ich komme auch nicht dahinter ...

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Ipsissimus
Dämmerung
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Do 5. Aug 2010, 22:49 - Beitrag #1

ich komme auch nicht dahinter ...

... was sie treibt

http://www.stern.de/politik/ausland/us-milliardaere-spenden-haelfte-ihres-vermoegens-was-treibt-die-super-spender-1590440.html

aber an die Geschichte von der Philanthrophie kann ich nicht wirklich glauben^^ was meint ihr?

009
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Fr 6. Aug 2010, 00:33 - Beitrag #2

Bei mir reicht es auch nur, das interessant und im Ergebnis gut zu finden.

Lykurg
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Fr 6. Aug 2010, 00:56 - Beitrag #3

Tja, der gute alte Marx dürfte sich im Grabe umdrehen - wenn die Reichen dieser Welt ihre Vermögen freiwillig wohltätigen Zwecken stiften, wo bleibt da das Feindbild Kapitalismus? Und auch die Kirche könnte ein Problem damit haben - das Scherflein der Witwe ist ja schön und gut, aber der medizinische Zweig der Gates-Stiftung dürfte mehr erreichen... Ja, was treibt diese Menschen an? Sicherlich ist es doch ihre pure Gerissenheit und Hoffnung auf kurzfristigen Gewinn, dann stimmen die Theorien wieder.

Man könnte sich außerdem fragen, wieso es hierzulande nicht in diesem Maße üblich ist (obwohl es auch hier traditionsreiche Stiftungen gibt). Sind die Besitzenden hier weniger hinterlistig? Oder hängt es vielleicht doch mit unserer Form der Staatswirtschaft zusammen?

Ipsissimus
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Fr 6. Aug 2010, 09:25 - Beitrag #4

na na, ob ich das Ergebnis gut finde, werde ich entscheiden können, wenn ich das Ergebnis sehe^^ Stiftungen waren ein in diesen Gefilden schon immer üblicher Weg, der Vermögenssteuer und/oder Erbschftssteuern usw. zu entgehen, ohne die Verfügungsgewalt über das Geld zu verlieren. Schauen wir erst mal, wo dieses Geld faktisch ankommt^^

"Unsere Form von Staatswirtschaft" hat immerhin zu den Zeiten, als sie noch existierte, dazu beigetragen, dass bei weitem nicht ein derart hoher Anteil an Leuten ins pure Nichts entglitten ist, wie das in den USA der Fall war und ist. Den dortigen - ich weiß nicht genau, drei- vierhundert Milliardären stehen ein Drittel der Bevölkerung gegenüber, das nach unseren Standards bitter arm ist und ein weiteres Drittel, das nach unseren Standards bestenfalls als obere Unterschicht bzw. oberes Prekariat eingestuft werden kann. Dieses Ausmaß an sozialen Verwerfungen steht uns erst noch bevor, auf unserem Weg in amerikanische paradiesische Verhältnisse^^

ich könnte mir noch vorstellen, dass es ein Versuch ist, den Calvinismus zu beweisen^^ nur gute Menschen können reiche Menschen werden^^ Und wie kann mensch in einem Land, in dem Geld alles ist, besser beweisen, dass mensch zu den Guten zählt, als wenn mensch von seinem vielen Geld zu einem Zeitpunkt, zu dem es nicht mehr wehtut, soviel davon wieder hergibt, dass es immer noch nicht weh tut, aber mensch dann doch eindeutig als gut erwiesen ist^^ zumals nach wie vor zu erwarten steht, dass das Geld nicht den Hobos kostenfreie Wohnungen oder wenigstens kostenfreie Gesundeitsfürsorge beschafft, sondern irgendwelche Institutionen profitieren werden, die sich professioneller Güte verschrieben haben, und ja auch auf ihre Kosten kommen müssen^^

und eventuell ist es auch einfach nur Steuerbetrug, der in diesen Kreisen traditionell besonders elegant abgewickelt werden kann

Lykurg
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Fr 6. Aug 2010, 12:53 - Beitrag #5

Bei der Gates-Stiftung zumindest sind die Ergebnisse und empfangenden Organisationen offen zugänglich; wenn diese neue Großinitiative ähnlich verfährt, springt für die Welt weit mehr Nutzen dabei heraus als mit den Entwicklungshilfebudgets etlicher Industriestaaten. Eine Verfügungsgewalt über das Geld sollten die Stiftungen und Stifter meines Erachtens unbedingt behalten, soweit kommt es noch, daß der Staat das auch noch verplempert. Wer ein solches Vermögen selbst erwirtschaftet hat (und das gilt für die meisten der beteiligten Milliardäre), hat damit gezeigt, daß er sein Kapital effizient einzusetzen versteht, und wird auch bei dessen weiterer Nutzung darauf achten, eine hohe Rendite auch an sozialer Wirkung zu erzielen.

