Geistig Behinderte als Teil des öffentlichen Lebens...

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Aydee
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Mi 31. Jan 2007, 15:09 - Beitrag #41

Yanapaw, deine Meinung, deine Wertvorstellung.. sei dir unbenommen. Dein letztes posting vermittelt sehr deutlich was für dich akzeptabel ist.

Nur ein paar Dinge noch:

1. Rechtfertigung.

- Viel Spaß dabei, Yanapaw, dich (immerzu) rechtfertigen zu wollen oder dies von anderen zu erwarten, zu wünschen.

2. "Und so wie ich dich verstehe erwartest du eben genau eine Sonderbehandlung für sie und das ist imo absolut falsch. Mehr Verständnis ja, aber kein Freifahrtsschein."

- Das hast du leider komplett falsch verstanden. Deine Begründung zeigt (mir) wo du in deiner Beweisführung dem Trugschluss verfällst. Vielleicht findest du ihn ja auch.

3. Toleranz.

- Wir sind ziemlich gut im Tolerieren, wie's ausschaut. Aber was genau machen wir eigentlich wenn wir jemanden tolerieren....?

Yanāpaw
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Mi 31. Jan 2007, 16:27 - Beitrag #42

Aydee,

da du offensichtlich eine Affinität zu klarer Struktur hegst, gliedere ich nun folgendes entsprechend:

1. Zu viele Nebensätze bergen die Gefahr, durch Vernachlässigung - möglicherweise aufgrund simplen Vergessenes, oder durch mangelnde Konzentration bedingt - des eigentlichen Satzes, oder vielmehr der ursprünglichen Satzaussage, eine Satzkonstruktion zu kreieren, die als ganzes betrachtet nicht nur grammatikalischer Unfug ist, sondern zum Leidwesen des Lesers semantische Grütze - und damit meine ich nicht das Dessert, dessen Herkunft, sofern ich mich da recht entsinne, im Norden unseres Landes zu suchen ist - darstellt.

1.1 Ich rechtfertige mich nicht, vielmehr versuche ich deinen schwammigen und nicht greifbaren Buchstabengeschöpfen einen Sinn zu entlocken, da sich direktes Fragen allerdings als unzweckmäßig erwies halte ich es mit dem Vortragen einer - vermeintlich? - gegensätzlichen Meinung, um durch gezielte Provokation und stringende und klare Meinungsabgrenzung eine Polarisierung und das Bedürfnis zur konkreten Aussage zu erwirken.

2. Vielleicht ist es hilfreich, dass du neben einer Affinität zur Ordnung auch eine Affinität zu nebulösem Sphinx-Kauderwelsch offenbarst, vielleicht möchtest du aber auch den gordischen Knoten so halten, dass ich nur das Seil durchtrenne und nicht versehentlich deine Handgelenke.

3. Keine Ahnung, wie du an meiner bösartigen Antwort erkennst ist Toleranz nicht unbedingt meine Stärke, aber vielleicht - und das ist jetzt ein riesiges vielleicht - hilft es weiter, wenn du statt Nebelkerzen zu zünden mal rausrückst mit der Meinung.


Ipsissimus,


[...]Schutzanspruch, gerade gegenüber den Normen und Forderungen der Normalen.


Die Notwendigkeit dieses Schutzanspruches bestreite ich nicht, lediglich das Ausmaß, da befinden wir uns, so scheint mir, einmal mehr im Dissens. Diese unverschuldet geistig Behinderten (im folgenden, wie im vorigen nur als Behinderte bezeichnet) müssen vor folgenschweren Fehlern bewahrt werden, daher sind sie zu betreuen, sie müssen umsorgt werden, weil sie pflegebedürftig sind, aber sie existieren nicht außerhalb der Normen und Konventionen, sie unterliegen diesen ebenso, wie jeder andere Mensch. Wenn sie diese Normen verletzten, dann sind sie selbstredend anders zu beurteilen, wie ein nicht-Behinderter Mensch, dennoch ist ihr Handeln zu verurteilen und insbesondere ist darauf zu achten, dass die Gefahr eines Verstoss' gegen die Konventionen so gering als möglich bleibt. Und ich sage das gleich vorab, Konventionen meinen hier sinnvolle Bestimmungen, wie beispielsweise das Schweigen während einem klassischen Konzert, oder das Urinieren in dafür vorgesehenen Einrichtungen, oder in Wäldern, auf Grünflächen oder in Parkhäusern mit reichlich Frischluftzufuhr, nicht das Tragen eines militärisch-modischen Kurzhaarschnitts, oder naja du verstehst schon.


Ein geistig behinderter Mensch ist daher auch einem geistig unbehinderten Menschen moralisch nicht gleichgestellt.


Verstehe ich dich richtig, dass ein Behinderter und ein Nicht-Behinderter unterschiedliche Moralvorstellungen haben, oder meinst du, dass dem gesellschaftlichen Moralverständnis nach Behinderte und nicht Behinderte ungleich sind? Ersterem stimme ich zu, letzterem in der theorie nicht, der Praxis nach leider auch, wobei die praktizierte gesellschaftliche Moralvorstellung (Nur ein Scheinwiderspruch ^^) und meine sehr wenig Gemeinsamkeiten haben...

Lykurg
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Mi 31. Jan 2007, 16:45 - Beitrag #43

@Aydee
Zitat von Lykurg/Aydee: "Natürlich habe ich, als ich das niederschrieb, auch kurz die Frage betrachtet, inwieweit der Behinderte in seinem Zustand einer (möglicherweise) glücklichen Unwissenheit besser aufgehoben ist. Aber mit dieser Begründung könnte man genausogut alle Säuglinge erschlagen..."

- ja. und es gab Zeiten da war dies Gang und Gebe.
Da hast du mich (wohl) wieder mißverstanden, es sei denn, du spieltest auf den bethlehemitischen Kindermord oder Kriegsgreuel an. Ich meinte tatsächlich, daß eine Gesellschaft mit dieser deiner Begründung alle Säuglinge, egal ob behindert oder "normal", erschlagen könnte, um sie vor der Qual der Bewußtheit zu retten.
- wobei es mir weniger um diese alten Zeiten geht, sondern merh darum, wie heute mit der neuen Einstellung zu behinderten Menschen umgegangen wird. Krass ausgedrück: auf der einen Seite wird behindertes Leben als lebenswert geschützt, auf der anderen Seite wird gewünscht dass behindertes Leben sich so weit als möglich wie normales Leben verhält. (also imo nicht auf diese andere Art zu leben wirklich eingegangen, wenn es sich mal unter normales Leben wagt). Verstehst du vielleicht meinen Punkt?
Ich stimme hierzu in weiten Teilen Yanā]"...oder ertrinken lassen, falls sie ins Wasser fallen. - Nehmen wir die Aussage doch tatsächlich einmal wörtlich. Wäre es für dich ein zu großer Eingriff in fremde Angelegenheiten, jemanden aus dem Wasser zu ziehen? Nehmen wir mal an, er/sie ist bewußtlos... Was tust du?""

