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Internet-Seelsorge

BeitragVerfasst: Mo 1. Sep 2003, 20:30
von blobbfish
Hallo,
also mir ist hier in der Matrix in letzter Zeit aufgefallen, dass es im Liebe&Romantikforum zu Fragen kommt wie zum Beispel: "wie kann ich schluss machen" oder "zwischen wem soll ich mich entscheiden".

Grundsätzlich habe ich nichts gegen soetwas einzuwenden, für mich stellt sich dabei allerdings immer die Frage, ob es denn auch so sinnvoll. Ich meine wenn ich ein Problem in meinem Liebesleben (Falls es mal kommt) habe, werde ich definitiv nicht hier (oder auch anderswo) anfangen zu fragen. Eher wende ich mich an meine Freunde, die können mir dabei zwar nicht umbedingt oder zwangläufig helfen. Dazu im Gegensatz: Wenn ich hier frage, werde ich mit Informationen von nun ich sag mal Erfahreneren und zuweil auch Intelligenteren Leute antworten erhalten. Diese können in gewissen Fällen hilfreicher sein als von Freunden. Soviel dazu.

Jetzt kommt aber das entscheidene bei der Sache: Ist es nicht eigentlich ein Verrat an den Freunden sich an Leute zu wenden, die man nicht wirklich kennt. Ich kenne die meisten her nur von wenigen Seiten. Bei einem Freund ist das schon anders. Hat man soviel Angst im Liebesleben zu versagen, dass man Leute hinzuzieht die sich damit auskennen oder will man mit seinem Problem einfach nur anonym bleiben, weil einem die Sache peinlich ist? Ist ja klar, ich geh irgendwo hin, schreibe, es wird freundlich zurückgeschrieben und selbst wenn man dort ausgelacht wird ist es nicht schlimm, die kennen einen ja nicht. Oder traut man sich nicht einen Freund darauf anzusprechen?

Wie ist da eure Meiung? Was haltet ihr von "Internet-Seelsorge"?

BeitragVerfasst: Mo 1. Sep 2003, 20:33
von Thod
als verrat an freunden würde ich es nicht bezeichen. sowas kann durchaus sinnvoll sein, wenn man sich relativ neutralen rat holen will. sollte man aber tiefergehende probleme haben, gerät man schnell in die hände diverser hobbypsychologen, und sowas find ich schon recht fatal.

gruss,
thod

BeitragVerfasst: Mo 1. Sep 2003, 20:37
von Shockk
Wenn ich mir mal so meinen Freundeskreis angucke - ich kenne sehr viele sehr nette Leute, mit denen ich mich gut unterhalten kann, über die vielfältigsten Themen.

Aber mit genau einem meiner Kumpels kann ich mich über Liebe unterhalten. Wir reden über Frauen, über unsere Freundinnen, über unsere Probleme. Die gleiche Wellenlänge habe ich nur mit einem.

Was ich damit sagen will - es ist nicht immer so, dass die Freunde die ideale Quelle für Informationen sind. Manche kennen sich nicht aus, bei anderen fühlt man sich bei Gesprächen über die Materie schlicht nicht wohl, wieder andere haben komplett gegensätzliche Ansichten. Nicht selten kommt es auch vor, das Leute in Cliquen integriert sind, und sobald einer es weiss, wissen es alle.

Hier in der Matrix kennt man vielleicht die wenigsten, aber man hat von vornherein eine meist sehr angenehme Gesprächsatmosphäre, die Möglichkeit, auf viele Leute zu treffen, die Erfahrungen haben, und der Schutz der Anonymität des Internets ist auch nicht zu vernachlässigen.

Hat man soviel Angst im Liebesleben zu versagen, dass man Leute hinzuzieht die sich damit auskennen oder will man mit seinem Problem einfach nur anonym bleiben, weil einem die Sache peinlich ist


Nein ... du sagst selber, dass du kein Liebesleben atm hast. Und kürzlich liessest du verlauten, dass du nicht planst, mit einer Frau zu leben ;). Falls ich das jetzt falsch interpretiere fühl dich bitte nicht auf den Schlips getreteten, ist nicht so gemeint ;). Aber Liebe ist eine allgegenwärtige Größe. Ist sie auch jedes Mal etwas einzigartiges, so erfährt jeder sie mal, früher oder später. Und deswegen kann man darüber mit mehr Menschen reden, als man glaubt ;). Und im Liebesleben "versagen" kann man nicht so einfach ...

