Ärzte als Überträger von Krankheiten

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Wombat
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Fr 24. Sep 2004, 16:33 - Beitrag #1

Ärzte als Überträger von Krankheiten

Ärzte als Götter in weiss? Ich hab noch nie richtig viel von Ärzten gehalten, aber das ist wohl das letzte:

Ärztehände nicht ausreichend desinfiziert

Die hygienische Situation in zahlreichen deutschen Krankenhäusern ist nach Recherchen des ARD-Magazins "Plusminus" mangelhaft. Viele Ärztehände seien nicht ausreichend desinfiziert. Bei Stichproben in den allgemein zugänglichen Bereichen mehrerer Krankenhäuser war die Hälfte der Ärztehände zu hoch mit Keimen belastet.

Dieses stichprobenartige Ergebnis wird von verschiedenen Untersuchungen gestützt. Professor Manfred Wolff von der Universität Witten/Herdecke kritisiert, dass viele Ärzte ihre Hände oft nicht fachgerecht desinfizieren. Nahezu jeder zweite Arzt macht das nicht ordnungsgemäß. Und es gibt sogar Untersuchungen, die festgestellt haben, dass auf der Hand eines Arztes die Keimzahl höher war als auf einem Toilettendeckel.

Jeder zwanzigste Patient steckt sich im Krankenhaus mit einem neuen Keim an, pro Jahr mehr als eine halbe Million. Die Folgen reichen von einer Blasenentzündung bis zur Beinamputation. Oft enden solche Infektionen sogar tödlich: Nach einer Untersuchung des Berliner Hygienikers Dr. Klaus-Dieter Zastrow ist die Ursache für 13% der im Krankenhaus verstorbenen Patienten eine Infektion, die sie sich erst dort zugezogen haben. Auf Deutschland hochgerechnet sind dies bis zu 40.000 Tote pro Jahr.

Die mangelhafte Krankenhaushygiene verursacht zudem horrende Kosten: Allein für die medizinische Behandlung von Patienten, die sich im Krankenhaus anstecken, müssen pro Jahr 1,5 Milliarden Euro ausgegeben werden. Zusammen mit den indirekten Kosten für den Arbeitsausfall wächst die Summe sogar auf rund das Doppelte.

Eine bessere Hygiene in deutschen Krankenhäusern könnte einen erheblichen Teil dieser Kosten vermeiden. Wenn die Hygienerichtlinien überall eingehalten würden, könnten bis zu 50% der Infektionen vermieden werden, so Dr. Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene.


Quelle: ots-presseservice am 07.09.04, ots-Originaltext: WDR Westdeutscher Rundfunk

Ist das nicht eine Unverschämtheit?
Da wird man wegen eines gebrochenen Beins eingeliefert um dann später wegen einer Lungenentzündung behandelt zu werden? Pro Jahr stecken sich ca 100.000 Patienten in Kliniken an, bei einem Teil verläuft die Krankheit dabei tödlich.
Verantwortungslos sage ich da nur.

Shockk
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Fr 24. Sep 2004, 17:06 - Beitrag #2

Was dieser Artikel dabei zu erwähnen vermeidet ist, dass nicht ausschliesslich die evtl schelchte Hygiene der Ärzte schuld an den Infektionen ist. Die Keime, die in den Krankenhäusern kursieren, sind mittlerweile zu einem erschreckend großen Teil (ich glaube ca. 20%) gegen Antibiotika immun und lassen sich ohne weiteres nicht mehr aufhalten. Das liegt an dem übermässigen Verschreiben und Benutzen dieser Mittel in deutschen Kliniken - aber das ist ein anderes Thema.

aleanjre
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Fr 24. Sep 2004, 17:12 - Beitrag #3

