Hitlers Verbrechen

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Ipsissimus
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Fr 3. Feb 2012, 11:51 - Beitrag #1

Hitlers Verbrechen

Was man Hitler im Grunde nicht verzeiht ist nicht das Verbrechen an sich, das Verbrechen am Menschen, daß es nicht die Erniedrigung des Menschen an sich ist, sondern daß es das Verbrechen gegen den weißen Menschen ist, daß es die Demütigung des Weißen ist und die Anwendung kolonisatorischer Praktiken auf Europa, denen bisher nur die Araber Algeriens, die Kulis in Indien und die Neger Afrikas ausgesetzt waren.


Aimé Césaire

wie seht ihr das?

janw
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Fr 3. Feb 2012, 12:07 - Beitrag #2

Nun, ich denke, daß es dazu erst einmal der entsprechenden allgemeinen Wahrnehmung dessen bedürfte, dem die Menschen in den Kolonien ausgesetzt waren, um überhaupt eine Parallelisierung zwischen dieser und der von Hitler inszenierten Greuel herstellen zu können.
Nach meinem Eindruck wird die Kolonialzeit dagegen immer noch weitgehend verklärt, die Exzesse waren Exzesse, aber Einzelereignisse, wo ansonsten die Eingeborenen angeleitet wurden, Kolonialwaren anzubauen.
Das darin steckende ausbeuterische System sehen IMHO nur die, die sich wirklich damit befassen.

e-noon
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Fr 3. Feb 2012, 12:27 - Beitrag #3

Ich sehe das eher nicht so. Die Schrecklichkeit des Holocaust gegenüber anderem Völkermord liegt eher darin, dass es sich zum einen in einem eigentlich bereits zivilisierten Land gegen eigene Mitbürger richtete, und dass zum anderen deren Vernichtung innerhalb der Gesellschaft derart logistisch organisiert wurde, dass von einem Krieg nicht gesprochen werden kann, sondern von einer Vernichtungsmaschinerie, die zudem kein äußeres Ziel hatte (Eroberung eines Landstreichs, Vormachtstellung ausbauen, Versklavung, Ausbeutung), sondern deren einziges Ziel die Vernichtung dieser Menschen war. Es waren ja auch keinerlei kolonisatorische Praktiken im Spiel, als da wären etwa Versklavung, Ausbeutung als Arbeitskräfte für unangenehme Arbeiten in der Gesellschaft, sexuelle Ausbeutung, Erziehung der Kinder im Geiste ihrer Minderwertigkeit, sondern die Betroffenen wurden gezielt von der restlichen Bevölkerung getrennt, deportiert und getötet. Wo man da Kolonialismus sehen will, leuchtet mir nicht so ganz ein.

Lykurg
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Fr 3. Feb 2012, 13:10 - Beitrag #4

Sehe ich ähnlich wie e-noon, allerdings mit einer historischen Einschränkung. Wo menschlicher Vernichtungswille ein ähnliches Maß an Boshaftigkeit erreichte wie bei Hitler, wo also die Tötung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft ein reiner Selbstzweck wurde und industrielle Methoden zur Serientötung eingesetzt wurden, wird heute unabhängig von 'rassischer' Zugehörigkeit und Herkunft argumentiert.

Das war aber 1955, als Césaire dies formulierte, noch deutlich anders, damals war eine rassistische Geringschätzung von Außereuropäern zweifellos noch verbreitet genug, um im Fehlen dieser Unterscheidung einen Grund für die Absolutsetzung des Holocaust zu sehen.

janw
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Fr 3. Feb 2012, 13:13 - Beitrag #5

e-noon, Cesaire bezieht sich weniger auf den Holocaust als auf den von Hitler gestarteten Krieg mit dem von ihm proklamierten Ziel, "Lebensraum im Osten" zu erobern, was dann auch auf westeuropäische Nachbarn ausgeweitet wurde.
Das hatte klar kolonial-analoge Züge, einschließlich Heranziehung der Bevölkerung zur Zwangsarbeit.

