Killerspielverbot

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Ipsissimus
Dämmerung
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So 7. Jun 2009, 17:45 - Beitrag #21

es ist doch eigentlich ganz einfach. Wenn es einen monokausalen Zusammenhang im Sinne echter Kausalität zwischen Killerspiele-Spielen und Amoklaufen gäbe, würden seit Bestehen von Killerspielen zig Millionen Killerspieler die Welt in Blut getränkt haben. Haben sie aber nicht. Also hängt es - wenn Killerspiele-Spielen überhaupt was damit zu tun hat - vom Zusammenspiel vielfältiger Faktoren ab. Wie wäre es, wenn wir dieses Zusammenspiel und diese vielfältigen Faktoren inklusive der Frage, ob Killerspiele-Spielen überhaupt was damit zu tun hat, erst mal erforschen, statt in vorauseilender Bedenklichkeit einfach mal was zu entscheiden, und sei es noch so an den Haaren herbeigezogen? Blinder Aktionismus, statt kühlem Wissen; passt allerdings zu unserer Zeit. Unsere Innenminister agieren nach der These der Korrelation zwischen Anstieg der Erderwärmung und Niedergang der Piratenpopulation in der Karibik. Vergleich die beiden Kurven mal. Sind absolut parallel. Nur was in dem einen Fall unmittelbar evident als Blödsinn dasteht, soll in dem anderen Falle plötzlich aus Besorgnis und Fürsorge gebenedeite Wahrheit sein. Merke: Korrelation != Kausalität. Dieses Mantra sollte man unsere Politiker jeden Tag 1000mal aufschreiben lassen. Ansonsten verbieten wir auch Brotessen und Wassertrinken. Beides ist nämlich in geradezu dramatischer Weise mit Amokläufen korreliert.

Traitor
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Do 11. Jun 2009, 13:28 - Beitrag #22

@Lykurg: Bücher sind hier sicher das harmloseste Medium, Musik und Filme hatten vor der Massenverbreitung von Computerspielen aber durchaus deren jetzige Zielscheibenfunktion für Politik und Medien inne.
Die USK gilt allgemein als grob unfähig. Sehr amüsant ist, dass es kürzlich von Spiele-sind-böse-Seite hieß, sie würde zu kurz testen, und so Gewalt oft nicht entdecken, wenn sie erst am Ende eines Spiels auftaucht, also systematisch zu niedrige Freigaben vergeben. Aber schon seit über 10 Jahren wird das zu kurze Antesten von Spielerseite kritisiert, da so oft nur zusammenhanglose Metzelszenen wahrgenommen werden, ohne die tiefere Handlungseinbettung zu verstehen, so die Wahrnehmung des Spieles oft zu größerer Bedenklichkeit hin verfälscht sei.

@Ipsi: So sehr ich selbst gegen ein "Verbot" bin, so muss ich doch sagen, dass du es dir mit deiner Argumentation zu einfach machst. An zwei Punkten:
Was ist z.B. mit Rauchen, was ist z.B. mit Autofahren.

Hier besteht keine Vergleichbarkeit. Autofahren ist eine hochproduktive Tätigkeit, deren Verbot nahezu unmöglich ist, da es keine Alternativen gibt, diese aber zum Weiterfunktionieren der Gesellschaft benötigt werden. Rauchen ist zwar nicht produktiv, erscheint aber für die Abhängigen oft ebenfalls ziemlich alternativlos. Actionspiele dagegen sind nur eine von vielen äquivalenten Freizeitbeschäftigungen. Wäre, für die Klarstellung des Argumentes, ein totales Herstellungs- und Verbreitungsverbot inklusive spontaner Vernichtung aller bisherigen Kopien möglich, so würden alle bisherigen Actionspieler einfach anfangen, andere Genres zu spielen oder Filme zu gucken, und einen wesentlichen Verlust würde keiner wahrnehmen.
Daher ist ein Actionspielverbot abgesehen von der Zensurfrage prinzipiell deutlich naheliegender als eines von Autos, Rauchen oder Brot.

Zweiter Punkt: alles immer erst gründlich und bis hin zu absoluter Sicherheit zu erforschen, bevor man etwas entscheidet, klingt sehr löblich. Es ist leider nur völlig unmöglich und würde zu einer gelähmten Politik und zusammenbrechenden Gesellschaft führen. Der Beruf eines Politikers besteht darin, auf Grundlange unzureichender Daten weittragende Entscheidungen zu fällen, das lässt sich nicht vermeiden. Natürlich sollte man die Datenbasis so weit wie möglich ausbauen und die Entscheidungen so sorgfältig wie möglich treffen, aber prinzipiell muss man sich damit abfinden, zu raten und das Risiko einer falschen Entscheidung einzugehen.

janw
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Do 11. Jun 2009, 15:11 - Beitrag #23

Traitor, mit dem Auto fahren ist das so eine Sache, wenn man sich den Verkehr an Wochenenden und Feiertagen ansieht. Ich könnte mir vorstellen, daß mindestens ein Drittel der Geamtfahrleistung in der Freizeit erfolgt.

