Warum der Tod?

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dmz
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Sa 3. Jan 2009, 18:29 - Beitrag #1

Warum der Tod?

Es ist oft die Frage nach dem *Sinn des Lebens* diskutiert worden,
und es wird von Generation zu Generation immer wieder geschehen.
Indem ich bereits eine stattliche Stoffsammlung darueber erstellt habe,
und sich unter anderem die Triade(Dreiheit) *Geburt-Lebensspanne-Tod* formulieren laesst,
stelle in diesem Zusammenhange die Frage:
Gibt es den *Sinn des Todes* ?
.
.
.
PS: Alles Gute fuer das Jahr 2009 !

Kati
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Sa 3. Jan 2009, 20:24 - Beitrag #2

Rein biologisch gesehen... ja^^ Irgendwann wäre die Welt einfach voll.

Ansonsten: Würde man das Leben denn zu schätzen wissen (das eigene und das der Anderen) wenn man unsterblich wäre?

dmz
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Mo 5. Jan 2009, 22:43 - Beitrag #3

Der Tod auf Grund des *biologischen* Abnutzungsprozesses des Organismus
erklaert nicht die Sinnfrage.
Eine Ueberbevoelkerung regulierte sich durch die Rahmenbedingungen der Umwelt von selbst,
ohne dass es einer *definierten* Lebensspanne beduerfte.
Wer wegen Ressourcen-Verknappung oder Anpassungsproblemen nicht ueberleben kann, muss sterben.
Der Hunger etwa - ein ganz natuerliches Reglement (HeinzHaber, 1913-1990, Astrophysiker).
Die Sinnfrage muss mE einen *ontologischen Grund* (Daseinsgrund) haben.
:
Koennte es sein, dass der Sinn des Todes darin besteht,
dem Organismus die *genetische Anpassung* von Generation zu Generation zu ermoeglichen
- wegen Veraenderung der Umwelt (Klimawandel, Qualitaet d. Sonnenstrahlung u.s.w.) ?

Maglor
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Mo 5. Jan 2009, 23:35 - Beitrag #4

Vielleicht hilft ja hier ein aphoristisches Zitat der georgischen Väterchens, also Genosse Stalin: "Der Tod löst alle Probleme. Kein Mensch, kein Problem."
Der große Diktator meinte da gaz, wenn irgendwo Probleme auftacuhen, sollte man dort jemanden töten und die Sache ist erledigt. :rolleyes:
MfG Maglor

dmz
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Di 6. Jan 2009, 18:55 - Beitrag #5

Nun - der Stalin war kein Philosoph oder Sophist gewesen.
Er war eher ein oberflaechlich denkender Mensch,
der die schnelle Loesung suchte und vermeintlich zu finden glaubte.
Sein Widersacher Leo Trotzky wurde selbst in Mexiko von ihm endgueltig heimgesucht.
:
Wenn dieser Stalin nun nachgedacht haette und auf Grund seiner urspruenglichen Naehe
zur griechisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft begriffen haette,
dass es nicht nur eine Diesseitswelt gibt, sondern auch eine Jenseitswelt geben koennte,
dann haette er beruecksichtigen muessen, das ein Jenseits nach dem Sterben in Betracht gezogen werden muss.
Nichts geht in diesem Kosmos verloren!
Auch das einzelne Problem nicht(?) :-))

Traitor
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Sa 10. Jan 2009, 02:38 - Beitrag #6

Koennte es sein, dass der Sinn des Todes darin besteht, dem Organismus die *genetische Anpassung* von Generation zu Generation zu ermoeglichen - wegen Veraenderung der Umwelt (Klimawandel, Qualitaet d. Sonnenstrahlung u.s.w.) ?

Darin besteht mit Sicherheit zumindest ein großer Vorteil klar begrenzter Lebensspannen. Prinzipiell wäre die Anpassungsfähigkeit an neu auftretende Veränderungen auch nur durch eine hohe Fortpflanzungsquote und frühe Geschlechtsreife bei unendlicher natürlicher Lebensdauer und Wegsterben der älteren, unangepassten Generationen durch die veränderten Außeneinflüsse erreichbar. Die zusätzliche Altersbegrenzung erhöht aber die Effizienz, da bei Ressourcenknappheit auch immer noch ein gewisser Anteil der jüngeren Generation statt Vertretern der älteren wegsterben könnte, sodass die Basis zu klein wird, bis dann die Außeneinflüsse so weit entwickelt sind, dass die Älteren gesammelt aussterben und die Jüngeren eine zu kleine Population sind, um dies auszugleichen.
Ist klar, welche Situation ich meine, oder sollte ich es lieber weiter ausformulieren oder mit Zahlenbeispielen versehen?

