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Verfolgung von Falun Gong

BeitragVerfasst: Fr 12. Sep 2003, 10:39
von Someone
Bild
Das oberige sind Verhaftungen von Falun Gong Übenden auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Das folgende ist ein Bericht über die Verfolgung einer Bekannten von mir.
(sorry es ist ein bißchen lang, aber ich hab es trotzdem reingepackt weil es sehr gut die Situation in China darstellt)

Mittlerweile hat sie in meiner Stadt Assyl beantragt,
wir wissen noch nicht ob es gewährt wird.

Ihr könnt auch auf folgende Seite schauen:
das ist ein ähnlicher Fall.

(den Nachnamen hab ich vorsichtshalber weg gemacht)

"Mein Name ist DU. Am 4. Mai 1978 wurde ich in der Stadt Yingkou, Provinz Liaoning, China geboren.

Seit Oktober 1998 praktiziere ich Falun Gong, eine traditionelle Buddhistische Kultivierungsschule in China, durch die ich bis heute immer gesund bleibe und mich wieder richtig nach deren Prinzipien „Ehrlichkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“ richten kann.

Doch aus Neid hat Chinas ehemaliger Staatschef, Jiang Zemin, beschlossen, das vom Volk sehr beliebte Falun Gong auszumerzen. Juli 1999 begann in China die grausame Unterdrückung.

Jeder Praktizierende, egal wer man ist, egal wie lange man die Übungen schon gemacht hat, egal ob man weiterhin in der Öffentlichkeit die Falun Gong-Übungen praktiziert oder „alleine zuhause“ übt, wird von dieser Verfolgung betroffen. Die einzige Möglichkeit, wenn ein Falun Gong-Praktizirender weiterhin seine „Freiheit“ in China genießen will, besteht darin, daß man sich offiziell von Falun Gong trennen erklären und es zudem kräftig verleumden muß.

Meine Erlebnisse in China

1. Druck von meiner Universität

Nach dem Beginn der Verfolgung zwangen die Führungskräfte meiner Uni, die Marine Universität Dalian, die Falun Gong praktizierenden Studenten, mit ihrem Praktizieren des Falun Gong aufzuhören. Und man mußte Falun Gong noch schriftlich verleumden und einen Garantiebericht schreiben, Falun Gong nicht mehr zu praktizieren. Wir wurden in einem Raum zusammengehalten, man durfte den Raum nicht verlassen und in der Nacht auch nicht schlafen, wenn man keinen „befriedigten“ Bericht produzieren konnte.

Da ich Falun Gong nicht aufgeben wollte, suchten mich die Unipräsidenten, der Parteichef der Uni, der Fakultät und der Klassenbetreuer ständig auf und sie forderten mich auf, alle meine Falun Gong-Bücher abzugeben. Sie erlaubten mir nicht, die Übungen im Campus zu machen und Kontakt mit anderen Studenten, die Falun Gong praktizierten, zu haben. Sie beauftragten sogar meine Kommilitonen, mich überall hin zu verfolgen und zu überwachen. Einmal haben sie meine Eltern aus meiner Heimat (einer Stadt, die ca. 160 km von Dalian entfernt ist) in die Uni gerufen mit der Hoffnung, mich von Falun Gong abbringen zu können. Sie bedrohten mich und meine Familienangehörigen noch, mich aus der Uni zu verweisen, wenn ich Falun Gong nicht aufgeben würde. (Damals wurde schon ein Student namens Liu Xingwang aus der Uni verwiesen, weil er Falun Gong nicht aufgeben wollte.) Danach stand ich unter großem Druck von der Universität und der Gesellschaft, mein ruhiges Leben wurde zerstört.

