Fühlt es sich an, ein Mann oder eine Frau zu sein?

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janw
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Fr 7. Dez 2007, 20:52 - Beitrag #21

Lykurg, die Geschlechterrollen der Erwachsenen werden an Trennschärfe verlieren, die geschlechtsspezifischen Verhaltensdispositionen werden aber bestehen bleiben, denn auch wenn der sozialisationsbedingte Trennbereich sich verringern mag, bleibt immer noch der biologische Hintergrund bestehen.

Wenn ich Frau Suckale mit Herrn Schell vergleiche, hat sie trotz ihrer sehr männlichen Rolle doch noch etwas deutlich weibliches in ihrem Auftreten, Verhalten, Argumentieren, finde ich. Vielleicht wäre mit ihr an Mehdorns Stelle einiges nicht so schief gelaufen...ich denke, daß Frauen deutlich weniger mit dem Kopf durch die Wand gehen, eher nach den Rissen suchen, mit dem Material arbeiten, nicht gegen es.

Feuerkopf
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So 9. Dez 2007, 02:12 - Beitrag #22

Maurice,
Ipsi hat es etwas drastisch beschrieben ;), aber rein physiologisch bestehen Unterschiede zwischen dir und mir, die nicht nur den Orgasmus betreffen.
Die durchschnittliche Frau hat mehr Fett als der durchschnittliche Mann, ihr Becken ist anders gebaut, dadurch sind die Beine anders eingehängt, ihre Haut ist buchstäblich dünner und damit sensibler. Sie kann weniger gut Alkohol abbauen, hat weniger Körperbehaarung, ihre Stimme ist höher. (Um mal ein paar Beispiele aufzuzählen)
Die zyklischen Hormonschwankungen schlagen gelegentlich auf die Stimmung und die Periode kann eine schmerzhafte Angelegenheit sein.
Sie kann 40 Wochen lang Nachwuchs in sich herumtragen.
Du kannst dir sicherlich ausmalen, dass sich diese Unterschiede auch anders "anfühlen".

Ich vermute mal, dass diese geschlechtsspezifischen Besonderheiten auch Auswirkungen auf das Gendergefühl haben. Beispiel: Wenn ich als Frau weiß, dass ungeschützter Sex mit einem Mann mir eine ungewollte Schwangerschaft bescheren kann, so werde ich im Normalfall nicht meinem plötzlichen Trieb nachgeben, sondern mich um Verhütung kümmern, denn das Kind bleibt im Zweifel an mir "hängen".
Das macht mich nicht weniger bedürftig als einen Mann, aber ich muss notwendigerweise "vernünftig" sein.

Die biologische Organisation, die dazu geführt hat, dass Frauen halt die Kinder austragen und aufziehen, hat ihnen auch entsprechendes Verhalten aufgenötigt. Wenn ich hochschwanger bin oder ein kleines Kind zu versorgen habe, so bin ich sehr eingeschränkt in meinen Möglichkeiten. Also ist es vernünftig, möglicherweise mit dem Erzeuger eine Gemeinschaft einzugehen, um mein Auskommen und das des Kindes zu sichern. Also wird frau freundlich sein, um den Mann gewogen zu stimmen. Tradiere solches Verhalten über -zig Generationen, so wird es sich für Frauen anfühlen, als sei es angeboren, denn es wird ihnen von ihren Müttern vorgelebt.

Ich vermute etwas anderes:
Ich glaube, dass die individuellen Unterschiede des "Sich-fühlens" viel größer sind als die zwischen den Geschlechtern, weil unendlich viele Einflüsse ab dem Moment der Zeugung bis zum Lebensende auf das Individuum einwirken. Das Geschlechtsgefühl ist nur ein Aspekt.


Pssst: Ganz unwissenschaftlich denke ich, dass Männer und Frauen von verschiedenen Sternen kommen. ;)

janw
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So 9. Dez 2007, 13:18 - Beitrag #23

Feuerkopf, würdest Du es so beschreiben, daß das individuelle Sich-Fühlen gewissermaßen mehrdimensional oder vielleicht ähnlich einer Torte strukturiert ist, bei der der sexuelle Aspekt einem mehr oer weniger großen Stück entspricht? Fühlt sich so unrund an, wenn so ein Stück irgendwie nicht da oder die Sahne weggelaufen ist;)

Maurice
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So 9. Dez 2007, 14:11 - Beitrag #24

Ok, lassen wirs, bzw. lass ich es... es scheint einfach nicht rüber zu kommen, was ich denke. Da mache ich aber niemanden einen Vorwurf. Vielleicht fehlt mir auch wirklich irgendetwas, das bei anderen selbstverständlich vorhanden ist und für diese die Problematik daher nicht nachvollziehbar ist...

janw
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So 9. Dez 2007, 15:41 - Beitrag #25

Hm, vielleicht kannst Du ja irgendwie beschreiben, wie Du empfindest, worin Du Deine Empfindung als von anderen abweichend empfindest?