- Dies IST für mich ein großer Eingrift. Was ich machen werde kann ich dir nicht sagen. Ich bin selber sehr gespannt was ich tun werde. Mir ist klar, dass das eine unbefriedigende Antwort ist, welche auch als ausweichend verstanden werden kann, aber ich WEISS jetzt nicht was ich tun werde. Ich WEISS es einfach nicht. [/QUOTE]Dir ist aber schon klar, daß es sich bei "unterlassener Hilfeleistung" um einen Straftatbestand handelt?
- dein Schluss sei dir ungenommen.
(mich nur darüber wundern dass du -"tun" hervorhebst)
Nein, ich weiß nicht, wieso das bei dir so aussah, eigentlich habe ich antun bzw. antun fettgesetzt. Antun bezeichnet (anders als tun) üblicherweise unangenehme Dinge, die sich Menschen zufügen - siehe "sie hat sich etwas angetan" oder "das tu ich mir nicht an". Daraus folgte meine Schlußfolgerung, deren Erklärung noch fehlt... Warum schriebst du "antun"?
Geht einfach davon aus dass ich ein naiver weltfremder Mensch mit idealistisch naiven und ungemein widersprüchlich inkonsquenten Vorstellungen und einer unausgefeilten Ausdrucksweise und beschränktem Wortschatz bin ,-)
Das Gefühl habe ich ebenfalls nicht, daher verbeiße ich mich in Details, die ich zu klären versuche.

@Ipsissimus:
Danke für die Cage-Erwähnung! :) In der ersten, verlorengegangenen Version meines Beitrags war der Absatz zu ungeschriebenen Konventionen bei Konzerten und deren Hinterfragung deutlich ausführlicher, ich dachte dabei eher an Henzes Oratorium "Floß der Medusa", dessen Uraufführung 1968 an den vom Komponisten wohl nicht in dieser Schärfe beabsichtigten studentischen Ausschreitungen und dem erst recht nicht beabsichtigten Einschreiten der Polizei scheiterte - eigentlich hatte das Publikum nur beim frenetischen "Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh"-Finale mitskandieren sollen...
Henze war von dieser Eskalation so entsetzt, daß er bis heute nicht darüber sprechen will - letztlich bedeutete diese Infragestellung der Regeln ihre Bekräftigung, auf Mitwirkung des Publikums hat der Komponist mW in späteren Werken nicht wieder gehofft.
Diesen Samstag nehme ich an einer jährlichen Veranstaltung teil, zu der in den letzten Jahren auch der obligatorische von der Empore brüllende Besoffene gehörte - ich bin gespannt, ob er dieses Jahr wiederkommt...

Ipsissimus
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Mi 31. Jan 2007, 17:23 - Beitrag #44

Yanāpaw, ich meinte eigentlich eher damit, daß ich - in Abhängigkeit vom Grad der Ausprägung der geistigen Behinderung - bezweifele, ob ein geistig behinderter Mensch überhaupt zur systematischen Ausbildung eines Moralbewußtseins oder ethischer Maximen in der Lage ist. Nur resultiert für mich daraus nicht die besondere Schutzwürdigkeit der Konventionen der Normalen, sondern die besondere Schutzwürdigkeit des Behinderten, da die Tendenz viel stärker darin liegt, die Grenzen des Behinderten weiter einzuschränken als diese unzulässig auszuweiten.

janw
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Do 1. Feb 2007, 01:01 - Beitrag #45

Nun, was geistige Behinderungen und Moralbewusstheit betrifft, das ist denke ich ein weites Feld...
Es trifft sicher zu bei angeborenen Behinderungen wie Trisomie 21, schon bei Autisten zeigt sich eine ganze Bandbreite von schwer Hilfsbedürftigen bis zu nur "ein bißchen Merkwürdigen", die mit etwas Wohlwollen der Mitwelt durchaus am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Bei jenen, die an später ausgebrochenen neurologischen Erkrankungen leiden, wie degenerativen Hirnerkrankungen, Parkinson, Epilepsie,... sind keine Abweichungen des normativen Bewustseins zu konstatieren - und das macht die Sache gerade für sie so furchtbar, zu sehen, zu wissen, daß sie, ohne es beeinflussen zu können, plötzlich ein furchtbares Verhalten an den Tag legen können, das andere verstört und verletzt und anderen den Spaß verdirbt an einem gemeinsamen Abend.
Die zweite Crux dabei ist, daß dies im Grunde jeden betreffen kann, 20 % oder so der Bevölkerung haben einmal im Leben einen epileptischen Anfall...
Ist es da nun sinnvoll, zwischen den angeborenen Behinderungen und jenen zu unterscheiden, die später erworben wurden?
Ich denke, es bringt nicht allzu viel, denn im Grunde wechselt nur der Ansprechpartner im Falle einer Konfrontation, vom obligatorischen Betreuer zu einem Begleiter, der gemeinsam mit dem Behinderten sprechen kann.
Im Grunde ist dann aber auch die Abgrenzung der körperlichen Behinderungen obsolet.
An dem von Ipsi und Aydee festgestellten Faktum
Zitat von Aydee:Krass ausgedrück: auf der einen Seite wird behindertes Leben als lebenswert geschützt, auf der anderen Seite wird gewünscht dass behindertes Leben sich so weit als möglich wie normales Leben verhält. (also imo nicht auf diese andere Art zu leben wirklich eingegangen, wenn es sich mal unter normales Leben wagt).

ändert es jedenfalls nichts - wir sind immer noch beim "Little children shall be seen but not heard".

Letztlich stellt sich da die Frage, wie Betreuer/Begleiter sich verhalten soll im "Falle des Falles" - gesundheitliche Folgen für den behinderten Menschen mal ausgeklammert.
Soll Begleiter/Betreuer das Feld räumen, wenn jemand aus einem Publikum an der Anwesenheit des Behinderten Anstoß nimmt?
Für mich kann das nur in Einzelfällen eine Lösung sein, wie bei dem Konzert, wo die Lautäußerungen sicher nicht ganz erfreulich waren, wie ja auch klingelnde Handys in Konzerten nicht zu suchen haben und der Applaus zwischen den Sätzen, nun, manche können es nicht lassen...
Aber sonst? Ich war mal auf einem Tanzfestival, und eine Dame meinte, mit meiner recht schmächtigen und zierlichen Körpergestalt wäre ich eine Zumutung für sie und sie sei irgendwie unsicher, ob ich das so dürfe, dort zu sein. Meine Antwort: Sie müsse wohl oder übel mit meiner Anwesenheit leben, es sei aber keiner gezwungen, mit irgendjemandem zu tanzen.
Gut, aber das betrifft bei mir ja nur eine körperliche Anomalie...

