Gedanken für eine bessere Welt

Die nachfolgenden Zeilen stammen aus einem Manifest, das gerade im Internet kursiert. [Den vollständigen Text findet ihr auf http://www.theunity.de ]
Ich halte einige darin geäußerte Thesen für sehr zutreffend und finde, dass möglichst viele Leute davon erfahren sollten.
Würde mich mal interessieren, wie ihr darüber denkt.
greetz,
Nanahara
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Prolog
Seit ihrer Entstehung war die Menschheit ständig darum bemüht, sich weiterzuentwickeln... Fortschritte zu erzielen, neue Erfahrungen zu sammeln. Ganz offensichtlich ein menschlicher Urinstinkt, dem sich kein noch so tumber Tor restlos entziehen kann.
Doch nun, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, scheint diese Entwicklung zu einem Stillstand gekommen zu sein.
Zwar werden nach wie vor jede Menge neuer Technologien erfunden, neue Kommunikationsmethoden, neue Waffen, Gifte und Gegenmittel. Moralisch und ethisch gesehen tritt die Menschheit dagegen schon lange auf der Stelle.
Die grundsätzliche Ordnung, die sich im Lauf der Zeit herauskristallisiert hat, wird nur noch von den wenigsten ernsthaft hinterfragt.
Es kommt einem so vor, als haben sich die gesellschaftlichen Strukturen längst dermaßen in das kollektive Bewusstsein der Menschen eingebrannt, dass man sich eine völlige Abkehr von ihnen, eine radikale Neuordnung, nicht einmal mehr vorstellen kann.
Ein Leben ohne Militär, ohne Schulpflicht, ohne Konkurrenzkampf und Arbeitslosigkeit?
„Nein, das ist nicht möglich.", sagen sie alle. „Utopie! Spinnerei! Gotteslästerung!"
Einen jeden Gedanken daran blockt man sofort ab, verweist auf die gescheiterten Experimente der Vergangenheit (Sozialismus und Co.), und bezeichnet unser derzeitiges System als das bestmögliche... auch wenn man bei genauerem Nachfragen sicher zugeben muss, dass wohl nicht alles so läuft, wie man es gerne haben würde.
Aber können Menschen, die nie etwas anderes als eine Welt mit staatlicher Gewalt und individueller Ohnmacht erlebt haben, überhaupt vernünftig beurteilen, ob es nicht vielleicht doch einen anderen, alternativen Weg geben könnte?
Kann ein in einem mehreren Quadratmeter großen Gehege aufgewachsener Panda beurteilen, ob er im Urwald ein besseres oder ein schlechteres Leben hätte? Wer weiß, vielleicht hätte er sogar Angst... Angst vor der Freiheit, vor der scheinbaren Ungewissheit, vor der Eigenverantwortung.
Eine Angst, die aus seiner Sicht sicherlich verständlich ist, für die ihn ein jeder im Dschungel lebende Artgenosse allerdings allerhöchstens bemitleiden und auslachen würde.
Und wir Menschen?
Sitzen in unserem warmen Käfig... beobachten, wie manche im Nachbarkäfig darunter leiden, dass sie fiesere Wärter haben als wir... regen uns über manche Ungerechtigkeiten auf, darüber, wenn es mal weniger zu Fressen gibt, wenn uns einer der Aufpasser schlecht behandelt...
Doch die längst offene Tür, die uns in die Freiheit führen würde, durchschreiten wir nicht. Ja, manche haben sogar geradezu panische Angst davor, reagieren mit Ignoranz, Unverständnis und manchmal sogar Gewalt auf diejenigen, die versuchen, sie auf die sich ihnen bietende Chance auf ein Leben in Freiheit hinzuweisen.
Der nachfolgende Text will in erster Linie zum Nachdenken anregen. Über die bekannten und unbekannten Fehler des Systems und der darin lebenden Menschen... darüber, was man besser machen könnte, und in welchen Gebieten sich die Menschheit noch weiterentwickeln sollte, ja vielleicht sogar muss, wenn sie ernsthaft vor hat, die nächsten paar hundert Jahre einigermaßen unbeschadet zu überstehen.