Als ein ehemaliges Mitglied des Personalsstabs in zwei verschiedenen Krankenhäusern:
Dieses Thema ist exakt so alt wie die Idee, kranke Menschen in einem Haus zusammenzulegen.
Ich weiß nicht, ob dies nur ein Ausschnitt eines Artikels war, ansonsten verzerrt er stark die Wirklichkeit. Denn es laufen ja nicht nur Ärzte durch die Krankenzimmer, sondern ebenso Krankenschwestern-, Pfleger, Labormitarbeiter zwecks Blutabnahme, Anästhesisten, Putzfrauen, Zivis, technische Hilfsarbeiter, Sanitäter, Diätassistenten, Besucher...
Jeder dieser Menschen kultiviert seine eigenen Stämme an Viren, Baktieren und Pilze. Vieles davon harmlos, anderes eben nicht. Jeder dieser Menschen ist ein potentieller ÜBerträger. Das geht ganz einfach:

XY hat einen aggressiven Rhinovirus, der von harmloser Erkältung zu Bronchitis und Lungenentzündung verschiedene Atemwegserkrankungen auslösen kann. Da XY recht fit ist, bewirkt dieser Virus bei ihm nur einen ganz leichten Schnupfen. XY geht, um eine Blumenvase zu holen, er besucht gerade seine Tante. Vor der Tür des Vasenraums niest er kräftig, wohlerzogen hält er sich die Hand vor den Mund. Öffnet dann die Klinke. Da seine Tante auch eine recht stabile Konstitution hat, wird sie in 3 - 5 Tagen ebenfalls nur an einem leichten Schnupfen erkranken.
10 Minuten später geht ZA ebenfalls eine Vase holen. An der Klinke ist noch reichlich von dem VIrus von XY. ZA ist so fit, das er überhaupt nicht erkranken wird. Seine Mutter allerdings ist in sehr schlechtem Zustand. Nachdem er die Blumen versorgt hat, wischt er seiner Mutter über das Gesicht und führt Mundpflege durch.
Wenige Tage später erkrankt sie an schwerer Bronchititis.

Dieser Mechanismus ist simpel. Und nur sehr, sehr schwer zu durchbrechen. Jedes Krankenhaus mit mindestens 250 Betten ist verpflichtet, eine eigene Hygienefachkraft zu beschäftigen. Diese Fachkraft erstellt Desinfektions- udn Sterilisationspläne und macht regelmäßíge KOntrollen auf den Stationen, führt Mitarbeiterschulungen durch etc.
Jedes Mitglied des medizinischen Fachpersonals, von der Pflegeaushilfe zum Zivi bis hin zum ärztlichen Direktor ist verpflichtet, bei jeder pflegerischen oder diagnostischen Tätigkeit die Hände korrekt zu desinfizieren. Das läuft so ab: Hände waschen, mit ausreichend Seife. Mit Einmalhandtüchern trocknen. Danach 30 sec. lang die Hände mit Desinfektionsmittel einreiben. Keinen Gegenstand mehr berühren. Tätigkeit beginnen. Nach der Durchführung wiederum Hände desinfizieren. Bei allen invasiven Maßnahmen wie Blasenkatheter legen etc. müssen sterile Handschuhe angezogen werden (eine Kunst für sich).

Und da sieht man schon das Problem: Die Zeit. Eine Station hat im Schnitt 30 Patienten. Wenn man jedesmal die Hände wäscht und 30 Sekunden desinfiziert, schafft man seine Arbeit nicht. Dazu kommt, dass es ausreichen kann die Bettwäsche des Patienten A zu berühren, um einen Krankheitskeim zu Patient B zu schleppen. Auch wenn täglich die Wäsche gewechselt wird, die Putzfrauen regelmäßig alles abwaschen - man muss Kompromisse eingehen. Und sich bewußt sein, was man tut.
Natürlich gibt es immer faule Eier, die sich einen Dreck um die Vorschriften scheren. Handschuhe für einen Witz halten, Desinfektionsmittel für Teufelszeug (es stinkt nicht nur pervers, es trocknet die Hände fürchterlich aus, die Haut reißt ein, pellt sich...). Ja, es gibt Ärzte, die ohne Handschuhe in den offenen OP - Wunden rumstochern und die Steriliumflasche anschließend keines Blickes würdigen. Es gibt Schwestern, die ihren Kittel nur wechseln, wenn er anfängt zu müffeln und mit lackierten Nägeln den Verbandwechsel durchführen gehen, dabei dann auch alle Hygienevorschriften übersehen. Es darf nicht passieren und passiert eben doch, überall dort, wo Menschen arbeiten geschehen Fehler.

