Geistig Behinderte als Teil des öffentlichen Lebens...

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e-noon
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Di 23. Jan 2007, 20:35 - Beitrag #21

Und wolltest du dieses Gefühl der Jugend von permanenter Stärke und Unabhängigkeit kritisieren, oder einfach nur zur Überlegung in den Raum stellen? Ich persönlich, da es nun schon einmal im Raum steht, finde das nicht unbedingt tadelnswert, solange die Rücksicht für Andere/Schwächere nicht darunter leidet.

Ipsissimus
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Di 23. Jan 2007, 23:33 - Beitrag #22

ich wollte damit sagen, daß auch der omnipotenteste Jugendliche nicht weit von dem gehandicapten Menschen entfernt ist, nur ein paar Jahre, und daß verweigerte Empathie sehr schnell erfährt, daß die Verweigerung auf sie selbst zurückfällt

Lob und Tadel ... ich bitte dich^^ das such bei Moralisten^^

Lykurg
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Mi 24. Jan 2007, 01:11 - Beitrag #23

Gern akzeptiert - ich bin vielleicht ein bißchen dünnhäutig, auch weil der Vorwurf (bzw. die wertungsfreie Anmerkung ;) ) nicht ganz aus der Luft gegriffen ist - hätte ich den Thread eröffnet, wenn ich die Frage unproblematisch fände?

Allerdings meine ich immer noch nicht, daß der Jugend generell eine solche mangelnde Bewußtheit unterstellt werden kann - viele kommen durch ihren Zivildienst mit Behinderten in Berührung; ich erlebe an meinen vielen Großtanten und in der Pflege meiner Großmutter die verschiedensten Auswirkungen des Alterns; jemand wie Da-Fe macht sich Gedanken über das Unfallrisiko beim Motorradfahren und wägt die Möglichkeit des plötzlichen Unfalltodes oder der Behinderung gegen das Gefühl, "nie gelebt zu haben", ab - meiner Meinung nach ist die Überlegung äußerst wichtig...

Die heutige Welt ist eine diesseitige geworden, und mit der Hoffnung auf ein besseres Dasein in einer jenseitigen Welt allein wird im Okzident kaum noch ein Blumenstrauß gewonnen. Dementsprechend hat memento mori, das so lange nur eine Arbeitsanweisung war, wieder den ursprünglichen Charakter der gern vergessenen Schreckensbotschaft erhalten - und wer sie verdrängen zu können meint, versucht das auch. Et in Arcadia ego, aber bitte nicht im Fitneß-Center, nicht im Beauty-Salon, auch nicht am Urlaubsort oder in anderen Tempeln der ewigen Jugend... Dagegen hat der plötzliche Tod in heldenhafter Pose seinen festen Platz in der Scheinwelt des Films erobert, wird dort als kurzfristiges Handlungsmittel wahrgenommen und überdeckt das langsame Sterben des Alltags. Wie selten taucht im Kino (auch im Krankenhaus, wenn es nicht gerade um Wunderheilung geht) eine langsam fortschreitende tödliche Krankheit auf - und wie selten werden schwerwiegende geistige Behinderungen thematisiert?

Aber es braucht den Menschen nur um ein Geringes schlechter zu gehen (in welchem Umfang eine solche Veränderung zu erwarten wäre, müßte gesondert geklärt werden^^), um verkrüppelte Bettler auf den Straßen allgegenwärtig zu machen und den Schleier zu zerreißen - wenn es einen solchen gibt. Aber würde das die Situation behinderter Menschen verbessern? Ich denke, nein.

janw
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So 28. Jan 2007, 13:49 - Beitrag #24

Das war ein schönes Schlusswort eigentlich, und doch knabbert da etwas in mir...

Zitat von Lykurg:Im klassischen Konzert würde ich mir eigentlich wünschen, daß diejenigen, die ihre Äußerungen nicht unter Kontrolle haben, zuhause bleiben (gleich ob Handy, Raucherhusten, Hungergeschrei oder Trisomie 21). Letztlich würde ich den Betroffenen den Konsum von Schallkonserven ans Herz legen.

Behindertenkonzerte - vielleicht sollte ich mal sehen, ob man so etwas auf die Beine stellen kann... wenn sich z.B. ein entsprechender staatlicher Förderer fände... Wobei ich interessant fände, wie sehr der Unterschied zwischen Konzertbesuch und DVD (mit Lieblingsmusik...) empfunden wird.

Nun, Schallkonserven sind immer nur Schallkonserven, und danach würden Menschen mit einer geistigen Behinderung daran gehindert, Musik im originalen Zustand zu hören. Ob sie das stört?
Ich denke, sie werden einen Unterschied wahrnehmen, ob sie dies entsprechend erklären können, ist eine andere Frage, aber unerheblich.

Zitat von Lykurg:Aber es braucht den Menschen nur um ein Geringes schlechter zu gehen (in welchem Umfang eine solche Veränderung zu erwarten wäre, müßte gesondert geklärt werden^^), um verkrüppelte Bettler auf den Straßen allgegenwärtig zu machen und den Schleier zu zerreißen - wenn es einen solchen gibt. Aber würde das die Situation behinderter Menschen verbessern? Ich denke, nein.

Das mit dem schlechter gehen...sag das den Leuten von der CDU, die die Bettler aus den Einkaufsstraßen vertreiben lassen^^
Ich denke, gerade unter den Privilegierten der Gesellschaft gibt es einen erheblichen Mangel an Umgangserfahrung mit Randständigen der Gesellschaft, seien es Behinderte, Alte, Arme oder Zuwanderer - vielleicht wird noch Zivildienst im Altersheim - also unter "ordentlichen Hilfsbedürftigen" - absolviert, dann aber heißt Lebenserfahrung sammeln, irgendwelche wirtschafts- oder rechtsorientierten Praktika in usa belegen.

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Mo 29. Jan 2007, 01:16 - Beitrag #25

Das mit dem schlechter gehen...sag das den Leuten von der CDU, die die Bettler aus den Einkaufsstraßen vertreiben lassen^^
Vor einem Dreivierteljahr wurde im Keller eines Hotels meiner Heimatstadt die gefängnisartige (aber unglaublich dreckige) Unterkunft einer Gruppe verkrüppelter rumänischer Bettler entdeckt, die hierher verschleppt worden waren, um auf den Straßen Almosen zu erbetteln - natürlich nicht für sich selbst, sondern für ihre mafiösen 'Zuhälter'. Tut man diesen Menschen einen Gefallen, wenn ihre weitere Ausbeutung zuläßt?