2. meine Reise nach Beijing Ende April 2000 und die Verfolgung danach

Am 21. April 2000 fuhr ich mit dem Zug nach Beijing und wollte dem Gesetz gemäß eine Petition der Regierung einreichen. Am Vormittag des 22. April kam ich in Beijing an, aber ich konnte das Petitionsbüro nicht finden. Als ich am 25. April auf dem Platz des Himmlischen Friedens stand, wurde ich von der Polizei gefragt, ob ich Falun Gong Praktizierende sei. Ich gab zu und wurde sofort in den Polizeiwagen geschoben und zur Polizeibehörde Niederlassung des Platz des Himmlischen Friedens gebracht. (Jeder Falun Gong-Praktizierende in China steht vor der Gefahr, festgenommen zu werden, wenn er auf der Straße geht und von einem Polizisten gefragt, ob er Falun Gong praktiziert. Denn die Falun Gong-Praktizierenden bleiben immer ehrlich und so geben sie meistens zu, die Polizei braucht sich gar keine Mühe zu geben, um sie festzustellen.)

Beim Verhör sagte ich die Wahrheit, dass ich Studentin der Marine Universität bin, so wurde ich eine Stunde später von der Polizei, die aus der Stadt Dalian gekommen ist, abgeführt und ins Vertretungsbüro des „Büros 621“ Dalian in Beijing eingesperrt (Das „Büro 621“ ist eine staatliche Einrichtung, die speziell für die Verfolgung an Falun Gong zuständig ist; das selbe Büro heißt in Beijing oder anderen Städten oft das „Büro 610“). Mein Personalausweis wurde auch beschlagnahmt. Am 27. April wurde ich zurück nach Dalian geschickt und in der Drogenentzugsstation der Justizbehörde eingesperrt – einer „Gehirnwäschestation“. Vorher wurde ich von vier großen Polizisten durchsucht, mein Buch „Zhuan Falun“ (Hauptwerk von Falun Gong) wurde gewaltsam weggenommen. Um mein Buch zurückzufordern, trat ich in einen Hungerstreik. Die Wärter bedrohten mich, dass sie mich ins Arbeitslager schicken würden. Sie sagten mir, dass die Richtlinien der Regierung gegenüber Falun Gong ist: „Man kann sie beliebig prügeln; wird jemand totgeschlagen, dann wird es als Selbstmord behandelt.“ Deshalb macht es ihnen nicht aus, ob ich mich im Hungerstreik befand.

In der Drogenentzugsstation wurden ich und andere Falun Gong Praktizierende gezwungen, sich Vorträge von dem Vorsitzenden der Justizbehörde Dalian anzuhören, in denen Falun Gong und dessen Gründer Herr Li diffamiert wurden. Inzwischen standen eine nach anderer Praktizierende auf und sagten der Polizei ruhig: „Ihr dürftet unseren Meister nicht beschimpfen. Wenn ihr ihn weiterhin beleidigt, höre ich nicht mehr zu.“ Die Polizisten kamen schnell von hinten her und schleppten sie weg und prügelten sie. Ich wollte eigentlich auch die Vorträge verhindern, aber diese Szene machte mir ängstlich. Ich stand nicht auf und wurde nicht geschlagen, aber es tat mir sehr leid. Eine Praktizierende verweigerte sich zum Vortrag zu gehen. Danach habe ich von einer anderen Praktizierenden erfahren, dass man ihr Hand- und Fußschellen angelegt und sie heftig geprügelt hat. Am Ende wurde sie in einer kleinen und engen Zelle allein eingesperrt. Dort gibt es keine Fester, keinen Sonnenschein, kein Licht, einfach dunkel und klein. Man konnte darin nicht gerade stehen, weil es zu niedrig ist, auch nicht hocken, sondern nur mit einer leidvollen Haltung bleiben.

Später habe ich erfahren, dass mein Onkel, der als Leiter der Abteilung für Politikforschung des Stadtkomitees der Stadt Dalian tätig war, sich an seine Bekannten gewendet. Mit seiner Hilfe wurde ich am 30. April 2000 gegen Bürgschaft freigelassen. Meine Eltern bezahlten dafür einige Tausende Yuan (Löhne einiger Monate in China) Strafgeld, bekamen aber keine Quittung.

3. meine Uni. Verweigert, mir mein Abschlußzeugnis zu geben.

Nach dem 1. Mai kam ich zurück zu meiner Universität. Weil die Vorsitzenden der Uni Angst hatten, dass ich den Kommilitonen meine Erlebnisse weitererzähle, wurde ich nicht mehr erlaubt, in der Universität zu wohnen.