Denn eine Sache ist klar: Wenn die Probleme, die zweifellos vorhanden sind, wie bisher nur anhand ihrer Symptome bekämpft werden, während man die eigentlichen Ursachen, die diesen Problemen zugrunde liegen, weiterhin als heilige Kühe ansieht, die nicht angegangen werden dürfen, dann wird man die Mängel, Ungerechtigkeiten und Schwächen, die unser derzeitiges System nun einmal aufweist, niemals vollständig in den Griff bekommen... und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Probleme überhand nehmen oder chronisch werden (was ja teilweise schon längst geschehen ist.)
KAPITEL 1 - Der Mensch, das Herdentier
Wenn man die Probleme der Welt und die Ursachen für all die Unterdrückung und Kriege der letzten dreitausend Jahre untersucht, kommt man nicht umhin, sich zunächst einmal genauer mit einer menschlichen Eigenschaft zu beschäftigen, die all diese Dinge überhaupt erst möglich gemacht hat:
Es ist die menschliche Sehnsucht nach Führung, nach einer Einzelperson oder einer Gruppe, die einem die Richtung vorgibt... die einem in scheinbar unübersichtlichen Situationen sagt, „wo es lang geht".
Nicht umsonst haben sich bei den Religionen mit dem Christentum und dem Islam zwei strenge, dogmatische Kulte durchgesetzt, deren Geistliche ihren Gläubigen oft haargenau vorschreiben, auf welche Weise sie zu leben haben... die die Menschen bevormunden und ihnen einen Führer (Gott) vorsetzen, der als einziges Wesen perfekt ist und alle Antworten kennt. (auch wenn er diese in seiner typisch unergründlichen Art meist für sich behält...)
Nicht umsonst werden in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Rufe nach Politikern laut, die mit „starker Hand" regieren.
Und es ist auch kein Zufall, dass sich vor allem junge Menschen immer wieder gern einer meist im elitären Gewand daherkommenden Subkultur anschließen, die von ihnen ein bestimmtes uniformes Aussehen und Verhalten verlangt. Früher gingen sie dazu in die Hitlerjugend, heute hat man als junger Mensch ja immerhin noch die Bundeswehr und diverse Burschenschaften sowie jede Menge autoritär strukturierter Cliquen und Schulhofgangs zur Auswahl.
Doch was ist es, was die Menschen immer wieder aufs Neue dazu veranlasst, ihre Individualität aufzugeben bzw. bis zu einem gewissen Grad einzuschränken... sich oftmals unkritisch wie ein Schaf in eine von anderen geschaffene Ordnung einzureihen und deren Gebräuche und Denkweisen zu übernehmen?
Zum einen ist dies natürlich die Tatsache, dass man in der Gruppe wesentlich stärker ist als alleine.
Egal ob Skinheads oder gewalttätige junge Ausländer... wenn man diese Leute einzeln antrifft, sind sie oft arme, verstockte Würstchen, die nicht einmal einem längeren Blickkontakt mit Passanten standhalten und außer „ja" und „nein" kein vernünftiges Wort rausbringen. Doch in der Gruppe werden sie auf einmal zu coolen, selbstbewussten Siegertypen.
Auch, wenn es sich nüchtern betrachtet nur um eine Ansammlung von gescheiterten Existenzen handelt, wirken sie doch allein durch die zahlenmäßige Überlegenheit auf ihre außenstehenden Mitmenschen einschüchternd und bedrohlich.
Man kann sich außerdem wunderbar in einer solchen Gruppe verstecken... im übrigen um so besser, je oberflächlicher und austauschbarer die einzelnen Gruppenmitglieder sind. Wer einmal eine Gruppe Glatzen mit Springerstiefeln und Bomberjacken an sich vorübermarschieren sah, weiß, wie schwer es ist, diese Eierköpfe, für die „Individualität" bloß irgendein ausländisches Schimpfwort zu sein scheint, auseinanderzuhalten.
Aber es sind natürlich nicht nur die Zugewinne an Stärke und Sorglosigkeit, die die Menschen bereitwillig zu Mitgliedern einer größeren Herde machen.
Hinzu kommt die (nachvollziehbare und eigentlich auch gute) menschliche Sehnsucht nach Wärme, Kameradschaft... oder anders formuliert, nach Liebe und Wertschätzung. Nicht selten sind die blindesten, angepasstesten Herdentiere ja jene, welche in ihrem bisherigen Lebensumfeld zu wenig Liebe erfahren haben... sei es in Form von echten Freunden, Eltern oder einem verständnisvollen Lebenspartner.
Den Ersatz dafür hoffen sie in der Gruppe zu finden... und dies gelingt ihnen bis zu einem gewissen Grad auch, sind sie dort doch unter ihresgleichen, die ihre Sprache sprechen und die gleichen Fehler begehen wie sie.