Ein häufig betrunkener Bettler, der an meinem S-Bahnhof seinen regelmäßigen Aufenthaltsort hatte, verdiente sich seinen Schnaps durch Erbetteln und Wiederverkauf gebrauchter Tageskarten. Ist das gut und in Ordnung so? (Neulich bekam ich zufällig mit, wie S-Bahn-Angestellte seine Personalien aufnahmen; ob das Folgen haben wird, weiß ich nicht).

Natürlich handelt es sich dabei um Einzelfälle, das ist ja immer so. Auf dieses Argumentationsmuster berufe ich mich ja ggf. auch gern.^^

Unser Sozialsystem hat den ursprünglichen Zweck, Bettelei überflüssig zu machen. Insofern wäre bei jedem Bettler zu untersuchen, ob bei ihm ein dringend zu behebender Fehler des Sozialsystems vorliegt (da er irgendwie durch die Maschen des sozialen Netzes gefallen ist) oder ob der Fehler bzw. die Absicht auf seiner Seite liegt. Und in letzteren Fall meine ich, daß die Gesellschaft aufgrund ihrer erbrachten Sozialleistungen auch ein Anrecht darauf hat, nicht behelligt zu werden.
Ich denke, gerade unter den Privilegierten der Gesellschaft gibt es einen erheblichen Mangel an Umgangserfahrung mit Randständigen der Gesellschaft, seien es Behinderte, Alte, Arme oder Zuwanderer - vielleicht wird noch Zivildienst im Altersheim - also unter "ordentlichen Hilfsbedürftigen" - absolviert, dann aber heißt Lebenserfahrung sammeln, irgendwelche wirtschafts- oder rechtsorientierten Praktika in usa belegen.
Eine gute Bekannte von mir hat gerade einige Chancen auf ein Vollstipendium in Harvard (eines, für das sie Geld dazubekommen würde...) - und einer der entscheidenden Punkte ihrer Biographie, der in den Vorstellungsgesprächen immer wieder zur Sprache kam, ist ihre Sozialkompetenz: Die hat sie mit einem einjährigen Kinderheimpraktikum in Bolivien unter Beweis gestellt. Derartige Erfahrungen werden ganz und gar nicht als unwichtig erachtet, auch im Land des "menschenverachtenden Raubtierkapitalismus" nicht.^^

Und jetzt zurück zum Thema... ;)
Nun, Schallkonserven sind immer nur Schallkonserven, und danach würden Menschen mit einer geistigen Behinderung daran gehindert, Musik im originalen Zustand zu hören. Ob sie das stört?
Ich denke, sie werden einen Unterschied wahrnehmen, ob sie dies entsprechend erklären können, ist eine andere Frage, aber unerheblich.
Die Frage, ob sie es bemerken, finde ich sehr wichtig; ob es sie stört, ist mit der Frage, ob ihr Verhalten andere stört, gleichrangig zu betrachten. Wenn der Unterschied, das Live-Gefühl, für sie wirklich wichtig ist, aber so starke Reaktionen hervorruft, daß das Erlebnis anderer Konzertbesucher massiv beeinträchtigt wird, sollte man tatsächlich Seperatveranstaltungen organisieren. Wenn aber nicht klar ist, ob sie es überhaupt merken, finde ich es schlichtweg eine Zumutung für alle Beteiligten.

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Mo 29. Jan 2007, 16:49 - Beitrag #26

Zitat Lykurg:
Vor einem Dreivierteljahr wurde im Keller eines Hotels meiner Heimatstadt die gefängnisartige (aber unglaublich dreckige) Unterkunft einer Gruppe verkrüppelter rumänischer Bettler entdeckt, die hierher verschleppt worden waren, um auf den Straßen Almosen zu erbetteln - natürlich nicht für sich selbst, sondern für ihre mafiösen 'Zuhälter'. Tut man diesen Menschen einen Gefallen, wenn ihre weitere Ausbeutung zuläßt?

Ein häufig betrunkener Bettler, der an meinem S-Bahnhof seinen regelmäßigen Aufenthaltsort hatte, verdiente sich seinen Schnaps durch Erbetteln und Wiederverkauf gebrauchter Tageskarten. Ist das gut und in Ordnung so?
/zitat

Die Frage - imo - ist weniger, ob dies gut sei oder nicht. Sondern welche Folgen sich daraus ergeben. Neugierig gefragt: Was ist z.B. bei deinem ersten Beispiel im Anschluss geschehen?



Zitat Lykurg:
Die Frage, ob sie es bemerken, finde ich sehr wichtig; ob es sie stört, ist mit der Frage, ob ihr Verhalten andere stört, gleichrangig zu betrachten. Wenn der Unterschied, das Live-Gefühl, für sie wirklich wichtig ist, aber so starke Reaktionen hervorruft, daß das Erlebnis anderer Konzertbesucher massiv beeinträchtigt wird, sollte man tatsächlich Seperatveranstaltungen organisieren. Wenn aber nicht klar ist, ob sie es überhaupt merken, finde ich es schlichtweg eine Zumutung für alle Beteiligten.
/zitat

Und was tust du in einem solchen Fall?

Beispiel: Da ist ein geistig behinderter Mensch- sagen wir: ihm steht nur ein Wortschatz an oft undeutlichen klingenden Lauten zur Verfügung, die seine langjährigen Betreuer zu interpretieren verstünden - der in einem klassischen Konzert lautstark seine Begeisterung kund tut, während drumherum Menschen sind, die dieses Konzert liebend gern schweigend genießen möchten. Was machst du? (wenn dir alle Mittel/Möglichkeiten hier zu agieren zur Verfügung stünden)


Nachtrag.
Zitat Lykurg:
Die Frage, ob sie es bemerken, finde ich sehr wichtig; ob es sie stört, ist mit der Frage, ob ihr Verhalten andere stört, gleichrangig zu betrachten.

Und wem geben wir nun den "Vorzug".....?


Bitte nicht missverstehen, ich kann deine Gedanken im ersten Posting schon nachvollziehen, ich frage mich nur was wäre wenn es anders herum läge. Wenn es "normal" wäre bei einer solchen Veranstaltung lautstark mitzuklatschen, mitzusingen/summen etc... Würde dich dann ein versonnen der Musik lauschender, still auf seinem Stuhl sitzender Konzertbesucher in deiner Begeisterung auch stören..?

