Monopole, formelle und informelle Macht, italienischer Müll

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henryN
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Mo 7. Jan 2008, 15:38 - Beitrag #1

Monopole, formelle und informelle Macht, italienischer Müll

http://meinungen.gmx.net/forum-gmx/post/110807

dass sind schon mal viele verschiedene Varianten zum neapolitanischem Müllproblem.

Ich würde alle in Frage stellen.

wie wäre es auch in diesem Fall mit einer kleinen forcierten Katastrophe?
Ich würde vorschlagen noch mehr dafür zu sorgen, dass der Müll nicht abtransportiert werden kann..... :-)

Ipsissimus
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Fr 18. Jan 2008, 11:39 - Beitrag #2

wie wäre es auch in diesem Fall mit einer kleinen forcierten Katastrophe?


hmm^^ das kann natürlich eine durch und durch erisische Maßnahme sein, die dann meine vollste Sympathie hätte, wenn sie noch irgendwie durch Maßnahmen flankiert wäre, die den Bewohnern von Neapel hülfen, ihr erisisches Potential freizusetzen^^

es kann aber auch ein Ausfluss von deutscher Leidensdruck-Ideologie sein, dann sage ich nur "pfui"^^

janw
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Fr 18. Jan 2008, 12:35 - Beitrag #3

Hm, ich überlege immer...gäbe es für die Mafia nicht gerade in Neapel eine wunderbar günstige Entsorgungsmöglichkeit? Müllgebühren kassieren und dann immer ab in den Vulkan?

Nein, mir fehlen da schon irgendwie kreativere Ansätze...zum Beispiel, dass die Leute den ganzen unnötigen Verpackungsmüll in den Laden zurück tragen oder so. Scheint so, dass die Skepsis gegenüber der staatlichen Obrigkeit eine Unterwürfigkeit unter die Obrigkeit der Padrones erzeugt hat. Warum? Warum werden sie nicht frei?

Ipsissimus
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Fr 18. Jan 2008, 13:17 - Beitrag #4

Warum? Warum werden sie nicht frei?

weil Parolen gegen Handgranaten, Maschinenpistolen, Garottes und in Beton gegossene Füsse im Fluss nicht helfen? ^^

wenn die dort unten frei werden wollen, müssen sie gleich zwei Revolutionen machen, und beide blutig^^

henryN
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Fr 18. Jan 2008, 14:47 - Beitrag #5

....das sieht der ehem. 'bürgerbewegte' Ossi ;-) natürlich anders.... ;-)

Frage wäre nur, was wären dort die 'Grenzen' des Systems, die porös werden könnten.... und nun ja die Einsicht..........

Ipsissimus
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Fr 18. Jan 2008, 17:02 - Beitrag #6

na ja, als ehemaliger Ossie kann man dann allerdings auch nur einem Egon Krenz danken, der den bereits erteilten Schießbefehl für die bereitstehenden Elitekompanien gestoppt hat^^ sonst wäre von der deutschen "Revolution" nicht wirklich viel übriggeblieben^^ ich bezweifele allerdings, dass ein Mafia- oder Camorra-Pate so zurückhaltend agieren ließe, schließlich geht es da "nur ums Geschäft"^^

janw
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Fr 18. Jan 2008, 17:31 - Beitrag #7

Gut, aber was stand am Anfang? Obrigkeit aka Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation plündert die Gegend und kümmert sich sonst einen feuchten Kehricht um die Leute. Die entdecken daraufhin die Organisationsmacht der Familie, jahrhundertelang lief das ganz gut.
Warum ist das nur so entgleist, und an welchem Punkt? Was steckt dahinter?

Was können wir daraus folgern, wenn wir den Staat kritisch sehen, aber konzedieren (ich zumindest), dass bestimmte Dinge nicht vom Einzelnen und auch nicht von kleineren Gruppen zu bewältigen sind? Wenn wir erkennen, daß wenn es prinzipiell zu bewältigen wäre, auch dort wieder obrigkeitliche Strukturen entstehen würden über kurz oder lang, und sei es, weil zu viele lieber ihr Bier vor dem Großen Volksverdummer zischen wollen, als sich mit dem Wie und Wohin des Mülls und der Straßenunterhaltung zu befassen.

henryN
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Sa 19. Jan 2008, 04:51 - Beitrag #8

Zitat von Ipsissimus:na ja, als ehemaliger Ossie kann man dann allerdings auch nur einem Egon Krenz danken, der den bereits erteilten Schießbefehl für die bereitstehenden Elitekompanien gestoppt hat


glaubst Du wirklich daran? Das würde voraussetzen, dass sich Menschen absolut individuell verhalten könnten, was wiederum einen philosophischen Grundkonflikt heraufbeschwören würde....... ;-):-)