Aber um sich ein wirkliches Bild von dieser Art Arbeit zu machen, muss man sie selbst einmal vollbracht haben. Wirklich dabei sein, nicht nur zwei Stunden mit einer Kamera.

norialis
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Fr 24. Sep 2004, 17:42 - Beitrag #4

Ich will nur eine kleine Geschichte zum Thema beitragen:

Ich war Zivi in einem kleinen Krankenhaus, 102 Betten um genau zu sein. Liegt schon ein paar Jährchen zurück. Wir hatten ein Isolationszimmer mit einem Hepatitis-C Patienten. Alles was an dem Zimmer an Müll angefallen ist (dazu gehören Mundschutz, Handschutz, Papierschutzkittel, etc. die nach jedem Zutritt in das Zimmer entsorgt wurden) wurde in speziellen gelben Säcken gesammelt (hat nix mit dem gelben Werstoff Sack zu tun). Diese Säcke waren extrem schwer, weil sie so dich wie Teichfolie waren. Nachdem der Patient verstorben ist, wurde das Zimmer desinfiziert, halt gereinigt bis aufs Mark - was blieb, waren diverse Säcke. Und ich als Müll-Zivi (ich war dem technischen Bereich zugeordnet und für die Müllentsorgung im gesamten Haus verantwortlich) hatte die Anweisung, diesen Sack ebenso in den Müllpresscontainer zu werfen wie den normal Müll auch - da war nix mit verbrennen oder so ! Ich hab mich geweigert und die Säcke seperat gelagert bis sie zur Deponie sollten - wo sie letztlich auch gelandet sind...

Was mir das gesagt hat ist klar - für die Öffentlichkeit sichtbar wird mit großer Hygiene gearbeitet und dem Medizin sowie Pflegepersonal ist nicht ausschließlich alles anzuhängen, aber irgendwo gibt es immer jemanden, der nicht hundertprozentig korrekt ist und Geld sparen will. Wo und wie oft das vorkommt weis ich nicht, bei uns war es in meinen 15 Monaten einmal so. Doch ich glaub das reicht....

Wombat
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Fr 24. Sep 2004, 18:02 - Beitrag #5

Ja, es stimmt, dass auch andere Menschen und nicht nur Ärzte Keime übertragen können (übrigens hab ich den Artikel nicht gekürzt), aber es sind die Ärzte, die den engsten Kontakt zum Patienten haben. Natürlich ist es zeitraubend, sich jedes Mal die Hände zu desinfizieren, aber verschwendend ist diese Zeit nicht. Und es kommt dem Arzt selber ja auch zugute, dass er sich nicht selber mit irgendwelchen Keimen ansteckt.

Das Beispiel von norialis zeigt, dass meist nur das "höhere" Personal wie Ärzte oder Krankenschwestern aufgeklärt werden. Zivis oder Putzfrauen wissen meist gar nicht, was für Chemotherapeutika oder keimverseuchte Materialien sie entsorgen müssen.

