Worldcom Insolvent!

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Whesley.Xvi
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Mi 24. Jul 2002, 15:09 - Beitrag #1

Worldcom Insolvent!

Das US-Telekommunikationsunternehmen Worldcom hat Gläubigerschutz nach US-Insolvenzrecht beantragt. Vorausgegangen war das Eingeständnis der Firma, Kosten in Höhe von 3,85 Mrd. US-Dollar nicht korrekt verbucht zu haben.

WorldCom-Chef John Sidgmore sagte, eine Finanzierung in Höhe von bis zu zwei Mrd. US-Dollar solle der Firma ein Weiterarbeiten während des Gläubigerschutzes ermöglichen. Die internationalen Aktivitäten des Konzerns seien von dem Insolvenzverfahren nicht betroffen

Das in einen Buchführungsskandal verwickelte Unternehmen hat Vermögenswerte von 107 Milliarden Dollar (106 Milliarden Euro) und Schulden von 41 Milliarden Dollar. Dies übertrifft das Insolvenzverfahren des Energiehändlers Enron mit Vermögenswerten von 63,4 Milliarden Dollar ganz erheblich. WorldCom ist Opfer seiner rasanten Expansion, Überschuldung und des harten Konkurrenzkampfes geworden.

Links:

N- TV.de

Focus.de

WOW!

Wo haben die Firmen denn das ganze geld her?
Wenn ich solche Zahlen sehe, dann sind die 6,5 Millionen, mit denen Berlin verschuldet ist, Peanuts.

Traitor
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Mi 24. Jul 2002, 17:01 - Beitrag #2

Wenn man sich so anhört, wie die bisher expandiert sind, ist das nur die logische Konsequenz. Wenn eine Firma Kredite aufnimmt, um andere Firmen zu kaufen, ist ja klar, dass sie irgendwann pleite geht. Was daran erschreckend ist, sind die starken Parallelen zur Telekom...

Bramstoker
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Mi 24. Jul 2002, 19:19 - Beitrag #3

Ja stimmt...Die wird auch nicht mehr lange auf sich warten lassen...die pleite meine ich...sieht ja im Moment verdammt danach aus...

Und das bei den Preisen...!?

Marc Effendi
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Mi 24. Jul 2002, 20:18 - Beitrag #4

Allerdings. Was die sich auch zur Zeit leisten.....

Was passiert eigentlich, wenn der Hauptanbieter von Telefon-Gesprächen pleite geht?

Bramstoker
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Mi 24. Jul 2002, 20:48 - Beitrag #5

Dann is alles kostenlos...oder es geht gar nichts mehr..oder Internetanbieter übernehemen das...

Krautwiggerl
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Mi 24. Jul 2002, 21:06 - Beitrag #6

falls der Hauptanbieter pleite gehen würde, denke ich, dass der Staat wieder das Angebot übernehmen würde, denn Telekommunikation gehört ja schon direkt zur Grundversorgung.

Feuerkopf
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Do 25. Jul 2002, 11:53 - Beitrag #7

Interessant...

Wenn alle so scharf darauf sind, dass die Telekommunikation in privaten Händen ist, wieso soll der Staat dann eigentlich die Grundversorgung garantieren?

Bei der Deutschen Telekom habe ich übrigens nicht so viele Bedenken. Die ist doch anders strukturiert als Worldcom, ist über Jahrzehnte gewachsen und nicht so ein Luftunternehmen.

Bramstoker
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Do 25. Jul 2002, 12:18 - Beitrag #8

ich hoffe eigentlich , dass du da recht hast.
wenn auch viele über die telekom meckern bin ich doch ziemlich zufrieden damit und den Angeboten....Also Toi toi toi

Krautwiggerl
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Do 25. Jul 2002, 12:23 - Beitrag #9

Ich bin überhaupt nicht dafür, dass Telekommunikation vom Staat angeboten wird, weil der Staat keinen Gewinndruck über den markt verspürt und somit immer kostenineffizienter anbietet. Aber wohl würde es so kommen, denn würde sich kein privater Anbieter mehr finden, so hätte man es hier plötzlich nicht mehr mit einem privaten Gut, sondern einem (unreinen) öffentlichen Gut zu tun, und gemäss den finanzwissenschaftlichen Theorien sollte der Staat dann anbieten (oder Angebot erweitern), wenn Wertschätzung der Bevölkerung da ist, aber über private Anbieter der Markt nicht bedient werden kann.