Maurice
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So 9. Dez 2007, 16:22 - Beitrag #26

Wenn ich mir nicht selbst widersprechen will, kann ich deine Frage nicht beantworten, Jan. Ich habe nämlich keinen phänomenalen Zugang zu den Gefühlen anderer Menschen und kann daher auch nicht meine Gefühle mit den ihrigen vergleichen. Streng genommen kann ich nicht mal überprüfen, ob sie nur annähernd ähnlich fühlen wie ich. Ich gründe meinen Glauben an die nur graduelle Verschiedenheit der Gefühle auf die physiologische Ähnlichkeit der Gehirne.

Was ich freilich könnte, wäre zu versuchen, die Beschreibungen der verschiedenen Personen über ihre Gefühle zu vergleichen. Demnach haben hier alle scheinbar sowas wie eine eigene emotionale Qualität des "Mann/Frau-Seins", die ich bei mir nicht lokalisieren kann. Ich scheine sowas demnach nicht zu besitzen, sonst könnte ich es wohl identifizieren, angesichts der Tatsache, dass ich Ausdrücke wie "Angst", "Freude" usw. auf meine Gefühlswelt anwenden kann, "Mann-Sein" hingegen nicht.

Milena
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So 9. Dez 2007, 16:35 - Beitrag #27

...ich glaube, ich kann dich vielleicht verstehen Maurice...^^:)
das, wonach du suchst, sucht mensch/du vergeblich...
es ist ein bewusstsein das jeder mit sich trägt, also das bewusste wissen:
ich bin mann, oder ich bin frau....
mehr geht net...
ich habe auch nicht wirklich das gefühl eines frau-seins....
weil ich habe kein vergleich zum gefühl mann zu sein...ich war noch nie ein mann...deswegen könnte ich nicht unterscheiden...
und alles weitere, wie körperbehaarung, tiefe stimme etc....
ist individuell, kann sowohl als auch beim anderen geschlecht dominant sein....
ich kam als weiblich auf die welt,
und habe sodann die rolle weiblich übernommen, mit der zeit und überhaupt...
ich habe 2 kinder geboren und trotzdem kann ich nicht sagen,
ich fühle mich jetzt besonders weiblich,
ich spüre manchmal kräfte in mir, wo ich denke, das ist typisch männlich,
aber das wars auch schon...
so auch mit dem weiblichen.....
ich denke, du wirst da vergeblich suchen, nach etwas,
das dir sagen kann:
so, und nur so ist das mann-sein.......^^

Feuerkopf
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So 9. Dez 2007, 19:28 - Beitrag #28

Zitat von Maurice:... Ich gründe meinen Glauben an die nur graduelle Verschiedenheit der Gefühle auf die physiologische Ähnlichkeit der Gehirne.

Was ich freilich könnte, wäre zu versuchen, die Beschreibungen der verschiedenen Personen über ihre Gefühle zu vergleichen. Demnach haben hier alle scheinbar sowas wie eine eigene emotionale Qualität des "Mann/Frau-Seins", die ich bei mir nicht lokalisieren kann. Ich scheine sowas demnach nicht zu besitzen, sonst könnte ich es wohl identifizieren, angesichts der Tatsache, dass ich Ausdrücke wie "Angst", "Freude" usw. auf meine Gefühlswelt anwenden kann, "Mann-Sein" hingegen nicht.


Wir diskutieren ja schon ein Weilchen mit einander, deshalb ahne ich, was du auszudrücken versuchst.

