Der Tod ist für die Franzosen eine Frau?!

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Weroansqua
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Mo 12. Jul 2004, 13:58 - Beitrag #21

Also, ich habe jetzt extra für diese Diskussion mein uraltes Tarot aus der Grabbelkiste hervorgewühlt und mir die 13. Karte (Der Tod) mal ganz genau und aus allernächster Nähe angeguckt.

Und war überrascht: Rein von der Form des Beckens her ist der Tod... eindeutig weiblich. Also eine Todin .

Vielleicht haben die Damen und Herren von der Voulezvous-Fraktion einfach von Anfang an die schärferen Augen...?

Chennyboy
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Di 13. Jul 2004, 18:19 - Beitrag #22

Traitor, ihr habt es nicht "ausführlich" diskutiert, sondern nur erwähnt. Und "gewichtig" ist es bestimmt nicht, gibt es doch genügend andere Sprachen, die ohne Artikeln zurechtkommen.

Und außerdem- Artikeln sind nur sture Grammatikkram. Ich denke, dass es sich nicht lohnt, darüber zu philosophieren.

ScubbX
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Mi 14. Jul 2004, 01:08 - Beitrag #23

Nunja, spätestens nachdem sich eine Kultur Gedanken über die Grammatik und somit auch die Artikel gemacht hat, muss sie sich dem Problem stellen, welchen Artikel sie welchem Nomen zuteil werden lässt. (abgesehen von Sprachen mit Einheitsartikeln)

janw
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Mi 14. Jul 2004, 01:35 - Beitrag #24

weroansquas Beobachtung läßt wahrlich tief blicken: Ist also der Tod im Französichen (dorther stammen meines Wissens die Kartenmotive ursprünglich) tatsächlich nicht nur gramatikalisch eine Frau...

ScubbX
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Mi 14. Jul 2004, 01:48 - Beitrag #25

Ich bin mir nicht so sicher... Immerhin gilt es doch als Französisches Schönheitsideal der Frau eben schmale Hüften zu haben?
Aber wahrscheinlich ist das schon zu tief gegriffen.

Um sich selber ein Bild zu machen habe ich etwas recherchiert:

http://www.markus.gerwinski.de/deutsch/bilder/tarot13.html
http://www.atarot.de/AquaticTarot/cards/large/maj_13.jpg
http://www.esoterik-heilsteine.de/enter.htm?Heilsteine-und-Esoterik-The-Tarot/Heilsteine-und-Esoterik-Tod-Anhaenger-gross-WJ-PTDHs.html&Menue-Silberschmuck.htm&Titel.htm
http://www.kunstdirekt.net/kuck/bilder/tarot06.jpg

Das Erste scheint das Originalmotiv zu sein, da es immerwieder vorkommt.
Zugegeben, "sie" wirkt tatsächlich etwas weiblich, aber das liegt wohl an der Rüstung.

Maglor
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Mi 14. Jul 2004, 15:29 - Beitrag #26

Wenn wir gerade beim Thema Artikel sind. :boah:
Hier ein paar lustige Anomalien des Deutschen:
die Großmut, der Kleinmut, der Hochmut, der Mut, das Gemüt :confused:
Und noch einen:
In der frühen Moderne gab es das Wort "der Automat" ausschließlich in feminin, also die Automate!
Und der Oberbrüller ist ja Joghurt:
der Joghurt, die Joghurt, das Joghurt
Es gibt vielerlei Hinweise, dass das grammatische Geschlecht in kaum einer Verbindung zum außersprachlichen Geschlecht steht. Ganz anders ist es übrigens im Englisch, wo es faktisch keine grammatische Unterscheidung zwischen den Geschlechtern gibt und diese vollständig mit dem außersprachlichen übereinstimmen.

MfG Maglor :s11:

Zerglord
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Mi 14. Jul 2004, 16:57 - Beitrag #27

Hi, Scubbx. Interssante Diskussion zum Thema Tod.

Aber der Tod ist doch im Grunde nur eine Personifikation: Folglich wäre im Deutschen vieleicht das Tod besser.

Im Englischen gibt es doch auch den Grim Reaper => unseren Sensenmann. Der Tod alles Schnitter entstammt aus bäuerlichen Aberglauben, hat aber eher weniger mit alten Mythen zu tun.

Es ist eher dich bestechen einfach Symbolik, die uns den Sensenmann erklärt.

Skelett= Tod Sense= wird zum mähen des Getreides verwendet => ernten =töten.

Das im Französischen der Tod weiblich ist, weil Latein, hat Scubbx ja schon geklärt. Im Spanischen wirds ähnlich sein weil es auch Latine Wurzeln hat.

Aber meistens wird der Tod doch geschlechtsneutral dargestellt.

Zerglord
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Mi 14. Jul 2004, 17:01 - Beitrag #28

Weiß wer wie lange das schon so ist?

Weil im deutschen Raum ist der Tod mindestens seit dem 15 Jh. männlich.