Ipsissimus
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Mo 21. Jan 2008, 11:02 - Beitrag #9

glaubst Du wirklich daran? Das würde voraussetzen, dass sich Menschen absolut individuell verhalten könnten, was wiederum einen philosophischen Grundkonflikt heraufbeschwören würde....... ;-):-)


zumindest hat Herr Krenz begriffen, was es für die DDR bedeutet, dass sie aus der Sowjetunion keine Rückendeckung mehr bekommt^^ das Ende des Ostblocks hat auch ein einzelner Mann im Alleingang durchgezogen^^

na ja, ganz so naiv bin ich nicht^^ nimm halt Krenz und Gorbatschow als Platzhalter für die Gruppen, die hinter ihnen standen, auch wenn die gar nicht so groß waren

Warum ist das nur so entgleist, und an welchem Punkt? Was steckt dahinter?


das Organisationsprinzip der Familie nach Vorbild der Mafia und das staatliche Gewaltmonopol vertragen sich nicht wirklich^^ also standen derartige "Familien" von Anfang an unter Druck. Mit dem Vatikan hatten sie zusätzlich über fast zwei Jahrtausende das Vorbild einer erfolgreichen Geheimorganisation vor sich, die sich auch als praktisch immun gegenüber allen Belangen des Zeitgeists erwiesen hat^^

janw
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Mo 21. Jan 2008, 17:40 - Beitrag #10

Lässt sich eigentlich genauer rekonstruieren, wie der Wechsel in der Sowjetunion vonstatten gegangen ist - wie hat Gorbatschow es geschafft, nicht als Verräter schnell erledigt und ersetzt zu werden, bzw. wer stand noch zu seiner Sache?
Krenz...hatte er wirklich eine andere Wahl? Eine brutale Niederschlagung der Demonstrationen, und die DDR wäre isoliert gewesen und wirtschaftlich in kurzer Zeit am Ende. Oder sehe ich das falsch?

ad Mafiam...lässt sich sagen, ab wann das so entgleist ist? An dem Punkt, wo der Staat sich stärker Geltung verschaffen wollte?
Wie lief das unter Mussolini?
Der Vatikan hatte immerhin die Überlebensstrategie, alle europäischen Machtaneigner an sich zu binden, in dem er die Gerüchte streute, dass sie ohne seinen Segen machtlos wären, da fern von Gott.

Aber mal weiter gedacht...gäbe es einen Weg, die Probleme dort unten zu lösen auf einer nichtstaatlichen Organisationsbasis, die nicht mafiös ist?

henryN
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Mo 21. Jan 2008, 18:05 - Beitrag #11

lässt sich Problemlösung organisieren?

janw
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Mo 21. Jan 2008, 19:15 - Beitrag #12

Na, Du weißt schon, was hinter meiner unpräzisen Ausdrucksweise sich verbarg...also, lässt sich all das, was Staat so organisiert, Straßenbau, Müllabfuhr, Schulen, Kultur,...auch ohne Staat auf die Reihe kriegen, ohne in geldabhängige Dienstleistungen zu verfallen? Oder, ist gesellschaftliche Organisation auf Renitenzbasis möglich, und wie?

Ipsissimus
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Mo 21. Jan 2008, 22:49 - Beitrag #13

ist die Art gesellschaftlicher Organisation, wie sie ein Staat erzwingt, die einzig mögliche?

henryN
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Do 24. Jan 2008, 19:23 - Beitrag #14

Erzwingt sie sie? Oder ist sie nur eine Fortsetzung dessen was im gesellschaftlichen Prozess angelegt bzw. repräsentiert ist?

Ipsissimus
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Fr 25. Jan 2008, 11:13 - Beitrag #15

na ja, die gesellschaftliche Organisation der BR Deutschland wurde von den Siegermächten erzwungen. Dadurch/danach war sie natürlich irgendwo auch "angelegt" und hat im Weiteren ihre eigenen Äste hervorgebracht; aber im Prinzip sehe ich hier wie anderswo kaum Gesellschaften, die "organisch gewachsen" wären. Die kriegerischen Umwälzungen in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts haben da ziemlich viel kaputt gemacht.

Ansonsten bin ich ein Verfechter der Thesen Luhmanns zur Systemtheorie^^ auch wenn Maturana ein Biologe ist^^

henryN
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Fr 25. Jan 2008, 12:20 - Beitrag #16

Luhmann ja. Maturana auch. Verfechter, nun ja....... Der Kampf mit Säbel und Degen, war noch nie meine Stärke. ;-)

Beides könnte 'reformiert' werden.

@Ipsi "Dadurch/danach war sie natürlich irgendwo auch "angelegt" und hat im Weiteren ihre eigenen Äste hervorgebracht"

nur weil es angelegt war, konnte es erfolgreich sein. (Weimarer Republik, Parteien und Sozialgeschichte, Wissenschaft, Wirtschaft) Und wie ich denke, erfolgreicher als geplant.
Nur wurde das gesellschaftliche Vorstellungsmodell von staatlicher Organisation um ein entscheidendes 'Modell' bereinigt. Zumindest im Westen Deutschlands. Stabilisiert vom Gegenentwurf im Osten, sowie der 'Macht' der Siegermächte, die man unbedingt anerkennen musste. (Schuldbewusstsein?)