Bramstoker
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Do 25. Jul 2002, 12:27 - Beitrag #10

Ja dann wäre das wohl unausweichlich..
Aber soweit ist es ja Gott sei Dank noch nicht..

wie passiert es eigentlich, dass so ein grosser Konzern wie Beispielsweise die Telekom pleite gehen kann..

Kunden sind doch genug da...die sämtliche Kosten doch decken müssten...

Whesley.Xvi
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Do 25. Jul 2002, 16:51 - Beitrag #11

Wie oft gesagt Fehler beim Mangagment, man kauft Firmen zu einen zu hohen Preis, man gibt zu viel geld in UMTS lizensen, man investiert in neue Sachen(Netzerweiterung,..). Und alles obwohl man kein Geld in der Kasse hat -> Kredite -> Zinsen und rückzahlung sehr teuer -> Manager machen dagegen nichts -> mehr Schulden -> und alles wiederholt sich weiter und schneller

Feuerkopf
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Do 25. Jul 2002, 17:28 - Beitrag #12

Wiggerl,
das erkläre mir doch bitte!
Einerseits soll der Staat sich raushalten, aber wenn bei den großen Konzernen die Kacke am Dampfen ist, müssen Bürgschaften her und Auffanggesellschaften finanziert werden.
Das ist inkonsequent.
Wieso muss die Allgemeinheit für die Dummheit von Aufsichtsräten und Vorständen bluten? Der Staat sind letztlich wir...
Ich bin sehr für strengere Regeln, was Firmenvorstände angeht.
Es kann nicht okay sein, dass sich z. B. die ehemaligen Mannesmann-Strategen noch mit 6 oder 7stelligen Beträgen bereichern und dann den Laden an Vodafone verscherbeln.

Nee, der Kapitalismus frisst sich selbst, scheinz. Man braucht gar keine Kommunisten dafür.

Krautwiggerl
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Do 25. Jul 2002, 19:00 - Beitrag #13

