Wer Facebook nutzt, ist selbst schuld

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Ipsissimus
Dämmerung
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Do 22. Mär 2012, 16:29 - Beitrag #1

Wer Facebook nutzt, ist selbst schuld

http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-03/facebook-nutzungsbedingungen

Wer Facebook nutzt, ist selbst schuld. So lassen sich die neuen Nutzungsbedingungen zusammenfassen, die seit heute in Kraft sind. Datenschützer kritisieren diese Chuzpe.
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Den deutlichsten Hinweis liefert gleich einer der ersten Punkte der Revision. Bislang stand in dem Dokument unter "Privacy", was Datenschutz oder Privatsphäre heißen kann: "We designed our Privacy Policy to make important disclosures (...)" Im neuen Text heißt es dagegen: "We designed our Data Use Policy (...)" Aus der Datenschutz-Richtlinie ist damit eine Datennutzungsrichtlinie geworden, beziehungsweise eine Datenverwendungsrichtlinie, wie sie in der deutschen Version von Facebook genannt wird.
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So gibt es einen neuen Punkt, in dem es heißt: "Wenn du unsere Software herunterlädst, (...) stimmst du zu, dass die Software von Zeit zu Zeit Neuerungen, Aktualisierungen und zusätzliche Funktionen von uns herunterlädt, um die Software zu verbessern bzw. weiterzuentwickeln." Nutzer haben damit nicht mehr die Chance, sich zu informieren, was ein Update verändert und zu entscheiden, ob sie das wollen.
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Überhaupt ist solch ein stillschweigendes Einverständnis nach deutschem Standard schwierig bis ungültig. Genutzt wird es von Facebook aber grundsätzlich. So heißt es an anderer Stelle: "Deine weitere Nutzung von Facebook nach Änderungen an unseren Bedingungen bedeutet gleichzeitig dein Akzeptieren unserer geänderten Bedingungen." Ein explizites Zustimmen oder Ablehnen ist nicht möglich, wer das nicht will, dem bleibt nur die Löschung seines Accounts.
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Lykurg
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Di 27. Mär 2012, 08:57 - Beitrag #2

Ja... sehe ich auch längst kritisch, man muß halt wissen, was man von sich preisgeben will, andererseits, wie sehr man es braucht, 'mitzumachen'. Für mich ist 'die neue Chronik' die Grenze. Wenn sie die für alle verbindlich machen, steige ich aus.

Thunderbird hat es auch schon begriffen^^ (passierte mir eben gerade):

Traitor
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Di 27. Mär 2012, 19:27 - Beitrag #3

Die "Timeline" (=Chronik?) wurde doch vor ein paar Tagen oder Wochen schon zum Standard gemacht, oder? Wenn ich keine Fiesheit im Detail übersehen habe, bereitet die aber doch auch nur den gleichen Spam anders (schlechter) auf als die vorhergegangene Profilansicht. Nur die prominente Platzierung von "ist Freund mit X seit Datum" fällt mir besonders auf, ob diese Information vorher schon ohne API einsehbar war, weiß ich nicht.

Schöne Thunderbird-Meldung - war die Mail denn tatsächlich von Facebook, oder Phishing? Überprüfen kann ich das Phänomen nicht, da Facebook eh nur eine Adresse von mir hat, die ich nie abrufe. ;)

Das Manöver, neue Regelungen nur per Einloggen als akzeptiert anzusehen, ist ziemlich dreist. Glücklicherweise ist von vornherein klar, dass das weder in den USA noch in Europa legal ist. Schon unübliche AGB-Klauseln werden ja meist vor Gericht als ungültig beurteilt, weil davon ausgegangen wird, dass der Kunde die AGBs nicht liest und alles, was nicht branchenüblich ist, daher nicht erwarten konnte. Andererseits sind manche perversen Klauseln inzwischen ja gerade branchenüblich, wie da die Rechtsprechung ausfiele, wäre interessant. Und letztlich bringt einem diese Rechtslage auch nur bei sinnvoll einklagbaren Fällen etwas, etwa bei Finanztransaktionen, während ein nachträgliches Anklagen einer Datenweitergabe einem herzlich wenig bringt. Aber es gilt halt eh schon lange: man muss einfach davon ausgehen, dass alle Daten, die man irgendwo online stellt, prinzipiell überall und bei jedem landen können. Wer Facebook nicht nur als Kontaktdatenbank, sondern auch für Privatkommunikation oder Datensammlung benutzt, ja, der ist selbst schuld, das war bei diesem Konzept von Anfang an klar.