Aydee
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Do 1. Feb 2007, 10:51 - Beitrag #46

@Yanapaw, nach deinen letzten post hier werde ich dich auf ignore setzen. Du schlägst für mein Empfinden einen zu verletzenden Ton an (nenn mich halt ne Mimose). Deine Aussage zu deiner Toleranzfähigkeit spricht Bände, aber das kommt sicherlich noch mit den Jahren, erwischt irgendwie fast alle.



@Lykurg.
Unwissenheit - Säuglinge erschlagen - Da hast du mich (wohl) wieder mißverstanden

- ja, hab ich wohl wieder

Sonderbehandlung

- ich begreife irgendwie nicht wieso ihr (du und Yanapaw) dies aus meine postings herauslest. Ich lese meine Postings durch und durch, und sehe das nicht .-( Mir geht es nicht um eine Sonderbehandlung. (jedenfalls nicht pauschal, ein auf-ihre-Bedürfnisse-ihre-Möglichkeiten-eingehen ist für mich keine Sonderbehandlung)
- Was ich aus deinen anfänglichen postings herausgelesen habe, war eine Situation wo sich ein ganzer Batzen geistig "normal" entwickelter Menschen von einem einzigen geistig behindeten Menschen belästigt fühlten und keiner von euch dazu fähig oder willens war (ich tippe auf fähig), diesen Menschen u/od dessen Begleiterin auf diese für euch unangenehme Situation anzusprechen. Warum? Es wurde getuschelt, geflüstert... aber keiner von euch hat die Gusche aufgekriegt. Warum?

"Dir ist aber schon klar, daß es sich bei "unterlassener Hilfeleistung" um einen Straftatbestand handelt?"

- selbstverständlich. Die Rechtssprechung ist hier eindeutig. Und? Ich schrieb dass ich nicht weiß wie ich dann reagiere.

nb. (ist irrelevant für diesen thread) Du sprichst sofort von Unterlassener Hilfeleistung. Wieso? Vorwegnahme meiner Reaktion? Du weißt wie ich dann reagiere? dass ich so reagiere? oder gehst du einfach davon aus, weil ich jetzt nicht zusagen (was dann ja eh nur Worte wären ohne gelebten Beweis) dass ich helfen werde...?
"Warum schriebst du "antun"?"

- weil antun für mich ein zwischenmenschliches Tun impliziert. ich kann etwas tun (meinen Schrank umräumen), oder ich kann einem Mensche etwas antun (über ihn mit anderen reden). Es dient mir lediglich als Unterscheidung


Lykurg, ich habe wohl viel zu oft in deine Postings hineininterpretiert, ich werd mich daher ausklinken, bin wohl nicht fähig zu lesen was dort wirklich steht. Meine Entschuldigung an dich.



@Jan
"Letztlich stellt sich da die Frage, wie Betreuer/Begleiter sich verhalten soll im "Falle des Falles""

mir stellt sich nicht nur diese Frage (denn wie zuvor ja bereits gesagt, sind die Betreuer gewissermaßen an das Verhalten ihrer Schützlinge gewohnt, und vielleicht schon "betriebsblind") sondern viel mehr wie die normalen Menschen sich gegenüber behinderten Menschen verhalten. Und da ist mir einfach viel zu oft verklemmte Unsicherheit.

Nach allem was ich aus Lykurgs postings herausgelesen habe (aber vielleicht habe ich ja wieder mal alles missverstanden), war keiner von diesen "normalen" Menschen in der Lage, zu reagieren. Untereinander ja. Aber nicht im Austausch mit der Behinderten und ihrer Begleitung. Warum?
Warum so viel Unsicherheit... an dieser Stelle...?

Yanāpaw
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Do 1. Feb 2007, 13:14 - Beitrag #47

Du schlägst für mein Empfinden einen zu verletzenden Ton an (nenn mich halt ne Mimose). Deine Aussage zu deiner Toleranzfähigkeit spricht Bände,


Irgendwie wusste ich, dass das kommt, möglicherweise bin ich ein schlechter Mensch weil ich es dennoch tat. Dennoch mein herzlichstens Willkommen an dich Mimose, in der Welt literarischer Stilmittel, da haben wir den Sarkasmus, die Ironie, die Provokation, die Metapher und das ist kein literarisches Stilmittel, die Feststellung des Offensichtlichen zu aufrüttelnden Zwecken. Möglicherweise drücke ich mich einfach zu umständlich aus, oder und das ist mal wieder ein riesiges Vielleicht, du hast einfach mal gar nicht verstanden was ich gemeint habe und statt zu fragen gehst du lieber mal prophylaktisch heulen. Buhuhu, keiner Versteht mich und der böse Ägypter flamed mich voll... Werd erwachsen.

Glücklicherweise liest du das ja nicht, also hat es keine Konsequenzen, daher sollte das jetzt auch bitte keiner zitieren, danke.



janw,

es besteht ganz klar ein Unterschied ob sich Birgit Mayer durch dein Dünnsein in ihrer Seelenruhe gestört sieht, weil das nicht ihren ästhetischen Präferenzen entspricht, oder weil sie selbst ein fetter Wal ist und durch dich daran erinnert wurde, oder weil sie einfach nur absolut dämlich war und der tatsächlichen Störung eines oder mehrerer Menschen. Für mich stellt sich die Frage, ob es legitim wäre einen Nicht-Behinderten des Konzertsaals zu verweisen, weil er permanent rumblökt, die Antwort wäre imo ja. Also ist die nächste Frage die, inwieweit ist der Schutzgedanke superior gegenüber der Gleichstellung und inwieweit dürfen Behinderte Menschen über die Stränge schlagen ohne daür zurechtgewiesen zu werden. Ein Mehr an Verständnis ja, ein Meer an Verständnis nein. Das scheinst du irgendwie zu bemängeln, also würde mich interessieren, was du konkret an Verständnis und Rücksichtnahme erwartest.