Klar, mein und dein Gehirn sind sich physiologisch recht ähnlich. Aber die Verarbeitung der eingehenden Informationen kann zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen, die sich in sehr unterschiedlichen Empfindungen manifestieren. Das kann bei kleinen Dingen schon sehr verschieden sein: Wir schneiden uns beide mit demselben kleinen Messer an der gleichen Stelle unserer rechten Hand. Eigentlich müssten wir gleichgradigen Schmerz empfinden. Vielleicht bin ich aber viel empfindlicher als du oder du quiekst empört auf, während ich mir ärgerlich ein Pflaster suchen gehe.

Wenn ich mir meine alten Tagebücher durchlese, habe ich z. B. mit 15 ganz andere Sorgen gehabt, nämlich einen höchst unausgeglichenen Hormonspiegel. ;) Ich könnte auch sagen, ich war ständig spitz wie nur was, ohne es aber richtig einordnen zu können und meinte, mich ständig unsterblich zu verlieben.
Inzwischen verfüge ich über langjährige Erfahrung mit den Schwankungen meiner Hormone und kann körperliche Reaktionen anders bewerten.

Wenn du dich nicht als spezifisch "Mann" empfindest, so kann es daran liegen, dass du kein allzu dominantes Stereotyp mit dir herumschleppst. Vielleicht ist aber gerade die Bevorzugung des Denkens vor dem Fühlen unterschwellig bei dir das Ideal von "Mann": Der große Denker, abgeklärt und frei von störendem Ballast.

Speziell "Frau" bin ich wirklich nur da, wo ich die Sozialisation oder die Hormone zuordnen kann. Sonst ist es meiner Meinung nach eher eine Gemengelage aus vielen Gefühlen und Gedanken, die Männer wahrscheinlich genau so haben können, wenn ich ihren Aussagen glauben darf. Traurig oder glücklich oder zornig oder beleidigt kann man sein ohne Geschlechtszugehörigkeit. Und ich kann über Mathematik sinnieren, unabhängig von meinem Genom. (Ich nicht so, aber das ist individuell. ;) )

Vielleicht ist jeder von uns ein kleiner eigener Kosmos und entzieht sich einer grundsätzlichen Bewertung.

Padreic
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Mo 10. Dez 2007, 00:42 - Beitrag #29

@Maurice:
Pad, klingt ja schon fast soziobiologisch deine Argumentation. Ich hoffe, du nimmst nicht alles wieder zurück, weil ich deiner Überlegung eine soziobiologische Tendenz unterstelle. Ist mir ja sehr symphatisch - ich wundere mich nur ein bisschen, sowas von dir zu hören.

Ich denke, es wäre schlichtweg dumm, soziobiologische Überlegungen zu unterlassen. Dass beispielsweise Hormone einen großen Einfluss auf unsere Psyche haben, ist offenkundig. Nur wenn man behaupten würde, dass die Soziobiologie eine philosophische Anthropologie ersetzen kann, dann würde ich mich wohl dagegen sträuben ;).

Wir haben nicht von Natur aus ein "Sich-als-Mann/Frau-fühlen"-Gefühl, sondern bekommen erst beigebracht, wie sich ein Mann oder eine frau zu fühlen habe (ein Mann muss stark sein, eine Frau soll einfühlsam sein usw.).

Vielleicht. Dann müssten wir aber wohl auch sagen, dass wir beispielsweise von Natur aus kein "Mensch-Sein" Gefühl haben. Was wohl auch korrekt ist, denn das sieht man wohl an den paar Fällen von Wolfskindern, die allem Anschein nach in ihrer tierisch geprägten Zeit kein wirklich spezifisch menschliches Bewusstsein entwickelt haben. Würde ein Mann, der bloß unter Frauen aufwächst, die aus irgendeinem Grund auch nur unter Frauen aufgewachsen sind etc. ein spezifisch männliches Bewusstsein entwickelt (wenn es so etwas überhaupt gibt)? Noch interessanter: würde er ein spezifisch weibliches Bewusstsein entwickeln (wenn man von so etwas sprechen kann)?

Nunja, insgesamt kann man aber wohl zusammenfassend sagen: es gibt gar nicht wenige Eigenschaften, die statistisch gesehen bei Männern anders ausgeprägt sind als bei Frauen; es gibt einige Gefühle/Erlebnisse, die aufgrund der spezifischen Biologien Frauen und Männer niemals gemeinsam haben können. Es gibt aber kein spezifisches Mannsein-Gefühl, was alle Männer unabhängig von ihrer Sozialisation haben. Mannsein-Gefühle kann es immer nur abhängig von der Sozialisation geben, auch wenn diese Sozialisation in biologischen/psychischen Gegebenheiten ihre Grundlage findet, ohne vollständig von ihr bestimmt zu sein.