BeitragVerfasst: Mo 1. Sep 2003, 20:54
von blobbfish
@Thod
Ich glaube du beziehst dich jetzt darauf, wenn man irgendwo nachfragt und dort keinen kennt. In keinster Weise. Hier kennt man sich doch etwas.

er mit genau einem meiner Kumpels kann ich mich über Liebe unterhalten. Wir reden über Frauen, über unsere Freundinnen, über unsere Probleme. Die gleiche Wellenlänge habe ich nur mit einem.


Nun, bei mir war es auch lange Zeit so, dass ich auch nur einen hatte. Es waren auch mal zwei gewesen, allerdings hat der 2. mich doch sehr sehr enttäuscht was unser Vertrauen angeht. Ich denke, dass genua diese eine Person schon aussreicht. Meiner Meinung nach soll es ja nicht darum gehen wirklich den besten Weg zu finden. Ein Gespräch unter 4 Augen im zimmer im Wald oder auf einer Wiese oder sonstwo, wo man ungestört ist kann denke ich viel mehr bewirken. Zumindest war es bei einmal so (eine Freundin (im Sinne von Freundschaft)hatte ziemlich dick scheiße gebaut, ich hatte kein Idee was ch tun soll, habe dann den Freund gefragt, er konnte mir zwar nicht helfen, aber er konnte immerhin mit mir darüber reden, das hat mir dann doch sehr geholfen und meiner Meinung nach hat es mir mehr geholfen, als hätt ich in der Matrix gefragt).

Was ich damit sagen will - es ist nicht immer so, dass die Freunde die ideale Quelle für Informationen sind. Manche kennen sich nicht aus, bei anderen fühlt man sich bei Gesprächen über die Materie schlicht nicht wohl, wieder andere haben komplett gegensätzliche Ansichten. Nicht selten kommt es auch vor, das Leute in Cliquen integriert sind, und sobald einer es weiss, wissen es alle.


Wenn eben ein solcher Fall eintritt, sollte man sich vielleicht einmal überlegen, ob man die Richtigen Freunde hat. Darauf will ich hier nicht eingehen.

Aber Liebe ist eine allgegenwärtige Größe. Ist sie auch jedes Mal etwas einzigartiges, so erfährt jeder sie mal, früher oder später. Und deswegen kann man darüber mit mehr Menschen reden, als man glaubt


Da hast du allerdings Recht. Aber eminer Meinung nach auch unrecht. Aber ich finde es eben nicht richtig Leute in mein privatleben hineinzuziehen oder ihnen die Tür dorthin auf zumachen, die ich nicht wirklich kenne (Ist jetzt in keinster Weise abwertend gemeint, es ist eben wegen der Anonymität die im I-net vorherscht). Vielleicht habe ich in dieser Hinsicht aber auch ein veraltetes Weltbild.

Und im Liebesleben "versagen" kann man nicht so einfach ...


Was ich mit Versagen meine ist wenn man glaubt man kann nicht die richtige Entscheidung treffen und wird es im nachhinein arg bereuen.

du sagst selber, dass du kein Liebesleben atm hast. Und kürzlich liessest du verlauten, dass du nicht planst, mit einer Frau zu leben . Falls ich das jetzt falsch interpretiere fühl dich bitte nicht auf den Schlips getreteten, ist nicht so gemeint .


Es sei dir vergeben. Und wenn ich doch mal von meiner "Planung" abweiche werde ich dies allerdings mit einem sehr guten Freund diskutieren. ;)

BeitragVerfasst: Di 2. Sep 2003, 01:20
von Tha Samourida
Ich bespreche Dinge aus meinem 'Liebesleben' nur sehr selten mit Freunden, meistens eigentlich erst, wenn ich fuer mich die anstehende Entscheidung schon getroffen habe. Denn ich bin der Meinung, dass man gerade solche Dinge ("zwischen wem soll ich mich entscheiden") eigentlich nur allein entscheiden kann. Weder Freunde noch Leute im Internet haben alle Informationen, die man selber hat, und letztlich ist es doch immer eine Sache von Gefuehlen und die kann man durch Beraten auch nicht aendern. Man koennte hoechstens sagen, dass einem von anderen vielleicht die Augen fuer Dinge geoeffnet werden, die man sonst so nicht wahrgenommen haette, aber da bin ich mir auch noch nicht ganz sicher.