Ja, mir sind die Bedenken schon klar.
In der Volkswirtschaftstheorie gibt es folgende Gründe für den staatlichen Eingriff in das Marktabgebot:
- externe Effekte (diese betreffen Dritte, die nicht am Markt teilnehmen, Beispiel wären hier Abgase, deren Auswirkungen Schäden bei Dritten verursachen, diese Schäden aber nicht von Käufer und Verkäufer in Rechnung gestellt werden, so dass der Staat beispielsweise eine Steuer erhebt, um den Marktteilnehmern diese externen Kosten spüren zu lassen)
- öffentliche Güter: hierbei handelt es sich um Güter, um die weder Konkurrenz (Rivalität im Konsum) herrscht im Konsum, noch kann man einzelne Leute vom Konsum ausschliessen. Beispiel wären hier Feuerwerk: wie willst du jemanden daran hindern, ein Feuerwerk anzuschauen? Auch kannst du den anderen nichts "wegschauen", so dass keine Konkurrenz/Rivalität um dieses Gut herrscht.
- (De)Meritorik: hierbei schätzen die Marktteilnehmer selbst den Nutzen des Gutes für sich selbst falsch ein. Beispiel ist hier bei Rauchern, dass sie die Gesundheitsschäden aus Informationsmangel zu niedrig ansetzen, was wieder durch eine Steuer korrigiert werden könnte. Auch das Bildungssystem fällt hierunter, so dass der Staat diesen Sektor subventioniert
- natürliche Monopole: hier haben wir den Fall, dass nur ein Anbieter am kostengünstigsten anbieten kann, das ist v.a. bei Unternehmen, die mit Leitungen arbeiten, der Fall (wie man sich leicht vorstellen kann, da, wenn die Leitung steht, jeder zusätzliche Nutzer nur noch minimale Kosten verursacht, die Leitung selbst aber ganz schön ins Geld geht). Da aber ein Monopolist die Preise anders als ein Anbieter auf einem Konkurrenzmarkt steuern kann, liegt sein Grenzertrag (der Ertrag pro zusätzlicher Einheit) immer unter dem Marktpreis, da eine Preisänderung immer auch alle vorher angebotenen Mengen betrifft. Das bedeutet, dass der Monopolist in seinem Gewinnmaximierungsbestreben weniger zu einem höheren Preis anbietet, als dies ein Konkurrenzmarkt schafft. Um die Verbraucher hiervor zu schützen, gibt es folgende Möglichkeiten: man setzt per Gesetz eine Gewinnspanne fest oder fixiert den Preis an den Kosten, oder der Staat übernimmt das Angebot (wobei hier der Einwand der Kostenineffizienz zum Tragen kommt, den ja die Steuerzahler zu ertragen haben).
Anm.: hierbei geht es um das allokative Optimum, d.h. die bestmögliche Zuteilung von Ressourcen, um die Gesamtwohlfahrt zu maximieren, das Problem der gerechten Verteilung ist Sache der Distributionspolitik, welche sich z.B. mit der Ausgestaltung von (Einkommens-)Steuern beschäftigt.

Also natürlich ist der Einwand berechtigt, dass sich Privatisierung und Staatseingriff nicht vertragen, aber folgendes:
Ein Markt wie der Telekommunikations kann sich vom Konkurrenzmarkt nach Privatisierung wieder aufgrund obiger Voraussetzungen auf ein Monopol hinbewegen. Die Frage ist, was zu tun ist: entweder man macht obige Vorschläge, oder man verhindert das Monopol vor dessen Bildung durch Gesetze. Allerdings wirst du hier das Problem haben, dass die einzelnen Unternehmen nicht kostengünstig anbieten können und somit aus dem Markt ausscheiden würden. Ergebnis wäre auch hier ein niedrigeres Angebot zu einem höheren Preis, damit sich die verbleibenden Unternehmen am Markt halten können. Jetzt könnte man wieder mit Preisbeschränkungen reagieren, dann würden wieder Unternehmen ausscheiden, das Ergebnis wird das selbe sein! Also was ich klar machen will, ist, dass dieses Problem höchst komplex ist und es im Falle natürlicher Monopole keine Lösung gibt, die keine Nachteile mit sich bringt!
Nehmen wir jetzt an, die jetzt am Markt vorhandenen Unternehmen gehen (aus welchen Gründen auch immer) pleite. Jetzt ist die Frage, ob diese Pleiten aus eigenem Schluder zustande kamen oder nicht. Ist ersteres der Fall, so sind auf dem Markt grundsätzlich Gewinne zu erzielen. Folge wäre, dass ein anderer Anbieter angezogen wird und in die Bresche springt. Ist kein Gewinn zu erzielen, weil du wie beim Feuerwerk ein Trittbrettfahrerproblem hast, oder weil Marktregulierungen dies nicht zulassen, so werden potentielle neue Anbieter abgeschreckt, und der Markt wird nicht, oder nur unzureichend bedient. Jetzt wäre abzuwägen, ob die Wertschätzung der Bevölkerung für dieses Gut grösser ist als die Seuern, die für dessen Bereitstellung erforderlich sind. Ist das der Fall, und davon gehe ich aus, den wer kann heute schon ohne Telefon, dann sollte der Staat anbieten, denn würde er das nicht tun, würde mehr Wertschätzung vernichtet als Kosten entstehen würden, das Ergebnis wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht optimal. Dagegen, wäre das Steueraufkommen extrem hoch, so sollte es auch der Staat lassen, wenn die Kosten höher sind als die (aggregierte) Wertschätzung der Bürger, denn sonst würde er im Falle des Anbietens mehr Wert vernichten als entstehen würde, und das wär auch auf Blödsinn. Also ich hoffe, dass man jetzt noch einigermassen mitkommt. Greifen wir nochmal nach oben: wenn auf dem Markt aufgrund von Marktregelungen durch den Staat keine Gewinne unter Konkurrenz möglich sind, dann muss man entweder einen Monopolisten in Kauf nehmen (mit höheren Preisen) oder der Staat sollte anbieten, oder, und jetzt wird's wichtig, der Staat sollte die Rahmenbedingungen des Marktes geschickt korrigieren, aber das ist äusserst schwierig abzuschätzen...