Ipsissimus,

dann habe ich dich zwar richtig verstanden mich aber wieder mal äußerst unglücklich ausgedrückt. ICh stimme dir zu, dass manch ein Behinderter zweifellos kein Verständnis von richtig und falsch entwickeln kann, diese Menschen befinden sich aber üblicherweise in Einrichtungen der Lebenshilfe, weil sie dauernd beaufsichtigt werden müssen. Ich sehe das theorethische Problem und ich behaupte auch Behinderten gegenüber verständnisvoller zu sein als anderen Menschen, weil ich eben genau das annehme, dass sie sich der Tragweite ihrer Entscheidungen und dessen ob sie den Konventionen entsprechen nicht bewusst sind. Aber auch für dich die Frage, wie konkret du dieses Mehr-Verständnis definierst. Dazu darf ich noch anmerken, dass Minderheitenschutz es sich nicht zur Aufgabe machen darf die Normen zu Gunsten der Minderheit zu ändern, denn die Normen richten sich nach der Mehrheit, so funktionieren Normen. Exibithionisten sind auch eine Minderheit, ihre Aktionen stehen unter Strafe, weil sie sich dessen bewusst sind, etwas falsches zu tun. Soll ich vor jedem Umgang mit einem Menschen feststellen ob er die erforderliche Reife besitzt sein Tun zu reflektieren? Das kann bei Sprachbehinderungen nämlich einige Zeit dauern...

Ipsissimus
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Do 1. Feb 2007, 16:11 - Beitrag #48

Exibithionisten sind auch eine Minderheit, ihre Aktionen stehen unter Strafe, weil sie sich dessen bewusst sind, etwas falsches zu tun


sie sind sich hoffentlich bewußt, etwas Verbotenes zu tun; daß sie dieses Verbotene als etwas Falsches empfinden, glaube ich wiederum nicht, da dieses Verbotene nicht aus sich selbst heraus zwänge, es als verwerflich zu empfinden - fast alle Menschen existieren nur, weil immer wieder zwei entblößte Geschlechtsteile den Weg zueinander finden^^ gut, anderer Ort, andere Gelegenheit, aber meine Güte, wegen so ner Kleinigkeit ins Kittchen, das halte ich für stark übertrieben. Außerdem sind Exhibitionisten heutzutage gestraft genug damit, daß die Kids, die früher vor ihnen davongelaufen sind, sie heute lauthals auslachen^^

inwieweit das Verbotene das Falsche und das Falsche das Verbotene ist, das wäre auch noch mal nen eigenen Thread wert


Soll ich vor jedem Umgang mit einem Menschen feststellen ob er die erforderliche Reife besitzt sein Tun zu reflektieren?


wie, das machst du nicht? Ich schon^^ oder vielmehr: ich stelle während und anhand des Umgangs fest, ob er über besagte Reife verfügt

denn die Normen richten sich nach der Mehrheit,


das ist bestenfalls idealistisch zu nennen. Normen richten sich nach Nützlichkeitserwägungen, und die gemeinte Nützlichkeit ist die für die Mächtigen und Privilegierten.

Lykurg
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Do 1. Feb 2007, 18:32 - Beitrag #49

Aydee, tatsächlich entstehen zwischen uns dauernd Mißverständnisse, die es nicht gerade leicht machen - ein Teil der Schuld daran liegt aber eindeutig auch bei mir, der ich dazu neige, deine mir dunklen Äußerungen zu interpretieren, statt sie für sich stehen zu lassen. Ich müßte häufiger fragen und seltener antworten - vielleicht wäre das auch eine heilsame Übung. Nur neige ich dann dazu, auch in den Fragen zu interpretieren...
- Was ich aus deinen anfänglichen postings herausgelesen habe, war eine Situation wo sich ein ganzer Batzen geistig "normal" entwickelter Menschen von einem einzigen geistig behindeten Menschen belästigt fühlten und keiner von euch dazu fähig oder willens war (ich tippe auf fähig), diesen Menschen u/od dessen Begleiterin auf diese für euch unangenehme Situation anzusprechen. Warum? Es wurde getuschelt, geflüstert... aber keiner von euch hat die Gusche aufgekriegt. Warum?
Dein "fähig" ist (wie auch der Rest des Absatzes in der Wortwahl) eine recht unfreundliche Unterstellung, die stark darauf hindeutet, daß du inzwischen soviel Wut in dich hineingefressen hast, daß die Aufnahmefähigkeit abgenommen hat.
Erstens gab es kein "wir". Ich fühlte mich sehr unwohl auch wegen der hinter mir flüsternden Leute. Das habe ich meines Erachtens hier sehr deutlich gemacht, es wurde auch eine Zeitlang darüber diskutiert.
Zweitens hatte ich mich zu meinen Gründen, zu schweigen, ausführlich geäußert - das hast du offenbar überlesen: (1) Ich gönnte der Behinderten ihre Freude und empfand (2) eine heftige Scheu davor, die Begleiterin anzusprechen, sowohl (a) um vor mir selbst nicht als intolerant zu erscheinen als auch (b) um ihr nicht generell den Konzertbesuch zu verwehren - [denn würde ich etwa in Begleitung meines kleinen Cousins einen öffentlichen Ort besuchen, an dem er sich so daneben benömme, daß ich gebeten würde, mit ihm zu gehen, würde ich mich sicherlich nicht wieder dorthin trauen]. Zudem (3) fühlte ich mich nicht zuständig - ich war mitten in einer Bank eingemauert von meinen Nachbarn und saß auf der anderen Seite der Kirche, gut 5 m weg, und (4) empfand ich Gospel als die Art von Musik, die sich noch am ehesten solchen Äußerungen gegenüber öffnen könne.

Deswegen (und auch das hast du offenbar nicht so genau zur Kenntnis genommen) ging es mir in diesem Thread nicht darum, den generellen Ausschluß von Behinderten aus dem öffentlichen Leben zu rechtfertigen und gutzuheißen, sondern mir über mein Verhalten klar zu werden und es mit anderen zu besprechen, die sich mit den dahinterstehenden Überlegungen auseinandersetzen könnten. Dabei haben mich die Kommentare von Shockk, e-noon, GenomInc, Yanāpaw, janw und Ipsissimus deutlich weitergebracht.
Zitat von janw:Bei jenen, die an später ausgebrochenen neurologischen Erkrankungen leiden, wie degenerativen Hirnerkrankungen, Parkinson, Epilepsie,... sind keine Abweichungen des normativen Bewustseins zu konstatieren - und das macht die Sache gerade für sie so furchtbar, zu sehen, zu wissen, daß sie, ohne es beeinflussen zu können, plötzlich ein furchtbares Verhalten an den Tag legen können, das andere verstört und verletzt und anderen den Spaß verdirbt an einem gemeinsamen Abend.
Ja, das Problem sehe ich ja ebenfalls - und erhoffe ungefähr das Maß an Toleranz, das ich selbst zu gewähren bereit bin. Nur ist in meinen Augen Ehrlichkeit ("dieser Schreianfall dauert jetzt schon mehrere Minuten, allmählich reicht es mir") besser als ein gezwungenes Lächeln mit dem Hintergedanken, nicht wieder hinzugehen.