Und, dmz, verstehe ich deinen zweiten Beitrag korrekt, dass du hier tatsächlich primär am Sinn im Hinblick auf die biologische Funktion interessiert bist, oder sollte es doch auch in philosophischere Richtungen gehen?

Zu Stalin: Wäre er vom Jenseits überzeugt gewesen, hätte er als guter Totalitarist sicher ein Subkomitee gegründet, das spezielle Agenten zu dessen Gleichschaltung nach ihrem Ableben ausgebildet hätte. ;)

janw
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Sa 10. Jan 2009, 15:51 - Beitrag #7

In ontologischer Hinsicht hat der Tod wahrscheinlich einen ähnlichen Sinn wie das Leben, nämlich den, den lebendes und sterbliches Wesen ihm gibt oder welch diesbezügliche Eingebung es als für sich verbindlich annimmt.
Aus biologischer Sicht ist der Tod wohl notwendig in einer dynamischen Umwelt: Lebewesen verbrauchen Ressourcen und geben Abfallstoffe in die Umwelt ab, dabei nimmt die Vermehrungsrate bei vielen (allen?) Organismen mit zunehmender Ressourcenverknappung, sozialem Stress und Vergiftung der Umwelt zunehmend ab. Damit geht dann aber auch die Zahl genetischer Rekombinationsvorgänge zurück und damit die Zahl neuer genetischer Varianten, was zu einer abnehmenden Flexibilität der betreffenden Population gegen sich ändernde Umweltbedingungen führt.
Bakterien können diese Entwicklung bremsen, indem sie sich bei zunehmender Unwirtlichkeit der Bedingungen einkapseln und damit aus der Population ausscheiden. Sie können so auf bessere Zeiten warten, und der nicht verkapselte Rest der Kolonie wird vom Stress entlastet, kann wieder genetisch Rekombinieren und sich vermehren.
Einige vielzellige Organismen können sich ebenfalls einkapseln und so oder auch als Sporen oder Samen mehr oder weniger lange Zeiten überdauern, letztlich muss aber irgendwann doch wieder eine aktive Phase folgen, denn die Reservestoffe in der Kapsel sind nur begrenzt haltbar.
Dadurch, daß in einer Population immer wieder Mitglieder ausscheiden, die nicht mehr zur Reproduktion beitragen können, wird eben Raum geschaffen für neue Mitglieder und damit für neue Ergebnisse genetischer Rekombination, also für neue genetisch Varianten, die sich einer sich sowieso ändernden Umwelt stellen können.

dmz
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Mo 12. Jan 2009, 00:14 - Beitrag #8

@Traitor
Und, dmz, verstehe ich deinen zweiten Beitrag korrekt, dass du hier tatsächlich primär am Sinn im Hinblick auf die biologische

Funktion interessiert bist, oder sollte es doch auch in philosophischere Richtungen gehen?

Ich moechte hier nicht zwischen Naturwissenschaft und Philosophie unterscheiden,
da ich eigentlich keine Veranlassung dazu sehe.
Es geht mir bei der Frage nach dem "Sinn des Todes" vorangig um naturwissenschaftliche Erklaerung
und nicht um spekulative Metaphysik.
Da meine These vom "genetischen Anpassungseffekt" (von Generation zu Generation)
vermutlich nicht der letzte eindeutige Schluss gewesen sein koennte,
scheint meine Auffassung auch einen metaphysischen Aspekt erhalten zu haben.
Und wenn es dann an einer eindeutigen biologischen Erklaerung letztlich mangelte,
muesste in der Tat die philosophische Betrachtung alleine herhalten.
Eine Erklaerung im ontologischen Sinne sollte dann aber bemueht sein,
einen glaubhaften Eindruck im naturwissenschaftlichen Sinne zu machen.
Es gibt bekanntlich Grenzen bei naturwissenschaftlichen Modellen ....
(Beispiel: ManfredEigen, Goettigen "Selbstorganisation d. Organismus (Hyperzyklus-Theorie)),
.... ueber die man zunaechst nicht hinauskommt: Wie wird die Materie lebendig?.