Also besser kann ich's nicht erklären, ohne volkswirtschaftliche Termini komm ich hier nicht aus.

Feuerkopf
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Fr 26. Jul 2002, 11:23 - Beitrag #14

Am Beispiel Mannesmann/Vodafone kann man wunderbar ablesen, wie groß die Einflussmöglichkeit der Öffentlichen Hand ist. Sie strebt gegen Null.

Gestern abend war ein wunderbares Lehrstück über den Kapitalismus im WDR zu sehen, nämlich die Dokumentation, wie Herr Esser im Verbund mit der Deutschen Bank Mannesmann vor die Wand gefahren hat. Oh, sein Hauptaktionär, ein Unternehmer aus Fernost hat ihm diese Handlungsweise mit 10 Mio. honoriert...

Es gab damals zwei Möglichkeiten, Mannesmann zu retten, denn Vodafone hätte nicht um jeden Preis gekauft. Esser hat es ganz bewusst gelassen.

So, und warum ist so etwas möglich? Das Zauberwort heißt "Shareholder's Value".

Im Moment zeigt sich doch nur, dass das freie Spiel der Kräfte offenbar nur ein freies Spiel der Gier ist. Es ist voller krimineller Energie, und die findet in Deinen Ausführungen, Krautwiggerl (danke dafür), keine Berücksichtigung.
Die Wirtschaftswissenschaftler lernen doch sicherlich nicht, wie man Bilanzen frisiert, oder? ;)

Krautwiggerl
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Fr 26. Jul 2002, 12:03 - Beitrag #15

Ja, immo zeigt sich das wirklich, aber ist das überall so? Ich will die Gier nicht nur einigen Managern zuschreiben, sondern man braucht sich nur ansehen, wie staatlich gelenkte Volkswirtschaften funktionieren. Im Vergleich dazu sind wir mit den Ärschen, die wir jetzt haben, noch gut bedient.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es deshalb eigentlich keine Alternative zum freien Spiel der Marktkräfte, natürlich mit den Einschränkungen, die ich oben genannt habe + Kartellbildung.
Die Gier ist ein ethisches Problem, kein wirtschaftliches. Ist ja bei Politikern nicht anders.
Ich meine, momentan erleben wir sowas wie eine Reinigung. Ich muss mich über solche Arschlöcher ja auch aufregen, aber wer das System knicken will, der sollte erstmal sagen, was für eine Alternative denn besser wäre...

Momentan geht der Staatseingriff auf null, das ist richtig, aber ich habe ja auch nichts anderes behauptet. Ich habe nur dargelegt, wo ich persönlich aus finanzwissenschaftlicher Sicht eingreifen würde. Dass das mit den natürlichen Monopolen einiges Gewicht hat, zeigt die Tatsache, dass aus obigem Kalkül die Telekom lange ausschliesslich in Staatshand war. Man hat dies aufgelöst, da die Kostenineffizenz staatl. Unternehmen scheinbar doch die entstehenden Probleme auf Märkten mehr als aufwiegt.
Was die Fälschungen durch Manager angeht: ich bin auch der Meinung, dass dies nicht ewig so weiter geht. Da wird sich sicher die Gesetzeslage nochmal verschärfen. Ich sehe das analog zu den Kartellrechtsbestimmungen: hier wurde auch nur lange mit Geldstrafen gehandelt, so dass die Unternehmen mit Hinweis auf Arbeitsplatzsicherheit (Wählerpotential!!) immer billig wegkamen. Jetzt droht aber Knast, da sieht's schon anders aus. Auch bedient man sich des Straffreiheitskonzepts (oder milderne Umstände) für den, der das Kartell ausplaudert (Anreiz-System, richtig fies :D ).