Auch eine kleine Geschichte von mir:
Ein Mann kommt wegen eines Gehirntumors auf die Intensivstation und wird dort operiert. Die Operation verläuft sehr schwierig, aber am Ende doch erfolgreich. Er bleibt ein paar Tage auf der Intensivstation, abgekapselt von jeglichen Besuch und anderen Patienten. Dann die Diagnose: Eine Lungenentzündung. Es bleiben nicht mehr viele Leute übrig, die ihm diese Keime übertragen haben könnten. Nach ein paar Tagen ist der Mann an dieser Krankheit gestorben.
Dabei hätte alles gut gehen gehen.

aleanjre
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Fr 24. Sep 2004, 20:38 - Beitrag #6

@ttt-taboo: Den engsten Kontakt zum Patienten haben im Krankenhaus die Schwestern und Pfleger sowie das pflegerische Hilfspersonal. Die Ärzte sehen den Patienten während der OP/Diagnostischen Maßnahmen, sowie einmal täglich zur Visite, es sei denn, es ist etwas außergewöhnliches. Das Pflegepersonal ist die restlichen Stunden des Tages da.

Putzfrauen berühren keine Chemotherapeutika, und über die Hygienevorschriften haben sie aufgeklärt zu werden. Kann nachgewiesen werden, dass in diesem Fall geschlampt wurde, ist dies ein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen und es wird untersucht, ob die Firma, die das Reinigungspersonal stellt bestraft wird oder der Fehler in der KRankenhausdirektion zu suchen ist. Wenn ein Zivi, Aushilfen oder Pflegeschüler auf Station sind, müssen sie vom Pflegepersonal eingewiesen werden, auch in die hygienischen Vorschriften. Verantwortlich dafür ist an erster Stelle die Stationsleitung, ausführend aber der Schichtführer des Tages. Dies wird alles schriftlich festgehalten und kann jederzeit, auch noch nach Jahren, nachgewiesen werden. Ein "wußte ich nicht" ist niemals akzeptabel, auch wenn es natürlich vorkommt.

Natürlich ist die ZEit des korrekten desinfizierens niemals verschwendet. Aber mit diesen Maßnahmen werden nun mal nur die wirklich schlimmen und ungewöhnlichen Keime erwischt. NIemand kann vom Pflegepersonal erwarten, dass es nach jedem Kontakt mit Gegenständen und anderen Menschen 30 Sekunden lang Sterilium verreibt. Da, wo sich viele Menschen sammeln, sind aber halt immer unendlich viele Keime.

Der Mann mit dem Hirntumor, das ist ein tragischer Fall. Mögliche Überträger sind aber immer noch viele. Auf einer Intensivstation laufen immer sehr viele Schwestern rum, Tag und Nacht. Gehirntumore werden nicht in kleinen Häusern operiert, also wird auch die Intensiv eine gewisse Größe gehabt haben. Auch der Ärztestab ist recht groß. Die gehen dort ein und aus! Reinigungspersonal ist auch da zu finden, dazu Anästhesisten und Sanitäter sowie Pflegepersonal von anderen Stationen, die etwas holen, bringen... Nur ein einziger von ihnen muss einen an sich harmlosen Krankheitserreger bei sich gehabt haben, vielleicht mit einem Blatt Papier transportiert... Eventuell war der Mann auch schon vorher infiziert, und erst durch die Schwächung der OP ist es ausgebrochen. Im Aufwachraum vor dem OP, wo die Patienten auf die Narkose vorbereitet bzw. nachher ausgeleitet werden, sind die bedingungen zwar "klinisch rein" aber eben nicht, wie im OP, steril. Es gibt tausend Möglichkeiten. Letztendlich bleibt nur eins: Er hat es nicht geschafft. Ob er unter anderen Bedingungen eine bessere Chance gehabt hätte, kann man spekulieren. Aber nicht wissen.

@norialis: Du hättest das Recht (und auch die Pflicht) gehabt, diesen offensichtlichen Fall von Umweltverschmutzung an höhere Stellen zu melden! Fraglich, ob hier Nachlässigkeit seitens der technischen Abteilung am Werke war oder von Krankenhausdirektion stillschweigend geforderte Schiebung zur Einsparung der hohen Kosten, die eine Sondermüllentsorgung mit sich bringt.

norialis
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Sa 25. Sep 2004, 09:46 - Beitrag #7

Du hättest das Recht (und auch die Pflicht) gehabt, diesen offensichtlichen Fall von Umweltverschmutzung an höhere Stellen zu melden!