:
.... sodass die Basis zu klein wird, bis dann die Außeneinflüsse so weit entwickelt sind, dass die Älteren gesammelt aussterben

und die Jüngeren eine zu kleine Population sind, um dies auszugleichen

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann war das in der Vergangewnheit bei den Primaten sinngemaesz vorgekommen:
- die Neandertaler hatten die Anpassung wahrscheinlich nicht geschafft und waren folglich ausgeschieden.
::: ::: :::

@janw
In ontologischer Hinsicht hat der Tod wahrscheinlich einen ähnlichen Sinn wie das Leben ....

Und was waere dieser Sinn ?
Das Leben scheint ja ein Phaenomen des Kosmos an sich zu sein.
Es scheint immer irgendwo vorzukommen.
Daraus ergibt sich nicht ohne weiteres ein Sinn, und ein "Sinn des Todes" schon gar nicht.
Nun unterliegen die kosmischen Prozesse Umwaelzungen bzw Umwandlungen,
welche bisweilen bei hohen Temperaturen und Druecken stattfinden.
Das Leben muss temporaer untergehen,
um dann wieder nach den Umwandlungsprozessen neu zu entstehen.
Der Tod waere dann - wie das Leben auch - ein Prinzip des Kosmos und *haette gar keinen Sinn*.
Aus der Sicht des Menschen ergaebe sich ein kuenstlicher *transzendenter* Sinn.
:
Danke fuer die biologische Erlaeuterung, in die meine Anpassungsthese hineinzupassen scheint.
:::

Traitor
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Mo 12. Jan 2009, 00:42 - Beitrag #9

@Jan:
dabei nimmt die Vermehrungsrate bei vielen (allen?) Organismen mit zunehmender Ressourcenverknappung, sozialem Stress und Vergiftung der Umwelt zunehmend ab.
Beim Menschen offenbar nicht unbedingt, siehe Bevölkerungsexplosion in der Dritten Welt.
Dadurch, daß in einer Population immer wieder Mitglieder ausscheiden, die nicht mehr zur Reproduktion beitragen können, wird eben Raum geschaffen für neue Mitglieder und damit für neue Ergebnisse genetischer Rekombination, also für neue genetisch Varianten, die sich einer sich sowieso ändernden Umwelt stellen können.
Dagegen hatte dmz ja bereits präventiv den Einwand gebracht, dass der durch äußere Umstände erzwungene Tod diesen Zweck bereits erfüllen würde, ohne ein "automatisches Verfallsdatum" zu haben. Ist dazu das von mir beschriebene Problem, dass statistisch zu viele Junge draufgingen, der entscheidende Punkt, oder muss noch weiter gedacht werden?

@dmz:
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann war das in der Vergangewnheit bei den Primaten sinngemaesz vorgekommen: - die Neandertaler hatten die Anpassung wahrscheinlich nicht geschafft und waren folglich ausgeschieden.
Nun, an sich ist das Ausdünnen der Population und dadurch nict mehr ausreichende Anpassen- und Wiedervermehrenkönnen natürlich der grundlegende Mechanismus jeden nicht katastrophal-instantanen Aussterbens. Dass bei den Neandertalern die natürliche Sterblichkeit besonders relevant war, bezweifle ich, da sie ja im wesentlichen gleich für beide Subspezies war.

Das Leben muss temporaer untergehen, um dann wieder nach den Umwandlungsprozessen neu zu entstehen.
Ob es tatsächlich immer wieder entsteht, wäre noch zu klären. Auch, wenn häufiges Leben im Universum wahrscheinlich erscheint, lässt sich doch nicht ausschließen, dass es vielleicht doch nur sehr selten ist. Zudem wird es im Zuge der kosmischen Enwicklung irgendwann keine neuen Systeme mehr geben, die Leben erzeugen können.

dmz
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Mo 12. Jan 2009, 22:25 - Beitrag #10

Ob es[das Leben] tatsächlich immer wieder entsteht, wäre noch zu klären. Auch, wenn häufiges Leben im Universum wahrscheinlich erscheint, lässt sich doch nicht ausschließen, dass es vielleicht doch nur sehr selten ist. Zudem wird es im Zuge der kosmischen Enwicklung irgendwann keine neuen Systeme mehr geben, die Leben erzeugen können.

