Thunderbird-Weiterentwicklung wird eingestellt

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Traitor
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Fr 13. Jul 2012, 00:08 - Beitrag #1

Thunderbird-Weiterentwicklung wird eingestellt

Schlechteste Software-Nachricht seit langem: Mozilla will Thunderbird endgültig zum Programm zweiter Klasse degradieren, es soll offiziell nur noch Sicherheitsupdates geben, neue Funktionen ausschließlich per Addon oder Derivat von der Community kommen. Ankündigung hier, interne Details hier.

Thunderbird wurde ja schon lange eher stiefmütterlich behandelt. Dass Firefox die Nr. 1 der Foundation war, ist ja klar. Die Nr. 2 scheint aber nun das obskure "Firefox OS"-Projekt für Smartphones zu werden, das entweder absolut genial oder eine Totgeburt werden dürfte. Den etablierten und beliebten Thunderbird dafür quasi abzustoßen, ist ein ziemlich mutiger und mich persönlich sehr verärgernder Schritt.

Ja, Webmail hat sich in den letzten Jahren sehr weiterentwickelt und z.B. Gmail kann durchaus auch einen Client wie Thunderbird ersetzen, aber gleichzeitig hat sich doch das "für Profis gibt es nur Outlook" endlich erledigt und Thunderbird wird durchaus auch großskalig eingesetzt.

Andererseits stimmt das Argument, dass E-Mails keine großen Innovationen brauchen, vermutlich durchaus - vielleicht reichen Sicherheitupdates und Addons ja problemlos für einige Jahre mehr Lebenszeit. Nur irgendwann kommt der Punkt, an dem das Programm nicht mehr mit Betriebssystem-Änderungen und Anforderungshochskalierung (Datenbank- und Anhangsgrößen z.B.) mitkommt, dafür bräuchte es weiterhin Hauptentwickler.

Lykurg
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Fr 13. Jul 2012, 01:14 - Beitrag #2

Ja, das ist sehr ärgerlich. Zwar stimme ich dir völlig zu, daß man zunehmend auch ohne Mailprogramm auskommen kann - im Moment ist es bei mir auch in etwa so - aber es hat so klare Vorteile, seine Mails auch bei sich zu speichern, offline verfügbar und als Sicherungskopie zu haben, Adreßbücher nicht auf dem Server liegen zu lassen und viel schnellere und bessere Suchmöglichkeiten zu nutzen, daß ich den längerfristigen Verzicht darauf nicht als erstrebenswert ansehe.

Thunderbird ist aber meines Erachtens in den letzten Versionen nicht besser geworden, sondern langsamer und bedienerunfreundlicher. Darüber hinaus ist das eine große Manko, das mich seit Jahren stört, nämlich das miserable Speicherformat der Mailarchive, kein Stück verändert worden. Sicherheitskopierte Mailverzeichnisse enthalten im wesentlichen eine gigantische Eingangs- und eine Ausgangsdatei, die alle Mails mitsamt den Adreßinformationen und allen Anhängen beinhaltet - logischerweise also größtenteils Nonsenszeichenwüste. In dieser Form sind die Dateien ungenießbar und es ist überaus mühsam, etwa um Platz zu sparen alte Anhänge zu löschen, ich verstehe nicht, wie man so eine wichtige Funktion völlig weglassen kann.

So gesehen suche ich einen vernünftigen Ersatz, muß mich mal bei den Linuxprogrammen umsehen - Sylpheed und so - hab nur wenig Lust, mich in ein Programm einzuarbeiten, meine Mails herunterzuladen und einzuordnen, das Adreßbuch zu personalisieren und anschließend festzustellen, daß eine bestimmte seltener genutzte Funktion überhaupt nicht geht... Hmpf. Immerhin haben sie einen guten Grund zum Wechsel geliefert, sie wollen die Nutzer offenbar nicht mehr haben.

blobbfish
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Fr 13. Jul 2012, 09:31 - Beitrag #3

Den etablierten und beliebten Thunderbird dafür quasi abzustoßen, ist ein ziemlich mutiger und mich persönlich sehr verärgernder Schritt.

Ich bin ja nun wirklich kein Freund von Thunderbird, darum finde ich, beliebt auch keinen passenden Begriff.

Witzigerweise habe ich just am Montag wieder mit einem Kollegen im Rahmen eines Schaltsekundenfehlers bei Scientific Linux, welches bei uns am Fachbereich eingesetzt wird, über eben genau die Entwicklung von Thunderbird, nun, gelästert, denn die gefühlte Weiterentwicklung betraf im Regelfall das optische Design. (Tatsächlich ist der Schaltsekundenfehler auch durch Thunderbird aufgefallen). Ich kann kaum sagen, welche Funktionen Thunderbird seit Beginn dazu gewonnen hat. Das Adressbuch empfinde ich nach wie vor als Zumutung.