Ich würde die Diskussion aber ganz gern ein wenig auch in eine etwas andere Richtung lenken, denn die Lokalisierung eines möglichen Mann-/Frausein-Gefühls ist ja nur die eine Seite des Themas; die andere ist, inwiefern man das von Maurice im Eingangsposting geschilderte Phänomen als eine Krankheit bezeichnen sollte.
Diese zielt auf eine viel allgemeinere und fundamentalere Frage: was ist geistig-seelisch krank zu nennen? Vielleicht kann man bei seelischen Krankheiten, die nicht in wesentlicher Weise das Urteilsvermögen trüben, sagen, dass es dann der Fall ist, wenn der Betroffene sich für seelisch krank hält. Aber ob es das wirklich trifft?

Maurice
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Mo 10. Dez 2007, 14:47 - Beitrag #30

@Pad: Deiner Zusammenfassung scheine ich soweit zustimmen zu können. Ich glaube das entspricht dem, was ich sagen will. Mal sehen ob die Sache nun für die anderen verständlicher geworden ist. Wenn ja, dann muss ich den Fehler in meiner Ausdruckswise suchen ^^ ...

@Mensch-Sein-Gefühl: Auch das gibt es imo nicht - zumindest kann ich in mir keine Regung feststellen, auf die ich diesen Ausdruck anwenden könnte.

@phil. Anthropologie: Ne, ich glaube auch nicht, dass die Soziobiologie diese ersetzen kann... dafür braucht es neben der Biologie auch der Psychologie und der Soziologie - um es mal weit zu fassen, da sich die eine Disziplin eventuell letztlich auf eine andere reduzieren lässt. Aber das ist ein anderes Thema...

@Krankheit: Iirc hatten wir schon mal einen Thread in der Richtung. Von mir aus können wir uns nochmal an dem Thema versuchen. Dann gehört der Thread wahrscheinlich endgültig in die Philo-Sektion wenn wir die allgemeine Frage stellen "Was ist eine Krankheit?".
Kennst du ein paar gute philosophische Aufsätze, die sich mit dem Begriff der Krankheit kritisch auseinandersetzen? Scheint mir nämlich ein Thema zu sein, das eher weniger Beachtung erhält.

Padreic
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Mo 10. Dez 2007, 20:34 - Beitrag #31

ich kenne leider keinerlei solche. Auch wenn ich glaube, dass Foucault sich damit beschäftigt hat (wozu der Ipsi vielleicht mehr sagen kann), aber das würdest du vermutlich auch nicht als gut bezeichnen ;).

Maurice
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Mo 10. Dez 2007, 21:30 - Beitrag #32

Foucault hat sich garantiert damit beschäftigt - bei seinem Verfolgungswahn... lieder ist der alles andere als mein Geschmack. Ich suche natürlich nach was zeitgenössig analytisches.
Es gibt aber auch Aufsätze zu dem Thema, z.B. habe ich mal einen von Gesang gesehen, aber nicht gelesen. Leider habe ich auch Name des Aufsatzes und den Buchtitel vergessen. :(

Feuerkopf
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Do 13. Dez 2007, 15:57 - Beitrag #33

Dieser Thread ließ sich mal ganz spannend an. Aber dann wird versucht, GEFÜHLE zu verkopfen.
Himmel, wie wäre es, sie mal versuchsweise zu beschreiben? Sich ihnen anzunähern?
Wo sind sie im Körper zu erspüren, haben sie physiologische Auswirkungen?

Maurice, du hast zwischendurch mal um Beschreibungen gebeten, aber jetzt driftet es ins Philosophische ab. So kann das doch nicht gemeint gewesen sein.
:rolleyes:

Maurice
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Do 13. Dez 2007, 20:53 - Beitrag #34

Himmel, wie wäre es, sie mal versuchsweise zu beschreiben? Sich ihnen anzunähern?
(...)
Maurice, du hast zwischendurch mal um Beschreibungen gebeten, aber jetzt driftet es ins Philosophische ab.