Lykurg
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Fr 3. Feb 2012, 13:20 - Beitrag #6

Das ist richtig, janw, aber eben diese Lebensraumpolitik wird heute, scheint mir zumindest, im öffentlichen Diskurs weniger wahrgenommen, ist ein Teilaspekt der Verbrechen, aber nicht das schwerwiegendste. Möglicherweise hat sich angesichts der stalinistischen und maoistischen Umsiedelungen einfach die Wahrnehmungsschwelle verändert.

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Fr 3. Feb 2012, 13:31 - Beitrag #7

Es waren ja auch keinerlei kolonisatorische Praktiken im Spiel, als da wären etwa Versklavung, Ausbeutung als Arbeitskräfte für unangenehme Arbeiten in der Gesellschaft, sexuelle Ausbeutung, Erziehung der Kinder im Geiste ihrer Minderwertigkeit
das war sogar ein wesentlicher Antrieb, zumindest der Firmen, von denen die Nazis finanziert wurden.

e-noon
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Fr 3. Feb 2012, 14:06 - Beitrag #8

Dass es immer Menschen gibt, die dies zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil nutzen, ist relativ klar, Ipsi; aber es war keineswegs das eigentliche Ziel des Holocaust, billige Arbeitskräfte zu haben, anders als bei der Verschleppung von Afrikanern nach Amerika.

1955 war die Wahrnehmung vielleicht noch anders, aber auch da, denke ich, hat eher die zeitliche Nähe und das Miterleben sowie das schiere Ausmaß den Ausschlag gegeben. Es gab auch vorher schon schreckliche Gräueltaten, beispielsweise im dreißigjährigen Krieg, in jedem Bürgerkrieg seitdem, im 1. Weltkrieg auch, und hier waren ebenfalls immer Europäer gegen Europäer im Spiel.

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Fr 3. Feb 2012, 14:52 - Beitrag #9

der Holocaust verfolgte unterschiedliche Ziele; die Ausrottung war zwar das erklärte Ziel der Nazis, aber ihren Financiers ging es weniger um die Ausrottung als um den Wettbewerbsvorteil, die Arbeitskräfte, billige Ressourcen, Bodenschätze nicht zu vergessen, eine Art Deutsch-Süd-West-Afrika im Osten. Das ist der rationale Bodensatz in der scheinbaren Irrationalität des Dritten Reichs.

e-noon
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Fr 3. Feb 2012, 15:07 - Beitrag #10

Das klingt plausibel, wäre dann aber nicht Hitler anzulasten (oder angesichts der Alternative vielleicht 'zugutezuhalten'?). Somit bestünde kein Bezug zum Zitat, denn was man Hitler anlastet, bleibt ja der Wille zur völligen Vernichtung und nicht etwa Ausbeutung und Versklavung.

Lykurg
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Fr 3. Feb 2012, 15:26 - Beitrag #11

Schon, aber es waren eben die irrationalen Anteile dieser Pläne, die das Erreichen ihrer 'rationalen' Ziele verhinderten. Der Krieg gegen die Sowjetunion hätte, meint zumindest Sebastian Haffner, ohne die Judenvernichtung, die erhebliche Truppenkräfte und Ressourcen band (ganz abgesehen von der gezielten Vernichtung, also quasi 'Verschwendung' eines erheblichen wehrfähigen Bevölkerungsanteils) wesentlich mehr Erfolgsaussichten gehabt. Einige kritische Ziele, etwa die Anbindung an die Ölquellen im Kaukasus, das Erreichen von Moskau und die Eroberung Leningrads, wurden nur sehr knapp verfehlt bzw. zugunsten ideologischer Ziele bewußt vernachlässigt. Auch bei den Westmächten hätten wohl einige gern Hitler als Verbündeten gegen Stalin akzeptiert, wenn er sich nicht mit den Nürnberger Gesetzen und den Folgen ihre Sympathien verscherzt hätte.