Das Leben wird gemessen am *Ganzen* sehr selten vorkommen, - der Meinung bin ich auch.
Und dass irgendwann keine neuen Sonnensysteme mehr entstehen werden, scheint auch verstaendlich zu sein,
wenn der Wasserstoff insgesamt weitgehend verbraucht worden ist und im Universum das Licht ausgegangen ist.
Dann waere es aus mit dem Prinzip *Leben*(incl.Tod) auf der Basis von Licht und Wasser.
Vorher wird aber wegen Erhoehung der mittleren Erdtemperatur auf 60°C und mehr
das Leben mangels verschwundenen Wasserhaushalts auf der Erde nicht mehr moeglich sein.
Es sei denn, den Menschen gelaenge die Flucht in den Weltraum oder
die Abstandsvergroeszerung der Erde zur sich aufblaehenden Sonne:
der Kampf ums Prinzip "Leben und Tod".

Dass bei den Neandertalern die natürliche Sterblichkeit besonders relevant war, bezweifle ich, da sie ja im wesentlichen gleich für beide Subspezies war.

Wieso der Zweifel, wenn als Grund der Anpassungsprozess angenommen werden muss ?
Die einen haben es geschafft, die anderen nicht ....

Traitor
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Mo 12. Jan 2009, 22:48 - Beitrag #11

Wieso der Zweifel, wenn als Grund der Anpassungsprozess angenommen werden muss ? Die einen haben es geschafft, die anderen nicht ....
Worauf ich hinweisen wollte, ist, dass das Aussterben der Neandertaler ein ganz allgemeiner Nichtanpassungsfall gewesen sein dürfte. Und sich nicht als konkretes Beispiel zur Auswirkung verschiedener natürlicher (unbeeinflusster) Lebensspannen anbietet, wie es als deine Antwort auf mein Zitat wirkte. Aber ich vermute, du meintest es auch allgemeiner?

Ja, das "Aussterben" des Universums im Ganzen wird auf nochmals ganz anderen Zeitskalen stattfinden als das Ende des Erdlebens; ein Auswandern aus dem Sonnensystem könnte schon ganze unvorstellbare Äonen sichern, aber ewiges Leben im Diesseits wird es nicht geben können. Wohl auch nicht in den beliebten "anderen Formen, als wir sie kennen", denn auch alle Energiequellen werden irgendwann unnutzbar sein, sodass auch keine interstellaren Energiewesen oder derartiges weiterexistieren könnten.

janw
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Mi 14. Jan 2009, 13:05 - Beitrag #12

Zitat von dmz:Und was waere dieser Sinn ?

Wie ich schon sagte, der Sinn, den zur Eigensinngebung befähigtes Wesen ihm zuweist.

Das Leben scheint ja ein Phaenomen des Kosmos an sich zu sein.
Es scheint immer irgendwo vorzukommen.
Daraus ergibt sich nicht ohne weiteres ein Sinn, und ein "Sinn des Todes" schon gar nicht.
Nun unterliegen die kosmischen Prozesse Umwaelzungen bzw Umwandlungen,
welche bisweilen bei hohen Temperaturen und Druecken stattfinden.
Das Leben muss temporaer untergehen,
um dann wieder nach den Umwandlungsprozessen neu zu entstehen.
Der Tod waere dann - wie das Leben auch - ein Prinzip des Kosmos und *haette gar keinen Sinn*.
Aus der Sicht des Menschen ergaebe sich ein kuenstlicher *transzendenter* Sinn.

Nun, transzendent dann, wenn mensch übergeordnete Entitäten bemüht. Muss mensch aber nicht...

Zitat von Traitor:Beim Menschen offenbar nicht unbedingt, siehe Bevölkerungsexplosion in der Dritten Welt.

Ja, und es gibt noch andere Beispiele. Ratten sind hingegen ein gutes Beispiel für die Regel, sie resorbieren Junge, wenn sich während der Tragphase die Lebensbedingungen verschlechtern. Das beste Beispiel liefern letztlich Bakterien und andere Einzeller, deren Vermehrungsraten sehr deutlich mit verfügbaren Ressourcen und gefährlichen Abfallstoffen korreliert sind.
Woran das liegt...möglicherweise sind die limitierenden Stresskriterien nicht so allgemein zu fassen, ist sozialer Stress bei Menschen weniger wirksam und das kritische Niveau des Ressourcenstresses auch in den Slums und Favelas noch nicht erreicht. Andersrum sinkt in den Industrieländern seit vielen Jahren anhaltend die Spermaqualität der Männer, was noch nicht eindeutig erklärt werden kann.