All dies mag ja bis jetzt ja eher für das Sich-Auflösen in einer Gruppe, Clique oder Herde sprechen.
Verständlich, dass man gerne unter Gleichgesinnten ist, und dass man sich beschützt und sicher fühlen möchte. Doch leider hat man, wenn man in einer Gruppe Unterschlupf gefunden hat, nicht nur Rechte und Vorteile, sondern eben auch Pflichten. Vor allem natürlich die Pflicht, mitzumachen... Mitzumachen, wenn die Gruppe sich entschieden hat, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen, wie zum Beispiel andere Gruppenmitglieder auszugrenzen oder Gewalt gegen Andersdenkende anzuwenden.
Im schlimmsten Fall werden solche Entscheidungen von einem Führer bzw. Leithammel getroffen, ohne dass der Einzelne in der Gruppe noch einen großen Einfluss darauf hat. Im besten Fall darf der Einzelne demokratisch mitentscheiden, welcher Weg eingeschlagen wird... wobei seine Stimme dann ungefähr 1 geteilt durch die Mitgliederzahl der Herde wert ist.
In jedem Fall aber sieht man sich letztendlich unter Umständen dazu gezwungen, allein aufgrund seiner Gruppengehörigkeit anders zu handeln, als man dies ohne die Gruppe getan oder vielleicht auch nur in Erwägung gezogen hätte.
Daher gibt es eigentlich nur zwei ideale Formen von Gruppen:
Die einen, bei denen es nur lose Bindungen und keine Pflichten und gegenseitigen Abhängigkeiten gibt, so dass auch kein Gruppenzwang entstehen kann... und solche, bei denen sich nur Menschen zusammenfinden, die ohnehin in allen relevanten Fragen einer Meinung sind.
Alle anderen Gruppen (und das dürften die meisten sein) machen ihre Mitglieder anfällig für bestimmte gruppendynamischen Prozesse, und damit auch manipulier- und letztlich kontrollierbar.
Doch wer seine Zukunft auf diese Weise in die Hände von anderen legt, macht letztlich nichts anderes, als eigenhändig die Nägel in seinen Sarg zu schlagen. Er beerdigt seine Individualität, seine Persönlichkeit... und wird zu einem Spielball von anderen Mitgliedern der Gruppe, die durchtriebener und (willens-)stärker sind.
Dass dadurch nicht gerade die sensiblen, nachdenklichen Persönlichkeiten am Steuer sitzen, sondern eher die aggressivsten und skrupellosesten, ist da nur die logische Konsequenz.
Dieses Prinzip gilt im Übrigen nicht nur bei Jugendcliquen, bei denen ja meist derjenige mit dem größten Maul oder den trendigsten Statussymbolen den Ton angibt (was ja hier noch am ehesten zu verschmerzen sein mag, da die Macht solcher Cliquen begrenzt ist), sondern genauso auch im großen gesellschaftlichen Rahmen.
Wann wird ein Politiker schon mal wegen seiner guten Ideen und seines Charakters gewählt?
Wer jetzt meint, „natürlich, sowas gibt es doch auch", der soll sich nur mal selbst die Frage stellen, ob er sich jemals vorstellen könnte, dass ein Taubstummer Bundeskanzler wird.
Selbst der größte Befürworter unseres politischen Systems wird mir dahingehend zustimmen müssen, dass eine Person, die keine geschickten, manipulativen Reden halten kann, nie an die größten Machtpositionen im Staat gelangen könnte.
Der Schein ist eben wichtiger als das Sein. Es zählen nicht die Gedanken, die eine Person im Kopf hat, sondern die Worte, die aus seinem Mund kommen, sowie das ganze Brimborium drum herum.
Man könnte auch sagen, die Kriterien, nach denen die Mitglieder des deutschen Bundestags ausgesucht wurden, sind im Prinzip ähnlich wie die, nach denen eine Gruppe Hinterhofgangster ihren Anführer bestimmt. Hauptsache, die Felgen seines Autos glänzen ein bisschen kräftiger als die der anderen, und er ist in der Lage, die nötige Weisheit und Stärke vorzutäuschen, die die übrigen Gruppenmitglieder von ihrem Anführer und Repräsentanten erwarten.