Mag sein, daß es 'herzlicher' scheinen würde, jedem Menschen auf der Welt 15 Dollar in die Hand zu drücken, der Effekt wäre aber weitaus geringer. Noch schlimmer als das wäre nur, das Geld einer Regierung zu überlassen, die damit ohne wirksame Kostenkontrolle Luftschlösser errichtet und ihre Klientel beglückt.
und eventuell ist es auch einfach nur Steuerbetrug, der in diesen Kreisen traditionell besonders elegant abgewickelt werden kann
Ich denke, daß es sehr viel einfacher ist, ein paar tausend Kröten vor dem Finanzamt zu verstecken als ein paar Milliarden, die obendrein als Stiftung deklariert sind - deren Fehlen an dieser Stelle würde vermutlich ein bißchen auffallen.

Das US-amerikanische Gerechtigkeitsempfinden ist unserem weitgehend entgegengesetzt, du verweist zu Recht auf den Calvinismus, dahinter steckt aber noch mehr. Nach amerikanischen Vorstellungen könnte Reichtum als eine Leistung beschrieben werden, die moralisch zu Gegenleistungen an die Gesellschaft verpflichtet, für uns ist es ein Mißstand, der durch 'sozial gerechte' Besteuerung schnellstmöglich aufzuheben ist. Dafür wird ein Heer aus Steuerprüfern und Steuergesetzspezialisten alimentiert, was Fluchtbewegungen und Gegenmaßnahmen aller Art schon als Notwehrakt fast erzwingt, ganz abgesehen davon, daß, wer (außerhalb der Popszene) hierzulande reich ist, sich dessen schon fast schämen muß, jedenfalls es sich dreimal überlegt, ob er mit Stiftungen ans Licht der Öffentlichkeit treten will.

Als das Bauunternehmerehepaar Greve der Uni Hamburg Ende der 90er zwei neue Institutsgebäude schenkten, wurden sie von Studenten ausgepfiffen. Sicher ist darunter auch besonders viel undankbares Pack, trotzdem ist es symptomatisch und im Lande weitverbreitet (ich habe heute nacht die Dradio-Kultur-Diskussion über die Spenden ausgeschaltet, weil ich mich so ärgerte über den dummdreisten Sozialneid einiger Anrufer)... So unter Generalverdacht gestellt und angegriffen zu werden, trägt nicht gerade dazu bei, daß man sich gern engagierte. Bild

blobbfish
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So 3. Okt 2010, 17:27 - Beitrag #6

Ja, das ist schon eine seltsame Sache, genauso wie die dubiosen Auspackerbücher von ehemaligen Firmenvorständen oder Vereinsmitgliedern von Vereinen mit zweifelhafter Legitimität, allerdings sind hier die Misstände auch durchaus andere, die vielleicht sogar ein eigenes Thema wert sein mögen.
Falsch halte ich es aber, einfach ja und danke zu sagen, und tatsächlich auch Dinge über die Motivation zu erfahren. Etwa aus Sympathie zu den Kindern die Milliarden loszuwerden, wie es Gates vorhat, finde ich zweifelhaft und als Motivation auch verwerflich, wenngleich als Anregung für den Selbstzweck in Ordnung.

Was speziell dieses hier betrifft: In der Tat ist ein privater Verwaltungsapparat überaus kosteneffizienter als ein staatlicher oder auch gemeinnütziger.

Padreic
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So 3. Okt 2010, 20:52 - Beitrag #7

Es ist keinesfalls so, dass man in Amerika alles gut finden muss, um die Spendenbereitschaft von reichen Leuten gutzufinden. Es stimmt natürlich aber, dass es einem ganz anderem Verhältnis von Staat und Bürgern entspricht, dass zwar offenbar auch Vorteile, aber, wie Ipsissimus schon anmerkte, auch wesentliche Nachteile hat.

Diese Nachteile tun aber wenig zur Sache bei der Klärung der Motive der Spender. Diese sind sicherlich individuell und es gibt ohne Zweifel auch einige Leute, die Stiftungen aufmachen, um auf halb legale Weise Steuern zu sparen. Die vorherrschenden Hauptmotive hat Lykurg, denke ich, aber schon richtig beschrieben. Es ist das Gefühl, dass man der Gesellschaft, auf deren Boden man sein Vermögen gemacht hat, auch etwas zurückzahlen sollte. Zudem ist es so, wie Ipsi gesagt hat: wenn man viele Milliarden hat, tut es direkt gesehen erstmal wenig weh, einige davon abzugeben, und damit etwas Gutes zu tun. Natürlich wäre es vielleicht noch löblicher, wenn sie alles weggeben würden oder wenn sie niemals zu einem Menschen unfreundlich gewesen wären etc.... aber Menschen sind keine Heiligen und wenn sie etwas Gutes tun und ist es auch nicht viel, kann man ihnen, denke ich, schon Respekt dafür zollen.