Ich bin mir auch nicht so sicher, ob die meisten Leute das tun, was ihnen im Internet geraten wird. Ich denke, viele suchen einfach eine Bestaetigung dafuer, dass sie richtig gehandelt haben.

Also ich kann nur sagen, dass ich bisher immer alles mit mir selber bzw. mit dem Freund selber ausgemacht habe. Das liegt jetzt nicht daran, dass ich keine vertrauenswuerdigen Freunde habe, sondern solche, die alles sofort weitererzaehlen. Ich denke nur einfach, dass andere da hoechstens zum Troesten de sind, aber die Entscheidungen muss man schon selber treffen, sonst kann es nichts werden.

BeitragVerfasst: Di 2. Sep 2003, 02:06
von MagicMagor
@blobb

Ja ich denke du hast das ein ganz entschiedenes altes Weltbild. Das Internet mag anonym sein, in den vielen Massenchats. Aber in einem Chat, wo man immer wieder die gleichen 5 Leute antrifft oder in einem Forum wo immer wieder 10 Leute posten, dort herscht keine Anonymität sondern mehr Vertrautheit. Und auch, daß ist der Ort wo diese Seelsorge betrieben wird.

Um einen Menschen kennenzulernen ist es nicht nötig ihn leibhaftig zu sehen, auch wenn das viele immer meinen. Um einen Menschen kennenzulernen bedarf es nur Kommunikation. Es spielt keine Rolle ob dies über echtes Gespräch, Telefon, Briefe oder eben übers Inet geschieht. Ich verstehe mich mit einigen Leuten aus dem Inet besser als mit Schulkameraden.

Seelsorge im Internet, hat gegenüber der im RL allerdings einen, wie ich finde, entscheidenen Vorteil. Dadurch, daß der Gesprächspartner nicht direkt bei einem ist, also durch die scheinbare Anonymität, sinkt die Hemmschwelle über gewiße Dinge zu reden. Manchmal ist es einfach wichtig nur mit jemandem zu reden. Und der beste Freund, mit dem man sonst über alles reden kann, der ist vielleicht nachts um halb eins nicht erreichbar. Aber vielleicht trifft man einen guten Freund um die Uhrzeit im Chat an und kann mit ihm darüber reden.
Alle Leute denen ich mich im Internet anvertrauen würde sind auch soweit intelligent solche Informationen vertraulich zu behandeln. Sprich der Umgang den man erfährt, ist nicht anders wie wenn man mit dem besten Freund darüber redet.
So habe ich das jedenfalls schon einige Male erlebt.

BeitragVerfasst: Di 2. Sep 2003, 11:37
von Thod
Ich glaube du beziehst dich jetzt darauf, wenn man irgendwo nachfragt und dort keinen kennt. In keinster Weise. Hier kennt man sich doch etwas.


nö, nicht nur. ich denke, überall da, wo man solche initmitäten von sich gibt, gibt es auch genügend voyeure, die sich dran ergötzen und gerne ratschläge geben, die bei ihnen selber nicht geholfen haben, oder die sie sich angelesen haben. gerade für junge und labile menschen sehe ich da durchaus auch eine gefahr.
das möchte ich allerdings nicht als verallgemeinerung, sondern als mitbestandteil verstanden wissen.

gruss,
thod

BeitragVerfasst: Di 2. Sep 2003, 14:14
von blobbfish
@Liebesleben
Also, ich möchte mal sagen, dass es hier nicht nur um Probleme in der Liebe geht. Ich hatte den Schwerpunkt darauf gelegt, weil es am gefragt wird.

Weder Freunde noch Leute im Internet haben alle Informationen, die man selber hat, und letztlich ist es doch immer eine Sache von Gefuehlen und die kann man durch Beraten auch nicht aendern.