Da geb ich dir vollkommen Recht, hab ich auch getan und die nächste Hierarchiestufe war nunmal die Hausleitung. Dummerweise unterliegt die Entsorgung ausschießlich dem technichen Dienst, mit der Verwaltungsleitung (mit unserem Chef) hab ich gesprochen, leider ist er nur der Chef auf dem Papier gewesen und der wahre Chef war der technische. Und dass die beiden gemeinsam zum Fussball gingen hab ich auch erst später erfahren... Ergo - es ist im Sande verlaufen.

Das einzige was ich mir vorwerfe, ist, dass ich nicht gleich den Träger des Hauses informiert hab, aber als Zivi werden dir zu Beginn gleich die Flügel so gestutzt, dass du den Mund nicht so schnell aufmachst. Immerhin bist du ja froh über ne angenehme Stelle, und meine war ansonsten absolut top.

Aber direkt zu deinem letzten Post; klar gibt es die Vorschriften, und klar muss informiert und eingewiesen werden, aber sein wir mal ehrlich, als ich das erste Mal in nem Krankenhaus gearbeitet habe (ein anderes, als das oben erwähnte, Samstagsdienst zur Berufsfindung) sollte ich eine alte bettlägerige Frau waschen und hatte nichtmal Ahnung, wie ich die Frau anheben sollte - das hat nur niemanden interessiert. Die Stationsschwester war nicht greifbar, und als sie dann greifbar war und mich von den Arbeiten befreite, hatte diese alte Patientin ihre Wäsche inklusive zweimaligem ins Bett krachen (sie ist mir aus dem Arm gerutscht) hinter sich.

Was ich eigentlich sagen will ist, dass es für viele Sachen Vorschriften gibt, aber Papier ist geduldig und wir, die wir uns in dem Geschäft auskennen wissen, dass die Zeit meist zu knapp ist um all das auch leisten zu können. Denk mal an unterbesetzte Stationen, drei Patienten die gleichzeitig klingeln, Spritzen die fertig gemacht werden, weil der AssiArzt gleich aufkreuzt, die Visite in ner halben Stunde ansteht und noch nicht alle Zimmer vom Frühstück abgeräumt sind... Wenn dann mal Luft ist, ist die Luft meist auch raus und nur allzuoft wird die Einweisungspflicht aufs nötigste reduziert.

Ich hatte als Zivi das Glück ein sehr kleines Haus erwischt zu haben, und daher hab ich verdammt viel mitbekommen, was nicht unbedingt jeder wissen muss. Fakt ist und bleibt, die Vorschriften sind zwar da, Verstösse, die an der Tagesordnung sind, aber nunmal leider auch...

aleanjre
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Sa 25. Sep 2004, 11:21 - Beitrag #8