Hätte die Pflegerin die Behinderte nach einiger Zeit hinausgebracht, würde ich sicherlich nicht fast zwei Wochen später noch auf diesem irritierenden Gefühlgemisch aus Hilflosigkeit, Mitleid und Ärger hocken. Stattdessen würde ich vielleicht eine vage Erinnerung haben: Gut, daß sie eine Zeit lang dabei sein konnte und sich offenbar freute] _ [/i]Ist das Egoismus? :confused:

Yanāpaw
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Do 1. Feb 2007, 18:48 - Beitrag #50

Ipsissimus du gewitzter verschmitzter Schelm, gut das klingt jetzt irgendwie netter als beabsichtigt, also fühl dich einfach persönlich angegriffen, es ist irgendwie witzig, dass du genau weißt, was ich meine und es dennoch, weil ich mich unpräzise oder falsch ausdrücke bewusst streng wörtlich beantwortest...

Selbstverständlich hast du mal wieder Recht, wenn du darauf hinweist, dass verboten und falsch zwei völlig verschiedene Dinge sind, die gelegentlich identisch sein können, wobei falsch natürlich subjektiv ist, aber selbstverständlich wusstest du auch, dass ich meinte, dass ein Exibithionist (keine Unterscheidung nach irgendwelchen spitzfindigen Kriterien bitte) sich dessen bewusst ist, dass er etwas Verbotenes tut, dass in unserer Gesellschaft mehrheitlich als falsch angesehen wird, was zwar nicht die Richtigkeit dieser Attribuierung beweist, aber das soll erstmal unerheblich sein.
(<- Anti-Ipsi-Präemptiv-Schlag)


Was die Reifeprüfung angeht, das erweist sich gelegentlich als schwierig, nehmen wir die Jugend von heute, ich greife ein Mädchen ab und sie behauptet großspurig alt genug für alles zu sein, bei mir angelangt will ich sie vorn-über-beugen und auf einmal fällt ihr ein, dass sie doch erst 12 ist. Ok das war jetzt unpassend und ist so natürlich nie passiert, allein schon daran ersichtlich, dass auch Kinderausweisträgerinnen mehrheitlich einen gewaltigen Erfahrungsschatz im vorne-über-beugen haben, schlimme Welt.
Sprösslinge Anwesender und Anwesende selbstredend ausgeschlossen, daher auch mehrheitlich...


So nett es auch ist den Eindruck aufkeimender Sympathie vernichtend zu schlagen, mir leigt auch daran, deine Meinung zu wissen, also welche Rücksichtnahme erwartest du konkret im Umgang mit geistig behinderten, erläutere deine Maxime.


das ist bestenfalls idealistisch zu nennen. Normen richten sich nach Nützlichkeitserwägungen, und die gemeinte Nützlichkeit ist die für die Mächtigen und Privilegierten.


Wer sagt, dass ich von der Mehrheit der Bevölkerung rede, ich meine natürlich die Mehrheit des Geldes. ^^^Ok wiedermal erwischt, du hast Recht. Aber ich bin der Meinung, dass eine gesellschaft auf die Dauer ohne regeln funktionsunfähig ist, idealerweise sollten diese Regeln aus dem Bewusstsein des Individuums entstehen und idealerweise sollten einige dieser Individual-Maximen Kollektiv-Maximen sein, aber wir leben leider in einer nicht-idealen Welt mit nicht-idealen Menschen, also müssen eben einige Regeln indoktriniert werden um einen reibungsarmen Ablauf zu gewährleisten.

Aydee
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Do 1. Feb 2007, 19:29 - Beitrag #51

@Lykurg

Dein "fähig" ist (wie auch der Rest des Absatzes in der Wortwahl) eine recht unfreundliche Unterstellung, die stark darauf hindeutet, daß du inzwischen soviel Wut in dich hineingefressen hast, daß die Aufnahmefähigkeit abgenommen hat.

keine Wut, Lykurg, Resignation. Keine Lust mehr auf versucht wohlgesetzte Worte, mit denen es mir dann doch nur wieder nicht gelingt zu sagen was ich sagen möchte so dass es ab und zu auch so verstanden wird .-(
(gutes Beispiel für ein nicht-fähig-sein)

fähig, in der Lage sein... impliziert mir nicht automatisch etwas Negatives, nicht automatisch etwas Unfreundliches in diesem Zusammenhang.
Ich meine da war ein Wunsch (jeztt mal nicht so sher auf dich bezogen, deine Überlegungen warum du etwas tun wolltest, und warum du dann doch nichts getan hast, warum du dafür dann aber diesen thread gestartet hast, hab ich gelesen und auch verstanden, teilweise auch nachfühlen können) dass diese Situation sich ändere, aber nichts geschah um sie zu ändern. Also imo war keine/r der Anwesenden in der Lage (fähig) zu agieren, im Sinne ihres Wunsches.
Meine Hinterfragung gilt der Scheu, etwas zu sagen (mal abgesehen von deinem Wunsch der Behinderten ihre Freunde nicht nehmen zu wollen, was jedoch nicht automatisch ausschließt doch eine angenehem(er)e Situation für beide Seiten zu schaffen), um eine Situation zu schaffen wo sowohl die Behinderte als auch alle anderen Anwesenden ihre Freunde am Konzert haben konnten. Meine Fragerei gilt der Unsicherheit im Umgang mit Behinderten, dem Ausweichen, dem Fragen hinterher oder zu andern "normalen" Menschen (das Tuscheln, vermute ich (und hier interpretiere ich jetzt in das von dir Beschriebene)), dem aber nicht stattfindendem Kontakt mit einem (geistig) Behinderten u/od dessen Begleitung

sorry, dass ich auf dein threadanliegen nicht eingegangen bin. Bei mir poppt(e) beim Lesen immerzu die Fragen auf: Fragen sich die dort Anwesenden sich warum sich diese unangenehme Situation nicht in eine angenehme Situation ließ? von ihnen ändern ließ? Das könnte imo einen Wink geben warum Scheu des Ansprechens, des auf die Situation, auf das Verhalten der (geistig) Behinderten Ansprechens vorhanden war. Es geht mir um dieses "Gefühlgemisch aus Hilflosigkeit, Mitleid und Ärger" - warum es im Umgang mit Behinderten immer wieder zu diesen Gefühlen kommt.