Das widerspricht doch nicht einer philosophischen Herangehensweise. Zumindest ist das mein Eindruck...
Hatte ich nicht schon am Anfang geschrieben, dass ich mir nicht sicher war, ob das Thema besser unter "Diskussionen" oder "Philosophie" zu posten sei? Mir scheinen da beide Optionen begründbar, je nachdem wie man die Akzente setzt... und was man unter "Philosophie" versteht. ;)

Aber dann wird versucht, GEFÜHLE zu verkopfen.

Was meinst du damit? Sind Pad und ich dir zu "analytisch"?
Wir können ja einen "Was ist Krankheit?"-Thread in der Philosphie-Sektion aufmachen und hier den Schwerpunkt auf die subjektive, phänomenale, persönliche Ebene legen. Kann dann aber sein, dass es zu einem "Maurice heult wieder rum"-Thread verkommt, so wie es in der Vergangenheit schon den ein oder anderen gab. Bin mir nicht sicher, ob das von mir und den anderen gewünscht ist...

Ich habe jetzt leider keine Zeit und muss es erstmal bei dem bisher Geschriebenen belassen. Wenn du mir bis morgen mittag hier antwortest, werde ich versuchen etwas ausführlicher in deinem Sinne zu antworten. :)

Feuerkopf
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Fr 14. Dez 2007, 02:20 - Beitrag #35

Zitat von Maurice:
Das widerspricht doch nicht einer philosophischen Herangehensweise. Zumindest ist das mein Eindruck...
Hatte ich nicht schon am Anfang geschrieben, dass ich mir nicht sicher war, ob das Thema besser unter "Diskussionen" oder "Philosophie" zu posten sei? Mir scheinen da beide Optionen begründbar, je nachdem wie man die Akzente setzt... und was man unter "Philosophie" versteht. ]

Ist das dieser "Ich fühle so und bis deshalb ein Mann/eine Frau" oder "Ich bin ein Mann/eine Frau und fühle deshalb so"-Kram? ;)

Was meinst du damit? Sind Pad und ich dir zu "analytisch"?
Wir können ja einen "Was ist Krankheit?"-Thread in der Philosphie-Sektion aufmachen und hier den Schwerpunkt auf die subjektive, phänomenale, persönliche Ebene legen. Kann dann aber sein, dass es zu einem "Maurice heult wieder rum"-Thread verkommt, so wie es in der Vergangenheit schon den ein oder anderen gab. Bin mir nicht sicher, ob das von mir und den anderen gewünscht ist...


Ich halte das für eine gute Idee. Zunächst mal passt "Krankheit" ja nun wirklich nicht zum Threadthema, findich, und dann könnten hier auch noch Leute mitwirken, die euren philosophischen Gedanken nicht mehr folgen können oder wollen.

Ihr werdet feststellen, dass eine anschauliche Beschreibung von Gefühlen auch Präzisionsarbeit ist. ;)

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Di 18. Dez 2007, 10:28 - Beitrag #36

Jetzt schreib ich auch mal wieder was ;)

Ich denke Milena hat ein entscheidendes Wort genannt, das hier nicht weiter berücksichtigt wurde: Identität. Und ich denke wir sollten in einer solchen Diskussion nicht von spezifischen Gefühlen ausgehen die Männern/Frauen vorbehalten sind/sein können, sondern eben von einer bewussten Geschlechtsidentität.

Was ist Geschlechtsidentität?
Das ist das Gefühl, ein Mann zu sein oder eine Frau zu sein. Das Gefühl hat mit der Ausprägung der Genitalien nichts zu tun, es ist sozusagen der psychische Baustein, der im Normalfall zu den Genitalien passt.

Ich habe hier bewusst von Genitalien und nicht von allgemeiner Körperlichkeit gesprochen, da man imho körperlich und psychisch nicht streng trennen kann.
Ich habe jetzt leider ein Buch nciht hier aus dem ich gerne zitieren möchte, aber ich versuche es mal soweit zusammenzufassen wie ich es noch in Erinnerung habe:

Es gibt körperliche Ursachen, die meistens/ausschließlich zu einer falschen Geschlechtsidentität führen, nämlich bei bestimmten hormonellen Probleme während der Embryonalentwicklung. Meistens kann biologisch nachvollzogen werden, welche Gehirnpartien sich anders entwickeln. Ich habe jetzt leider das Buch nicht hier, deswegen muss ich vorsichtig formulieren.
Auf jeden Fall kann man daraus schließen, dass die Geschlechtsidentität nicht anerzogen ist, denn sonst könnte sie auch keine körperlichen Ursachen haben.