Finde ich ehrlich gesagt schockierend. Ich hab in zwei mittelgroßen Krankenhäusern gearbeitet, beide so um die 350 Betten. In meinem Lehrkrankenhaus gab es nur eine Station, wo schlampig gearbeitet und schlecht eingewiesen wurde, aber selbst das war kein Vergleich zu dem, was man mit dir gemacht hat! In dem anderen Haus wurde überkorrekt gearbeitet, da hatte die Pflegedienstleitung 5 Argusaugen drauf. Meine Station war die Neurologie mit eigener Notaufnahme. Normalerweise max. 30 Pat., ab 36 haben wir uns bei der Feuerwehr abgemeldet, damit nicht noch mehr kommen. Manchmal waren aber auch 40 Mann da. Wir waren immer unterbesetzt, meist hatten wir 10 - 15 Schwerpflegefälle (Parkinson, Schlaganfall, Hirnblutungen, Lähmungen...), manchmal konnten wir uns gar nicht so schnell im Kreis drehen wie es nötig war, um 6 Ärzte, das Telefon, alle Patienten, Besucher, Diagnostikanforderungen, Medikamente, Spritzen, Infusionen und Verbände zu versorgen. Aber trotzdem wurde auf die Hygiene geachtet, und zwar strengstens! Wenn wir merkten, dass eine Kollegin nicht korrekt arbeitete, wurde das Teamintern durchgesprochen, unsere stellvertretende Stationsleiterin hat die Betreffende dann immer mit ihrer sehr diplomatischen Art gebeten, sich mehr zu bemühen. Zivis, Schüler und Pflegehelfer bekamen einen Mentor zugewiesen, und bevor der Mentor nicht sein O.K. gegeben hat, durfte da niemand auch nur einen Wäschesack selbstständig wegschaffen! Allein gewaschen haben bei uns nur examinierte und Schüler ab 3. Kurs. Zivis durften max. allein duschen in den ersten Wochen, wenn sie sich nach mehreren Monaten richtig in alles eingefuchst hatten, und von sich aus sagten: Hey, klar schaff ich das! - dann war das in Ordnung!

Damit will ich nicht so tun, als hätte es bei uns keine Pannen gegeben. Trotz Spritzenabwurfsysteme gab es bei uns Schwestern, die so gerne "recapping" betrieben und alle naslang mit Stichverletzung in der Ambulanz saßen. Ich selbst hab mich an einer Blutzzuckerlanzette gestochen. Einmal hat die Hygienefachkraft uns kurz und klein gefaltet, weil wir den Medikamentenschrank längere Zeit nicht ausgewaschen hatten. Aber was du da erlebt hast, ist weder die Regel, noch unausweichliches Schicksal, sondern schlicht und ergreifend menschliches Versagen! Und zwar von oben her. Wenn Direktion und Pflegedienstleitung egal ist, wie gearbeitet wird und die Stationsleitung lieber die Nägel manikürt als die Zügel anzieht, läuft der Laden nun mal nicht.

Mit dem Sondermüll - da hast du dir nichts vorzuwerfen. Du hast richtig gehandelt, wenn es den oberen Chargen nun mal so gleichgültig ist, was passiert...

norialis
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Sa 25. Sep 2004, 12:43 - Beitrag #9

Mein Krankenhaus (ja ich war echt gerne da, häufig über die normale Dienstzeit hinaus, auch am WE und so) war wie gesagt klein und unterstand einem privaten Träger, sollte in einem Zeitraum von etwa 10 Jahren komplett renoviert werden - finanziert aus eigenen Mitteln, hauptsächlich durch die technische Abteilung, die dafür um eine Stelle aufgestockt wurde (wow) und das ganze Projekz kippelte. Heute ist das Haus nicht mehr privat sondern gehört zu einem Verwaltungsbereich der mehrere Häuser inne hat, ist letztlich öffentlich finanziert. Verwaltung gibts ein dem Sinn nicht mehr vor Ort, weil man Dezentralisierung abgeschafft hat und alles zentral verwaltet. Die technische Abteilung wurde ausgetauscht etc. etc. etc.

Ich will garnicht sagen, dass meine Erfahrungen der Standard sind, im Gegenteil ich hab hunderte sehr positive Erfahrungen gemacht, konsequenz im Intensivbereich ist nur ein Beispiel hatten max. drei/vier Ärzte (incl. Chefarzt), zwei Intensivschwestern und eine Reinigungskraft Zutritt, letztere nur unter Aufsicht (gut, die Abteilung war mit 4 Betten recht klein). Wechseldruckschleuse wo peinlichst drauf geachtet wurde, dass auch die Einmalüberzüge gewechselt wurden - das volle Programm halt. Aber es gab halt auch Macken, die es leider sicher überall geben wird.


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