Schon Dürrer malte den Tod männlich.

http://www.wyss-art.ch/oeuvre/grafik/druckgrafik.html

Er gab ihm auch noch die Sanduhr in die Hand und schmilzt die Figer der Zeit mit dem Tod. Wobei auch die Zeit meist männlich dargestellt wird.

Traitor
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Mi 14. Jul 2004, 17:07 - Beitrag #29

Zu den Artikeln bitte bei Bedarf einen eigenen Thread aufmachen... Aber dann auf linguistischem Niveau, nicht mit unqualifizierten Parolen wie "sturer Grammatikkram".

Interessant wäre auch, die Bedeutung des apokalyptischen Reiters Tod in diesem Zusammenhang zu betrachten. Welchen Einfluss hat er auf die spätere Volksglaubens-Gestalt des Sensenmanns? Inwieweit wird er in der Bibel überhaupt genau erwähnt, oder stammt einiges von dem, was man mit ihm verbindet, erst aus späterer Feder?

Maglor
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Mo 19. Jul 2004, 17:39 - Beitrag #30

Der Sensenmann hat eine ganz andere Symbolik als der apokalipstische Reiter
Der Reiter der apokalypse ist ein Zerstörer, der Sensenmann oder Schnitter hingegen ein Erntehelfer.

Interresant ist hier der Bedeutungszusammenhang fallen und fällen. Baum werden gefällt, Menschen fallen im Krieg; und auch das Korn fällt nach dem Schnitt.
MfG Maglor

janw
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Mo 19. Jul 2004, 18:22 - Beitrag #31

Zum apokalyptischen Reiter Tod wäre auch noch zu sagen, daß er einer von mehreren Reitern in der Offenbarung des Johannes ist. Die Offenbarung stammt überlieferterweise von dem Verfasser des Johannesevangeliums, etwa aus der Zeit um 10 -150 n.Chr. (wobei diese Verfasserschaft allerdings nicht belegt und stark diskutiert ist)

Jedenfalls läßt sich der a.R Tod damit auf eine patriarchale Gesellschaft zwischen Palästina und Rom zurück führen, er muß hier gewissermaßen zwangsläufig männlich ausfallen, um relevant zu wirken.

Nach meinem Eindruck manifestiert sich in der weiblichen Todesidentifikation ein keltisches Kulturelement. Leider bin ich im Irischen und Walisischen nicht hinreichend bewandert, um das hieran prüfen zu können.

Wombat
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Mo 19. Jul 2004, 18:49 - Beitrag #32

weiblicher Tod

Also wie es scheint wird hier haupsächlich von der körperlichen Gestalt und dem Götterbild diskutiert.
Eigentlich könnte man es auch von einer ganz anderen Sicht betrachten.

Weiblich steht ja normalerweise für sanft, zärtlich, gefühlsvoll, während männlich für aggressiv, stark, brutal steht.

Was wäre, wenn dir Franzosen, den Tod selber als etwas sanftes ansehen, das ruhige Einschlafen ohne Aufwachen?
Und die Deutschen den Tod eher aggresiv, mit Schmerzen?

janw
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Mo 19. Jul 2004, 19:19 - Beitrag #33

Das wäre insofern interessant, als dann gewissemaßen ein kultureller Graben zwischen den mitteleuropäischen bis nordischen Germanen und den westeuropäischen Kelten bestünde..."den", da sträuben sich mir allerdings die Haare, wenn ich an die ethnische Vielfalt in "De bello Gallico" und "Germania" denke...

Maglor
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Mo 19. Jul 2004, 19:41 - Beitrag #34

Von einem kulturellen Graben zwischen Kelten und Germanen kann kaum die Rede sein. Alles was dort dem heutigen "Gevatter Tod" entspricht werden die Banshee (Todesfeen) und die Walküren. Beide sind weiblich!
Der Sensenmann stellt eine klare Ernteymbolik dar. Daher der Tod ist das Ziel und die Vollendung des Lebens. Hier findet sich also die im Christentum relativ verbreitete Lebensansicht, das Leben sei nur die Prüfung für das ewige Leben und so weiter.
Von daher würde ich sagen der Sensenmann habe im Gegensatz zu den apokalyptischen Reitern ursprünglich keine negative Konnotation.
Er erntet wohl im Auftrag Gottes und erlöst somit die Menschen von der irdischen Qual, erntet die Leben, auf dass die Saat im Himmel aufgehe. :sad:

Der männliche Tod ist daher nicht in der germanischen sondern in der christlichen Kultur zu suchen. Das, was dem Sensenmann, wie ich ihn meine, biblisch am nächsten ist, ist der Satan im Buch Hiob.
(Bevor irgendwelche Verwirrungen auftreten:
Der Satan im Buch Hiob ist nicht der böse Teufel der Volksweisen. Er ist ein Diener/Engel Gottes und in keinster Weise gefallen.)
Der Satan zündet Hiobs Häuser an, bringt seine Frauen und seine Kühe und bringt Schorf und Elend über den armen Hiob; im Auftrag Gottes versteht.
Ähnlich vollbringt ja auch der Sensenmann nicht als Widersacher sondern als Diener Gottes seine Taten.
MfG Maglor

janw
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Mo 19. Jul 2004, 20:32 - Beitrag #35

Ist also die orientalisch-mediterran-christliche Maskulinitätshybris schuld...
Der Graben verliefe also etwa im Alpenbereich, wenn es denn im Lichte der Völkerwanderungen einen wirklichen Graben gibt.