Was ich letztendlich damit sagen möchte: Die Geschlechtsidentität ist doch letztlich ncihts anderes als das Gefühl einem bestimmten Geschlecht anzugehören und aus diesem Bewusstsein heraus wachsen wohl die Gefühle, die wir mit "So-fühlt-sich-ein-Mann-Gefühl" oder "So-fühlt-sich-eine-Frau-Gefühl" versuchen zu beschreiben. Dabei ist klar, dass man sowohl exklusive Gefühle als auch allgemein zugängliche Gefühle finden kann. Aber wenn ein Mann putzt, so tut er es als Mann und fühlt sich dabei als Mann, dass dabei Männer und Frauen mit dem Putzen die selben Gefühle verbinden können ist klar, dennoch kann das Bewusstsein des eigenen Geschlechts bei dieser Tätigkeit imho eine eigene Qualität darstellen, die Gründe dafür sind für jeden vermutlich anders.

edit:
Zum Thema Geschlechtsidentität möchte ich nochmal auf einen Artikel aus der Zeit aufmerksam machen, den ich schonmal in dem von mir egstarteten Thread über Evolutionsbiologie gepostet habe:http://www.zeit.de/2007/27/PS-Jungen-M-dchen?page=1
Eine vollständig gepostete Version des Textes findet sich auch in dem genannten Thread, falls jemand die Seite nicht korrekt darstellen kann.

edit: @Maurice
Nur noch was nebensächliches: Du bezeichnest Judith Butler als konstruktivistisch, aber soweit ich bisher gelesen habe wird sie als dekonstruktivistisch bezeichnet. Soweit ich weiß müsste der Unterschied darin liegen, dass Konstruktivisten die Geschlechterrollen beider Geschlechter als konstruiert betrachten, während Dekonstruktivisten darauf aufmerksam machen, dass es die Kategorie Geschlecht ihrer Ansicht nach gar nicht als bipolar gibt, dazu führen sie eben Transsexuelle, Transvestiten, Transgender usw als neue, eigenständige Kategorien an.

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Di 18. Dez 2007, 12:51 - Beitrag #37

@Feuerkopf: Hier geht es schon die ganze Zeit auch um das Thema Krankheit, immerhin war meine Ausgangsfrage, ob sowas wie eine Geschlechtsidentitätsstörung gibt bzw überhaupt geben kann. Und von dieser Fragestellung möchte ich auch nicht ganz abweichen. Ich werde aber versuchen, das Thema nicht auf den Krankheitsbegriff als solches zu lenken, sondern den Schwerpunkt auf die individuelle Ebene zu legen. Dann sollte der Thread allgemein zugänglich bleiben. :)

@Bauer: Was Butler angeht, so wurde uns diese als Konstruktivistin in dem soziologischen Proseminar vorgestellt. Das beweist natürlich nicht, dass diese Bezeichnung die passendste ist, sondern soll nur erklären, warum ich sie so bezeichnet habe. Wahrscheinlich ist es mal wieder Definitionssache ;) ...

Das ist das Gefühl, ein Mann zu sein oder eine Frau zu sein.

Und was rätst du mir, der bei sich kein Gefühl findet, dass er als "Sich-als-Mann-fühlen" identifizieren kann? Habe ich keine Geschlechtsidentität oder ist vielleicht dieses Knurren im Bauch gar kein Hunger sondern das gesuchte "Mann-Sein"?

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Di 18. Dez 2007, 15:33 - Beitrag #38

Zitat von Maurice:Und was rätst du mir, der bei sich kein Gefühl findet, dass er als "Sich-als-Mann-fühlen" identifizieren kann? Habe ich keine Geschlechtsidentität oder ist vielleicht dieses Knurren im Bauch gar kein Hunger sondern das gesuchte "Mann-Sein"?