Ich frage dann die, die den Kapitalismus verteufeln, nochmal, was denn ihre Alternative wäre? (und seid euch gewiss, ich zerlege eure Argumente in der Luft... ;) )
Das ist wie mit der Demokratie: sie ist eine Scheiss-Staatsform, aber die beste, die wir haben (siehe Churchill).
Was jedem klar ist, aber doch in der Wortwahl verloren geht. Nicht der Schröder oder der Stoiber schaffen Arbeitsplätze, sondern die Unternehmer, die Politiker schaffen (hoffentlich) solche Rahmenbedingungen, dass die Unternehmen Anreize zu haben, Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist also eine Frage des guten Rahmensystems, und damit befassen sich Wirtschaftswissenschaften. Menschen reagieren auf Anreize, d.h. die WiWis hantieren auch mit einem Gutteil Psychologie, wir vernachlässigen das nicht. Und was Rahmenbedingungen angeht, so zeige ich an folgendem Beispiel, wie schnell man unbeabsichtigte Folgen aufgrund von Anreizen zustandekriegt. Die Mietpreisbindung wurde eingeführt, um als soziales Element auch Armen ein Dach über dem Kopf zu ermöglichen. Im Moment schien die Rechnung aufzugehen, da auf kurze Frist das Angebot an Wohnungen starr war und auch die Nachfrage sich aufgrund des niedrigeren Preises nur gering veränderte. Auf lange Frist passierte nun folgendes: die Wohnungsanbieter nahmen viele Wohnungen vom Markt, wenn kaum mehr Gewinn damit zu erzielen ist (durch die neuen Mietrechtsbestimmungen wird das noch verschärft, da müssten die meisten sogar draufzahlen) und der Wohnraum wurde auch stärker nachgefragt als vorausgesehen. Zudem steckten die Vermieter nichts mehr in Rennovierung, wenn sie die Wertsteigerung nicht abschöpfen können. Folge war/ist ein Mangel an Wohnungen. Jetzt passiert folgendes: die Mieter können sich praktisch aussuchen, wer bei ihnen wohnen darf, und wer wird das wohl nicht sein? Richtig: Arbeitslose, Alte, Familien mit (lauten) Kindern. Was ist jetzt noch sozial daran?
Was ich damit zeigen will, ist, dass das Setzen von Rahmenbedingungen extrem schwierig ist, weil die Anreizfolgen für die Menschen sehr komplex sein können. Ergo haben wir jetzt garantiert nicht das beste System. Aber es ist ausbaufähig, und die aktuellen Probleme zeigen, wo Nachholbedarf besteht. Das liesse sich aber sicher auch durch neues Setzen von Anreizen (z.B. neue Strafmasse) in den Griff kriegen.
Aber Planwirtschaft?
Mal ganz abgesehen vom wirtschaftlichen Kalkül muss jedem klar sein, dass Planwirtschaft nur in einer Diktatur machbar ist, denn sie muss jeden Abweichler, der frei verkauft, bestrafen, sonst wäre keine Planwirtschaft möglich.