(ich überleg grad ob das am Thema vorbei geht... aber imo verhält sich in deiner Beschreibung jemand shclicht nicht wie erwartet, und dir stellt sich die Frage, wie darauf reagieren - das scheint mir das A und O der "Problematik", und die lässt sich problemlos überall beobachten)




edit.
wenn mein Posting am Thema vorbeigeht, hab ich wieder was gelernt^^
/edit

e-noon
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Mo 29. Jan 2007, 21:35 - Beitrag #27

Das wichtige ist imo, dass jeder Mensch ein gewisses "Recht" auf den Konzertgenuss hat, also der Behinderte ebenso wie alle anderen. Wenn also das Interesse EINES Behinderten gegen das Interesse EINES Menschen steht, ist es schwer, zu entscheiden. Wenn aber das Interesse EINES Behinderten gegen das Interesse mehrerer Menschen steht, ist imo nicht einzusehen, dass der Behinderte mehr Rechte eingeräumt bekommt, als jedem anderen Menschen zustehen (natürlich sind Behindertenparkplätze etc. dennoch sinnvoll, aber darum gehts ja hier nicht).

Lykurg
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Di 30. Jan 2007, 01:01 - Beitrag #28

Aydee, ich finde ganz und gar nicht, daß dein Posting am Thema vorbeigeht. :) Ich habe nur meine Schwierigkeiten damit, es umzusetzen.
Die Frage - imo - ist weniger, ob dies gut sei oder nicht. Sondern welche Folgen sich daraus ergeben. Neugierig gefragt: Was ist z.B. bei deinem ersten Beispiel [=mit den Bettel-Sklaven] im Anschluss geschehen?
Darin, daß es mit der plakativ-polemischen Frage, ob es "gut" sei, nicht getan ist, stimme ich mit dir überein, weiß aber nicht, was daraus folgte. Ich hoffe sehr, daß die Verantwortlichen ermittelt und belangt werden konnten und die Bettler in entsprechende soziale Pflegeheime in ihrem Heimatland gekommen sind - sofern es die gibt.
Und was tust du in einem solchen Fall?
Daß ich in diesem konkreten Fall nichts getan habe (und mir sehr unsicher darüber war, ob das richtig war), habe ich ja bereits geschrieben. Hätte ich direkt in der Nähe gesessen, wäre vermutlich der geschickteste Ansatz gewesen, der Behinderten ein "Psst" zuzuflüstern. Wenn sie das zur Räson gebracht hätte, bestens - und ansonsten hätte es die Begleitperson zu einer wie auch immer gearteten Reaktion genötigt.
Beispiel: Da ist ein geistig behinderter Mensch- sagen wir: ihm steht nur ein Wortschatz an oft undeutlichen klingenden Lauten zur Verfügung, die seine langjährigen Betreuer zu interpretieren verstünden - der in einem klassischen Konzert lautstark seine Begeisterung kund tut, während drumherum Menschen sind, die dieses Konzert liebend gern schweigend genießen möchten. Was machst du? (wenn dir alle Mittel/Möglichkeiten hier zu agieren zur Verfügung stünden)
Wenn ich alle Möglichkeiten habe, heile ich ihn sofort von seiner Behinderung. :) Ansonsten würde ich in diesem Fall darauf einwirken, daß er entweder schweigt oder den Raum verläßt. Es handelt sich beim Konzertbesuch nicht um eine Lebensnotwendigkeit (was den besonderen Schutz des Behinderten auch auf Kosten der Allgemeinheit unverrückbar rechtfertigen würde), also geht das Recht der großen Mehrheit vor. Ein Konzert mit dauernden lauten Nebengeräuschen funktioniert nicht, es ist letztlich keines. Und weder als Produzent noch als Konsument möchte ich Teil eines solchermaßen gescheiterten Konzerts sein.
ich frage mich nur was wäre wenn es anders herum läge. Wenn es "normal" wäre bei einer solchen Veranstaltung lautstark mitzuklatschen, mitzusingen/summen etc... Würde dich dann ein versonnen der Musik lauschender, still auf seinem Stuhl sitzender Konzertbesucher in deiner Begeisterung auch stören..?
Nein, weil Stille in einer lauten Umgebung weit weniger auffällt als Lärm in einer leisen Umgebung. Stört es dich, wenn dein Nachbar nachts um drei nicht den Rasen mäht?

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Di 30. Jan 2007, 12:39 - Beitrag #29

Zitat Lykurg.
Ich hoffe sehr, daß die Verantwortlichen ermittelt und belangt werden konnten und die Bettler in entsprechende soziale Pflegeheime in ihrem Heimatland gekommen sind - sofern es die gibt.
/zitat

Und wenn es die nicht gibt?
(mal ganz von der Abschiebungsthematik abgesehen, denn womöglich geht es diesen Menschen in ihrer Heimat noch schlechter als hier, und sie möchten gar nicht zurück)



Zitat Lykurg.
Hätte ich direkt in der Nähe gesessen, wäre vermutlich der geschickteste Ansatz gewesen, der Behinderten ein "Psst" zuzuflüstern. Wenn sie das zur Räson gebracht hätte, bestens - und ansonsten hätte es die Begleitperson zu einer wie auch immer gearteten Reaktion genötigt.
/zitat

Hat jemand von denen die sich gestört fühlte, den Betreuer oder den behinderten Menschen direkt angesprochen?



Zitat Lykurg:
Wenn ich alle Möglichkeiten habe, heile ich ihn sofort von seiner Behinderung. :)
/zitat

Ich weiß es war scherzhaft gemeit, aber..... sofern es sich nicht um ein Kleinstkind handelt, veränderst du sein Leben damit von Grund auf. Hilst du ihm dann auch beim Schwimmenlernen?



@e-noon (und gewissermaßen auch Lykurg: "also geht das Recht der großen Mehrheit")
Es geht dir ums "Recht"?




Zitat Lykurg.
Nein, weil Stille in einer lauten Umgebung weit weniger auffällt als Lärm in einer leisen Umgebung.
/zitat

Das täuscht ,-)
Ich hab das mal erlebt, und dieser stille Mensch fiel in der lust'ren Runde auf wie ne Gurke zwischen Tomaten ,-)




Zitat Lykurg.
Stört es dich, wenn dein Nachbar nachts um drei nicht den Rasen mäht?
/zitat

Hatte bisher nur eine Nachbarin die ihren Geburtstag von 20Uhr abends bis 4Uhr morgens lautstark feiern musst. Hab zuerst versucht mit ihr zu reden, stand mehrfach vor ihrer Tür (sie hat dann irgendwann die Klinge abgeschaltet ,-)) irgendwann gemeint, dass wenn es nicht leiser würde, ich die Polizei rufe, hat sie mich ausgelacht udn weiter gins. Polizei gerufen. Die wollten mit ihr reden, da hat sie den Spieß einfach umgedreht (gab wohl mal Probleme mit ihrem Sohn wo auch die Polizei involviert war) und schwups gings nicht mehr um die nächtliche Ruhestörung. Als die beiden netten Herren dann weg waren, fing ihr Terror richtig an: 5 Minuten leise, 10 Minuten laut... den Rest der Nacht

Was mich gelehrt hat, dass Menschen nur dann einsichtig und verständig sind, wenn sie 1. wollen und 2. man es ihnen verklickert (zumindest es versucht), denn viel zu oft sehen, bemerken (teilweise: bemerken wollen) Menschen nicht, was sie ihren Mitmenschen antun.