Ipsissimus
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Di 27. Mär 2012, 20:34 - Beitrag #4

Wer Facebook nicht nur als Kontaktdatenbank, sondern auch für Privatkommunikation oder Datensammlung benutzt, ja, der ist selbst schuld, das war bei diesem Konzept von Anfang an klar.
wer mit besoffenem Kopf in eine verruchte Hafenspelunke geht, ist auch selbst schuld, wenn er am nächsten Morgen ausgeraubt in der Gosse liegt^^ trotzdem werden die Täter gesucht und bei Auffindung bestraft^^

Traitor
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Di 27. Mär 2012, 20:47 - Beitrag #5

Wenn der Trinker aber dem Ganoven von sich aus sein Portemonnaie hinhielt und ihm sagte, er solle sich doch bitte um den Inhalt kümmern, wird der Fall schon zwielichtiger. ;)

Nein, keine Frage, manche Auswüchse sollten juristisch bekämpft werden. (Eigentlich von Europa aus, größere Chancen sind aber traurigerweise amerikanischen Sammelklagen einzuräumen.) Ich bezog mich eher darauf, dass für den Nutzer auch solche Verfolgung im Nachhinein die Datenweitergabe ja nicht mehr rückgängig machen kann, und daher für ihn persönlich nur vorauseilende "Datenhygiene" eine wirksame Maßnahme ist. Nicht darauf, dass die Weitergabe durch Naivität legitimiert würde.

Maglor
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Di 27. Mär 2012, 21:09 - Beitrag #6

Stalking, Selbstdarstellung, personalisierte Werbung ... jeder Mensch braucht ein Hobby oder wenigstens Facebook. ;)

Lykurg
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Di 27. Mär 2012, 22:19 - Beitrag #7

Die Mail war tatsächlich von facebook, also nur im erweiterten Sinne Phishing. ;)

Ja, die Timeline heißt in der deutschen Fassung Chronik; sie ist noch nicht allgemeinverbindlich, man wird nur mit allen möglichen Mitteln dazu beredet, beizutreten - u.a. lauter Funktionen, die plötzlich nur noch gehen sollen, wenn man gewechselt hat, und dazu bekommt man dann die Meldung, daß soundsoviele deiner 'Freunde' schon zur Chronik gewechselt hätten und sie soo toll fänden.

Ich mag sie nicht, weil sie die Durchsichtigkeit massiv erhöht. In den bisherigen Profilen muß man alte Beiträge erblättern und ertrinkt in Unwesentlichem; in der Chronik wird durchgängige Anzeige von Geburt bis Tod angestrebt, scrollbar (autsch, ungünstiges Adjektiv^^ -> mit der Möglichkeit, darin zu scrollen) und präselektiert. Egal wieviel Datenhygiene ich betreibe, die Chronik zeigt mir, daß es zuwenig ist.

Sie veranschaulicht gewissermaßen einen Medienwechsel - verstand ich facebook bisher als Kommunikationsmittel, sich mit anderen auszutauschen, Bekanntschaften zu pflegen, gegebenenfalls auch Befindlichkeiten zu äußern, aber eben eher flüchtige Dinge, geht die Chronik in Richtung einer virtuellen Persönlichkeitsdarstellung (in Nennungen und Auslassungen gleichermaßen), die ich nicht will.

janw
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Di 27. Mär 2012, 23:59 - Beitrag #8

Zitat von Lykurg:Sie [die Chronik] veranschaulicht gewissermaßen einen Medienwechsel - verstand ich facebook bisher als Kommunikationsmittel, sich mit anderen auszutauschen, Bekanntschaften zu pflegen, gegebenenfalls auch Befindlichkeiten zu äußern, aber eben eher flüchtige Dinge, geht die Chronik in Richtung einer virtuellen Persönlichkeitsdarstellung (in Nennungen und Auslassungen gleichermaßen), die ich nicht will.