Und nein, wir lernen im Studium nicht, wie man Bilanzen fälscht und Akten vernichtet, das ist wie gesagt ein ethisches Problem. Wir lernen, wie man Ursache-Folgen abschätzen lernt (siehe Mietpreisbeispiel), wie man unternehmerische Entscheidungen trifft, wie man nach HGB und StGB (und nicht nachselbstgemachten Gesetzen) bilanziert, wir lernen Personalmanagement, wie man Mitarbeiter positiv (!!) motiviert und was mir besonders Spass macht, wir lernen Zusammenhänge, die in der Öffentlichkeit nicht oder sogar falsch dargestellt werden, die wir aber empirisch (!!!) beweisen können!

Feuerkopf
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Fr 26. Jul 2002, 12:13 - Beitrag #16

Wiggerl, missversteh mich nicht.
Ich rede keinem Sozialismus das Wort, obwohl ich die Utopie immer sehr gemocht habe.

Nur scheint mir das lange Zeit so sehr gepredigte Freie Spiel der Kräfte auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.
Es sind unheimlich viele kleine und mittelständische Unternehmen kaputt gegangen, weil die Großen Kampfpreise machen konnten.
Es ist in vielen Städten der Mittelstand weggebrochen.
Große Unternehmen haben teilweise eine Zahlungsmoral ihren Zulieferern gegenüber, die auch wiederum zu Insolvenzen führt.
Und da hilft dann keine staatliche Bürgschaft...

Ich möchte wieder etwas mehr soziale Marktwirtschaft.

Hier bei uns sieht der Wohnungsmarkt übrigens gänzlich anders aus. Die großen Wohnungsbaugesellschaften bieten teilweise schon Vergünstigungen an, um die Leerstände zu beseitigen.

Krautwiggerl
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Fr 26. Jul 2002, 12:33 - Beitrag #17

Ich rede keinem Sozialismus das Wort, obwohl ich die Utopie immer sehr gemocht habe

Ich mochte die Utopie auch, aber um die zu verwirklichen, muss der Mensch erst die nächste evolutorische Stufe nehmen. Ich glaubte auch nicht wirklich, dass du den Sozialismus in Real gut finden würdest. Du kennst dich aj aus im Leben. Dies ging doch mehr in Richtung unserer Kommi-Fraktion hier, die kaum oder keine wirklichen Argumente bringen ;)

Nur scheint mir das lange Zeit so sehr gepredigte Freie Spiel der Kräfte auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.

Ein freies Spiel der Kräfte haben wir hier garantiert nicht, nichtmal in den USA.

Es sind unheimlich viele kleine und mittelständische Unternehmen kaputt gegangen, weil die Großen Kampfpreise machen konnten.

Preisdumping ist in der Tat ein Problem, das auch gesetzlich schwer in den Griff zu bekommen ist. Hierfür ist aber nicht nur die Marktwirtschaft an sich die Ursache, sondern der technologische Fortschritt. Denn durch ihn werden die Markteintrittsbarrieren für neue Unternehmen immer grösser, und auch die Kosteneffizienz bei kleinen Unternehmen bleibt auf der Strecke, da sie nicht die Kapazitäten haben, immer neueste Technologie zu kaufen bzw. die Fachkräfte einzustellen. Das ist sehr knifflig und so einfach nicht zu lösen.

Es ist in vielen Städten der Mittelstand weggebrochen.
Große Unternehmen haben teilweise eine Zahlungsmoral ihren Zulieferern gegenüber, die auch wiederum zu Insolvenzen führt

Eine Frage des Anreizsystems...

Ich möchte wieder etwas mehr soziale Marktwirtschaft.

Ja, ich auch, und fundieren werde ich dies auch wissenschaftlich, wenn auch später, da ich jetzt gleich das Essen koche ;)

Hier bei uns sieht der Wohnungsmarkt übrigens gänzlich anders aus. Die großen Wohnungsbaugesellschaften bieten teilweise schon Vergünstigungen an, um die Leerstände zu beseitigen

Dann ist das eine Ausnahme. Man nehme nur Berlin und v.a. München als Beispiel, da ist die Situation nur noch als katastrophal zu bezeichnen.


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