Juni 2000 habe ich alle Abschlußprüfungen der Uni bestanden und meinen Studienaufsatz auch rechtzeitig abgegeben, der ebenfalls befriedigend war. Aber als ich mein Studium im Juli 2000 abschloß, verweigerte sich die Führung der Uni, mir mein Abschlußzeugnis zu geben, welches vom Erziehungsministerium hergestellt wurde. Erst nach ca. einem Jahr konnte mein Onkel mein Abschlußzeugnis mit seinem Einfluß als hoher Beamter zurückverlangen.

4. meine zweite Reise nach Beijing und mein Erlebnisse in Gewahrsam

Da viele Freunde von mir festgenommen und geschlagen wurden, wollte ich am 30.09.2000 noch einmal nach Beijing fahren, um während der Zeit der Nationalen Feiertage eine Petition der Regierung einzureichen. Im Fernbus nach Beijing gab es Schimpfwörter gegen Falun Gong und dessen Lehrer. Bevor der Bus abfuhr, stieg ein Polizist ein. Er schaute, wer wie Falun Gong Praktizierende aussieht, und dann forderte er ihn auf, die Schimpfwörter im Bus vorzulesen, falls man nicht danach handelte, wurde man festgenommen. (Genauso lässt man Falun Gong-Praktizierende erkennen. Oder man legt ein Bild von Herren Li Hongzhi vor den Türen des Zuges; jeder muss darauf treten, bevor er in den Zug einsteigt. Diejenigen, die dies nicht tun wollen, werden als Falun Gong-Praktizierende abgestempelt und sofort festgenommen!)

Am 01.10.2000 kam ich auf den Platz des Himmlischen Friedens. Gegen 9 Uhr fingen manche Falun Gong Praktizierende an, die Übungen zu machen, um zu appellieren. Ich sah, daß die Polizisten sie sehr schnell umzingelten und sie zusammen mit den Polizisten in Zivil sehr grausam schlugen. Danach wurden die Geschlagenen in den Polizeiwagen geschleppt. Tatsächlich bluteten manche geschlagenen Falun Gong-Praktizierende stark und das Blut verschmutzte den Boden. Ein daneben wartender Reinigungswagen kam sofort in Einsatz und vernichtete sehr schnell die Spuren der Verbrechen der Polizisten. Als ich dies sah, dachte ich, daß es nichts nutzt, wenn ich jetzt etwas machen würde. So habe ich nichts unternommen. Gegen Mittag verließ ich den Platz des Himmlischen Friedens und fuhr zu einem Freund von mir.

Am 06.10.2000 kam ich noch einmal auf dem Platz des Himmlischen Friedens und ich sah die selben Szenen wie vor ein paar Tage: Die Polizisten schlugen und nahmen Leute fest wie verrückt. So habe ich gar nichts getan und kehrte am 08.10 zurück nach Dalian, wo ich arbeite.

Am 16.10.2000 suchten zwei Polizisten (der eine heißt Yucheng Shan und der andere Xiaowen Wang) mich auf und brachten mich zur lokalen Polizeiwache, um mich zu verhören. Ich gestand, daß ich am 01.10 nach Beijing gefahren bin, allerdings habe ich gar nichts unternommen. So fragte mich Shan, ob ich jemals Übungen gemacht hätte, und ich sagte, daß ich die Übungen in der Wohnung meines Freundes gemacht habe. Dann sagte Shan: „Das genügt schon.“

Später habe ich von anderen Polizisten erfahren, daß alle Falun Gong-Praktiziereden, die während den Nationalen Feiertagen nach Beijing gefahren und irgendwo Übungen gemacht haben, als „Antirevolutionäre“ beschuldigt werden.

Ich wurde nicht - wie sie es mir versprochen haben - freigelassen, sondern in Gewahrsam genommen. In der Polizeiwache wurde uns – mir und anderen Falun Gong-Praktizierenden - der Schlaf beraubt, rund um die Uhr wurden wir überwacht, man darf sogar nicht einmal die Augen schließen. Das hat 3 Tage und 2 Nächte gedauert.