Aber nun noch mal zum Vorteil, 'offener Systeme':

"Zur Beseitigung der Müllberge in Neapel und Umgebung werden nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" täglich 1500 Tonnen Abfall nach Deutschland transportiert. Jeden Tag würden zwei Güterzüge mit Hausmüll aus der italienischen Region Kampanien nach Cröbern bei Leipzig und Bremerhaven fahren, zitierte die Zeitung (Dienstag) einen Manager der italienischen Transportgesellschaft Ecolog.

Die Westsächsiche Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft sowie die Remondis AG verdienen nach Angaben von Branchenkennern bis zu 200 000 Euro am Tag mit diesen Transporten, berichtete die Zeitung. Im Vorjahr wurden nach Angaben des Bundesumweltamtes insgesamt etwa 18 Millionen Tonnen Müll nach Deutschland importiert. Aufgrund freier Kapazitäten in den rund 70 deutschen Verbrennungsanlagen und sinkender Preise boome das Müll-Geschäft. Weitere 80 Anlagen seien geplant."

Ipsissimus
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Fr 25. Jan 2008, 12:30 - Beitrag #17

sowie der 'Macht' der Siegermächte, die man unbedingt anerkennen musste. (Schuldbewusstsein?)


Selbsterhaltungstrieb^^

richtiggehend "angelegt" war die deutsche Gesellschaft bis zum Ende des Kaiserreiches mit dem ersten Weltkrieg. Die Weimarer Republik war Experiment, das scheiterte, und durch das Nazi-Regime wurden die allermeisten Keime aus der Zwischenkriegszeit abgeschnitten. Die Gesellschaftsmodelle in West- und Ostdeutschland waren daher für Deutschland durchaus nicht "angelegt", sondern "auferlegt"^^

wenn du Luhmanns Thesen kennst, weißt du, dass jede erfolgreiche Gesellschaftsform infolge ihrer autopoietischen, durch Double Binding gestützten Prozesse nach einiger Zeit den Eindruck von Gewachsenheit und Unvermeidlichkeit, selbst von Wünschenswertheit erweckt. Und wenn noch so viele Menschen an ihr verrecken.

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Fr 25. Jan 2008, 18:15 - Beitrag #18

Zitat von Ipsissimus:Die Weimarer Republik war Experiment, das scheiterte, und durch das Nazi-Regime wurden die allermeisten Keime aus der Zwischenkriegszeit abgeschnitten.


aber ein 'Experiment' das aus etwas heraus entstanden ist. Es ist mit Zeit und Wissen behaftet. Das 'Wissen' und die Erfahrung konnten nicht ausgerottet werden.
Wie gut das es 'Unterbewusstseine' gibt, die sich im positiven Fall der äusseren Magie entziehen können. Oft ist es ja leider anders herum....

Zitat von Ipsissimus: wenn du Luhmanns Thesen kennst, weißt du, dass jede erfolgreiche Gesellschaftsform infolge ihrer autopoietischen, durch Double Binding gestützten Prozesse nach einiger Zeit den Eindruck von Gewachsenheit und Unvermeidlichkeit, selbst von Wünschenswertheit erweckt. Und wenn noch so viele Menschen an ihr verrecken.


volle Zustimmung, aber es geht mir um mehr als den 'Schein', nämlich jene Prozesse, die 'Evolution' d.h. Wandelbarkeit ermöglichen und somit auch 'Zukunft'.

Ipsissimus
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Mo 28. Jan 2008, 11:22 - Beitrag #19

aber ein 'Experiment' das aus etwas heraus entstanden ist.


ja? ich dachte immer, unmittelbar vorausgegangen wäre der erste Weltkrieg, an dessen Ende nichts mehr so war, wie es war^^

aber es geht mir um mehr als den 'Schein', nämlich jene Prozesse, die 'Evolution' d.h. Wandelbarkeit ermöglichen und somit auch 'Zukunft'.


die Frage der Zukunftsfähigkeit von Gedanken und Ideen, die Überzeugung, dass allem Geschriebenen, Gedachten, Gemeinten, Gewollten nur dann ein eigentlicher Wert zuzusprechen sei, wenn diesem allen ein offener oder wie auch immer verschleierter Aspekt des "Trotzdem!", "Kopf hoch!", "Augen zu und weiter!" und dergleichen innwohne - das ist wiederum von größtmöglicher Gleichgültigkeit für mich. Ich teile diesen Konsens nicht. Die Menschheit hat es schon lange verdient, dass ihre unentwegten Anstrenungen zur Selbstauslöschung endlich mal von Erfolg gekrönt sind - "verdient" jetzt nicht als zufriedene Feststellung einer moralisch notwendigen Strafe, sondern als Moment der Anerkennung, dass man einer Spezies nicht auf Dauer verweigern sollte, wonach sie offenbar mit allen Kräften strebt^^

Mich interessiert, anders gesagt, nicht die Zukunftsfähigkeit eines Gedanken, sondern ob er eine angemessene, sachlich adaequate Abbildung eines Sachverhaltes bietet^^ wenn er das ist, empfinde ich ihn nämlich nicht als "Schein", auch völlig ohne Zukunftsfähigkeit. Die Hoffnung auf, der Wille zur Zukunft kann so trügerisch sein^^


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