Ich weiß nicht, ob "Sich-als-Mann-fühlen" die richtige Beschreibung ist. Es geht eigentlich nicht um was Wissen, sich wie ein Mann zu fühlen, sondern um das Wissen, ein Mann zu sein, allerdings nicht das direkt logische Wissen um die eigene Körperlichkeit, sondern eben auch das emotionale um die Identität. Eigentlich ist das nur ein "Gefühl" und das ist ziemlich unterbewusst, es ist nicht direkt wahrnehmbar, es ist omnipräsent. Es ist einfach die Selbstsicherheit, ein Mann zu sein, nicht unbedingt die allgemeine Selbstsicherheit. Wenn du ein Hunger hast, dann hast du das als Mann, wenn du nun in der Mensa was isst, dann isst du das als Mann und ganz sicher nicht als Frau, die Verwechslung liegt dir nie nahe... schwer zu beschreiben. Vielleicht ist es auch einfach die Selbstsicherheit, dass man kein Geschlechtsidentitätsproblem hat, also dass man weiß man kommt nie in das Problem, dem anderen Geschlecht zugehörig sein zu wollen
Bevor man hier zu persönlichen Ratschlägen kommt^^ würde ich vorschlagen, du liest den Absatz noch einmla durch und ersetzt "Mann" durch "Frau" und dann fragen wir uns, was dir mehr entspricht...

vielleicht diesen Artikel zum Thema Geschlechtsidentität und der Suche danach, wenn man sie nicht kennt:
http://www.handelsblatt.com/News/Technologie/Forschung-Innovation/_pv/doc_page/1/_p/203116/_t/ft/_b/1325097/default.aspx/feministinnen-erforschen-sich-selbst.html


mfg

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Di 18. Dez 2007, 17:10 - Beitrag #39

Danke für den Link, aber das ist mir im Augenblick zu viel zum lesen. Ich werds mir aber versuchen zu merken und bei Gelegenheit anschauen, wenn ich Lust dazu habe. :)

allerdings nicht das direkt logische Wissen um die eigene Körperlichkeit, sondern eben auch das emotionale um die Identität. Eigentlich ist das nur ein "Gefühl" und das ist ziemlich unterbewusst, es ist nicht direkt wahrnehmbar, es ist omnipräsent.

Also dass ich biologisch ein Mann bin, weiß ich - das sehe ich ohne Probleme.
Ein "emotionale Identität des Mann-Sein" kann ich aber wie gesagt nicht bestätigen. Es klingt für mich im Moment auch sehr ominös, was du da von diesem "omnipräsenten aber nicht wahrnehmbaren, weil unterbewussten Gefühl" erzählst. Zum einen ist es omnipräsent zum anderen nehmen wir es nicht wahr - sorry aber das klingt prima facie widersprüchlich für mich. Wie kommst du überhaupt darauf, dass es so ein Gefühl gibt, wenn es doch nicht wahrgenommen wird - oder muss man es quasi austricksen, indem man es indirekt nachweist?

Vielleicht ist es auch einfach die Selbstsicherheit, dass man kein Geschlechtsidentitätsproblem hat, also dass man weiß man kommt nie in das Problem, dem anderen Geschlecht zugehörig sein zu wollen

Sei froh. Das Problem habe ich leider hin und wieder...

Abgesehen davon kannst du ruhig persönliche Ratschläge geben - ich muss sie ja nicht befolgen. ;)

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Mi 19. Dez 2007, 04:17 - Beitrag #40

Naja, wie soll man das erklären... ich kenn ja die andere Seite nicht.

Aber deine Haarfarbe, deiner Statur, deiner Sportlichkeit, deiner geistigen Fitness usw. dessen ist man sich nciht so sicher wie seiner Männlichkeit, denn Haare kann man färben, man kann zunehmen und irgendwie auch mal dümmer werden. Aber ein Mann bleibt man, das meine ich mit der Sicherheit. Menschen, die sich ihrer Geschlechtsidentität nicht sicher sind haben diese Sicherheit nicht denke ich mir, auch wenn sie körperlich ein Mann sind, so nehmen sie diese Sicherheit nicht wahr.
Das ist vielleicht wie wenn jemand sich nicht sicher ist, dass ein Stein auf der Erde wegen der Schwerkraft nach unten fällt, er muss sich das ganze immer wieder durch Überlegungen klar machen, weil er sich der Sache nicht ganz sicher ist. Es fehlt das Vertrauen in die Sache.
Das ganze sehe ich deswegen als "Gefühl" an, da es durch logische Überlegungen eine klare Antwort gibt, aber dennoch ein Unterschied zwischen Menschen die sich ihrer Geschlechtsidentität sicher sind und welchen die sich derer unsicher sind besteht. Und wenn der Unterschied nicht in der ratio besteht, was kann es dann sein? Muss also schon als Gefühl identifiziert werden imho, auch wenn es nicht so direkt wahrnehmbar ist. Vielleicht ist es eben nur dann direkt und aktiv wahrnehmbar, wenn man es nicht hat, die Geschlechtsidentitätssicherheit...