Ich empfinde es insgesamt als schwierig mich deiner anfänglichen Frage zu stellen (ich stelle nur Gegenfragen ,-))

Aber andererseits habe ich schon behinderte Menschen kennengelernt die auf ihre Mitmenschen reagierten während die "Normalos" fleißig weiter ignorierten. (ich tendiere daher dazu behinderten Menschen einen Bonus auf Menschlichkeit auszustellen, jedenfalls solange es nicht um bestimmte Menschen geht, sondern eine allgemeine Überlegung bleibt)

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Di 30. Jan 2007, 17:51 - Beitrag #30

Meine erste, ausführliche Antwort, Produkt einer guten Stunde, landete eben im medialen Orkus, daher jetzt eine Kurzfassung... :o
Und wenn es die nicht gibt?
(mal ganz von der Abschiebungsthematik abgesehen, denn womöglich geht es diesen Menschen in ihrer Heimat noch schlechter als hier, und sie möchten gar nicht zurück)
Die Abschiebethematik spielt hier aber schon mit hinein, denn unsere Gesellschaft kann unmöglich den freien Zuzug von Wirtschaftsflüchtlingen ermöglichen. Spätestens wenn Wohnungen enteignet und geteilt werden müßten, gäbe es vermutlich massive Proteste. Deutschland muß im Rahmen der EU dafür sorgen, daß in Rumänien die Bedingungen sich soweit verbessern, daß auch dort eine Minimalversorgung für Invaliden entsteht.
Hat jemand von denen die sich gestört fühlte, den Betreuer oder den behinderten Menschen direkt angesprochen?
Ich habe davon nichts mitbekommen. Die Behinderte war quer durch die ganze Kirche dauerhaft und deutlich zu hören; daß das störte, sollte der Begleiterin klar gewesen sein. Sie brachte die Frau auch mehrfach für sehr kurze Zeit zur Ruhe, fühlte sich aber nicht zu weiteren Schritten genötigt, da ihre Aufforderungen fruchtlos blieben.
Zitat Lykurg:
Wenn ich alle Möglichkeiten habe, heile ich ihn sofort von seiner Behinderung. :)
/zitat

Ich weiß es war scherzhaft gemeit, aber..... sofern es sich nicht um ein Kleinstkind handelt, veränderst du sein Leben damit von Grund auf. Hilst du ihm dann auch beim Schwimmenlernen?
Der skeptische Tonfall deiner Nachfrage schockiert mich - ehrlich. :boah: Wäre es deiner Meinung nach eine unzulässige Einflußnahme, die Person zu heilen?
Meine Idealvorstellung sieht den Menschen als im Bewußtsein seiner Freiheit aus seiner Erkenntnis des Guten heraus handelndes Individuum.
Eine geistig behinderte Person (in meinem Beispiel ohne Rollstuhl und Pfleger nicht zu bewegen) ist nicht dazu imstande, insofern ist ihr die Heilung zu wünschen - und das meiner Meinung nach völlig ohne zu zögern.
Und ja, ich würde einem Kind beim Schwimmenlernen helfen - sowohl wenn es zu ertrinken droht (das ist zwar ebenfalls ein Eingriff in sein Schicksal :rolleyes: - der erscheint mir aber nicht nur legitim, sondern moralisch und gesetzlich unbedingt geboten) als auch, wenn es das gerne möchte (wie mein Patensohn und seine Geschwister, denen ich auch schon dabei geholfen habe). :)
@e-noon (und gewissermaßen auch Lykurg: "also geht das Recht der großen Mehrheit")
Es geht dir ums "Recht"?
Ja, genau darum geht es mir.
Ohne jede politische Korrektheit ausgedrückt: Leute, die eine Eintrittskarte für ein Konzert kaufen, tun das nicht, weil sie eine Behinderte schreien hören wollen. Sie haben ein Anrecht auf eine musikalische Leistung erworben, zu der aber auch (sämtlich natürlich gemäß allgemeiner Sitte, nicht explizit festgelegt) bestimmte Bedingungen des Ortes (hier: ein geschlossener, beheitzter Raum mit Sitzmöglichkeiten für jeden Besucher) gehören. Ferner regeln diese Sitten auch das Verhalten der Besucher im Konzert - die währenddessen üblicherweise nicht herumgehen, sich nicht (laut) unterhalten, nicht essen, bestenfalls auch nicht husten^^ - ein Mensch, der (warum auch immer) sich dauerhaft laut äußert, verstößt gegen die ungeschriebenen Regeln dieses Beisammenseins. Ein Verstoß bedeutet letztlich eine Hinterfragung - täte er dies wissentlich, könnte man mit ihm darüber diskutieren, warum er es tut. Bei einem geistig behinderten Menschen weiß man es nicht unbedingt, kann sich dann zwar fragen, ob die Regel, im Konzert ruhig zu sein, unsinnig ist - da aber ansonsten das (klassische, unverstärkte) Konzert keines mehr ist, kann diese Antwort nicht gelten.
Zitat Lykurg.
Nein, weil Stille in einer lauten Umgebung weit weniger auffällt als Lärm in einer leisen Umgebung.
/zitat

Das täuscht ,-)
Ich hab das mal erlebt, und dieser stille Mensch fiel in der lust'ren Runde auf wie ne Gurke zwischen Tomaten ,-)
In meiner ersten Antwort bin ich hier ziemlich deutlich geworden... Letztlich sehe ich den Vergleich absolut nicht. Ein Mensch, der schweigt, verdirbt damit in einer großen Runde niemandem den Abend. Dich stört meine Erwartung, im Konzert ruhig zu sein, stattdessen erwartest du aber von Menschen, in der Kneipe oder sonstwo laut zu sein? Das finde ich total daneben.

