Super Giotto

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Traitor
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Mi 23. Apr 2014, 09:35 - Beitrag #1

Super Giotto

SpOn berichtet über lustige pseudomittelalterliche Gemälde mit eingemischten Videospielmotiven, geschaffen von einem gewissen Dan Hernandez, in besserer Qualität als beim Spiegel (aber vermutlich weniger langfristig) zu sehen auf dieser Galerieseite. Dass SpOn dabei die Kunstepochen übel durcheinanderbringt, Renaissance und Hochmittelalter, Bosch und Byzanz, fällt sogar mir auf.
Wikipedia (en) findet zum Künstlernamen übrigens nur "Sport Fishing with Dan Hernandez", vermutlich ein anderer Dan. ;)

Sieht schon lustig aus, auch die künstliche Alterung. Einen subtileren Einsatz der Modernismen, etwa nur kleine Figürchen und keine Riesenlaser, hätte ich aber vermutlich noch interessanter gefunden. Spannend wäre auch umgekehrt ein Jump-and-run vor künstlerischer Kulisse, dann auch gerne insbesondere Bosch.

Lykurg
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Mi 23. Apr 2014, 10:50 - Beitrag #2

Tatsächlich lustige Idee - schräge Zusammenstellungen, und über den gedankengeschichtlichen Hintergrund - Super Mario als Lebensreise etc. - ließen sich auch Verbindungen ziehen, zumindest zur tatsächlich mittelalterlichen Kunst. Aber ja, die tatsächliche Umsetzung als Jump'n Run fände ich auch sehr reizvoll (bei Bosch würde ich allerdings eher an MMORPGs denken). Und der SpOn-Artikel ist tatsächlich von einer bemerkenswerten kulturellen Unbelecktheit geprägt dafür, daß die Autorin über ein solches Thema schreibt. Die Aussage über "das Fehlen jeglicher Perspektive und die übertrieben dargestellten Proportionen [...] in Werken der Renaissance" macht mich staunen, ist genau das doch die eigentliche Leistung dieser Epoche...
Bild

Neulich stieß ich auf einen Film, der ebenfalls mittelalterliche Stilelemente in ein neues Medium überträgt: "Brendan und das Geheimnis von Kells", ein Zeichentrick-Kinderfilm von 2009, der ein Märchen um die Entstehung des Book of Kells, des wohl bedeutendsten Zeugnisses keltisch-irischer Kunst, erzählt. Dabei haben die Zeichner sich sichtbar am Book of Kells orientiert, es gibt etwa einen sehr eindrucksvollen Kampf des Jungen Brendan mit einer Schlange, die sich, von ihm mit einem Kreidestrich eingesperrt, in ein Knotenornament verwandelt. Als Film leider recht schwach, vor allem eine Geschichte, die ich als Erwachsener und als Kenner der wirklichen Geschichte (auf die im Film teilweise angespielt wird^^) nicht vollständig verstanden habe und die mir für ein Kind reichlich schwierig erscheint, wenn man es nicht nur auf die Grundzüge reduziert und den Rest als 'offene Rätsel' stehenlassen will. Die Bilder sind aber sehenswert (wenn auch nicht so sehr wie das Buch selbst).

Maglor
Karteizombie
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Mi 23. Apr 2014, 21:41 - Beitrag #3

Als ich das erste Mal bewusst wurde, dass Hieronymus Bosch kein Maler des 19. oder 20. Jahrhunderts, sondern des Spätmittelalters war, war ich schon ziemlich verblüfft. Davor dachte ich er wäre Surrealist, aber so falsch ist das vielleicht nicht.
Konkret erinnert mich Hieronymus Bosch eher an die Flipperspiele.

Bild

Bleibt noch zu klären, ob klerikale Gunst wirklich einen anderen Zweck erfüllte als der Gameboy.
Welche der Fotomontagen basiert jetzt eigentlich auf Bosch?

Traitor
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Mi 23. Apr 2014, 23:42 - Beitrag #4

Zitat von Lykurg:und über den gedankengeschichtlichen Hintergrund - Super Mario als Lebensreise etc. - ließen sich auch Verbindungen ziehen, zumindest zur tatsächlich mittelalterlichen Kunst
Essay, bitte. ;)

Zitat von Lykurg:bei Bosch würde ich allerdings eher an MMORPGs denken
Minus MMO (und eigentlich auch minus RPG) soll sich Diablo2 optisch neben Escher auch an Bosch orientiert haben. Seine Monstervielfalt gereicht natürlich jedem D&D-Manual zur Ehre, seine Welten sind für RPGs aber eigentlich zu komprimiert und voll. Maglors Flipper-Hinweis ist interessant, im Arcade-Bereich ließen sich sicher noch einige passende Konzepte finden.