Unter Zugrundelegung dieser Ergebnisse greift eine Einstufung des Ostkrieges als Wirtschaftskrieg zu kurz - ganz abgesehen davon, daß die gesamte 'Lebensraum'-Ideologie hochgradig dumm war und es eher auf einige wenige Rohstoffe ankam als auf die großen Agrarflächen und die Kolonisierung, die Hitler anscheinend tatsächlich anstrebte.

Ipsissimus
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Fr 3. Feb 2012, 15:52 - Beitrag #12

das war aber eher ein Entgleisungsprozess. Es gibt Dokumente, die belegen, dass deutsche Großindustrielle wie die Familien Thyssen, Krupp, Bayer, Duisberg (IG-Farben), die Quandt-Familie, die Familie Mendelssohn-Bartoldy (BASF) und andere sehr lange davon überzeugt waren, dass sie Hitler unter Kontrolle halten könnten, und vielen seiner Maßnahmen nicht wehrten, weil sie ihren Absichten entsprachen oder zumindest entgegen kamen. Hitler ist erst allmählich aus dem Status eines manipulierbaren hilfreichen Idioten heraus zum Diktator aus eigener Machtvollkommenheit entgleist.

Der Krieg im Osten war sicherlich nicht nur ein Wirtschaftskrieg, er war aber auch ein Wirtschaftskrieg, und aus dem Blickwinkel seiner Auftraggeber war das der wesentliche Aspekt.

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Fr 3. Feb 2012, 19:24 - Beitrag #13

Ja und Nein, Hitlers Verbrechen in Osteuropa war in einem kolonialen Sinne gemeint und auch so durchgeführt. Hitler selbst erfand die Kategorie der "Kuli- und Fellachenrassen" und stellte die Völkerosteuropa in eine Reihe mit chinesischen und ägyptischen Knechten der Kolonien, die eben ausgebeutet werden dürften. Es ging ihm um gewaltsame Landnahme und langfristig um die Germanisierung ganzer Landstichre durch die Ansiedlung von "germanischen Wehrbauern" und die Vernichtung gff. auch nur Umerziehung der dort vorgefundenden Bevölkerung.

Diese Art der Landnahme ist jedoch gewissermaßen antiquiert und in anderen europäischen Staaten eher im 19. Jahrhundert zu verorten. Um 1900 galt solches Vorgehen gegen Afrikaner u.a. bereits als unanständig. Ein Beispiel dafür ist, die Aufarbeitung und Verurteilung der belgischen Kongo-Greuel oder der eigenmächtig geführte Vernichtungsfeldzug gegen die Herero durch General von Trotha wurde durch Kaiser und Reichstag verurteilt.
Hitlers Krieg für "Lebensraum im Osten" spiegelte nicht den Kolonialismus des 20. Jahrhunderts wieder.

Dass man so etwas nicht mit Weißen machte, stimmt nur bedingt. Beim zunehmden Zerfall des Osmanischen Reiches lieferten sich Österreich-Ungarn, das Russische Reich, Griechenland und andere laufend imperialistische Eroberungskriege deren Opfer eben keine Neger waren. Hier kam es etwa zur systematischen Vertreibungen, die meines Erachtens als Völkermord eingeordnet werden können. Dies betrifft insbesondere die russisch-osmanischen Kaukasuskriege. Der "Völkermord an den Armeniern" wurde von den westeuropäischen Zeitgenossen als Greueltat erkannt und verurteilt, die Verbrechen der Russen an den muslimischen Tscherkessen und Abchasen oder die der Griechen an den Balkan-Türken wurden allerdings nicht entsprechend gewürdigt.

Zur Wirtschaftsform: Die Nazis setzten auf eine Kriegswirtschaft. Die Ausbeitung besetzer Länder diente dem Krieg. In den meisten Fällen wurden Staaten auch gar nicht aus ideologischen sondern taktischen Überlegungen überfallen (z. B. Norwegen) oder verschont (z. B. Schweiz). Die Kriegsführung ist nicht unter ideologischen Gesichtspunkten zu betrachten. Der Griff nach dem Öl wurde bald zum Wettkampf der Großmächte, dem nicht selten Unbeteiligte zum Opfer fielen. Viel sagend ist da die Besetzung des neutralen Persien durch sowjetische und britische Truppen. Die Wehrmcht scheiterte hingegen beim Griff nach dem kaukasischen Öl.