Der interessante Teil des Artikels ist folgender:
Queer Studies sind die Speerspitze der Gender-Studies: „Queer“ (engl. sonderbar) ist eine Eigenbezeichnung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Intersexuellen, Transsexuellen, Asexuellen und anderen Menschen, die sich der von ihnen sogenannten Heteronormativität widersetzen. Personell und organisatorisch sind sie an vielen Universitäten, etwa in Hamburg, ein integrierter Teil der Gender-Studies.

Viele Gender- und vor allem Queer-Forscher machen kein Geheimnis daraus, dass ihr Forschungsgegenstand ihren sexuellen Interessen entspricht. Queer-Forscher befassen sich also „wissenschaftlich“ mit sich selbst, das heißt mit ihrer durch sexuelle Identitäten und Praktiken definierten Szene. Robin Bauer verlinkt die Homepage der Universität Hamburg mit seiner privaten Seite, auf der er sich als „queer/schwuler nichtmonogamer BDSM Transmann“ vorstellt. BDSM bedeutet: Bondage, Disziplin, Sado-Maso; ein Transmann ist nach der Definition einer einschlägigen Internet-Seite „ein Mensch, dessen Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde ‚weiblich' lautet, der sich jedoch mit diesem Wort falsch oder nicht ausreichend beschrieben fühlt“. Bauer, der bis vor einigen Jahren Birgit hieß, hat also die Erforschung seiner sexuellen Identität und Vorlieben zum Beruf gemacht – staatlich finanziert.


Heteronormativität ist ein Ausdruck der von den Dekonstruktivisten geprägt wurde. Er beschreibt den "Zwang" zur Heterosexualität. Damit ist letztendlich vieles gemeint. Unter anderem die bis vor kurzem oder immernoch gängige Praxis, Menschen, die als "Zwidder" geboren werden einem der beiden Geschlechter Mann oder Frau zuordnen zu müssen, sie also sowohl operativ zu eine der beiden Kategorien umzuschnippeln wie auch in ihren Papieren (Ausweis, Pass...) das Geschlecht mit Mann oder Frau festzulegen. Aber auch die reine sexuelle Ausrichtung zur Heterosexualität sehen diese Leute als propagiert an und empfinden das als einen Zwang. Ich glaube, das ist mit dem Begriff im großen und ganzen gemeint.

"Bauer, der bis vor einigen Jahren Birgit hieß, hat also die Erforschung seiner sexuellen Identität und Vorlieben zum Beruf gemacht"

Sexuelle Identität ist dabei ein etwas schwammiger Ausdruck. Damit ist im allgemeinen und wohl auch in diesem Fall sowohl die Geschlechtsidentität, wie sie Gegenstand dieser Diskussion ist, als auch die sexuelle Orientierung (hetero-, homo-, bisexuell, asexuell?) gemeint. Man sieht also was für Auswirkungen es haben kann, wenn amn sich seiner Geschlechtsidentität nicht sicher ist, so wie es diesem Herr Bauer geht. Um einen Ausweg aus seiner emotionalen Krise zu finden, so behaupte ich einfach spekulativ, schloss er sich einer Wissenschaftsrichtung an, die versucht moralisch und gesellschaftlich bis in den privatesten Bereich alle anderen (normalen) Geschlechtsidentitäten in Frage zu stellen um damit einen emotionalen Ausweg aus der eigenen empfundenen Sonderlichkeit zu finden, um sich selbst zumindest nach außen hin als genauso "normal" zu definieren wie es die meisten Menschen für sich empfinden. Es scheint also ncihts anderes zu sein als ein Ausweg aus der eigenen emotionalen Krise, indem man die Verantwortung dafür den anderen auferlegt und von den anderen verlangt sich verändern zu müssen, um nicht selbst mit sich fertig werden zu müssen. Man möchte das eigene "Geschlecht" (Transmann BDSM was weiß ich^^) als genauso gleichwertig anerkannt bekommen wie Heteromann oder heterofrau und erhofft sich daraus die Heilung seiner psychischen Probleme. Man mag dies für pure Spekulation halten, ich kann mich des Eindrucks allerdings nicht erwehren.

mfg

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