Klar ist es eine Sache von Gefühlen. Ich verlnage ja auch nicht, dass man sich umbedingt von jemandem beraten lassen soll, sondern wenn man wirklich rat braucht, ist es meiner Meinung nach besser, jemanden zu Fragen den man persönlich kennt. Du sagst selbst, dass andere nicht alle Informationen haben, aber wenn es ein wirklich guter Freund ist so wird er dich sicherlich auch recht gut kennen. Er kann meiner Meinung nach spezieller auf einen eingehen. Nur allein ein Gespräch mit jemandem der eine wirklich versteht, ohne Ergebnis kann mehr wert sein als im I-Net nachzuragen, wo man dann eventuell sogar eine Lösung findet. Bei ersterem muss man die Entscheidung letztlich selbst treffen. Ich denke meistens läuft es darauf hinaus wie "Du musst es wirklich selber entscheiden, ich würde es so un so machen, aber es ist wirklich deine Entscheidung, du musst wissen was du tust". Wenn ich das von jemandem höre der mich gut kennt zum dem Vertrauen aufgebaut habe bringt es mir mehr als wenn es mir jemand nicht so vertrautes sagt. Es ist eben die Wirkung.

Ich bin mir auch nicht so sicher, ob die meisten Leute das tun, was ihnen im Internet geraten wird. Ich denke, viele suchen einfach eine Bestaetigung dafuer, dass sie richtig gehandelt haben.


Man gibt ihnen meistens die Bestätigung, dass sie das richtige getan haben. Manchmal ehrlich, manchmala ber auch nur um zu verhindern, dass sich der Betreffende noch mehr Vorwürfe macht. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sie dadurch beeinflusst werden.

Etwas weit hergeholt, aber durchaus passend:
Du machst eine Angabe beim Volleyball und spielst den hinten rechts an, hast aber eigentlich agrnicht geziehlt und sagst dir dann, dass du dort hinspielen willst.

hoechstens zum Troesten de sind, aber die Entscheidungen muss man schon selber treffen, sonst kann es nichts werden.


Die Entscheidung muss man auf jeden Fall selbertreffen. Da gebe ich dir absolut Recht.

Das Internet mag anonym sein, in den vielen Massenchats. Aber in einem Chat, wo man immer wieder die gleichen 5 Leute antrifft oder in einem Forum wo immer wieder 10 Leute posten, dort herscht keine Anonymität sondern mehr Vertrautheit. Und auch, daß ist der Ort wo diese Seelsorge betrieben wird.


Das stimmt auch wieder. Allerdings denke ich, dass man zu den Leuten durchaus eine andere Beziehung hat. so ist die Bezugsperson deutlich getrennt. Wenn ich nicht ehr kann dann kann ich den Chatroom einfach verlassen. Beim Gegenüberstehen kann ich nicht weglaufen.
Für mich wäre das absolut nichts.

Seelsorge im Internet, hat gegenüber der im RL allerdings einen, wie ich finde, entscheidenen Vorteil. Dadurch, daß der Gesprächspartner nicht direkt bei einem ist, also durch die scheinbare Anonymität, sinkt die Hemmschwelle über gewiße Dinge zu reden.


Es liegt aber auch am Medium selber. Als ich mich mal so wirklich Krach hatte, kam es per E-Mail angeflatttert mit einem Geständnis, dass diejenige Mist gebaut hat. Ich war davon nicht so sonderlich begeistert so etwas über E-Mail zu erfahren. Aber es ist einfacher. Schrieben. Ich muss nur auf Senden drücken, dass war's. Bei einem normalen Brief muss man das Ding einwerfen. Aber ich glaube, dass das ein anderes Thema ist.

Manchmal ist es einfach wichtig nur mit jemandem zu reden. Und der beste Freund, mit dem man sonst über alles reden kann, der ist vielleicht nachts um halb eins nicht erreichbar. Aber vielleicht trifft man einen guten Freund um die Uhrzeit im Chat an und kann mit ihm darüber reden.


Nuja, wäre für mich auch kein Grund. Ich kann mit so einer Entscheidung in der Regel bis zum nächsten Tag warten. Wenn er eben nicht erreichbar ist, ist er eben nicht erreichbar. Das ist nuneinmal so. Und dass nachts um halb eins einer meiner Chatkumpels on ist auch nicht garantiert.