Dennoch finde ich es nicht sinnvoll die Entwicklung einzustellen, viel mehr müssten einige Schritte mehr gemacht werden.

Klar sind Webmails mittlerweile einigermaßen potent. Ich war überrascht, was Google für sein Webmailprogramm alles gemacht hat. Ich kannte bis dato nur GMX, das will man aber nicht nutzen. Und so schön GMail ist, ohne DSL 2000 ist das eine Zumutung. Um den vollen Komfort nutzen zu können, brauche ich z.B. 8 Sekunden.

Und ich empfinde es als angenehm, meine Mails z.B. auf einer Zugfahrt dabei zu haben. Ohne mir so einen dämlichen UMTS-Stick kaufen zu müssen.

Traitor
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Fr 13. Jul 2012, 09:58 - Beitrag #4

@Lykurg: Das Speicherformat ist nicht TBs Schuld, das ist ein jahrzehntealter Standard, der aus Kompatibilitätsgründen zu anderen Mailprogrammen (Im- und Export) beibehalten wird. Technisch ist er aber natürlich eine Katastrophe. Und tatsächlich war eines der letzten großen Neufeatures, das noch eingeführt wurde (in 12.0 anscheinend) "Pluggable Mail Stores", sprich, die Möglichkeit, mbox durch maildir, SQL oder sonstwas zu ersetzen. Bisher habe ich leider noch kein Addon gesehen, das dies tatsächlich umsetzt...

@blobbfish: Beliebt genug, zumindest in Deutschland. An Unis scheint er de-facto-Standard zu sein, von einigen Behörden habe ich auch schon gehört, und Privatleute dürften inzwischen grob geschätzt zu 85% Webmail, 5% Thunderbird, 5% Apple-Mail, 5% sonstiges benutzen, oder so, Outlook Express wird ja nicht mal mehr ausgeliefert. Das sind sicher keine Quoten wie bei Firefox, aber zu den Top 5 Open-Source-Programmen gehört Thunderbird vermutlich, zu den Top 10 sicher.

Was hat Thunderbird denn für sekundenkritische Funktionen, die an einer Schaltsekunde stolpern könnten? Mailserverkommunikation dauert doch üblicherweise viel länger und alle Sende- und Empfangszeiten haben eh ein paar Minuten Ungenauigkeit.

Ja, reine Offline-Vorhaltung ist auch für mich schon ein hinreichendes Argument für einen Offline-Client. Aber die Wirtschaft versucht ja gerade massiv, alle zum Zwangsdauerinternet zu drängen, und möglichst alle Kontrolle von der eigenen Festplatte herauszugeben. Gerade da müsste Mozilla mit ihrem "free internet" doch gegen halten...

janw
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Fr 13. Jul 2012, 12:02 - Beitrag #5

Tja, ich bin nach meinem kurzen Ausflug zu TB wieder zu OE zurückgekehrt, weil es für mich irgendwie "gewohnter" ist und ich einige Darstellungsweisen besser finde, z.B. die Speicherung von Mails, die Anhangsanzeige, die Kontaktliste und die Konten. Auch finde ich das ganze Design von TB etwas... um nicht zu sagen kindisch.
TB hat allerdings drei Vorteile zu bieten: Bessere Integration von Mails aus Ordnern, die Möglichkeit, Anhänge zu löschen und natürlich eine geringere Virenanfälligkeit, wobei sich Letzteres durch Virenschutzprogramme etwas relativiert.
Insofern könnte mich diese Entwicklung jetzt etwas unberührt lassen. Tut sie aber nicht, denn es sollte IMHO eine gute alternative Mailanwendung aus dem nichtkommerziellen Bereich geben, die auch an die Weiterentwicklung der Betriebssysteme angepasst wird.
Ich würde mir dann aber eine Überarbeitung wünschen hin zu besserer Speicherung von Mails und den anderen genannten Punkten, die bei OE einfach klarer gestaltet sind.

Webmail ist für mich keine Mail, weil ich meine Informationen in erster Linie bei mir haben möchte, jederzeit erreichbar, ob nun ein Internetzugang vorhanden ist oder nicht. Online wäre für mich höchstens als Sicherungsort interessant, aber auch dann nicht bei jener Firma, deren Hauptgeschäft die Vermarktung von Daten ist...