Die Erzählung von der Party deiner Nachbarin tut mir natürlich leid, zeigt mir aber, daß du theoretisch den Unterschied zwischen laut und leise erkennst. Eigentlich sind unsere Situationen doch ähnlich: Deine Nachbarin war laut, als du schlafen wolltest, die Behinderte war laut, als ich das Konzert hören wollte. Du klingeltest und riefst die Polizei, ich dachte darüber nach, ob ich die Pflegerin ansprechen sollte. Wer von uns hat sich deutlicher auf sein "Recht" berufen, seine Ruhe zu haben? Eigentlich wollte deine Nachbarin doch auch nur feiern und fröhlich sein... :crazy:
Ich empfinde es insgesamt als schwierig mich deiner anfänglichen Frage zu stellen (ich stelle nur Gegenfragen ,-))
Stimmt, aber ich versuche, mich darauf einzustellen...^^
Aber andererseits habe ich schon behinderte Menschen kennengelernt die auf ihre Mitmenschen reagierten während die "Normalos" fleißig weiter ignorierten. (ich tendiere daher dazu behinderten Menschen einen Bonus auf Menschlichkeit auszustellen, jedenfalls solange es nicht um bestimmte Menschen geht, sondern eine allgemeine Überlegung bleibt)
Das hat meiner Meinung nach wenig damit zu tun. Allerdings finde ich die letzte Überlegung sehr bedenklich. Was meinst du mit dem "Bonus auf Menschlichkeit"? Meinst du mit "Menschlichkeit" das Zeigen von Emotionen? Sind dann extrovertierte Behinderte mehr Mensch als andere? Und diejenigen, die keine Emotionen zeigen, weniger bzw. keine Menschen? :boah:

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Di 30. Jan 2007, 18:22 - Beitrag #31

Dankeschön, Lykurg, jetzt muss ich nicht mehr soviel denken, obwohl ich mit angesprochen war :) Kann mich dem von dir gesagten anschließen, klar geht es um das Abwägen des Rechts/der Berechtigung, mit der verschiedene Individuen in dieser Situation ausgestattet sind. Ohne jemanden zu kennen, würde ich ihm nicht mehr oder weniger Menschlichkeit zuschreiben, ich denke also nicht, dass der Charakter der Konzertbesucher zählen sollte. Vielleicht gibts im Konzert auch jemanden, der mit Selbstmordgedanken spielt, weil sein Leben nie so läuft, wie er das will. Am Ende bringt dieser sich um, weil jetzt auch noch jemand sein geliebtes Konzert gestört, seine Erwartungen schon wieder enttäuscht hat - was ja viel schlimmer wäre, als einen Behinderten raus zu begleiten/schieben/notfalls zerren (könnte das Konzert allerdings schlimmstenfalls kurz unterbrechen). Damit zu argumentieren, macht also keinen Sinn, da man bei unbekannten Menschen nicht gut abwägen kann, wessen Interessen am größten zu bewerten sein sollten.

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Di 30. Jan 2007, 19:05 - Beitrag #32

Ohne jede politische Korrektheit ausgedrückt: Leute, die eine Eintrittskarte für ein Konzert kaufen, tun das nicht, weil sie eine Behinderte schreien hören wollen.


Obwohl ich da zustimme muss ich kurz anmerken, dass es sehr wenig Möglichkeiten gibt derartiges gegen Entgelt zu erfahren, zudem würde da sicher jemand einen Verstoß gegen Art. 1 hineininterpretieren; dessen ungeachtet besteht die Frage imo eher dahingehend ob das Gefühl des "Gestört werdens" Vieler eine Intervention - deren letzte Alternative die Entfernung eines Behinderten Menschen aus einem Konzertsaal oder einer Kirche darstellt - legitimiert, was letztlich einen Eingriff in das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmtheit impliziert. Die Grundsatzfrage, wenn man alle hübschen Bezeichnungen und minderheitenschützenden Verklausulierungen sein lässt, wäre also das Ausmaß des Rechts auf Selbstbestimmung Behinderter. Darf ein behinderter Mensch sich in gleichem Maße frei bewegen und ist er gleichermaßen selbstbestimmt, wie ein nicht behinderter Mensch? Die Antwortet darauf ist juristisch eindeutig nein, was nicht nur gesetzlich niederlegt ist sondern sich auch in der Notwendigkeit der Beaufsichtigung widerspiegelt, zudem sollte imo eindeutig sein, das Freiheit und Recht immer mit Pflicht und Achtung einhergehen und wo diese nicht vorhanden sind müssen Abstriche hingenommen werden, das zeigt sich z.b. bei Kindern.

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Di 30. Jan 2007, 19:39 - Beitrag #33

Zitat Lykurg.
Der skeptische Tonfall deiner Nachfrage schockiert mich - ehrlich. Wäre es deiner Meinung nach eine unzulässige Einflußnahme, die Person zu heilen?
Meine Idealvorstellung sieht den Menschen als im Bewußtsein seiner Freiheit aus seiner Erkenntnis des Guten heraus handelndes Individuum.
Eine geistig behinderte Person (in meinem Beispiel ohne Rollstuhl und Pfleger nicht zu bewegen) ist nicht dazu imstande, insofern ist ihr die Heilung zu wünschen - und das meiner Meinung nach völlig ohne zu zögern.
Und ja, ich würde einem Kind beim Schwimmenlernen helfen - sowohl wenn es zu ertrinken droht (das ist zwar ebenfalls ein Eingriff in sein Schicksal - der erscheint mir aber nicht nur legitim, sondern moralisch und gesetzlich unbedingt geboten) als auch, wenn es das gerne möchte (wie mein Patensohn und seine Geschwister, denen ich auch schon dabei geholfen habe).
/zitat

1. Nun, dann hat dein Empfinden hier interpretiert. Da war keine Skepsis in meinem Posting. Aber anscheinend bei dir beim Lesen

2. "Wäre es deiner Meinung nach eine unzulässige Einflußnahme, die Person zu heilen?" - (so wie du es zuvor geschrieben hattest: ) Ja

3. "Eine geistig behinderte Person (in meinem Beispiel ohne Rollstuhl und Pfleger nicht zu bewegen) ist nicht dazu imstande, insofern ist ihr die Heilung zu wünschen - und das meiner Meinung nach völlig ohne zu zögern." - ist von wem zu wünschen? Wirst du diesen Menschen wenigstens vorher fragen ob er einverstanden ist oder einfach loslegen?

4. mea culpa. Das Schwimmen war nicht wortwörtlich gemeint, sondern als Redewendung "Ins Kalte Wasser schmeißen" bezogen auf deinen Sofortige Heilung eines Zustandes der diesem Menschen vertraut ist und ihn schon längere Zeit begleitet, vielleicht sein ganzes bisheriges Leben. Du gibst ihm Gesundheit, die deiner Meinung nach erwünschens- und erstrebenswert ist (so scheint mir), aber nimmst ihm gleichzeitig sein bisheriges Lebensgefühl (klar, nach unserem "normalen" Empfinden gewinnt dieser Mensch, aber das wissen wir nicht wirklich, nicht wahr?)
Hast du dir dabei einen Moment die Frage gestellt was dies dann für diesen Menschen bedeutet? oder hattest du dabei nur deine Vorstellung von einem heilen Leben im Hinterkopf...?