Da stellt man sich wirklich die Frage, ob man von einem auf solch oberflächlichen Kriterien basierenden System überhaupt erwarten darf, dass es sozial gerecht ist und die Menschheit noch länger als zweihundert Jahre am Leben halten wird...
Nun mag man sicherlich einwenden können, dass ja jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, und dass heutzutage niemand mehr zur Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe gezwungen wird.
Doch zum einen wird man zur Mitgliedschaft in bestimmten Gruppen sehr wohl gezwungen... (man hat als junger Mensch keine große Wahl, in welche Schulklasse man gerne gehen möchte, genauso, wie man sich nicht so einfach nach Belieben von seiner Staatszugehörigkeit lossagen kann, auch, wenn einem bestimmte politische Entscheidungen noch so wenig gefallen mögen), zum anderen ist vor allem in der Kindheit und Jugend, wo die Menschen nun mal besonders anfällig für gruppendynamische Prozesse ist, die Zahl der zur Auswahl stehenden Gruppen sehr begrenzt.
Wenn man nicht mobil ist bzw. dazu auf die Gnade seines Vormundes angewiesen ist, hat man eben nicht die Wahl zwischen hunderten verschiedener Gruppen, denen man sich anschließen könnte. In der Regel gibt es vielleicht zwei oder drei in der Nähe des Elternhauses bzw. der Schule... alle anderen liegen für ein Kind von vorneherein außerhalb der Reichweite.
Kein Wunder also, dass sich so mancher Jugendlicher schnell in falscher, ungesunder Gesellschaft wiederfindet. Und wenn man erst einmal in ein bestimmtes Umfeld hineingerutscht ist, hat es sich ziemlich schnell, dass man dort in eine bestimmte Richtung umgelenkt wird, was gerade bei Heranwachsenden nachhaltige Schäden (vor allem an der eigenen Persönlichkeit) verursachen kann.
Der Mensch ist eben nicht nur ein Herden-, sondern vor allem auch ein Gewohnheitstier. Er lernt schnell, wenn man sich darum bemüht, ihm etwas vernünftig beizubringen... und genauso schnell kann er auch verlernen.
Zum Beispiel Dinge wie selbständiges Denken, Mitgefühl, einen eigenen Willen zu haben.
Erzählt man jungen Menschen beispielsweise nur lange genug, dass sie gefühlskalt und rücksichtslos sein müssen, um im Leben weiter zu kommen, werden das die meisten über kurz oder lang glauben.
Mehr noch... ich wage zu behaupten, dass die Beeinflussbarkeit noch viel weiter reicht.
Zur Verdeutlichung ein kleines Gedankenspiel:
Heute ist ein Großteil der heranwachsenden jungen Menschen heterosexuell veranlagt. Doch angenommen, sie würden in einer Gesellschaft aufwachsen, in der es als abartig gilt, sexuellen Kontakt zu einem Mitglied des anderen Geschlechts zu haben... in der ihnen von klein auf, im Fernsehen, der Familie und auf der Straße, nur das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Paaren schmackhaft gemacht und vorgelebt werden würde...
wir hätten unter den jungen Menschen vermutlich 80 oder 90 Prozent überzeugte Schwule und Lesben. (und jede Menge Heterosexuelle, die ihre Neigung nur heimlich ausleben würden und oftmals große Angst davor hätten, aufgrund ihrer sexuellen Vorliebe pervers oder krank zu sein.)
Ok, das ist eine Hypothese, die sich nur schwer beweisen lässt.
Aber wenn man aus jungen Menschen, allein dadurch, dass sie in einer anderen Zeit und einem anderen Gesellschaft aufwachsen, entweder party-feiernde Friedensaktivisten oder brutale Killermaschinen machen kann... was ist dann überhaupt noch unmöglich?
Oder waren diejenigen, die im Dritten Reich begeistert für ihren Führer gekämpft und gemordet haben, etwa eine Generation blutgieriger Bestien?
Nein... sie waren ganz normale junge Menschen, die nur eben das Pech hatten, im falschen Umfeld großgeworden zu sein.
Wir sind in viel größerem Maße das Produkt unserer Erziehung und der Erfahrungen, die wir in den ersten beiden Lebensjahrzehnten gemacht haben, als wir uns das gemeinhin eingestehen wollen.
Im Grunde wird jeder Mensch von Kindesbeinen an umgepolt, verändert und manipuliert. Das ist vom Prinzip her heute in unserer Gesellschaft kein bisschen anders als damals zu Adolfs Zeiten. Geändert haben sich eigentlich nur Art und Ziele dieser Manipulation.