BeitragVerfasst: Di 2. Sep 2003, 14:39
von Student27NRW
So, dann will ich meinen Senf auch einmal dazu abgeben. Ein paar Leute erinnern sich sicherlich noch an meinen Thread "Hilfe".
Habe damals auch einiges von mir und meinen Problemen verraten. Der Grund lag darin, dass man hier einfach die Anonymität wahren und sich mehrere Meinungen einholen kann. Habe diesen Thread neben den Meinungen von Freunden als Unterstüzung gesehen, um vielleicht noch auf andere Lösungen zu kommen oder sich in seinem Verhalten bestätigt zu sehen. Daher würde ich hier nicht von Verrat an Freunden reden.

BeitragVerfasst: Mi 3. Sep 2003, 13:09
von GenomInc
Auch ich hatte vor einigen Wochen ein sehr schweres Problem mit dem ich nicht allein fertig wurde. Ich habe mir auf mehren wegen hilfe gesucht und gefunden.
Zum einem mein hausarzt und eine Psychologin wo ich täglich hingehe, zum anderen meine Eltern die mir sehr geholfen haben. Auch Freunde haben zu mir gestanden wobei ich von 2 als ich ihnen das Prob geschildert habe entauscht war und auch keinen Kontakt mehr zu habe. Ich bin aber auch ins inet gegangen und habe im Chat mit neutralen fremden und leuten denen das gleiche wie mir passiert ist geredet auch dieses hat mir sehr geholfen. Ich denke es gibt nicht den goldenen Weg der für alle das beste ist. Bei mir war es eine Kombination aus allem. Sonst wäre ich heute nicht so weit wie ich jetzt bin.

Gruss Torsten

BeitragVerfasst: Di 22. Feb 2011, 23:38
von e-noon
Interessantes Thema...

Für mich persönlich ist das Internet eine willkommene Ergänzung zum Freundeskreis und der Familie. Je nach Art des Problems kann es sein, dass ich mich zuerst an meine Familie wende, oder ausgewählte Freunde, oder Partner, oder dass ich es versuche, mit mir selbst auszumachen. Wenn das Problem die bisherige Existenz bedroht, reicht meist einer dieser Bereiche nicht, sondern es werden sowohl Familie als auch Freunde, Partner wie auch Internet herangezogen. Manchmal erkennt man durch so ein Problem auch, dass ein Bekannter schon ein Freund geworden ist, manchmal sicherlich auch umgekehrt, man erkennt die Grenzen, die in der Vertrautheit mit einer bestimmten Person liegen.

Für mich liegt der Unterschied weniger in Internetkontakt/Reallifekontakt, sondern einerseits im Medium - manchmal kann ich über ein Problem seitenlang schreiben, bringe aber kein Wort heraus - und in den Vorabinformationen, die beim Gegenüber bezüglich des Problems bestehen. Egal, ob es sich um meine beste Freundin handelt, die seit 20 Jahren in meinem Dorf wohnt, oder um jemanden hier im Forum, bei bestimmten Problemen wende ich mich an beide nur schriftlich, auch wenn ich mit meiner besten Freundin sicher auch mündlich häufig Kontakt habe, was bei Forenmitgliedern nicht so ist. Das ist aber für das Problem nebensächlich. Etwas anderes ist es natürlich, wenn es nicht (mehr) um eine Entscheidung geht, sondern darum, sich mit selbiger abzufinden; dann gibt es sicher Momente, in denen man sich gerne alles von der Seele schreibt, aber mit niemandem sprechen will, und genauso Momente, in denen alle Worte auch nicht mehr helfen und eine Umarmung das einzige ist, was hilft.

Ähnlich die Vorabinformationen - wenn ich ein Problem im Studium habe, kann mir vielleicht ein Kommilitone besser helfen als meine beste Freundin, und wenn jemand einen gemeinsamen Freund von uns beiden kennt, ist es leichter, dessen/deren Verhalten einzuschätzen, wenn sich ein Problem ergibt. Objektiver ist es dagegen vielleicht im Forum; da man selber allerdings die relevanten Fakten auswählt, die man schreibt, ist es dann auf der anderen Seite wieder subjektiver. Allerdings erhält man im Forum wahrscheinlich mehr verschiedene Alternativen, da viele verschiedene Erfahrungen aufeinander prallen, was einem dann vielleicht wiederum Denkanstöße gibt, die man sonst nicht hätte.