Einfach weil ich Falun Gong-Übungen in der Wohnung meines Freundes gemacht habe, wurde ich 15 Tage lang in Gewahrsam gehalten (siehe Anlage). Man durfte noch nicht einmal einen Berufung einlegen, denn die Fälle bezüglich Falun Gong dürfen im heutigen China allgemein keine Berufung einlegen, so die Antwort der Polizei.

5. Ich durfte nicht mehr weiter arbeiten

Nachdem ich endlich am 02.11.2000 freigelassen wurde, konnte ich auch nicht mehr weiter in meiner Firma arbeiten, denn mein Chef wagte nicht mehr, mich weiterhin anzustellen. So habe ich auch meine Arbeit verloren.

6. Ich kam nach Deutschland

Ich wünschte mir, eine freie und friedliche Umgebung für mein weiteres Leben finden zu können, so half mir mein Vater Anfang 2001, mich ins Ausland zu schicken.

Die Falun Gong-Praktizirenden konnten damals keinen Reisepaß bekommen. Nach dem Abschluß meines Studiums hat meine Uni Unterlagen über meine Tätigkeiten in Beijing zu meinem Wohnkomitee geschickt. Aber weil ich umgezogen bin, sind diese Unterlagen an meine alte Adresse gelandet. So konnte ich problemlos einen Reisepaß bekommen. Kurz nachdem ich in Deutschland war, sind diese Unterlagen auch an meine aktuelle Adresse weitergeleitet. Die Zuständigen des Wohnkomitees haben meine Eltern zuhause aufgesucht. Als sie aber erfahren, dass ich schon im Ausland bin, haben sie aufgegeben, etwas zu unternehmen.

Am 01.08.2001 kam ich nach Deutschland und studiere Deutsch in Göttingen bis heute.

Mit freundlichen Grüßen

DU,
2003-06-17"

BeitragVerfasst: Fr 12. Sep 2003, 13:30
von Seraphim

BeitragVerfasst: Fr 12. Sep 2003, 13:44
von Fargo
Falun Gong ist eine grenzkriminelle Sekte, ihr Anführer und Gründer eindeutig ein übler Rassist. Die Rassen müssen seiner Meinung nach auf Erden streng getrennt leben, dies sei nämlich auch in jenseitigen Sphären so. Unabhängig von der Frage nach der demokratischen Legitimation der chinesischen Machthaber: die Destabilisierungsversuche des Staates durch die Rattenfänger von Falun Gong wären eine Bedrohung für jedes Gemeinwesen.

Sektengründer Li Hongzhi ist ein heuchlerischer Hetzprediger schlimmster Sorte und, nach seinen Äußerungen gegenüber westlichen Reportern zu schließen, wie viele seiner Kollegen eventuell schwer geisteskrank. Aliens aus dem Weltall, verkündet er, seien bereits dabei, eine Invasion der Erde zu unternehmen und Menschen durch Klone zu ersetzen.

Leicht zu erkennen, dass hier das passende Klima für Terrorakte und Bürgerkriege geschaffen werden soll.

Fargo

BeitragVerfasst: Fr 12. Sep 2003, 14:33
von Thod
auch wenn ich mich fargo da grundsätzlich nur anschliessen kann, finde ich doch nicht alles verrückt:
"Aliens aus dem Weltall, verkündet er, seien bereits dabei, eine Invasion der Erde zu unternehmen und Menschen durch Klone zu ersetzen. "
diesen eindruck hab ich auch manchmal :D

gruss,
thod

BeitragVerfasst: Sa 13. Sep 2003, 08:25
von GenomInc
Kann da jetzt nichts zu sagen aber bevor ich nacher mal was zu schreibe werde ich mich mal ins Thema einlesen.

zitat "http://www.faluninfo.de/"
„Untergrabt ihren Ruf, ruiniert sie finanziell und zerstört sie physisch!" Dieser Befehl von Jiang Zemin, der durch das Büro 610 in die Tat umgesetzt wird, hat das Leben von Falun Gong- Praktizierenden in China zur Hölle gemacht. Lügengeschichten über Falun Gong werden flächendeckend durch die Medien, die ausnahmslos staatlich kontrolliert sind, verbreitet. Von über 750 Menschen ist bisher dokumentiert, dass sie durch Folter starben, nach internen KP-Papieren gab es bereits im Oktober 2001 etwa 1.600 Tote.