Maglor
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Di 20. Jul 2004, 13:26 - Beitrag #36

Mit solchen Herleitungen kommt man nicht weit.
Bekanntermaßen wurde ja Frankreich zuerst christianisiert, und trotzdem hat sich hier die weibliche Form gehalten.
Vielleicht hat sich das auch nur zufällig erhalten. :confused:
MfG Maglor

Traitor
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Mi 21. Jul 2004, 01:47 - Beitrag #37

Wenn ich dich richtig verstehe, Maglor, sagst du also, dass die Vermischung des Apokalyptischen Reiters Tod mit dem Sensenmann Tod erst in der Moderne stattgefunden hat?

Auf irgendetwas "älteres" muss sich der Sensenmann-Mythos aber schon beziehen. Einfach so aus Christentum und Lebenserfahrung heraus entsteht doch nichts, was sicher damals nicht von der Kirche unterstützt wurde. Ich denke, Elemente des Walkürenglaubens werden sich gehalten haben (also die Idee, dass irgendein übernatürliches Wesen die Toten "abholt"). Das vermischte sich dann im Laufe der Zeit mit den christlichen Ideen vom Tod bzw dem Leben danach als Belohnung fürs Leben (wobei das prinzipiell ja bei den Germanen auch schon existierte, nur nicht für alle Toten) und die Figur wurde von der Kriegerin zum Mäher gewandelt, da die Menschen im Mittelalter mehr Felder bestellten und weniger Krieg führten als die alten Germanen.

Was Hiob angeht, dürfte das ein nettes Philosophiethema hergeben, mal im Hinterkopf behalten. Das haben wir lange in Reli behandelt, ohne zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen... aber immer unter der Prämisse des "späteren" Satans.

Maglor
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Mi 21. Jul 2004, 11:12 - Beitrag #38

Original geschrieben von Traitor
und die Figur wurde von der Kriegerin zum Mäher gewandelt, da die Menschen im Mittelalter mehr Felder bestellten und weniger Krieg führten als die alten Germanen.

Welch stümperhafte Vermutung!
Das Mittelalter war durchaus kriegerisch und auch die alten Germanien betrieben Landwirtschaft, denn die konnten ja auch nicht von Lust und Liebe leben. Mit Sicherheit war der Anteil bäuerlicher Bevölkerung im Frühstmittelalter sogar deutlich höher als im späteren Mittelalter.
Noch ein interresantes Indiz: Lateinisch mors, mortis ist feminin!
Französisch leitet sich als Romanische Sprache vom Latein ab.
betrachtet man romanische und germanische Sprachen im Gegenüber stellt man fest, dass romanische Sprache nicht die seltsame Angewohnheit haben, dass ihre Substantive immer wieder mal das Geschlecht ändern. Das lateinische Deklinationssytem ist da deutlich konstanter. (Man denke an die, der, das Jogurt!)
Vielleicht hat die Deutsche Sprache ihr Genus an die chritstliche Mythologie einfach angepasst, und das Französische war dazu vielleicht einfach nicht der Lage.
Wirklich toll wäre es, wenn irgendwer hebräisch könnte und einfach mal posten würde, was Tod auf hebräosch heißt, oder viel wichtiger welches Geschlecht er hat.
MfG Maglor

janw
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Mi 21. Jul 2004, 11:25 - Beitrag #39

Nun, was die Landwirtschaft der Germanen betrifft, sie war nicht sehr hoch entwickelt und wohl ziemlich viehlastig.

Jedenfalls hat man wohl ziemlich lange mit Sicheln gearbeitet, und wohl erst zum Mittelalter hin auf Sensen umgestellt.

Joghurt ist übrigens ein Lehnwort aus dem türkischen, wenn ich nicht irre, und deshalb nicht das beste Beispiel. Was, wenn das Geschlecht nicht mit entlehnt wurde?

Hebräisch, ich werde der Sache mal nachgehen, kenne da jemanden, der uns vielleicht an seiner Weisheit teilhaben läßt

Traitor
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Mi 21. Jul 2004, 11:41 - Beitrag #40

Dass es keine 100%ige Verschiebun von reinen Kriegern zu reinen Bauern ist, ist selbstverständlich.
Zu germanischen Zeiten war "glorreicher" Krieg aber noch eine Sache des gesamten Volkes, während im Mittelalter nur noch die Ritter und Adligen diesen so verehrten, während er für die Bauern zum reinen Lehnsdienst und Schrecken geworden war. Da passt ein Schnitter einfach besser als Identifikationsfigur.

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