BeitragVerfasst: Mi 2. Mär 2011, 13:16
von 009
Mir deucht, auch in Bezug auf "Seelsorge" (worunter ich eher sehr private, persönliche, psychologische Probleme und weniger Fragen aus Hauswirtschaft und Finanzorganisation usw. meine) ist das Internet einerseits nur ein Mediuem und andererseits - ja was eigentlich? - Auslöser oder Problemlöser- in der heutigen modernen Welt.

Früher (tm), auch gerade im dörflichen Bereich (da gewiss teils noch heute sehr stark) gab es eher größere Familien, die einzelnen Mitglieder waren in diversen sozialen Netzwerken (Vereine, Stammtische, Freiwillige Feuerwehr usw.), so dass grundsätzlich ein doch eher breites Spektrum an Bekannten und auch Freunden bereitstand, um sich über Probleme auszutauschen.

Heute kommen die einzelnen weit mehr in der Welt rum, es gibt einerseits mehr Kontakte zu anderen Menschen, aber die sind eben nicht immer triovial oder/und vor Ort erreichbar.

Je nach dem könnte man im Extrem entweder die These formulieren, das sei (auch) so, weil der Mensch als soziales Wesen dank Internet seine Sozialkontakte quasi mitnehmen und von überall pflegen kann - oder aber durch die heutigen Formen der Lebensgestaltung (vor allem durch häufigere Orstwechsel der temporären oder dauerhaften Art) sei das Leben in Dorf wie erst Recht Stadt zunehmend anonymer und viele würden das eben duch die Vernetzung mit anderen übers Internet ersetzen (oder zumindest versuchen).

Inwieweit nun einzelne mit anderen (auch) übers Netz sozusagen im gegenseitigen seelsorgerischen Austausch stehe, hängt gewiss davon ab, wie sehr sie sich anderen mit ihren Problemen offenbaren können.

Einen Vorteil sehe ich beim Internet: auch da kann eine gewisse Nähe und Vertrauen entstehen, die es gerade ermöglicht, auch persönlich schwieriges zu erörtern. Zudem kann es gelingen, mit einzelnen im Kontakt zu stehen, die mit dem Rest des eigenen Umfeldes nichts/kaum was zu tun haben, was bei der Frage, was sich wie rumsprechen könnte, gewiss ein Vorteil ist.

Gerade in dörfllichen Umgebungen ist auch anzunehmen, das einmal existente andere lange/länger in dem Umfeld blieben und man die da nicht wirklich aktiv "beseitigen" oder ignorieren kann, so wie das zb bei den sozialen Netzwerken im Internet wohl möglich ist. Da gibt es doch auch den netten Spruch (der auch zu einer StudiVZ-Gruppe wurde - oder umgedreht?): Hilfe, ich brauche neue Freunde, meine alten wissen zuviel.

Aus Selbsterfahrung und was ich so um mich rum mitkriege ist das Medium Internet aber auch an sich etwas besonderes. Es ist (je nach dem "was" im Internet man macht/nutzt) von den Aspekten Schnelligkeit, Beidseitigkeit, Schriftlichkeit, Persönlichkeit/Visualität (sieht man den anderen oder nicht) her sicher manchem althergebrachten Medium gleich, aber wohl auch immer mind. in einem Aspekt verschieden.

Das dürfte erklären, warum sich (mind. für mich) gerade auch "seelsorgerische" Kommunikation per Internet mal genauso wie andere bewährte Kommunikationswege anfühlt und mal auch gerade etwas anders, mithin sogar besser, anfühlt. Das hat teils was von mit nahen, vertrauten in doch etwas (positiv) distanzierterer, anonymerer Form zu kommunizieren und auch mehr Freiraum bei Beginn/Ende der Kommunikation zu haben, als wenn man zur anderen Person hin geht oder die bei einem ist.