Ich denke selbst wenn sie gegen den Staat sind und wie Fargo schreibt durchgeknallt dann ist es aber kein Grund zu Foltern und zu töten. Kein mensch hat das Recht einen anderen zu töten oder auch nur zu foltern.

Wenn ich auf den Seiten von AI nach China schaue (http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/WNachLand?OpenView&Start=1&Count=200&Expand=30 ) dann lauft es mir kalt den Rücken runter.....
Ich bin der Meinung das sich da was ändern muss und das deine Bekannte hier auch Asyl bekommen sollte.

So das ist meine Meinung zu dem thema.

gruss torsten

BeitragVerfasst: Sa 13. Sep 2003, 11:35
von Fargo
Original geschrieben von GenomInc
Ich denke selbst wenn sie gegen den Staat sind und wie Fargo schreibt durchgeknallt dann ist es aber kein Grund zu Foltern und zu töten. Kein mensch hat das Recht einen anderen zu töten oder auch nur zu foltern.


Darin sind wir uns durchaus einig, Genom.


Menschenrechte

In China herrscht ein Regime, das die Menschenrechte mit Stiefeln tritt. Ich bin ein vehementer Verfechter der in Verruf geratenen These, Menschenrechte seien unteilbar und nicht durch die jeweilige Kultur ganz unterschiedlich definiert.

Will heißen, niemand darf gefoltert werden.


Propagandaschlachten

Womit ich Probleme habe, ist die Propagandaschlacht, die sich Falun Gong und die chinesische Regierung im Internet liefern. Eine Schlacht, die bisher zugunsten der Sekte ausgeht, weil sie sehr viel geschmeidiger auftritt und sehr viel besser begriffen hat, wie das Netz funktioniert. Und natürlich im Vergleich zur chinesischen Regierung sehr viel weniger Leichen im Keller hat. Neben diesen Tyrannen wirkt man schnell sympathisch.

Falun Gong stellt sich da quasi als Speerspitze des Widerstands in China dar, beziehungsweise, als die am meisten verfolgte Gruppierung. Dabei sind sie eine extrem suspekte Sekte. Die wahren Bürgerrechtler, Menschen die für ein demokratisches China eintreten, nicht für das kranke Weltbild eines Psychopathen, eine werden von ihr aus dem Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit verdrängt.

Dass China tatsächlich eine Desinformationskampagne betreibt, hilft der Sekte sehr. Sie zieht nun jede Kritik an ihren Lehren und ihrem Gebaren in Misskredit – als ungeprüfte Weiterverbreitung chinesischer Propaganda. Zugleich verweist sie auf die Schönfärberseiten ihrer Anhänger, die unter den verschiedensten Adressen aus dem Netz sprießen, und gibt sie als neutrale Informationsquellen aus.


Karge Fakten

Was wirklich in China passiert, darüber wissen wir verdammt wenig. Es wird geprügelt, gefoltert und erpresst, es kommt zu Schaufensterprozessen schlimmster Machart, und auch die Todesstrafe wird verhängt: das ist bekannt. Ob wirklich so viele Falun-Gong-Anhänger so massiv betroffen sind, wissen wir dagegen nicht wirklich sicher aus unabhängiger Quelle. Diktaturen lassen sich nicht in die Karten schauen. Sekten auch nicht..

Wir wissen auch nicht, ob die chinesischen Vorwürfe stimmen, was den Alltag mit Falun Gong angeht. Ob tatsächlich immer mehr Menschen, gerade auch Kinder, sterben, weil Sektengründer Li Hongzhi predigt, man brauche keine Ärzte, man könne selbst mit Hilfe seiner Methoden jede Krankheit durch Kontrolle der Energiezentren des Körpers überwinden. Wir wissen nicht, ob es jenen Kriminalfall gab, bei dem ein durchgeknallter Falun-Gong-Anhänger im Kampf gegen die getarnten Aliens auf Erden, 16 oder siebzehn arme Menschen aus der Nachbarschaft, nachdem er zuvor an Hunden und Katzen geübt hatte, vergiftet haben soll.