Zitat von Traitor:Dagegen hatte dmz ja bereits präventiv den Einwand gebracht, dass der durch äußere Umstände erzwungene Tod diesen Zweck bereits erfüllen würde, ohne ein "automatisches Verfallsdatum" zu haben. Ist dazu das von mir beschriebene Problem, dass statistisch zu viele Junge draufgingen, der entscheidende Punkt, oder muss noch weiter gedacht werden?

Wahrscheinlich stellen äußere Umstände aka Dienst als Mahlzeit die häufigste Todesursache dar, und Altersgebrechen sind eher ein Problem für die Arten, die ganz oben in den Nahrungsbeziehungen stehen.
Gerade bei diesen, oft räuberischen, Arten mit einer oft relativ langen Jungenaufzuchtzeit trifft Dein Einwand sehr oft zu, dafür ist die Fruchtbarkeitsphase oft relativ lang, und durch vergleichsweise Langlebigkeit wird außerdem eine starke Erfahrungsakkumulation erreicht.
Allerdings erhöht eine lange Nutzungsdauer der Gewebe auch deren Verschleiß, übrigens auch auf der Ebene der DNA, in der sich über die Lebensdauer Fehler anhäufen.
Nun hätte die Natur natürlich bessere Reparatursysteme einführen können, dritte Zähne usw., aber damit würden dann die genetischen Varianten aus älterer Zeit in Zeiten herumlaufen, die neuere Anpassungen erfordern würden.
Und so gehen dann die alten zahnlosen Elefanten in den Sumpf und versinken irgendwann und schaffen so Platz für junge Tiere, die genetisch neue Antworten auf die Umwelt liefern.

Ipsissimus
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Di 5. Mai 2009, 11:13 - Beitrag #13

zwar verspätet, aber dennoch^^

es sträubt sich in mir immer wieder alles, wenn ich Fragen nach dem "Sinn" natürlicher Phänomene höre. Natürliche Abläufe schaffen ein Netz von Interaktionen, innerhalb dessen alle Phänomene, die Bestand haben, sich also gegen etwaige konkurrierende Phänomene durchgesetzt haben, einen funktionalen Platz innehaben. An dieser Stelle überhaupt nach "Sinn" zu fragen, befördert die Frage fast schon von selbst in den Bereich des Metaphysischen, und die einzige relevante Antwort auf eine derart verstandene Sinnfrage ist wie immer "Jeden Sinn, den du persönlich dem Gegenstand deiner Frage zubilligst".

Im naturwissenschaftlichen Kontext ist die Frage nach der Funktionalität eines Phänomens fast immer wesentlich fruchtbarer als die Frage nach dem Sinn. Fast bin ich versucht, zu behaupten, dies ist die Weiche zwischen Naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Betrachtung, aber vielleicht ist das auch überzogen.

Zur Frage im engeren Sinne: Tod ist meiner Ansicht nach ein Phänomen höheren Organisationsgrades. Je höher der Organisationsgrad von Zellverbünden, desto geringer die Chance auf Parthogenese, und Parthogenese, besonders wenn sie über diploide Keimbahnzellen, also ohne Rekombination stattfindet, ist im Prinzip biologische Unsterblichkeit, zumindest auf zellulärer Ebene.

Die Frage, warum höherer Organisationsgrad anfälliger für Tod ist, beantwortet sich m.E. völlig zwanglos aus der Statistik. Fehlerkumulation. Mit jeder weiteren Mitose oder Meiose steigt die Wahrscheinlichkeit einer Abweichung vom optimalen Verlauf, und irgendwann ist die kritische Häufigkeit überschritten und ein Zellverbund ist nicht mehr funktional. Exitus.

janw
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Mi 6. Mai 2009, 01:18 - Beitrag #14

Außerdem ist er vielleicht ein Systemausweg zur Vermeidung eines plötzlichen Populationszusammenbruchs aufgrund Ressourcenüberbeanspruchung und Überlastung mit Abfällen - statt unkontrollierten Wachstums bis zum Limit wird ein stabilerer steady state erreicht.
Kommt noch hinzu, daß die Umwelt sich ständig verändert und die Lebewesen damit Schritt halten müssen - es müssen also Individuen ausscheiden, damit neue nachrücken können.
So gesehen...ist der Tod eigentlich etwas Besonderes, oder nicht einfach ein Systemereignis wie z.B. eine Zellteilung?