Dass die Betreuerin der Behinderten hätte von sich aus agierne können - der Gedanke ist nachvollziehbar. Wäre klasse gewesen wenn sie es getan hätte.

Aber alle anderen Anwesenden, vorallem jene die in deren Nähe saßen, hätten genauso gut agieren können, etwas sagen können (es war ja eh schon laut ,-)). Aber genau das passiert sehr oft nicht im Umgang mit (geistig) behinderten Menschen. Mir ging es um diese Warum. Warum 'wir' normalen uns oft gehemmt und unsicher fühlen. Weil wir imo schlicht nicht wissen wie wir mit ihnen umgehen (können)

Lykurg
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Do 1. Feb 2007, 19:58 - Beitrag #52

@"fähig": Aha!
Zitat von Aydee:Aber alle anderen Anwesenden, vorallem jene die in deren Nähe saßen, hätten genauso gut agieren können, etwas sagen können (es war ja eh schon laut ,-)). Aber genau das passiert sehr oft nicht im Umgang mit (geistig) behinderten Menschen. Mir ging es um diese Warum. Warum 'wir' normalen uns oft gehemmt und unsicher fühlen. Weil wir imo schlicht nicht wissen wie wir mit ihnen umgehen (können)
Eben, genau da berühren sich unsere Interessen]falsch [/i]zu verhalten. Insofern fand ich es eben auch besonders interessant, die Meinungen Erfahrenerer einzuholen.

janw
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Fr 2. Feb 2007, 03:41 - Beitrag #53

Zwei Zitate, die nach meinem Empfinden in dieselbe Richtung zielen, ich arbeite sie mal zusammen ab.
Zitat von Lykurg:Ja, das Problem sehe ich ja ebenfalls - und erhoffe ungefähr das Maß an Toleranz, das ich selbst zu gewähren bereit bin. Nur ist in meinen Augen Ehrlichkeit ("dieser Schreianfall dauert jetzt schon mehrere Minuten, allmählich reicht es mir") besser als ein gezwungenes Lächeln mit dem Hintergedanken, nicht wieder hinzugehen.

Hätte die Pflegerin die Behinderte nach einiger Zeit hinausgebracht, würde ich sicherlich nicht fast zwei Wochen später noch auf diesem irritierenden Gefühlgemisch aus Hilflosigkeit, Mitleid und Ärger hocken. Stattdessen würde ich vielleicht eine vage Erinnerung haben: Gut, daß sie eine Zeit lang dabei sein konnte und sich offenbar freute]

Zitat von Yanapaw:Also ist die nächste Frage die, inwieweit ist der Schutzgedanke superior gegenüber der Gleichstellung und inwieweit dürfen Behinderte Menschen über die Stränge schlagen ohne daür zurechtgewiesen zu werden. Ein Mehr an Verständnis ja, ein Meer an Verständnis nein. Das scheinst du irgendwie zu bemängeln, also würde mich interessieren, was du konkret an Verständnis und Rücksichtnahme erwartest.

Nun, egoistisch würde ich Dich nicht nennen in diesem Zusammenhang, Lykurg, ich kann Deinen Ärger über das gestörte Konzert durchaus verstehen wie auch Dein Gefühlsgemisch, und nach der Schilderung zu urteilen...hätte sie mal, die Begleiterin, einen Weg gefunden, die Frau aus der konfrontativen Lage zu nehmen. Einen Weg am besten, welcher der Frau gleichzeitig ein weiteres Erleben des Konzertes ermöglicht hätte.
Wobei ich es aber so sehe, daß dieses ein Zugeständnis gewesen wäre an Usancen, Konventionen des gesellschaftlichen Umgangs, nicht die Erfüllung einer Pflicht, schon gar nicht die Behebung einer Freiheitseinengung.
Ob ich hiermit nun gleichzeitig diese Konventionen verabsolutiere - ein Narr, der solches von mir denkt^^
Hätte es aber vor allem Kommunikation gegeben, mit jemand aus dem Publikum in ihrer Nähe, für eine Deutlichmachung der Grenzüberschreitung von Mehr zu Meer und für eine allen Interessen dienliche Lösung des Problems.

Das ist nämlich eigentlich, was ich erwarte - erwarte? Nein, mir wünsche, daß nämlich jemand ggf. die Traute hat, mir eine Grenzankratzung zu kommunizieren.
Das ist nämlich die andere Seite meines Erlebnisses, das darauf basierend so endete, daß sie zwei Tage später mit mir getanzt hat. Wäre ohne die Kommunikation wohl nicht so gekommen...
Aber wie Aydee schon sagt,
Zitat von Aydee:Und da ist mir einfach viel zu oft verklemmte Unsicherheit.

Woran das liegt? Das wäre wahrlich einen neuen thread wert^^
Kurz gesagt, wenn jahrzehntelang für behinderte Kinder unter der Marke "Aktion Sorgenkind" gesammelt wird, braucht man sich nicht sonderlich wundern. Aber, nur ein Aspekt von vielen...

Insofern, Yanapaw, wenn Du nach Maximen fragst, dann würde ich meine etwa als Empathischen Imperativ bezeichnen, sie geht etwa so:
Behandle andere Menschen so, wie Du selbst in ihrer Situation behandelt werden wollen würdest.
Das erfordert zu allererst ein Hineinfühlen in den Anderen in seiner spezifischen Situation, dann ein Dich an seine Stelle fühlen.

Ipsissimus
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Fr 2. Feb 2007, 10:14 - Beitrag #54

also welche Rücksichtnahme erwartest du konkret im Umgang mit geistig behinderten, erläutere deine Maxime.


och, ich erwarte keinerlei Rücksichtnahme^^ ich hoffe lediglich, daß die Auseinandersetzung so geführt wird, daß die sich gestört fühlenden Parteien sich nicht hinter allgemeinen Maximen und angeblichen oder tatsächlichen Normen verstecken, sondern ihr Wollen auf die eigene Kappe nehmen, wohl wissend, daß sie darin zeigen, was für ein Mensch sie sind^^ und daß sie mit den Konsequenzen ihres Wollens zu leben bereit sind, einschließlich derer, die sie vorher nicht bedacht haben^^

was die Reifeprüfung angeht, so hatte ich eigentlich subtilere Methoden im Sinne, als sie in der von dir geschilderten Situation in der Luft lagen^^

deine Hochachtung gegenüber Regeln teile ich nur bedingt. Regeln machen für mich nur dann Sinn, wenn sie eindeutig zum Schutz von ohne diese Regeln wehrlosen Menschen geeignet sind, nicht, wenn sie zur Unterdrückung von Normabweichungen dienen sollen

janw
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Fr 2. Feb 2007, 15:12 - Beitrag #55

Ipsi, liegt aber nicht auch in der Formulierung und verlässlicher Befolgung eigener Maximen ein Erweis, was für ein Mensch mensch ist?