Böse Gewissheiten

Wir wissen aber zweierlei:

1) seiner autoritären Struktur wegen und der massiven Spannungen und Ungleichheiten im kaum noch kontrollierbaren Riesenreich muss die chinesische Führung jede öffentlich auftretende, unabhängige, sich selbst organisierende Bewegung als Bote ihres nahen Endes fürchten. Vermutlich wird sie also tatsächlich mit aller Härte gegen Falun Gong vorgehen – aus ganz anderen Gründen als denen, die man tatsächlich gegen die Sekte vorbringen kann.

2.) ein Teil der Lehren von Li Hongzhi ist tatsächlich von jener gemeingefährlichen Krausheit, die man immer wieder in den Offenbarungsfaseleien von Menschen findet, die einen schweren schizophrenen Schub erlitten haben. Geisteskrankheit und quasi-religiöse Offenbarung haben eine lange Verwandtschaftsgeschichte – vielleicht hat ja jemand hier schon mal von den deutschen Jakob-Lorber-Gemeinden gehört. Es ist also durchaus möglich, dass die labilsten seiner Anhänger schwere Schäden erleiden oder verursachen.


Blutige Werbung

Das ist, wie gesagt, alles keine Rechtfertigung für das Vorgehen der Chinesen. Aber es sollte uns wachsam machen gegenüber Falun Gong. Ich habe den schlimmen Verdacht, dass die „öffentlichen Übungen“ ein von Li Hongzhi bewusst genutzter Werbetrick sind. Die armen Teufel in China, die in einer zerfallende Gesellschaft Halt suchen, werden in Konfrontationen mit der gereizten Staatsmacht verheizt. Erst das verschafft der drittklassig aus bekanntem Material zusammengerührten Esoteriksuppe des ehemaligen Kampfsportlehrers weltweite Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit. Ich habe an amerikanischen Universitäten selbst erlebt, wie sich erste Falun-Gong-Zirkel quasi aus Solidarität mit den Unterdrückten gegründet haben.


Sekte oder nicht?

Ob man ihn nun für einen Kranken oder für einen Gauner oder für eine Mischung aus beidem hält, Li Hongzhi ist der modernste aller Sektengründer. Weshalb seine Anhänger den Vorwurf auch gern von sich weisen können, es handle sich um eine Sekte.

Ein paar der klassischen Kennzeichen sind zwar vorhanden – die Hirnwäschetheorien, die alle Nachprüfbarkeitsversuche von außen für nichtig erklären und rein auf sich selbst fußen, das extreme Konfrontationsdenken (‚wir = die Erleuchteten’ und ‚die anderen = die potenziell Gefährlichen = Alienagenten’), die abgrenzende eigene Sprache und die Gemeinschaft beziehungsweise Absonderung schaffenden Rituale.

Andere Sektenkennzeichen aber fehlen – Falun Gong hat keine straffe Verwaltungshierarchie wie andere Sekten, wie die geschäftstüchtigen Scientologen etwa oder die brutale koreanische Sekte von Reverend Mun. Und Falun Gong versucht nicht früh, die vollkommene ökonomische Kontrolle über seine Anhänger zu gewinnen.


Flexible Strukturen

Meiner Meinung nach hat das nichts mit Liberalität zu tun. Li Hongzhi hat instinktiv erkannt, dass es diese angreifbaren Strukturen und Methoden heutzutage nicht mehr (oder beim derzeitigen Entwicklungsstand seiner Sekte: noch nicht) braucht. Li Hongzhi hat die globalisierte Gesellschaft begriffen, und vor allem das Internet.

Dezentrale Organisation, vernetzte Strukturen hoher Selbstständigkeit sind sein Erfolgsrezept – er vertraut einfach darauf, dass er via Lehrbuch an allen Orten der Welt, wo er Anhänger hat, auch präsent ist und die Richtlinien vorgibt. Ohne Sektenkommissare, die direkt aus der Geheimzentrale der Macht entsendet werden. Er vertraut darauf, dass Widerspruch vor Ort in Europa und USA von selbst erstickt wird – durch die moralische Gewalt des Leidens seiner Anhänger in China.