Ich finde es immer wieder interessant, wie in den "tagesthemen" über das Verbotsthema berichtet wird, so als spräche man über eine exotische Minderheit, die einem unfassbaren Hobby nachgehe, das man gar nicht erst verstehen wolle. Daß, wie ich schätzen würde, mindestens jeder Vierte Rechnerbesitzer zwischen 18 und 50 häufiger irgendein Spiel dieser Klasse spielt, und sich diese Menschen in nichts vom Rest der Gesellschaft unterscheiden, scheint da völlig aus der Welt zu sein.

Völliger Populismus also, gerichtet an die Klientel der Wähler jenseits der 55 und Teile der jüngeren Bevölkerung, leider auch getragen von den Hinterbliebenen aus Winnenden.

Ipsissimus
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Do 11. Jun 2009, 15:11 - Beitrag #24

Es ist leider nur völlig unmöglich und würde zu einer gelähmten Politik und zusammenbrechenden Gesellschaft führen.


Man hat nie die Zeit, es gleich richtig zu machen. Man hat aber immer die Zeit, es noch mal zu machen^^ ich gebe dir dahingehend recht, dass im politischen Alltagsgeschäft blinder Aktionismus gelegentlich wahlentscheidend sein kann - wenn das blinde Huhn zufällig doch ein Korn findet - ob das noch irgendetwas mit Sachentscheidungen zu tun hat, sei dahingestellt. Dass die Macht entscheidet, was immer die Macht zu entscheiden beliebt, ist ohnehin unbestritten. Ansonsten ist deine Aussage eine Befürchtung bzw. Vermutung, kein Wissen^^

privates Autofahren könnte durch den flächendeckenden Einsatz von Nahverkehrsmitteln ersetzt werden. Rauchen hat gegenüber den Spielen den Vorteil des Steueraufkommens, was der hier angewandten Doppelmoral grundliegt. Hinsichtlich der Killerspiele gibt es außer der Befürchtung einer möglichen Korrelation nichts, aber auch gar nichts, was für ein Verbot spricht. Und wie wir wissen: Korrelation != Kausalität. Einfach nur blinder Aktionismus, nach dem Motto, irgendwer muss bestraft werden, also bestrafen wir die, die sich am wenigsten wehren. Und ignorieren dabei die Geschichte der Amokläufe udn Massaker gleich mit, die es gab, Jahrzehnte bevor das erste Killerspiel auf den Markt kam

Traitor
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Do 11. Jun 2009, 15:24 - Beitrag #25

Mit blindem Aktionismus hat das, wovon ich rede, nichts zu tun. Denk doch bitte nicht immer nur binär. Es gibt nicht nur blinden Aktionismus hier und 100 Jahre Warten auf endgültige Erkenntnisse da. Man kann auch ein paar Erfahrungen, Teilstudien und so weiter nehmen und darauf aufbauend die aktuell beste verantwortbare Entscheidung treffen. Und natürlich, wie du sagst, bei späterer Sachlageänderung die Entscheidung überdenken.
Und nein, es ist keine Vermutung, es ist logisch zwingend und somit de-facto-Wissen. Oder kannst du mir irgendeine Möglichkeit nennen, wie ein Staat, der nichts mehr entscheidet, weil er immer erst 10 Jahre auf genaue Untersuchungen wartet, weiterleben soll?

Und natürlich spricht kaum etwas für ein Spieleverbot. Im letzten Beitrag schrieb ich doch wohl deutlich genug, dass ich dagegen bin. Aber die Argumente, mit denen du es ablehnst, sind einfach nicht tragfähig. Da musst du schon bei der bereits nach jetzigem Wissensstand mangelhaften Korrelation und der Fragwürdigkeit von Zensur bleiben, halbgare Vergleiche sind auch keine besseren Argumente als die der Gegenseite.

Und ja, Politiker sehen viel zu schnell Korrelationen als Kausalitäten an. Prinzipiell ist dieses Vorgehen aber das einzig mögliche und damit richtige, selbst in harten Wissenschaften, erst recht in der Politik. Man muss nur Verfahren haben, vertretbare Signifikanzschwellen zu setzen, und sich dann daran halten.

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