masse zu lernen was ich jetz schon zu 90% alles nich mehr weiss und es ist gerade mal 6 monate her
aber in der praxis welt hat man damit halt überhaupt nichts mit zu tun und ich werde es als informatiker auch warscheinlich nie mehr brauchen.

Das Problem ist halt das der Lehrplan schon vor Uhrzeiten erfunden wurde die Bücher bei uns schon über 20 Jahre alt waren und keiner Lust hat mal einen neuen Lehrplan zu erstellen.
Und solang der sich nich ändert und immer altes Zeug gelernt wird kann man ja garnich auf Platz 1 der Pisa-Studie.

BeitragVerfasst: Do 7. Nov 2002, 15:47
von Thod
Dass man das, was man in kurzer Zeit lernt, auch schnell wieder vergisst, ist sicher richtig, und ein häufiges Argument.
Dabei vergisst man alllerdings häufig, dass auch solches Wissen schnell wieder reaktiviert werden kann, wenn man es doch einmal benötigen sollte, oder man sich mit ähnlichem beschäftigt.

Gruss,
Thod

BeitragVerfasst: Do 7. Nov 2002, 16:03
von KiNfuSioN
mhh ich könnte das nur bei sachen die mich auch interessieren würden oder die ich für sinnvoll halten würde.
die reihenfolge der epochen oder noch dazu die jahreszahlen könnt ich jetz nich so ohne weiteres sagen
weiss nur das es mitm mittelalter anfing und dann kam so klassig romantig neuzeit sturm und drang wiederaufbau ...
aber mit so halben infos würde ich auch nicht weiterkommen und wie gesagt das ist erst 6 monate her

BeitragVerfasst: Do 7. Nov 2002, 20:42
von SoF
Deutsch ist, wenn man das Richtige lernt richtig sinnvoll. Man lernt Rechtschreibung, Grammatik, Aufsatzformen, Gedichtsformen, ... . Allerdings finde ich es wirklich sinnlos in Berufschulen Deutsch (oder auch Englisch) zu halten, da man da wirklich nur wieder das Selbe "lernt", was man schon vor Jahren gehört hat.