Das Regime dort erledigt mit dem Blut der Verführten die Werbearbeit für ihn, und schweißt die neuen Gruppen im Westen immer enger zusammen. Die müssen einfach von Treffen zu Treffen fester an Li Hongzhi glauben und eifriger missionieren – denn das ist ja das einzige, womit sie dem Martyrium ihrer fernen Mitsektierer in den Folterkellern Sinn geben können.


Marktwirtschaft

Li Hongzhi vertraut auch auf die Dynamik der Märkte. Er verdient sein Geld mit seinen Büchern und Videos, neue Aktionen in China schaffen neuen Absatz im Westen, und da er auf eine konzernartige Struktur a la Scientology verzichtet, hält er die Kosten niedrig. Warum sollte er früh einzelne Mitglieder finanziell aussaugen, was immer schlechte Presse gibt und die Expansion bremst, wenn er in der kostengünstigen Internetwirtschaft ständig neue Kunden hinzugewinnen kann, die als einzelne nur wenig zahlen. Vorerst reicht das, überzeugte Gläubige spenden gerne freiwillig, und von Sinnsuchern im Westen ist auf lange Sicht per Testament und ähnlichem ein steter Zufluss auch stattlicherer Brocken zu erwarten. Wenn eine Sekte erst einmal mit gutem Namen etabliert ist.

Li Hongzhi muss man Respekt zollen – er vermeidet viele Fehler seiner Vorgänger. Das macht ihn für mich nur noch gefährlicher.

Fargo

BeitragVerfasst: Sa 13. Sep 2003, 15:04
von GenomInc
Ich habe mal im Web gelsen und einige interesante Links gefunden die ich hier gern zum thema China posten möchte:

http://www.igfm.de/pm/pm2002/pm0202/p020213c.htm
http://www.hrw.org/german/press/2003/china090303de.htm
http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/WNachLand?OpenView&Start=1&Count=200&Expand=30 <-- auf China klicken

Ich finde es schon echt erschrekend was dort alles passiert...

Gruss torsten

BeitragVerfasst: So 14. Sep 2003, 17:10
von Someone
Oje, Oje...
das ist ein Durcheinander geworden.

Kaum erwähnt man hier mal wieder das Wort Falun
Gong, fangen sofort einge Leute an und versuchen das schlecht zu machen, und sogar ein über 1 Jahr alter Beitrag den ich schon fast vergessen hab,
hat plötzlich wieder Beiträge.

(an die die solche Beiträge geschrieben haben:
habt ihr überhaupt meinen Beitrag ganz durchgelessen?)

Einige Leute sind dieser Meinung,
andere Jener.

Blos war das von mir doch gar kein Beitrag über Falun Gong, sondern über die Verfolgung einer Freundin von mir, und über die restlichen
1.000.000 die aus dem gleichen Grund verfolgt werden.

Dazu kommen noch die Christen,
Gewerkschaftler, Menschenrechtler, Tibeter, Muslime usw.
die ebenfalls in Arbeitslagern sitzen.

Aber aus irgendeinen Grund scheint das hier wohl nicht soviele zu interresieren.

Sorry, aber das musste ich als Mitglied ner Amnesty Studenten Gruppe mal loswerden.

Schaut euch ruhig mal die Links von GenomInc
an, da könnt ihr euch vieleicht ein besseres Bild machen.


Bild


Schriftzug auf dem Bild:
Rechts: „Stadt Shijiazhuang, Arbeitslager der 4. Gruppe“
Links: „Schuh-Fabrik Shijiazhuang, Hebei Provinz“


Bild

BeitragVerfasst: Mo 15. Sep 2003, 09:13
von GenomInc
Someone ich versuche auch immer mir erst selber ein bild zu machen bevor ich etwas zu einem thema sage, was ist den nun mit deiner Freundin geworden ? hat sie hier Asyl bekommen oder lauft das verfahren noch ?

Gruss torsten

BeitragVerfasst: Mo 15. Sep 2003, 16:55
von Fargo
Original geschrieben von GenomInc
ich versuche auch immer mir erst selber ein bild zu machen bevor ich etwas zu einem thema sage?


Wie will man sich denn selbst ein Bild von der Lage in China machen, GenomInc? Unsere Eindrücke stammen überwiegend aus Medien.