Natürlich ist die Vorstellung, ein formbares Stück Fleisch zu sein, auf den ersten Blick alles andere als angenehm.
Doch die oft kaum merklich auf einen jeden von uns einprasselnden Manipulationsversuche (durch welche Gruppen oder Einzelpersonen auch immer) zu erkennen und ihnen zu widerstehen... das ist nun mal der entscheidende Schritt weg vom dummen Herdentier, hin zu einem eigenverantwortlich lebenden Menschen, der zwar durchaus die Nähe anderer Menschen zu schätzen weiß, nicht aber deren Versuche, aus ihm etwas anderes zu machen, als er eigentlich ist.
Denn nur, wenn wir begreifen, dass das, was wir zu sein glauben, oft nicht unserem wahren Ich entspricht, sondern nur unsere Reaktion auf die Aktionen anderer darstellt... nur dann können wir auch aus diesem unsere Wahrnehmung verschleiernden Nebel ausbrechen und uns auf die Suche nach dem begeben, was wir wirklich sind.
(...)
Ich halte einige darin geäußerte Thesen für sehr zutreffend und finde, dass möglichst viele Leute davon erfahren sollten.
Würde mich mal interessieren, wie ihr darüber denkt.
greetz,
Nanahara
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Prolog
Seit ihrer Entstehung war die Menschheit ständig darum bemüht, sich weiterzuentwickeln... Fortschritte zu erzielen, neue Erfahrungen zu sammeln. Ganz offensichtlich ein menschlicher Urinstinkt, dem sich kein noch so tumber Tor restlos entziehen kann.
Doch nun, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, scheint diese Entwicklung zu einem Stillstand gekommen zu sein.
Zwar werden nach wie vor jede Menge neuer Technologien erfunden, neue Kommunikationsmethoden, neue Waffen, Gifte und Gegenmittel. Moralisch und ethisch gesehen tritt die Menschheit dagegen schon lange auf der Stelle.
Die grundsätzliche Ordnung, die sich im Lauf der Zeit herauskristallisiert hat, wird nur noch von den wenigsten ernsthaft hinterfragt.
Es kommt einem so vor, als haben sich die gesellschaftlichen Strukturen längst dermaßen in das kollektive Bewusstsein der Menschen eingebrannt, dass man sich eine völlige Abkehr von ihnen, eine radikale Neuordnung, nicht einmal mehr vorstellen kann.
Ein Leben ohne Militär, ohne Schulpflicht, ohne Konkurrenzkampf und Arbeitslosigkeit?
„Nein, das ist nicht möglich.", sagen sie alle. „Utopie! Spinnerei! Gotteslästerung!"
Einen jeden Gedanken daran blockt man sofort ab, verweist auf die gescheiterten Experimente der Vergangenheit (Sozialismus und Co.), und bezeichnet unser derzeitiges System als das bestmögliche... auch wenn man bei genauerem Nachfragen sicher zugeben muss, dass wohl nicht alles so läuft, wie man es gerne haben würde.
Aber können Menschen, die nie etwas anderes als eine Welt mit staatlicher Gewalt und individueller Ohnmacht erlebt haben, überhaupt vernünftig beurteilen, ob es nicht vielleicht doch einen anderen, alternativen Weg geben könnte?
Kann ein in einem mehreren Quadratmeter großen Gehege aufgewachsener Panda beurteilen, ob er im Urwald ein besseres oder ein schlechteres Leben hätte? Wer weiß, vielleicht hätte er sogar Angst... Angst vor der Freiheit, vor der scheinbaren Ungewissheit, vor der Eigenverantwortung.
Eine Angst, die aus seiner Sicht sicherlich verständlich ist, für die ihn ein jeder im Dschungel lebende Artgenosse allerdings allerhöchstens bemitleiden und auslachen würde.
Und wir Menschen?
Sitzen in unserem warmen Käfig... beobachten, wie manche im Nachbarkäfig darunter leiden, dass sie fiesere Wärter haben als wir... regen uns über manche Ungerechtigkeiten auf, darüber, wenn es mal weniger zu Fressen gibt, wenn uns einer der Aufpasser schlecht behandelt...
Doch die längst offene Tür, die uns in die Freiheit führen würde, durchschreiten wir nicht. Ja, manche haben sogar geradezu panische Angst davor, reagieren mit Ignoranz, Unverständnis und manchmal sogar Gewalt auf diejenigen, die versuchen, sie auf die sich ihnen bietende Chance auf ein Leben in Freiheit hinzuweisen.