Lykurg
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Fr 13. Jul 2012, 12:43 - Beitrag #6

Dazu kommt, daß ich keinem Webmailanbieter fest genug zutraue, meine Mails krisensicher und verlustfrei über zehn, geschweige denn fünfzig Jahre aufzubewahren. Wenn ich Mails aber genauso stabil aufheben will wie Briefe (ohne sie auszudrucken^^), ist ein brauchbarer Mailclient essentiell. Und leider habe ich dank des mbox-Formats inzwischen eine Geröllhalde von alten Mailaccounts vergangener Rechner, in denen es sich miserabel suchen läßt und an Anhänge nicht mehr heranzukommen ist. Reimportversuche mit Mailprogrammen führten bisher regelmäßig zu noch mehr Chaos, weil etwa Thunderbird den Gesamtbestand, Eingänge und Ausgänge, in den aktuellen Ordner tun wollte, außerdem ich nicht will, daß die aktuellen Dateien noch weiter anschwellen als sie ohnehin schon sind. Traitors Hinweise auf andere Speicherformate klingen überaus interessant; möglicherweise lassen sich mit Import und Reexport bessere Lösungen finden. Daß damit eine Lagerung über die von mir erwünschten Zeiträume möglich wird, sehe ich aber noch nicht.

Traitor
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Fr 13. Jul 2012, 13:00 - Beitrag #7

@Jan: Was verstehst du unter "Speicherung von Mails"? Ist es nicht Hauptfunktion des Programms, die Mails zu speichern? :confused: Vermutlich meinst du den Export als einzelne .eml-Dateien? Ist das deine Hauptmethode, Mails langfristig zu archivieren? Wenn ja, ist es vielleicht eine recht sichere (da die Korruptionsprobleme von Mboxen umgehend), aber doch sicher eine furchtbar aufwendige und suchresistente. Thunderbird bietet das aber auf jeden Fall über einfachen Rechtsklick oder Button an, und mit den schon mehrfach erwähnten Import/Export Tools kann man auch bequem ganze Ordner einzeln in eml umwandeln.
Gewohnheit ist immer ein starkes Argument gegen einen Umstieg, mittelfristig musst du dich aber dagegen entscheiden, da OE wie gesagt von Microsoft auch schon lange nicht mehr unterstützt wird und du es dann bei Windows 7, geschweige denn 8, vergessen kannst.
"Jene Firma"? Alle!

@Lykurg: Langlangfristige Speicherung von Mails ist ein ernstes Problem, ja. Derzeit sehe ich dafür nur Komplettexport in Reintext-Formate als wirklich sichere Variante an. Mittellangfristig (10-15 Jahre in die Vergangenheit, mit Glück auch über 20, und X Jahre in die Zukunft, X=Zeit, in der Thunderbird noch zumindest in Emulatoren in Emulatoren auf Althardware sicher laufen würde, also schon recht wahrscheinlich zweistellig) sollte Thunderbird mit ein paar Addons aber in der Lage sein, so ziemlich jedes Archiv nochmal in benutzbare oder umspeicherbare Form zu bringen.

blobbfish
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Fr 13. Jul 2012, 19:01 - Beitrag #8

Nunja, dass Thunderbird an Universitäten mit chronisch klammen Kassen eingesetzt wird, wundert mich nicht, obgleich wir auch eine Reihe von Leuten haben, die gleich Squirrelmail nutzen. Ich nutze Thunderbird auch eher nur, weil quasi keine Alternative auf dem System installiert ist.

Was den Fehler angeht: Thunderbird kann da tatsächlich nicht viel für. Die Probleme liegen tiefer, am Linuxkernel. Wie genau sich das zu den Programm hochhangelt, kann ich dir aber nicht sagen. Thunderbird war jedenfalls betroffen und Firefox ebenso. Neustart der Programme hilft nicht.

Das Problem an einer mozilligen Gegeninitative zu Cloud-Käse ist doch, dass Cloud-Käse gerne genutzt wird. Firefox mischt da ja auch mit, seitdem man sein Profil online speichern und entsprechend synchronisieren kann. Insofern, das "müsste" in deinem Satz wird sicher nur eines bleiben.

Traitor
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Fr 13. Jul 2012, 23:11 - Beitrag #9

Firefox Sync ist durchaus ein Gegenmodell zu sonstigen Cloud-Anbietern, da es ein offenes Protokoll nutzt und auch auf privaten Servern installiert werden kann. Zu letzterem wollte ich Erdwolf immer mal überredet haben... Vieleicht ja auch Dirki. ;)

blobbfish
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Fr 13. Jul 2012, 23:36 - Beitrag #10

Was für wen interessant ist? Für Leute, die irgendwo eine Kiste stehen haben, die 24/7 läuft oder eine vertrauenswürdige Person kennen, die so eine Kiste besitzen.

Ich wäre auf Mozilla oder sonst wen angewiesen, wie die meisten, die ihren PC und ihr Smartphone synchron halten wollen, auch.

Traitor
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Fr 13. Jul 2012, 23:46 - Beitrag #11

Auch wenn man auf sie angewiesen ist, gibt das Protokoll schonmal einen Vertrauensbonus gegenüber geschlossenen Systemen. Ich muss aber zugeben, dass das hier doch noch eher experimentell klingt, und alternative freie Sync-Server scheinen ähnlich rar zu sein wie iCal-Synchronisationsanbieter, die weder Apple noch Google sind.

Jetzt aber zurück zum Vogel. ;)


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