Yanāpaw
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Fr 2. Feb 2007, 17:27 - Beitrag #56

Behandle andere Menschen so, wie Du selbst in ihrer Situation behandelt werden wollen würdest.


Mag ja sein, dass ich ähnlich viel Empathie habe, wie das Nummernschlid meiner gedrosselten Kawa, aber ich persönlich kann mich nicht wirklich in die Situation eines geistig Behinderten versetzten. Weil ich eben sehr vieles reflektiere und ein sehr kopflastiger Mensch bin, was mich nicht vor spontanen Aktionen mit kataklystisch-katastrophalem Ausgang feit. ^^ Aber und das ist das Entscheidende, ich kann mich nicht in die Situation eines Nicht-Denkenden oder wenig-Denkenden hineinversetzen, weil ich eben mehr denke. ICh kann mir allenfalls vorstellen wie ich behandelt werden wollte, wenn ich in einem Konzert grölen würde, oder besser welche Reaktion auf mein Verhalten ich da für angemessen hielte, aber ich bin nicht geistig behindert und insofern nicht nur juristisch sondern auch moralisch voll für mein Handeln verantwortlich, insofern hilft mir der Ansatz des empathischen Imperativ da überhaupt nicht weiter. Der hilft mir beim Bewerten des Verhaltens anderer "normaler" Menschen, aber nicht bei dem geistig Behinderter, zumal ich ja abgesehen von an Trisomie 21 Leidenden keine Vorstellung habe inwieweit der jeweilige Behinderte konkret eingeschränkt ist.

Hinzu kommt die gezielt vorangetriebene Tabuisierung, die Lykurg schon andeutete, dass es moralisch verwerflich sei, einen Behinderten zurecht zuweisen, weil er eben besonderes Verständnis et cetera verdiene, insofern eine tatsächliche Kontaktaufnahme mit dem Behinderten oder der Aufsichtsperson schon eine fragwürdige und definitiv ungern gesehene Aktion darstellte.

Davon abgesehen ist davon auszugehen, dass der Aufsichtsperson klar ist, welche Gefühle das unangebrachte Verhalten ihres Schützlings bei anderen Menschen auslöst und sie ggf. bereits versucht hat ihn zur Räson zu bringen, mit diesem Vorhaben also scheiterte. Folglich kann mein Kommunikationsversuch lediglich 2 Anliegen ausdrücken, nämlich erstens die Annahme ich könnte den Behinderten selbst zur Ruhe bringen, oder zweitens die Aufsichtsperson davon zu überzeugen, den Behinderten gegen seinen Willen zu entfernen. Letzteres ist eine Aktion die zu 100% eine Solidarisierung aller Tabuisierten - und somit der Mehrheit der Anwesenden - mit dem Behinderten und eine Eskalation des Problems zur Folge hätte und somit schwerlich meiner ursprünglichen Zielsetzung dienlich wäre.

Also ist es doch genau so, wie ich annahm, die Forderung besteht ganz konkret darin auf eigene Ansprüche zu verzichten um inaktzeptables Benehmen zu tolerieren und das finde ich absolut falsch.




ich hoffe lediglich, daß die Auseinandersetzung so geführt wird, daß die sich gestört fühlenden Parteien sich nicht hinter allgemeinen Maximen und angeblichen oder tatsächlichen Normen verstecken, sondern ihr Wollen auf die eigene Kappe nehmen, wohl wissend, daß sie darin zeigen, was für ein Mensch sie sind


Ein besserer Mensch als der, der schweigend dasitzt, sich genauso gestört fühlt aber zu feige ist für seine Meinung aufzustehen und hofft ein anderer möge ihm das abnehmen, um dann den moralischen Zeigefinger gegen eben jenen zu erheben.




was die Reifeprüfung angeht, so hatte ich eigentlich subtilere Methoden im Sinne,



In vorliegendem Fall wäre das konkret was? Und solltest du dich nicht gestört fühlen konstruiere bitte eine Situation in der du es wärst und definiere dann die subtilere Methodik ^^





Regeln machen für mich nur dann Sinn, wenn sie eindeutig zum Schutz von ohne diese Regeln wehrlosen Menschen geeignet sind, nicht, wenn sie zur Unterdrückung von Normabweichungen dienen sollen



Also alle Regeln, die nicht der Unversehrtheit des Individuums dienen sind unnötig, also 99,9% aller gesetze in Deutschland, beispielsweise Einteilung in Bundesländer, Schulpflicht, Müllentsorgungspflicht, Wahlrecht, angemessene Bekleidungspflicht, gewisse Grundregeln des Zusammenlebens, die beispielsweise öffentliches Korpulieren, öffentliches verrchten der Notdurft oder gsetzliche Ruhezeiten regeln sind alle unnötig?

Nein das sehe ich ganz anders, aus dem einfachen Grund, dass der mensch Regeln braucht, weil er eben noch kein Bewusstsein hat, welches das Zusammenleben entsprechend gewisser Maximen regelt, weil er eben nicht von Natur aus gut und rücksichtsvoll ist. Der ideale Mensch, der bräuchte keine Gesetze, aber der tatsächliche Mensch, der braucht sie imo dringend.

janw
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Fr 2. Feb 2007, 18:11 - Beitrag #57

Aber Du könntest Dich eben in die Begleitperson versetzen, die da zwischen zwei Stühlen sitzt...und vielleicht dankbar wäre, wenn jemand, sei es von den Veranstaltern oder aus dem Publikum, Inter-esse, Mit-sein, zeigen würde und ihr dezent verdeutlichen würde, was das Verhalten ihres "Schützlings" für ihn und die anderen bedeutet in dem Moment und nach Möglichkeiten suchen würde, für alle verträglich aus der Krise raus zu kommen.

Zitat von Yanapaw:Also alle Regeln, die nicht der Unversehrtheit des Individuums dienen sind unnötig, also 99,9% aller gesetze in Deutschland, beispielsweise Einteilung in Bundesländer, Schulpflicht, Müllentsorgungspflicht, Wahlrecht, angemessene Bekleidungspflicht, gewisse Grundregeln des Zusammenlebens, die beispielsweise öffentliches Korpulieren, öffentliches verrchten der Notdurft oder gsetzliche Ruhezeiten regeln sind alle unnötig?