Zitat Lykurg.
Ohne jede politische Korrektheit ausgedrückt: Leute, die eine Eintrittskarte für ein Konzert kaufen, tun das nicht, weil sie eine Behinderte schreien hören wollen.
/zitat

Dann kaufe dir zukünftig nur noch Eintrittskarten bei denen dir vorher versichert wurde, dass dort keine Störenden Elemente erscheinen werden (oder informiere dich zuvor, ob..)



Zitat Lykurg.
Ein Verstoß bedeutet letztlich eine Hinterfragung
/zitat
Oh ja. hier stimme ich dir vorbehaltlos zu. Aber nur für diesen Satz.
Und Zusatz: Was zu hinterfragen??


Zitat Lykurg.
Bei einem geistig behinderten Menschen weiß man es nicht unbedingt, kann sich dann zwar fragen, ob (....)
/zitat

nicht sich. IHN. Diesen Menschen fragen



Zitat Lykurg.
In meiner ersten Antwort bin ich hier ziemlich deutlich geworden... Letztlich sehe ich den Vergleich absolut nicht. Ein Mensch, der schweigt, verdirbt damit in einer großen Runde niemandem den Abend. Dich stört meine Erwartung, im Konzert ruhig zu sein, stattdessen erwartest du aber von Menschen, in der Kneipe oder sonstwo laut zu sein? Das finde ich total daneben.
/zitat

Du interpretierst schon wieder.

Das mit meinen Nachbarn habe ich nicht geschrieben um Mitleid zu erhaschen. Es ist für mich eine Erfahrung, weiter nichts. Eine Erfahrung im Menschsein, im Miteinander.
(nb. "zeigt mir aber, daß du theoretisch den Unterschied zwischen laut und leise erkennst." Wie?)

Zitat Lykurg.
Du klingeltest und riefst die Polizei, ich dachte darüber nach, ob ich die Pflegerin ansprechen sollte.
/zitat

Ich habe die Frau angesprochen und sie hat beschlossen meine Bitte zu ignorieren.
Du hast darüber nachgedacht, ob du die Pflegerin ansprechen solltest.

(nb. Solltest? scheinbar hast du es nicht getan. also war es dir wohl doch nicht so wichtig...?)



Zitat Lykurg
Das hat meiner Meinung nach wenig damit zu tun. Allerdings finde ich die letzte Überlegung sehr bedenklich. Was meinst du mit dem "Bonus auf Menschlichkeit"? Meinst du mit "Menschlichkeit" das Zeigen von Emotionen? Sind dann extrovertierte Behinderte mehr Mensch als andere? Und diejenigen, die keine Emotionen zeigen, weniger bzw. keine Menschen?
/zitat

ich finde es interessant was alles an Fragen bei dir auftauchen bei meinem satz zuvor. Was ist für dich so schwer an Bonus und Menschlichkeit zu verstehen?
Ich meine damit das was Menschen im Umgang einander antun.



e-noon.
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Di 30. Jan 2007, 20:10 - Beitrag #34

@Menschlichkeit: Aydee, es gibt auch geistig Behinderte, die, wenn sie nicht streng betreut werden, Kinder vergewaltigen. Warum möchtest du also Behinderten unbesehen Menschlichkeit zusprechen? Das klingt für mich nach Vorurteil, so nach "ich kenne mehr nette Behinderte Menschen als unfreundliche, also werden wohl die meisten Behinderten nett sein". Das allein ist noch nicht so schlimm, aber dafür umgekehrt "ich kenne mehr unfreundliche gesunde Menschen als freundliche, also werden wohl die meisten gesunden MEnschen unfreundlicher als Behinderte sein". Leicht verkürzt, aber so stellt sich deine Meinung für mich dar.

e-noon.
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Wegen absoluter Zustimmung? Oder sprachloser Verachtung? :confused:

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Di 30. Jan 2007, 20:20 - Beitrag #35

e-noon,

Das Beispiel war, um es unverblümt zu äußern, Mist. Das Fazit ist korrekt und ich stimme dir vorbehaltlos zu, aber das Beispiel und die Extrapolationsweise sind sehr abstrus wenn nicht sogar wild. ^^ Möglicherweise entging aydee ob der Absurdität der Herangehensweise das Fazit. ;)

Lykurg
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Mi 31. Jan 2007, 01:52 - Beitrag #36

1. Nun, dann hat dein Empfinden hier interpretiert. Da war keine Skepsis in meinem Posting. Aber anscheinend bei dir beim Lesen

2. "Wäre es deiner Meinung nach eine unzulässige Einflußnahme, die Person zu heilen?" - (so wie du es zuvor geschrieben hattest: ) Ja
Du hast mich mißverstanden, die "Skepsis" von 1 bezieht sich auf 2. Deine skeptische Nachfrage, ob ich 'einfach so' heilen würde, deutete darauf hin, daß du das nicht gut fändest. Daß unsere Meinungen hier unvereinbar sind, ist klar (und war es auch schon vorher, ich hatte die vage Erinnerung, daß du eine solche Position vertreten würdest.

@3: Wenn ich eine vernünftige Antwort erlangen könnte, würde ich wohl zunächst fragen - ansonsten handeln. Wie erwähnt sehe ich keinen Grund dafür, zu zögern.

4. [...] Hast du dir dabei einen Moment die Frage gestellt was dies dann für diesen Menschen bedeutet? oder hattest du dabei nur deine Vorstellung von einem heilen Leben im Hinterkopf...?
Natürlich habe ich, als ich das niederschrieb, auch kurz die Frage betrachtet, inwieweit der Behinderte in seinem Zustand einer (möglicherweise) glücklichen Unwissenheit besser aufgehoben ist. Aber mit dieser Begründung könnte man genausogut alle Säuglinge erschlagen...
...oder ertrinken lassen, falls sie ins Wasser fallen. - Nehmen wir die Aussage doch tatsächlich einmal wörtlich. Wäre es für dich ein zu großer Eingriff in fremde Angelegenheiten, jemanden aus dem Wasser zu ziehen? Nehmen wir mal an, er/sie ist bewußtlos... Was tust du?
Dann kaufe dir zukünftig nur noch Eintrittskarten bei denen dir vorher versichert wurde, dass dort keine Störenden Elemente erscheinen werden (oder informiere dich zuvor, ob..)
:rolleyes:
Und Zusatz: Was zu hinterfragen??
Das besagt mein Text: die Konventionen.
nicht sich. IHN. Diesen Menschen fragen
Ja. Und vielleicht bekommt man sogar eine Antwort.