Der nachfolgende Text will in erster Linie zum Nachdenken anregen. Über die bekannten und unbekannten Fehler des Systems und der darin lebenden Menschen... darüber, was man besser machen könnte, und in welchen Gebieten sich die Menschheit noch weiterentwickeln sollte, ja vielleicht sogar muss, wenn sie ernsthaft vor hat, die nächsten paar hundert Jahre einigermaßen unbeschadet zu überstehen.
Denn eine Sache ist klar: Wenn die Probleme, die zweifellos vorhanden sind, wie bisher nur anhand ihrer Symptome bekämpft werden, während man die eigentlichen Ursachen, die diesen Problemen zugrunde liegen, weiterhin als heilige Kühe ansieht, die nicht angegangen werden dürfen, dann wird man die Mängel, Ungerechtigkeiten und Schwächen, die unser derzeitiges System nun einmal aufweist, niemals vollständig in den Griff bekommen... und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Probleme überhand nehmen oder chronisch werden (was ja teilweise schon längst geschehen ist.)
KAPITEL 1 - Der Mensch, das Herdentier
Wenn man die Probleme der Welt und die Ursachen für all die Unterdrückung und Kriege der letzten dreitausend Jahre untersucht, kommt man nicht umhin, sich zunächst einmal genauer mit einer menschlichen Eigenschaft zu beschäftigen, die all diese Dinge überhaupt erst möglich gemacht hat:
Es ist die menschliche Sehnsucht nach Führung, nach einer Einzelperson oder einer Gruppe, die einem die Richtung vorgibt... die einem in scheinbar unübersichtlichen Situationen sagt, „wo es lang geht".
Nicht umsonst haben sich bei den Religionen mit dem Christentum und dem Islam zwei strenge, dogmatische Kulte durchgesetzt, deren Geistliche ihren Gläubigen oft haargenau vorschreiben, auf welche Weise sie zu leben haben... die die Menschen bevormunden und ihnen einen Führer (Gott) vorsetzen, der als einziges Wesen perfekt ist und alle Antworten kennt. (auch wenn er diese in seiner typisch unergründlichen Art meist für sich behält...)
Nicht umsonst werden in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Rufe nach Politikern laut, die mit „starker Hand" regieren.
Und es ist auch kein Zufall, dass sich vor allem junge Menschen immer wieder gern einer meist im elitären Gewand daherkommenden Subkultur anschließen, die von ihnen ein bestimmtes uniformes Aussehen und Verhalten verlangt. Früher gingen sie dazu in die Hitlerjugend, heute hat man als junger Mensch ja immerhin noch die Bundeswehr und diverse Burschenschaften sowie jede Menge autoritär strukturierter Cliquen und Schulhofgangs zur Auswahl.
Doch was ist es, was die Menschen immer wieder aufs Neue dazu veranlasst, ihre Individualität aufzugeben bzw. bis zu einem gewissen Grad einzuschränken... sich oftmals unkritisch wie ein Schaf in eine von anderen geschaffene Ordnung einzureihen und deren Gebräuche und Denkweisen zu übernehmen?
Zum einen ist dies natürlich die Tatsache, dass man in der Gruppe wesentlich stärker ist als alleine.
Egal ob Skinheads oder gewalttätige junge Ausländer... wenn man diese Leute einzeln antrifft, sind sie oft arme, verstockte Würstchen, die nicht einmal einem längeren Blickkontakt mit Passanten standhalten und außer „ja" und „nein" kein vernünftiges Wort rausbringen. Doch in der Gruppe werden sie auf einmal zu coolen, selbstbewussten Siegertypen.
Auch, wenn es sich nüchtern betrachtet nur um eine Ansammlung von gescheiterten Existenzen handelt, wirken sie doch allein durch die zahlenmäßige Überlegenheit auf ihre außenstehenden Mitmenschen einschüchternd und bedrohlich.
Man kann sich außerdem wunderbar in einer solchen Gruppe verstecken... im übrigen um so besser, je oberflächlicher und austauschbarer die einzelnen Gruppenmitglieder sind. Wer einmal eine Gruppe Glatzen mit Springerstiefeln und Bomberjacken an sich vorübermarschieren sah, weiß, wie schwer es ist, diese Eierköpfe, für die „Individualität" bloß irgendein ausländisches Schimpfwort zu sein scheint, auseinanderzuhalten.