Dass sich der Terror der Nazis gegen die eigene Bevölkerung richtete, ist keineswegs ein Unicum. Die Aussonderung ethnischer und sonstiger Minderheiten aus der eigenen Bevölkerung kam durchaus öfter vor. Die Arierparagrafen erinnern stark an die Rassentrennung in den USA und Südafrika.
Die Ausbürgerungs- und Ausweisungspolitik, ebenfalls aus der frühen Phase, steht auch nicht allein. Gleicher Geist des 19. Jahrhunderts wollte ehemalige Sklaven aus Amerika nach Afrika zurückschiffen, um sie loszuwerden, speziell hierfür wurden Reservate in Liberia und Sierra Leone angelegt. Zeitweise forcierten die Nazis den tollkühnen Madagaskar-Plan, nämlich die europäischen Juden in das von Vichy-Frankreich kontrollierte Kolonie anzusiedeln und damit loszuwerden.

janw
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Sa 4. Feb 2012, 02:40 - Beitrag #14

Zitat von Lykurg:Das ist richtig, janw, aber eben diese Lebensraumpolitik wird heute, scheint mir zumindest, im öffentlichen Diskurs weniger wahrgenommen, ist ein Teilaspekt der Verbrechen, aber nicht das schwerwiegendste. Möglicherweise hat sich angesichts der stalinistischen und maoistischen Umsiedelungen einfach die Wahrnehmungsschwelle verändert.

Cesaire hat in dem Zitat aufgrund des thematischen Kontextes seiner Äußerung weniger den Holocaust, als den Komplex der Arbeitsausbeutung der Menschen in den eroberten Gebieten im Blick.
Ob dieser im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Nationalsozialismus dem Holocaust nachzuordnen ist, ist IMHO schwer zu entscheiden und läuft zwangsläufig Gefahr, die eine oder andere Gruppe nachträglich selbst mit einem Werturteil zu belegen]Dass es immer Menschen gibt, die dies zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil nutzen, ist relativ klar, Ipsi; aber es war keineswegs das eigentliche Ziel des Holocaust, billige Arbeitskräfte zu haben, anders als bei der Verschleppung von Afrikanern nach Amerika.

1955 war die Wahrnehmung vielleicht noch anders, aber auch da, denke ich, hat eher die zeitliche Nähe und das Miterleben sowie das schiere Ausmaß den Ausschlag gegeben. Es gab auch vorher schon schreckliche Gräueltaten, beispielsweise im dreißigjährigen Krieg, in jedem Bürgerkrieg seitdem, im 1. Weltkrieg auch, und hier waren ebenfalls immer Europäer gegen Europäer im Spiel.[/QUOTE]
e-noon, der Holocaust bezeichnet im engeren Sinne die Vernichtung der Juden; hier war es durchaus Ziel, sich vor ihrer Vernichtung noch an ihrem Besitz und ihrer Arbeitskraft zu bereichern, und iirc Götz Aly hat gezeigt, wie der NS-Staat tatsächlich davon profitiert und daraus bestimmte staatliche Leistungen finanziert hat - die teilweise noch heute bestehen, wie z.B., wenn ich es richtig erinnere, das Kindergeld.
Wenn Industrielle sich an der Arbeitskraft bereichern wollten, war das den Nazis nur recht, besonders, wenn diese Industriellen dafür die Nazis unterstützten.