Ipsissimus
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Mi 6. Mai 2009, 10:03 - Beitrag #15

An deinem zweiten Absatz stört mich ein bisschen das erste "müssen", jan, das gibt der Argumentation so einen teleologischen Touch. Lebewesen "müssen" gar nichts, und sie sind auch nicht dazu da, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Sie sind einfach nur da und im Rahmen ihres einfach-nur-da-seins erfüllen sie aufgrund ihrer Einbindung in Regelkreisläufe bestimmte Funktionen, keine Zwecke. Zweck werden sie erst durch uns, die wir sie unseren Absichten unterwerfen

Tod stellt innerhalb einer Population ein Fließgleichgewicht zwischen diversen Einflussgrößen her. Auf der Ebene eines Individuums ist er dabei überhaupt kein Ereignis. Aus der Sicht eines übergeordneten Systems markiert er den irreversiblen Ausfall eines Funktionselementes. Ich glaube, wenn menschliche Sehnsucht den Blick auf´s Leben nicht mit allerlei mysthischen Vorstellungen belasten würde, wäre es relativ einfach, einzusehen, dass dies keine wie auch immer geartete Besonderheit ist. Ich denke mal, in der Todesangst zeigt sich nur das Gelingen eines besonders "perfiden Tricks" der Natur (Vorsicht: metaphorische Sprache)^^

Was sollte denn irgend einen blöden Zellhaufen dazu anspornen, aktiv seine eigene Existenz zu sichern, also die Existenz dieser spezifischen Molekülanordnung, wo Myriaden andere Anordnungen genauso möglich sind? Gibt eigentlich keinen Grund, es sei denn ... es sei denn, der Zellhaufen entwickelt ein Ich-Bewusstsein, und es geht plötzlich nicht mehr um den Zellhaufen, sondern um das Ich-Bewusstsein. Der Zellhaufen hat keine Angst, ob seine Moleküle so oder so angeordnet sind, kümmert ihn nicht. Aber das Ich-Bewusstsein ist mit einer spezifischen Anordnung der Moleküle verknüpft, es funktioniert nicht mit jeder beliebigen Anordnung (zumindest nach gegenwärtigem Stand des Wissen nicht). Ergo tut das Ich-Bewußtsein was gegen Änderungen der Anordnung, welche seine eigene Existenz in Frage stellen. Echt guter Trick^^ Und nur deswegen erscheint der Tod als was Besonderes, aber bei genauem Hinschauen ist es nicht der Tod, der das Besondere darstellt, sondern das Ich-Bewusstsein, welches als einziges Element in dem ganzen Spiel davon bedroht ist, sich in Nichts aufzulösen.

janw
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Mi 6. Mai 2009, 12:47 - Beitrag #16

Stimmt, das war unglücklich ausgedrückt, Lebewesen selbst weiß ja zudem nichts von seiner prekären Lage in einer sich verändernden Umwelt und daß es Ressourcen bindet.

Wäre die Endlichkeit jedes Daseins nicht mal eine interessante Erweiterung für unser Wirtschaftssystem - jedem Konzern eine begrenzte Lebensdauer...?^^

Ipsissimus
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Mi 6. Mai 2009, 13:16 - Beitrag #17

och, sie sind ja jetzt schon endlich, sie wissen es nur noch nicht^^ du meisnt, man sollte der Fantasie ihrer Funktionsträger ein bisschen auf die Sprünge helfen und ihnen von vorneherein nur eine definierte Lebensdauer gestatten? Hört sich gut an, genau wie Geld mit Verfallsdatum^^ da aber der Kapitalismus laut dem Historiker-Urgestein Eric Hobsbawm auch in den letzten 40 Jahren eine rationale Analyse systematisch verweigert habe (http://www.stern.de/wirtschaft/finanzen-versicherung/finanzen/:Historiker-Eric-Hobsbawm-Es-Blut-Blut/662937.html), darfst du genau einmal raten, was die Konzerne davon halten und in welcher Richtung sie ihren Einfluss also weiterhin geltend machen werden^^

janw
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Mi 6. Mai 2009, 21:49 - Beitrag #18

Ich weiß es, doch hält es mich nicht vom träumen ab^^
Was wäre, wenn Marx recht hätte mit dem dialektischen Fortgang der Geschichte, wäre das Ende des Kapitalismus dann anders zu bewerten?