Es gibt natürlich auch materielle Vorteile durch den Imagegewinn, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Hauptgrund ist.

Und was ist so schlimm an Gesellschaften, die sich "professioneller Güte" verschrieben haben? Sicher fließt auch immer einiges an Geld in Organisation. Andererseits ist es aber so, dass gerade bei Güte, die mit Geld in so einem Ausmaß hantiert, Professionalität sehr wichtig ist; mehr Güte und weniger Professionalität kann unter Umständen (langfristig) genauso viel Schaden wie Nutzen anrichten.

Maglor
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So 3. Okt 2010, 20:57 - Beitrag #8

Es gibt gewisse Unterschiede zwischen den USA und der BRD.
Einer der wesentlichen ist, dass die Kirchen am anderen Endes des großen Teiche nicht von Steuern oder Grundbesitz zehren, der Staat auch nicht mit der Geißkanne umher geht.
In den Vereinigten Staaten gibt es eine ganz andere Kultur des Spendens und Stiftens.
Eben ganz anders sind die anderen... :rolleyes:

Ipsissimus
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Mo 4. Okt 2010, 11:09 - Beitrag #9

na ja, dass Kirchen dort keine Grundbesitz hätten, wage ich mal zu bezweifeln. Die Diözese Chicago ist nach Köln immerhin die zweitreichste katholische Diözese dieses Planeten. Oder was meinst du mit "von Grundbesitz zehren"?

Lykurg
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Mo 18. Okt 2010, 11:16 - Beitrag #10

Nein, Grundbesitz werden sie wohl ebenfalls haben, aber jedenfalls dürften Kirchensteuern einer der vielen Gesichtspunkte sein, die dazu beitragen, das Spenderwesen hierzulande zu institutionalisieren. Naturgemäß hat das Vor- und Nachteile; nähme man etwa aus rein ökonomischen Erwägungen an, daß calvinistische Reichenfreundlichkeit ein Entgegenkommen für Großzügigkeit ist, wäre im Gegenzug die Staatstreue einer Kirche hierzulande Folgeerscheinung des einkommensgarantierenden Konkordats. Ups, dafür gäbe es Indizien... Was allerdings die Institution als ganzes treffen kann, stimmt natürlich nicht zwangsläufig für ihre Teile, Kirchensteuern gab es ja auch in der DDR. Aber es zeigt sich doch mal wieder: der beste Garant für institutionellen Reichtum ist doch die Monarchie (siehe den Dreikönigsschrein). Über die Großzügigkeit eines Monarchen wird sich auch nie jemand beklagen... Bild

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Di 19. Okt 2010, 12:37 - Beitrag #11

Die gesellschaftlichen Gründe, Gutes zu tun, wurden hier schon genannt.
Ein - wie ich finde - wesentlicher Aspekt wird oft unterschlagen:
Es macht auch Spaß, Gutes zu tun.

Wir sind so sehr gewöhnt, Gutes tun unbedingt mit Altruismus und Selbstentsagung zu koppeln, dass wir mit der US-amerikanischen Herangehensweise wenig anfangen können.

Seit ich selbst ehrenamtlich arbeite, also im weitesten Sinne "Gutes tu", weiß ich, wie gut sich das anfühlen kann.
Mir würde es jede Menge Vergnügen bereiten, mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgerüstet, z. B. mir sinnvoll erscheinende Initiativen zu unterstützen oder einen Kindergarten zu renovieren oder einen Lehrstuhl zu stiften oder ein Krankenhaus zu bauen.

Man kann letztlich nichts mitnehmen. Das wussten auch schon unsere Altvorderen, die sagten, dass "mit warmer Hand Vererbtes" Geber und Nehmer gleichermaßen Freude macht.

Lykurg
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Di 19. Okt 2010, 17:07 - Beitrag #12

Das sehe ich ganz genauso. Ich würde zu gern mal im Lotto gewinnen, in einem Fernsehquiz o.ä., nur um die eine große Stiftung machen zu können, die mir seit Jahren vorschwebt. Es muß schön sein, die Möglichkeit zu haben, in so großem Maßstab Menschen zu helfen, wie es dieses Projekt will.


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