1955 wurde zumindest in Deutschland die Nazizeit in weiten Teilen verdrängt; man hatte hohe Ex-Nazis in der Bundesregierung, war im Wiederaufbau und begrüßte die letzten Spätheimkehrer.
Der Vergleich der NS-Verbrechen mit den anderen von Dir genannten Auseinandersetzungen trifft nicht ganz, da es bei den anderen Aueseinandersetzungen um Kriege (30jähriger Krieg noch weit vor der frz. Revolution) oder um Revolten bzw. Revolutionen ging, aber eben nicht um eine gezielte Ausbeutung bis Ausrottung einer Gruppe durch eine andere.
Solche Vorgänge waren bis dahin tatsächlich praktisch immer außerhalb Europas angesiedelt. Der Burenkrieg, wo die Briten die Buren in Lagern umkommen ließen, war ebenso ein Krieg.
Cesaire hat von daher nicht unrecht, das Vorgehen der Nazis in Russland war ein kolonialistischer Akt und als solcher bezüglich der Art der Unterworfenen neuartig, und die öffentliche Meinung hätte sicher weniger Probleme damit gehabt, wären die Opfer anderer Hautfarbe oder ähnliches gewesen.
Diesen Punkt im Blick zu haben und weniger den Holocaust im engeren Sinne, war neben Cesaires Herkunft sicher ein Zug der Zeit, wo der Kolonialismus zuerst auf breiterer Ebene kritisch diskutiert wurde, dieser Diskurs war damals am anlaufen.

Ipsissimus
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Sa 4. Feb 2012, 12:57 - Beitrag #15

und die öffentliche Meinung hätte sicher weniger Probleme damit gehabt, wären die Opfer anderer Hautfarbe oder ähnliches gewesen
das ist der eine dramatische Punkt, ja; der andere dramatiche Punkt: wenn Hitler gewonnen hätte, würde das ganze heute völlig anders diskutiert werden

janw
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Sa 4. Feb 2012, 12:58 - Beitrag #16

Kleiner Nachtrag noch:
[quote="janw"]Ob dieser im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Nationalsozialismus dem Holocaust nachzuordnen ist, ist IMHO schwer zu entscheiden und läuft zwangsläufig Gefahr, die eine oder andere Gruppe nachträglich selbst mit einem Werturteil zu belegen]
Letztlich würde mit einer Ungleichwertung beider Verbrechen auch die für die Hitlersche Ideologie grundlegende Ungleichbewertung von Menschen perpetuiert, man könnte auch sagen zu eigen gemacht werden.

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Sa 4. Feb 2012, 13:24 - Beitrag #17

So etwas zu erfahren tut weh

Mein Wohnort ist besudelt vom Nationalsozialismus. Hier in Pirna/ Sonnenstein gab es eine der größten Tötungsanstalten im NS-Regime.
Hier in Pirna - man kann es in der Gedenkstätte Sonnenstein nachlesen - wurden ca. 14 571 Menschen mit Behinderung, Psychisch Kranke, KZ Häftlinge
und Juden vergast.
Ich habe mir die Räume angesehen und mir die Vorgehensweise erzählen lassen, bei einer Führung. Und ich kann nicht begreifen, wie Menschen - Menschen so etwas antun können.
In dem Glauben zum Duschen geführt zu werden, wurden die Opfer in die Kammern gepfercht und alles verriegelt und verrammelt, so das es keine Chance zur Flucht gab und dann hörten sie das Gas ausströmen und fielen reihenweise, nachdem einige sich erbrochen hatten, zu Boden. Auch kleine Kinder -knapp über zwei Jahre waren dabei.
Nichts und niemand hat das recht Leben in wert und unwert einzuteilen.
Egal welcher Kultur ein Mensch entspringt - ob schwarz, braun, gelb oder weiß -
MENSCH ist MENSCH und verdient ein Recht auf Leben. Die nicht danach handeln und denken, sind die, die entfernt werden müssen oder zum Umdenken bewegt werden müssen. Jedem von uns kann es passieren, von heute auf morgen eine Behinderung zu bekommen und auf Hilfe angewisen zu sein. Wer sich davor gefeit sieht, der ist meiner Ansicht nach nicht zurechnungsfähig.


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