(nb. Solltest? scheinbar hast du es nicht getan. also war es dir wohl doch nicht so wichtig...?)
Nicht scheinbar, sondern anscheinend und auch tatsächlich. Und nein, ich habe es nicht getan, weil es mir in der Situation sehr unangenehm war - es hat mir zwar den Abend massiv beeinträchtigt, ich hatte aber meine Gründe, mich nicht zu äußern. Das habe ich bereits im Eröffnungsbeitrag deutlich niedergelegt; wenn noch Unklarheiten bestehen, kannst du gern zielgerichtet nachfragen.


ich finde es interessant was alles an Fragen bei dir auftauchen bei meinem satz zuvor. Was ist für dich so schwer an Bonus und Menschlichkeit zu verstehen?
Genauso wundert es mich, wenn du Fragen zu Sätzen von mir stellst, die meiner Meinung nach keine Frage offen lassen. Du schriebst aber nicht "Bonus und Menschlichkeit", sondern "Bonus auf Menschlichkeit". Und dann kann ich Bonus vor allem als Aufschlag verstehen - die Behinderung als einen Aufschlag auf die Menschlichkeit eines Menschen, ein Behinderter wäre demnach also mehr Mensch als ein "Normaler" - und die Konsequenzen habe ich angedeutet.
Ich meine damit das was Menschen im Umgang einander antun.
Das ist etwas ganz anderes... und ich würde das auch sicherlich nicht als "Menschlichkeit" bezeichnen, einfach weil der Begriff anders belegt ist. Aber letztlich ist wohl jeder für seine Sprache selbst verantwortlich - wir brauchen uns dann aber nicht zu wundern, wenn wir uns nicht verstehen.

Aus deiner Erklärung und dem, was Menschen sich mW üblicherweise so "im Umgang miteinander antun", schließe ich, daß Behinderte grausamer als "Normalos" sein sollen - und das würde ich so pauschal doch nicht vertreten. :confused:

Aydee
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Mi 31. Jan 2007, 12:47 - Beitrag #37

@e-noon.

1. "Warum möchtest du also Behinderten unbesehen Menschlichkeit zusprechen?"

- wo schrieb ich das? :confused:

2. "Das klingt für mich nach Vorurteil, so nach "ich kenne mehr nette Behinderte Menschen als unfreundliche, also werden wohl die meisten Behinderten nett sein". Das allein ist noch nicht so schlimm, aber dafür umgekehrt "ich kenne mehr unfreundliche gesunde Menschen als freundliche, also werden wohl die meisten gesunden MEnschen unfreundlicher als Behinderte sein". Leicht verkürzt, aber so stellt sich deine Meinung für mich dar."

- sei dir ungenommen, dass du das so interpretierst.

2. "Wegen absoluter Zustimmung? Oder sprachloser Verachtung?"

- wo siehst du Zustimmung? ,-)

(solltest du Verachtung sehen, muss ich meine Ausdrucksweise arg überholen, vielleicht sogar generell..)



@Yanapaw

"Möglicherweise entging aydee ob der Absurdität der Herangehensweise das Fazit. "

- selbstverständlich



@Lykurg.

mea culpa
Da war Neugier, Lykurg, als ich die Frage wg deiner Sofortheilung stellte. Ob du dir aller Konsequenzen deines Guten Tuns bewusst bist.


"Natürlich habe ich, als ich das niederschrieb, auch kurz die Frage betrachtet, inwieweit der Behinderte in seinem Zustand einer (möglicherweise) glücklichen Unwissenheit besser aufgehoben ist. Aber mit dieser Begründung könnte man genausogut alle Säuglinge erschlagen..."

- ja. und es gab Zeiten da war dies Gang und Gebe.
- wobei es mir weniger um diese alten Zeiten geht, sondern merh darum, wie heute mit der neuen Einstellung zu behinderten Menschen umgegangen wird. Krass ausgedrück: auf der einen Seite wird behindertes Leben als lebenswert geschützt, auf der anderen Seite wird gewünscht dass behindertes Leben sich so weit als möglich wie normales Leben verhält. (also imo nicht auf diese andere Art zu leben wirklich eingegangen, wenn es sich mal unter normales Leben wagt). Verstehst du vielleicht meinen Punkt?


"...oder ertrinken lassen, falls sie ins Wasser fallen. - Nehmen wir die Aussage doch tatsächlich einmal wörtlich. Wäre es für dich ein zu großer Eingriff in fremde Angelegenheiten, jemanden aus dem Wasser zu ziehen? Nehmen wir mal an, er/sie ist bewußtlos... Was tust du?""

- Dies IST für mich ein großer Eingrift. Was ich machen werde kann ich dir nicht sagen. Ich bin selber sehr gespannt was ich tun werde. Mir ist klar, dass das eine unbefriedigende Antwort ist, welche auch als ausweichend verstanden werden kann, aber ich WEISS jetzt nicht was ich tun werde. Ich WEISS es einfach nicht.


"es hat mir zwar den Abend massiv beeinträchtigt, ich hatte aber meine Gründe, mich nicht zu äußern."

- schon klar ,-) hab das auch nur gesagt weil du mein Nachbarbeispiel heranzogs.

"Du schriebst aber nicht "Bonus und Menschlichkeit", sondern "Bonus auf Menschlichkeit". Und dann kann ich Bonus vor allem als Aufschlag verstehen - die Behinderung als einen Aufschlag auf die Menschlichkeit eines Menschen, ein Behinderter wäre demnach also mehr Mensch als ein "Normaler" -"

- "ein Behinderter wäre demnach also mehr Mensch als ein "Normaler"" das ist eben dein Schluss
- ich stell(t)e nur fest dass behinderte Menschen i.A. viel eher auf ihre Mitmenschen eingehen als nichtbehinderte Menschen. (damit schließé ich dieses Verhalten bei den nichtbehinderten nicht aus)

"Aus deiner Erklärung und dem, was Menschen sich mW üblicherweise so "im Umgang miteinander antun", schließe ich, daß Behinderte grausamer als "Normalos" sein sollen - und das würde ich so pauschal doch nicht vertreten."

- dein Schluss sei dir ungenommen.
(mich nur darüber wundern dass du -"tun" hervorhebst)



Geht einfach davon aus dass ich ein naiver weltfremder Mensch mit idealistisch naiven und ungemein widersprüchlich inkonsquenten Vorstellungen und einer unausgefeilten Ausdrucksweise und beschränktem Wortschatz bin ,-)

Ipsissimus
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Mi 31. Jan 2007, 13:26 - Beitrag #38

was die Art der Durchführung eines klassischen Konzertes angeht, so kann man immerhin feststellen, daß Konventionen keine Gesetze sind. In den 50er bis 70er Jahren war Ruhestörung während des Konzerts oft genug sogar Teil der Inszenierung, und sogar noch bei der deutschen Uraufführung von "Neuroperas" von Cage (~ 1988 in Frankfurt) war nicht klar, ob die drei besoffenen Bettler, die in den Zuschauerrängen krakeelten, bestellt waren oder nicht. Den anwesenden Komponisten haben sie nicht gestört.

