Auch wenn das Thema schon alt ist: ich habe mir einiges durchgelsen und musste mich einfach anmelden, um euch zu antworten.
Die Forderung, einfach drüber zu fahren, finde ich schon verdammt krass. Ich kenne mich mit dem Thema Züge fahren aus, warum dürft ihr drei mal raten. Ich hatte auch schon mal so ein Erlebnis (nicht als Lokführer im Dienst, aber live dabei).
Jedem dieser drüber-Fahre wünsche ich das mal: Man sitzt auf dem Führerstand, die Tachonadel hat die 175 erreicht, man beschleunigt gerade noch (200 sind vmax) und auf einmal steigt so ein Vollidiot ohne zu schauen mit mp3-Player im Kopf 50m vor dir ins Gleis, weil er zu faul ist, die Unterführung zu nehmen. Und was willst du machen? Man kann einfach nur durchreißen, man kann die 136 dB des Makrofons raushauen und man kann das Fernlicht anmachen und man muss beim Fahrdienst anrufen und eine Betriebsgefahr melden. Aber das war es, und bis die 175 abgebrmest sind, dauert das etwa Tausend Meter. Und von hinten schieben 780 Tonnen ICE an. Und noch bevor man irgendeine Bremswirkung merkt, knallt es. Aber wie: eigentlich ist es nicht laut, aber man ist förmlich gezwungen hinzuhören, weil man hofft, dass man nichts zu hören bekommt. Aber es hat gerumst und dieses Geräusch geht einem wirklich durch Mark und Bein: das ist so ein dumpfer Schlag, als haut man mit der Hand auf's Sofa. Es ist wie der Gang zum Schafott. Und wenn es knallt (Nicht schlimm aber man weiß genau, dass es passiert ist), dann ist es irgendwie still, dann hörst du erstmal garnichts mehr.
Ich war glücklicherweise nicht derjenige, der gefahren ist, wir waren zu zweit auf dem ICE. Aber es hat mir gereicht obwohl es wohl noch vom Gefühl her einen großen Unterschied machen muss, ob man selbst der Vollstrecker war oder nicht. Jedenfalls sitzt du dann da oben und weißt: Jetzt muss ich mir das auch noch ansehen. Es ist nämlich verpflichtend, dass nach dem Zusammenprall nachgeshen wird, ob noch was zu retten ist, egal wie schnell, egal wie der Unfall pasisert ist. Normalerweise macht das der Schaffner, aber da wir als Leerfahrt unterwegs waren, war außer uns niemand an Bord. Also musst wir nachsehen. Und as ist so fies, weil du innerlich da garnicht hin willst, weil du deine Ruhe willst und nicht dran denken willst. Aber du musst nachsehen. Und wenn du die Bilder im Kopf hast, wie der Kerl vor dem Zug steht und du dann sie Spuren an der Front siehst, dann realisierst du, was da gerade eben für ein rieseiger Haufen Scheiße passiert ist. Und dann kann man noch so cool sein, aber das kann keiner ab. Der Lokführer hatte gezittert und geheult, der war fertig. Ich weiß garnicht mehr, was ich gemacht habe, aber die Viertelstunde, bis Hilfe kam, kommt dir wie eine Ewigkeit vor. Und dann hockst du da und denkst: Verdammte Scheiße, musste das sein?
Es gibt Lokführer, die stecken das weg nach einiger Zeit, auch wenn das immer in Erinnerung bleiben wird. Aber es gibt welche, die bekommt man da nicht mehr rein, die krigen Schweißausbrüche und fangen das Heulen an.
Und dann will jemand "einfach drüber fahren"?