Es würde nicht allzu viel Mühe machen, zu beweisen, daß alle die genannten Normen direkt oder mittelbar mit der Unversehrtheit von Einzelnen zu tun haben. Das öffentliche kopulieren vielleicht mal ausgenommen^^
Im übrigen ist klar zu trennen zwischen wirklich fixierten Normen und dem Rest, der mehr oder weniger flexibel zu handhabende Verhaltensalgorithmen darstellt. Die vielleicht nur dadurch stabilisiert werden, daß die große Masse sich nicht traut, im Bademantel zur Wurstbude zu dackeln und den Wirt in eine Diskussion über aktuelle Bild-Schlagzeilen zu verwickeln ;)

Yanāpaw
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Fr 2. Feb 2007, 20:45 - Beitrag #58

Janw,

ein Aspekt des Bestallens und Betreuens Betreuungsbedürftiger ist die Handlung in deren Interesse und die Wahrnehmung deren Interessen, sowie die Beaufsichtigung und das Verhindern etwaiger Fehltritte. Ergo kommt diese Person meiner Meinung nach ihrer Aufgabe nicht nach. Zudem ist der Person klar, dass die Aktionen ihres Schützlings nicht unbedingt Anklang bei anderen Besuchern findet, dennoch hat sie aus welchen Gründen auch immer keine Maßnahmen ergriffen, die darauf zielen den Zustand zu ändern.

Was würdest du der Betreuerin den sagen?



Es würde nicht allzu viel Mühe machen, zu beweisen, daß alle die genannten Normen direkt oder mittelbar mit der Unversehrtheit von Einzelnen zu tun haben. Das öffentliche kopulieren vielleicht mal ausgenommen^^


Es würde nicht allzu viel Mühe machen 500.000 Gesetze und Verordnungen zu zitieren oder zu verlinken, bei denen das nicht so ist.


m übrigen ist klar zu trennen zwischen wirklich fixierten Normen und dem Rest, der mehr oder weniger flexibel zu handhabende Verhaltensalgorithmen darstellt.


Und diese Algorithmen sind unnötig?

janw
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So 4. Feb 2007, 21:14 - Beitrag #59

Zitat von Yanapaw:Was würdest du der Betreuerin den sagen?

Ich würde eben dezent fragen - zwing mich jetzt nicht, einen genauen Wortlaut vorzugeben^^ - ob es der Frau gut geht, ob man ihr helfen kann...und dann dezent das augenmerk darauf lenken, daß ihr Verhalten für andere irritierend ist - ob man daran etwas ändern könnte/sollte?
Aus der Antwort würde ich dann entnehmen, wie verantwortlich die Betreuerin wirklich handelt. Was dann käme...lass uns ein Drehbuch schreiben^^

Es würde nicht allzu viel Mühe machen 500.000 Gesetze und Verordnungen zu zitieren oder zu verlinken, bei denen das nicht so ist.

Gut, bei denen geht es dann darum, daß ohne sie irgendein Rechtsmensch eventuell vielleicht möglicherweise mal die Möglichkeit einer Klage gegen die jeweilige Kommune/Körperschaft sieht, die es abzuwenden gilt.
Gut, nein sicher sind wir in Teilen überreguliert, aber das liegt u.a. eben auch daran, daß das Klima der Menschen untereinander aggressiver, klagebereiter geworden ist, anstatt daß man sich gütlich einigt. Und jedes Urteil dient Juristen wieder als Präzedenzfall, der für ein nächstes Verfahren relevant werden könnte, das eben abzuwenden ist, indem man vor jeden Straßenbaum das Schild "Vorsicht Baum!" in 3 Sprachen einschließlich türkisch stellt. Nur dumm, wenn sich jemand dann um das Schild wickelt :rolleyes:

Und diese Algorithmen sind unnötig?

Sie sind insofern notwendig, als sie die Gesellschaft stabilisieren und im Einzelfall die Unsicherheit nehmen, ob eine bestimmte Handlung jemand bestimmten gerade aktuell treffen könnte. Es mag in einer Mietshaus zwei Parteien geben, die ihre Mittagsruhe brauchen, vielleicht auch 4 oder alle - wer weiß? Also lässt "man" Mittags das Klavier oder Schlagzeug oder Tuba in Ruhe, und hat keinen Stress.
Etwas anderes habe ich dann noch während einer längeren Autofahrt halluziniert, nämlich die Bedeutung von Normen für die individuelle Entwicklung - Stichwort antiautoritäre Erziehung.
Ich habe den Eindruck, daß Kleinkinder im Rahmen ihrer Suche nach Regelmäßigkeiten in ihrer Umwelt die Normen ihrer jeweiligen Gesellschaft geradezu selbständig gewinnen, Normen verstanden als soziale Regelmäßigkeiten hinreichender Signifikanz, und Evenness im Falle multifaktorieller Systeme.
Trotzverhalten und dergl. könnten demnach als Test eben der Regelmäßigkeit verstanden werden und der Skalierung bei offensichtlich skalierten Normen - wird Mutter wirklich immer ärgerlich, wenn ich auf dem Fußboden esse, wie weit kann ich gehen mit meinen Malversuchen im Wohnzimmer?
"Ich" hier verstanden als verhaltenssteuernde Bewusstseinsebene des Kindes, nicht unbedingt als willentlicher Vorsatz zu verstehen.
Möge mir jemand diesen reaktionären Zahn ziehen^^

Ipsissimus
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Mo 5. Feb 2007, 11:26 - Beitrag #60

die Frage, ob jene (informellen) Algorithmen (un)nötig sind, ist unerheblich gegenüber der Beobachtung, daß sie existieren und wirkungsmächtig sind. Die eigentliche Frage ist daher, wie einigermaßen eigenständig denkendes mensch damit umgeht, da im Korpus dieser Algorithmen zuhauf Überflüssiges, Ängstlichkeits- statt Einsichtsbedingtes, Willkürliches, Traditionelles statt Praktikables, Unangemessenes und schlicht Bösartiges enthalten ist, und dies in einem Ausmaß, das es einigermaßen eigenständig denkendem Menschen eigentlich verbietet, diesen Korpus einfach so zu übernehmen, weil es ihn gibt.

Es ist also eine Frage persönlichen Geschickes, hier ein Gleichgewicht zu finden zwischen Befolgung und Verstoß, welches sozialkompatibel bleibt, die eigene Freiheit aber nicht über die Notwendigkeit hinaus einschränkt.

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