Ich denke aber, letztlich geht es um etwas anderes, ganz anderes. Hier wird der Versuch unternommen, etwas in ein Regelwerk zu zwingen, was eigentlich auf einer privaten Ebene mitmenschlicher Auseinandersetzung viel besser und empathischer geklärt werden könnte. Das Problem dabei ist nur, bei einer solchen Auseinandersetzung zeigt man sich, gibt man etwas von sich preis, sehen andere, wer man - sei es auch nur in einer gewissen Hinsicht - wirklich ist. Nun ist es nachvollziehbar, daß in einer Zeit, in der die Bewußtheit von der Notwendigkeit einer persönlichen stabilen Maske von Normalität überaus ausgeprägt ist, auch der Versuch ausgeprägt ist, in der Deckung von allgemeinen Regularien den Selbsterweis vermeiden zu können.

Das ist nachvollziehbar, aber schade.

Yanāpaw
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Mi 31. Jan 2007, 13:53 - Beitrag #39

Geht einfach davon aus dass ich ein naiver weltfremder Mensch mit idealistisch naiven und ungemein widersprüchlich inkonsquenten Vorstellungen und einer unausgefeilten Ausdrucksweise und beschränktem Wortschatz bin ,-)


Hervorgehobenes widerspricht ganz klar der herrlichen Signatur, die deine posts begleitet. Ferner ist das Gewand des Idealismus keine Rechtfertigung für haltlose Schlussfolgerungen sondern nur für ir/surrealistische Annahmen. Inkonsequenz ist auch kein Schicksalsschlag sondern vielmehr Synonym unzureichender Reflektion, ich erwähne das nur um meinen Unbeliebtheitsgrad wieder etwas zu steigern.



[...]Krass ausgedrück: auf der einen Seite wird behindertes Leben als lebenswert geschützt, auf der anderen Seite wird gewünscht dass behindertes Leben sich so weit als möglich wie normales Leben verhält. (also imo nicht auf diese andere Art zu leben wirklich eingegangen, wenn es sich mal unter normales Leben wagt). [...]



Behinderte Menschen sind eine Minderheit, der Schutzgedanke entspringt also der Moral, konkret dem Gedanken der Menschenwürde und der Gleichheit, sowie dem Schutz der Minderheit. Minderheitenschutz meint aber nicht Unantastbarkeit einer Minderheit, sondern Toleranz gegenüber speziellen Bedürfnissen und Eigenheiten einer Minderheit, im Gegensatz zu einem Freifahrtsschein. Wir tolerieren Muslime als Minderheit, wir tolerieren ihren Glauben, subventionieren den Bau von glaubensrelevanten Gebäuden und unterstützen Institutionen, weil wir diese Minderheit, de facto Andersheit unserer Eigenheit nicht unterordnen sondern als gleichberechtigt ansehen, das bedeutet aber nicht, dass wir Ehrenmorde tolerieren müssen, denn in diesem Fall kollidieren Minderheitenschutz und Grundrechte anderer Menschen.

Ein Behinderter ist einem normalen Menschen moralisch gleichgestellt, von gewissen juristischen Einschnitten abgesehen, ethisch jedoch ist er ein Mensch, wie ein Nicht-Behinderter auch. Aber ihn als normalen Menschen zu betrachten meint auch ihn dort zu beschneiden, wo er andere Menschen in ihren Rechten beschneidet. Warum sollten Behinderte gleicher sein als andere? Warum sollten sie im Konzert brüllen, auf der Straße urinieren oder Frauen unsittlich berühren dürfen, weil ihnen die Tragweite ihrer Entscheidungen nicht bewusst ist? Sie dürfen es eben nicht, weil sie den gleichen Regularien Folge zu leisten haben, wie jeder andere Mensch.

Und so wie ich dich verstehe erwartest du eben genau eine Sonderbehandlung für sie und das ist imo absolut falsch. Mehr Verständnis ja, aber kein Freifahrtsschein. Und der Eindruck des Menschlichkeitsbonus ist sehr simpel zu definieren, er rührt daher, dass einem Behinderten die Ausdrucksform der verbalen Artikulation von Emotionen unmöglich ist, weshalb er sich auf den Ausdruck mittels non-verbaler oftmals physischer Kommunikation beschränkt. Das vermittelt den Eindruck besonderer Herzlichkeit, diese faktische Artikulationsschwäche als Stärke umzudefinieren ist symptomatisch für diese kranke System in dem Andersartigkeit glorrifiziert werden muss um Gleichberechtigung zu legitimieren. Ein timokratisch-utilitaristisch wertloser mensch muss seinen Wert anderweitig beziehen, weil man zu feige ist sich auf den hehren ethischen Grundsatz ohne Rechtfertigung zu berufen. Wie dem auch sei, ich bin sicher meine Ansicht ist klar geworden.

Ipsissimus
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Mi 31. Jan 2007, 15:06 - Beitrag #40

Ferner ist das Gewand des Idealismus keine Rechtfertigung für haltlose Schlussfolgerungen sondern nur für ir/surrealistische Annahmen. Inkonsequenz ist auch kein Schicksalsschlag sondern vielmehr Synonym unzureichender Reflektion


eine Meinung bleibt auch dann eine Meinung, wenn es deine Meinung ist^^ kontingent und nicht bindend^^

nochmal, Yanāpaw, wir sprechen hier nicht von behinderten Menschen allgemein, sondern von geistig behinderten Menschen, also Menschen mit nicht selbstverschuldet reduzierter Kognition, Einsichtsfähigkeit, Empathie und - gesetzlich - verminderter Schuldfähigkeit bis hin zur Schuldunfähigkeit. Neben der damit üblicherweise einhergehenden Entmündigung resultiert daraus auch ein vermehrter - und gesetzlich verankerter - Schutzanspruch, gerade gegenüber den Normen und Forderungen der Normalen. Ein geistig behinderter Mensch ist daher auch einem geistig unbehinderten Menschen moralisch nicht gleichgestellt.

Nebenbei, von einem Freifahrschein für geistig behinderte Menschen ist diese Gesellschaft so weit entfernt wie nur von irgendwas. Jedes Quentchen mehr Rücksichtnahme ist da, wenn auch wünschenswert, bestenfalls ein Tröpfchen auf dem heißen Stein.

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