Und selbst wenn sich einmal kein Medienapparat mit seinen spezifischen Filtern zwischen Welt und Auge schiebt - bekommen wir dadurch schon die genaueren Eindrücke? Ich war schon in China. Mit eigenen Augen und Ohren (und durch den Filter der Dolmetscher) habe ich sehr viel weniger vom Land mitbekommen als aus den Medien. Und einiges von dem, was ich zu erkennen glaubte, habe ich wohl nur bemerkt, weil ich vorher Informationen aus Medien hatte und wusste, wonach ich zu suchen hatte. Man könnte allerdings auch sagen, ich hätte leider vor allem das wahrgenommen, was zu meinem vorgefassten 'falschen' Urteil über China passte.

Ich habe auch im Lauf der Jahre mit vielen chinesischen Dissidenten gesprochen, mit prominenten und weniger prominenten. Die Schilderungen der Lage gehen dabei, wie nicht anders zu erwarten, manchmal weit auseinander. Dazu ist nicht nur das Land im Wandel, sondern auch der jeweilige Gesprächspartner. Ich habe mich vergangenen Herbst mit einem Mann unterhalten, der lange als eine der herausragenden Symbolfiguren des Widerstands der Intellektuellen gehandelt wurde. Nun scheint er sich dem System angenähert zu haben, scheint in manchem, was im Westen als unerträglich gilt, Sinn zu sehen - weil in China eben andere Grundvoraussetzungen herrschten.

Aber selbst so ein Gespräch durchläuft diverse Filter - wir wissen nicht, mit welchen Mitteln die Zensoren zuhause gerade welchen Druck auf diesen Mann ausüben können.

Das wirklich eigene Bild haben wir immer nur von sehr wenigen Regionen, Menschen und Verhältnissen.

@Someone

Da Du Dich wunderst, warum ich auf die Erwähnung von Falun Gong reagiere, obwohl meine Beiträge das eigentlich erklären, hier die Kurzform.

1.) Falun Gong ist eine in ihrer Gefährlichkeit nicht zu unterschätzende Sekte.

2.) Das vom Sektenführer bewusst provozierte Leiden der arglosen Anhänger in China ist ein ebenso bewusst eingesetztes Mittel der Werbung - gratis, sie kostet ihn nichts als Menschenleben und fremden Schmerz.

3.) Wenn irgendwo der - völlig zulässige - Hinweis auf die Verletzung der Menschenrechte der Falun-Gong-Anhänger in China auftaucht, dann sollte meiner Meinung nach auch die Aufklärung folgen, was Falun Gong ist. Damit das Mitleid mit den Menschen nicht in fehlgeleitete Sympathie für die Sekte umschlägt.

Wer sich weiter für Falun Gong interessiert, dem kann ich ein Buch des Sinologen Thomas Heberer empfehlen (ja , jetzt kommt ein Amazon-Partnerschaftslink):
Falungong - Religion, Sekte oder Kult? Eine Heilsgemeinschaft als Manifestation von Modernisierungsproblemen und sozialen Entfremdungsprozessen

In Zusammenhang mit dem 'eigenen Bild', Genom, ist interessant, was Heberer in der Amazon-Kundenrezension von einem Falun-Gong-Sympathisanten vorgeworfen wird. Die Sekte versucht im Normalfall, Kritik als uninformiert zu diskreditieren - sie stamme leider von Menschen, die mit den chinesischen Verhältnissen nicht vertraut seien. Die Kritik verfängt bei Heberer nicht, also wirft man ihm das Gegenteil vor:
Nichts gegen Herrn Heberer, aber klar ist auch, dass er nicht als objektiver Betrachter in Betracht gezogen werden kann, weil er nämlich mehrmals im Jahr nach China reist. Würde er etwas über Falun Gong schreiben, was nicht dem dortigen Regime entspricht würde er sicherlich gar kein Visum bekommen.


Man soll also entweder schweigen, weil man China nicht aus eigener Anschauung kennt (man ist dann ein Ignorant) oder wiel man China aus eigener Anschauung kennt (man ist dann ein williger oder gewzungener Komplize des Systems). So was nennt man geschlossenes Weltbild - ein typisches Kennzeichen für Sekten übrigens.

Fargo