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Gräber

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 21:25
von Shockk
Hidiho. Habe vorhin einen Beitrag über Ausgrabungen auf Pro7 gesehen und wundere mich ein wenig. Im Regelfall wird man ja für die Ewigkeit beigesetzt ... um ewig in Frieden zu ruhen usw usf. Was hindert dann in ein paar Tausend Jahren irgendeinen Forscher daran, meine Gebeine auszugraben, sie abzustauben und dann in irgendein Museum zu stellen (falls es überhaupt dazu kommt, s. u.)? Ich finde die Vorstellung erschreckend. Die Menschen, die heutzutage für Forschungen ausgebuddelt werden haben da sicherlich nicht dran gedacht ... da sie selbst und ihre Verwandten, beigesetzt mit Grabbeigaben usw usf ja sicherlich mit anderen Vorstellungen begraben wurden.
Btw - weiss einer von euch wie es um Gräberordnung in Deutschland steht? Also wie das ganze aussieht, ob es zeitlich bescgrenzt ist wie lange man auf einem Friedhof liegt, was danach passiert usw usf?

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 21:58
von blobbfish
Eine schwierige frage die da stellst. Ich persönlich habe kein Problem damit einen Friedhof nach Knochen zu durchwühlen. Mir ist die Forschung da deutlich wichtiger. Einen momentanen Friedhof würde ich allerdings nicht ausnehmen, aus Toleranz zu den hinterbliebenden. Der Tote wird wohl kaum etwas dagegen haben, wenn man ihn ausbuddelt. Es ist zwar nicht im Sinne seiner Weltanschauung, aber er kann nur schwerlich etwas dagegen tun.
Meine Ansicht hängt wohl ab, dass ich nicht auf Totenkult stehe. Mir istr es egal, ob man meinen Körper später mal ausbuddelt und in ein unheiliges Museuum stellt.
Bei den ganzen Korrupten Sachen, die der Mensch hier verzapft, wird es imho nicht auffallen, wenn ein paar Gräber geplündert werden. Dem toten gegenüber ist ein solches Verhalten alerdings rücksichtslos, aber ihm immernoch respekt zu zollen ist übertrieben.

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 22:14
von Padreic
Mir hat mal jemand gesagt, dass man Menschen am besten daran erkennen kann, wie sie ihre Toten behandeln. Als bekennender Anti-Pragmatiker wäre ich bei der Behandlung von Toten zumindest vorsichtig, auch wenn die Forschung vielleicht etwas anderes fordern mag. Der Tote behält seine Würde auch als Toter (wenn er sie denn jemals hatte). Es wäre für die Forschung auch nicht schlecht, wenn man Menschenversuche macht...
Ich denke aber, im allgemeinen Fall wird in ein paar tausend Jahren nichts mehr von deinen Gebeinen übrig sein, weil sie längst verrottet sind. Und Regelungen, die für derartige Zeiträume gelten, gibt es sowieso nicht.
Padreic

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 22:28
von Maglor
Das mit der ewigen Ruhe ist doch ey alles Humbug. Ein Grab wird gewöhnlich nach 30 Jahren oder so platt gemacht, wenn die Angehörigen die Friedhofsmiete nicht mehr bezahlen.
Danach wird an gleicher wieder irgendein Loch mit dem Minibagger ausgehoben. Die Leiche (wohl nur noch Knochen) wird mit der Maschiene total zerlegt. Teile werden wohl mit dem Eraushub sonstwohin (Deponie?) verschwinden. Den Rest findet vielleicht ein Angehöriger beim Blumenpflanzen. Die Knochensplitter (war ja ein Baggerfahrer am arbeiten) bringt er ins Beinhaus, wo sie gestapelt werden wie die radiaaktiver Abfall im Endlager. (Illusion, schwinde!)
@Padreic Den Vergleich mit den Menschenversuchen ist ja wohl etwas platt. Die können zwar auch der Wissenschaft dienlich sein, aber man Unterscheide lebender Mensch und Leiche oder von mir aus auch leere Hülle.
MfG Maglor

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 22:32
von LordSephiroth
Also soweit ich weiss, mietet man einen Platz auf nem Friedhof für 25 Jahre und danach wird es entweder für ein neues verwendet oder man bezahlt für weitere 25 Jahre.
Mir ist es ehrlichgesagt ziemlich egal ob meine knochen in irgendwelchen Museen rumhängen werden. Ich bin dann tot ubnd merke nichts mehr selbst wenn mein Geist noch irgendwo rumschweben sollte^^ Was ziemlich unwahrscheinlich ist stört mich das nicht^^

Verfasst:
So 5. Okt 2003, 22:38
von Maglor
Die Zeitspanne ist glaube ich von Friedhof zu Friedhof verschieden.
Bei geringer Nachfrage und hohen Angebot von Grabstätten, bekommt man mehr fürs Geld
MfG Maglor

Verfasst:
Mo 6. Okt 2003, 16:20
von Padreic
@Maglor
In seiner Überzogenheit sollte der Vergleich klarmachen, dass die Begründung, dass es der Forschung nützt, keine immer gültige ist, wenn es um Menschenwürde geht. Eine Position habe ich nicht bezogen.
Übrigens finde ich diese Art, die Toten zu behandeln durchaus charakteristisch für unsere Gesellschaft...
Padreic

Verfasst:
Mo 6. Okt 2003, 16:35
von Thod
zum umgang mit dem tod angesichts eines materialistischen weltbildes finde ich immer die beiden benn-gedichte "schöne jugend" und "kleine aster" sehr bezeichnend.
Schöne Jugend
Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte,
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach, war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die anderen lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten!
kleine Aster
Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt
Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster
zwischen die Zähne geklemmt.
Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle
Zwischen die Holzwolle,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
kleine Aster!
diese gedichte sind genau so beschrieben, wie man als materialist die welt betrachtet. dennoch spürt man, dass da was falsch ist. "so geht man mit toten nicht um" könnte man meinen. irgendwas ist an dem blick halt falsch. und wenn man sich dran gewöhnt hat, und sich tatsächlich dazu gebracht hat, die welt so zu sehen, dann, so würde man sagen, sollte man sich psychatrisch behandeln lassen. sowas wird auch nicht als normal gesehen, ein solcher mensch hätte keine ethischen wurzeln mehr, und würde in der gesellschaft sicher auch keinen platz geboten bekommen.
ein grab ist eben mehr, als eine sammlung von knochen, oder molekülen.
gruss,
thod

Verfasst:
Mo 6. Okt 2003, 17:00
von Feuerkopf
Die Friedhofsregelungen sind wie oben beschrieben, nur jüdische Friedhöfe werden normalerweise niemals neu verwendet oder zweckentfremdet. (Wurde aber trotzdem immer gemacht.)
Da ich mich einäschern lassen möchte, stellt sich - zumindest für mich - das Problem mit rumliegenden Restknochen nicht.
Ich bin da sehr pragmatisch. Wir haben schlicht nicht den Platz, so viele Tote dauerhaft zu bestatten. Das haben selbst die Ägypter nicht geschafft, und die hatten die Technik.
Wenn ich sterbe, gefällt mir die Vorstellung, wieder zu Erde (Asche) zu werden. Das ist ein beruhigender Kreislauf, in meinen Augen. Die Grabstätte ist nicht für mich wichtig, sondern für meine Hinterbliebenen.