Zitat von Lykurg:Die Aussage über "das Fehlen jeglicher Perspektive und die übertrieben dargestellten Proportionen [...] in Werken der Renaissance" macht mich staunen, ist genau das doch die eigentliche Leistung dieser Epoche...
Da sollte wohl ziemlich offensichtlich "Mittelalter" stehen. Was dann zwar immer noch grob übergeneralisiert, aber zumindest für viele Standardwerke korrekt wäre. Giotto und Konsorten haben allerdings auch schon etwas mit Perspektive experimentiert, oder?

An den Kells-Film erinnere ich mich von einer Oscar-Nominierung. Ist aber doch "nur" moderner Zeichenstil mit gewissen altertümelnden Anleihen, vergleichbar mit den Geschichts-Episoden in "Persepolis", oder?

Zitat von Maglor:Als ich das erste Mal bewusst wurde, dass Hieronymus Bosch kein Maler des 19. oder 20. Jahrhunderts, sondern des Spätmittelalters war, war ich schon ziemlich verblüfft.
Das ging mir sehr ähnlich.

Zitat von Maglor:Welche der Fotomontagen basiert jetzt eigentlich auf Bosch?
Meines Erachtens keine, der Name fällt bei der Galerie selbst auch nicht.

Lykurg
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Do 24. Apr 2014, 11:53 - Beitrag #5

Oje, nicht noch eine Schreibverpflichtung! Vielleicht, wenn ich mit allen anderen fertig bin...^^

Tatsächlich dachte ich vor allem an Diablo2 dabei, wenn ich auch deine Einschränkungen teile - es hat Andeutungen von beidem. Aber ja, Bosch ist klar drin, und Escher ganz offensichtlich im Level "The Arcane Sanctuary" ebenfalls, wenn auch keine endlosen Treppen drin vorkommen.

Mittelalter ist sicher gemeint, normalerweise passiert der Fehler eher umgekehrt. - Ja, natürlich war die Perspektive nicht schlagartig und genau an der "Epochengrenze" vorhanden, und nicht von jedem gleich gut umgesetzt. Giotto gehört zu denen, die in der Richtung experimentiert haben, auf dem Niveau der Römer war aber erst Brunelleschi wieder.

@Kells (wenn mans abtrennt, ist es allerdings im Zweifel "Film"...)
Ich erinnere mich an die von dir genannten Szenen in Persepolis nicht mehr, kann es daher nicht vergleichen. Es ist ein etwas altertümelnder, mit keltischen Elementen spielender Zeichenstil, in ein paar Szenen, etwa dem von mir erwähnten Schlangenknotenkampf (hier das dritte Bild von unten), werden diese Muster klar Teil der Handlung. Wenn man eine Google-Bildersuche nach Kells Film durchführt, landen nebeneinander Filmbilder und ein paar Ausschnitte aus dem Buch, so gesehen eine gute Vergleichsmöglichkeit.
Eben habe ich eine Reihe von sehr weit auseinanderliegenden Kritiken dazu gesehen (gut: diese!); meine Skepsis gegenüber dem, was jemand ohne Hintergrund aus dem Film mitnehmen könnte, bestätigt sich hier...

Traitor
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Sa 26. Apr 2014, 20:07 - Beitrag #6

Das Experiment sieht tatsächlich noch etwas missglückt aus...

Wenn ich Kells mal sehen sollte, mache ich einen Extra-Thread draus. ;) Deine Beispielbilder enthalten tatsächlich stärker altertümelnde Szenen, bei IMDb hatte ich vor allem solche mit modernen Cartoonfiguren und ein bisschen Ranken- und Geometriemusterspielerei gesehen.
Dass man angreifende Wikinger für Bäume halten kann, ist mir schon anhand der Einzelbilder sehr unverständlich, der Zweitrezensent war vermutlich nicht gerade auf der Höhe seiner Aufnahmefähigkeit, als er sich den Film angetan hat...

Traitor
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Do 29. Mai 2014, 23:10 - Beitrag #7

Wenn auch nur in Zwischenszenen und anscheinend recht sparsam animiert, verfolgt die griechisch(-französisch)e Produktion "Meteora" anscheinend einen ähnlichen Ansatz: siehe Filmstarts und, da der dortige Trailer bei mir streikt, diesen. Davon, dass der bei der Berlinale lief, hatte ich mal wieder nichts gehört.


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