Der Wandel von "Du bist online" zu "Du bist, als der Du online erscheinst".

Für mich war letzteres im Grunde schon länger das Programm von facebook, nur daß es noch nicht in dieser Zuspitzung gestaltet war.

Im Grunde wäre es IMHO an der Zeit, die facebook-Verlinkungen und "Gefällt mir"-Knöpfe im Netz anzuprangern und infrage zu stellen. Wann werden sie weggehackt?

Lykurg
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Mi 28. Mär 2012, 10:32 - Beitrag #9

Graduell ist das wohl in fast jeder Form von Onlinepräsenz enthalten, meines Erachtens verschiebt sich hier aber die Schwerpunktsetzung. Und ja, angeprangert werden sie mancherorts längst; facebook zu hacken dürfte allerdings zu einiger Aufregung führen, wenn das jemand hinbekommt.

janw
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Mi 28. Mär 2012, 14:41 - Beitrag #10

Es könnten ja auch stark frequentierte Seiten mit diesen Knöpfen gehackt werden mit dem Ziel, die Knöpfe dabei zu entfernen.

Traitor
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So 15. Apr 2012, 17:58 - Beitrag #11

Die Like-Knöpfe (und entsprechenden Varianten von Google, Twitter und ein paar anderen) sind die noch viel größere Pest und Gefahr als das ursprüngliche Einlog-Netzwerk. Denn wenn man keine Drittanbieter-Cookies blockiert (und 95% der Netznutzer dürften, trotz inzwischen gestiegener Medien-Beachtung, nichtmal wissen, was das ist, geschweige denn, wie man sie blockiert), sammeln die ja schon zuordnenbare Profile, ohne dass man überhaupt beim Netzwerk angemeldet ist.

@Lykurg: Immerhin scheint mit der Chronik aber auch das gezielte Verbergen alter Beiträge (ein Löschen ist es sicher nicht, Facebook wird die intern weiter speichern und analysieren) leichter geworden zu sein. Vorher war es ja kaum möglich, die effizient zu finden.

Lykurg
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So 15. Apr 2012, 22:29 - Beitrag #12

Traitor, dafür war es vorher möglich, pauschal alle Beiträge bis zu einem gewissen Datum zu verbergen, und das hab ich gemacht. Dauerhaft für mich relevante Dinge schreibe ich auf facebook nicht, das entspricht nicht meinem Nutzungsverhalten der Seite (ganz anders als in der Matrix, klar). Darüber hinaus entfernt Facebook offenbar selbsttätig alte Privatnachrichten und macht sich für diesen Zweck also auch aktiv unbrauchbar.

Das stimmt, das Maß, in dem jetzt schon sichtbar Daten gesammelt und ausgewertet werden, ist erstaunlich genug, wäre also die Frage, was überhaupt noch verborgen bleibt. Erzählte ich schon, daß ein Bekannter, dem ich meine Handynummer gab, auf seinem Smartphone sofort meine Googlemailadresse sah, die ich meinte nie selbst verknüpft zu haben? Auch die personalisierte Werbung, die parallel zu Googlemailnutzung erzeugt wird, ist gelegentlich überaus irritierend nah an dem, was man beschreibt, die auswertende Software zieht aber noch darüber hinaus weitreichende Schlüsse...

@janw: Interessant wäre am Rande auch, inwieweit das Denken in 'Like'-Kategorien und die Jagd nach klickdokumentierter Aufmerksamkeit, quasiviraler Verbreitung von Genußbeiträgen, auch die Wahrnehmung und folgerichtig-zwangsläufig die Generierung von Information verändert. Geistiges Fastfood mit Klickstrecken zur Messung weitergehenden Interesses, Vermeidung von allzuviel Tiefe und von externen Links... Andererseits - wer die facebook-Wolke nicht mehr verläßt, hat es eben auch nicht anders gewollt.


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