Ipsissimus
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Do 7. Mai 2009, 11:11 - Beitrag #19

die Geschichte schreitet dialektisch voran, nur der Geist der Habgier, der Privilegienwirtschaft und des Machtmissbrauchs bleibt sich ewig gleich^^ was interessieren da groß seine Organisationsformen. In gewisser Weise ist es sogar vorteilhaft, dass es den Kapitalismus gibt, denn in ihm bekennt sich das Prinzip der hemmungslosen Gier offen zu sich selbst, ohne in fremde Gewänder zu schlüpfen, die dann erst mühsam enttarnt werden müssen. Das Problem besteht darin, dass jede ausreichend starke Gegenmacht auch eine Macht ist, und jede Konfliktsituation zwischen derart starken Mächten immer mit verdammt viel Blut gelöst wird. Blutmagie war schon immer die stärkste aller Magien. Oder wie Väterchen Josef sinngemäß sagte: "Hast du ein Problem, töte einen Menschen. Kein Mensch - kein Problem."

dmz
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Do 14. Mai 2009, 18:23 - Beitrag #20

Ich bedanke mich zunaechst fuer eure Beitraege,
die mir geholfen haben, folgende Zusammenfassung zu erstellen:
:
Die Frage nach dem *Sinn des Todes* ist mE erlaubt und den Versuch einer Erklaerung wert,
weil der Zyklus von *Zeugung-Geburt-Lebensspanne-Tod* das Schicksal aller Lebewesen ist.
Im philosophisch-naturwissenschaftlichen Sinne draengt sich mir diese Frage auf :))
:
(1.1) Der *Sinn des Todes* kann biologisch gesehen darin bestehen,
dem Organismus - durch Weitergabe seines Erbgutes -
die *genetische Anpassung* von Generation zu Generation zu ermoeglichen
vor dem Hintergrund, dass sich die Umwelt allmaehlich veraendert
(Klimawandel, Qualitaet d. Sonnenstrahlung, Ressourcen u.s.w.).
Daraus ergibt sich, dass Lebensarten aus der Zeit vor 30'000 Jahren zum Beispiel
heute gar nicht mehr langfristig existieren koennten,
weil ihnen der Anpassungszeitraum zwischendurch fehlte.
:
(1.2) Hinzukommt, dass sich die Arten staendig gegen die Existenz-Bedrohung
durch andere Wesen und Widrigkeiten verteidigen muessen:
- gegen Bakterien, Viren, Krankheiten, Epedemien etwa.
Daraus ergibt sich der Zwang im Kampf ums Ueberleben,
sich Abwehrmasznahmen zuzulegen und
diese im Laufe der Zeit zu veraendern und zu verbessern:
- koerperliche Eigenschaften nach auszen wirksam (z.B. "Waffen", Beweglichkeit),
- organische Eigenschaften innen wirkend,
um den Organismus zu schuetzen (z.B. Immunsystem).
Diese Anpassungsmasznahmen erfordern von Zeit zu Zeit den Generationswechsel.
Das koennte auch der Grund fuer die evolutionaere Erfindung der Sexualitaet
- der Zweigeschlechtlichkeit - sein;
denn das Vermischen zweier Erbgut-Kategorien ermoeglicht erst optimale Anpassung.
:
(1.3) Der Organismus unterliegt dem Abnutzungseffekt,
welcher schlieszlich zum Tode fuehrt.
Der Generationswechsel garantiert daher das Weiter-Existieren der Arten.
:
(2) Der *Sinn des Todes* in der Mythologie des Menschen:
- erfuellt die Sehnsucht nach Erloesung von dem Uebel des Daseins und
dem Verlangen nach paradiesischen Zustaenden in einer Jenseitswelt.
Oder - in einem weiteren Zyklus ein besseres und verbessertes Sein zu fuehren.

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