Aber es sind natürlich nicht nur die Zugewinne an Stärke und Sorglosigkeit, die die Menschen bereitwillig zu Mitgliedern einer größeren Herde machen.
Hinzu kommt die (nachvollziehbare und eigentlich auch gute) menschliche Sehnsucht nach Wärme, Kameradschaft... oder anders formuliert, nach Liebe und Wertschätzung. Nicht selten sind die blindesten, angepasstesten Herdentiere ja jene, welche in ihrem bisherigen Lebensumfeld zu wenig Liebe erfahren haben... sei es in Form von echten Freunden, Eltern oder einem verständnisvollen Lebenspartner.
Den Ersatz dafür hoffen sie in der Gruppe zu finden... und dies gelingt ihnen bis zu einem gewissen Grad auch, sind sie dort doch unter ihresgleichen, die ihre Sprache sprechen und die gleichen Fehler begehen wie sie.
All dies mag ja bis jetzt ja eher für das Sich-Auflösen in einer Gruppe, Clique oder Herde sprechen.
Verständlich, dass man gerne unter Gleichgesinnten ist, und dass man sich beschützt und sicher fühlen möchte. Doch leider hat man, wenn man in einer Gruppe Unterschlupf gefunden hat, nicht nur Rechte und Vorteile, sondern eben auch Pflichten. Vor allem natürlich die Pflicht, mitzumachen... Mitzumachen, wenn die Gruppe sich entschieden hat, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen, wie zum Beispiel andere Gruppenmitglieder auszugrenzen oder Gewalt gegen Andersdenkende anzuwenden.
Im schlimmsten Fall werden solche Entscheidungen von einem Führer bzw. Leithammel getroffen, ohne dass der Einzelne in der Gruppe noch einen großen Einfluss darauf hat. Im besten Fall darf der Einzelne demokratisch mitentscheiden, welcher Weg eingeschlagen wird... wobei seine Stimme dann ungefähr 1 geteilt durch die Mitgliederzahl der Herde wert ist.
In jedem Fall aber sieht man sich letztendlich unter Umständen dazu gezwungen, allein aufgrund seiner Gruppengehörigkeit anders zu handeln, als man dies ohne die Gruppe getan oder vielleicht auch nur in Erwägung gezogen hätte.
Daher gibt es eigentlich nur zwei ideale Formen von Gruppen:
Die einen, bei denen es nur lose Bindungen und keine Pflichten und gegenseitigen Abhängigkeiten gibt, so dass auch kein Gruppenzwang entstehen kann... und solche, bei denen sich nur Menschen zusammenfinden, die ohnehin in allen relevanten Fragen einer Meinung sind.
Alle anderen Gruppen (und das dürften die meisten sein) machen ihre Mitglieder anfällig für bestimmte gruppendynamischen Prozesse, und damit auch manipulier- und letztlich kontrollierbar.
Doch wer seine Zukunft auf diese Weise in die Hände von anderen legt, macht letztlich nichts anderes, als eigenhändig die Nägel in seinen Sarg zu schlagen. Er beerdigt seine Individualität, seine Persönlichkeit... und wird zu einem Spielball von anderen Mitgliedern der Gruppe, die durchtriebener und (willens-)stärker sind.
Dass dadurch nicht gerade die sensiblen, nachdenklichen Persönlichkeiten am Steuer sitzen, sondern eher die aggressivsten und skrupellosesten, ist da nur die logische Konsequenz.
Dieses Prinzip gilt im Übrigen nicht nur bei Jugendcliquen, bei denen ja meist derjenige mit dem größten Maul oder den trendigsten Statussymbolen den Ton angibt (was ja hier noch am ehesten zu verschmerzen sein mag, da die Macht solcher Cliquen begrenzt ist), sondern genauso auch im großen gesellschaftlichen Rahmen.
Wann wird ein Politiker schon mal wegen seiner guten Ideen und seines Charakters gewählt?
Wer jetzt meint, „natürlich, sowas gibt es doch auch", der soll sich nur mal selbst die Frage stellen, ob er sich jemals vorstellen könnte, dass ein Taubstummer Bundeskanzler wird.
Selbst der größte Befürworter unseres politischen Systems wird mir dahingehend zustimmen müssen, dass eine Person, die keine geschickten, manipulativen Reden halten kann, nie an die größten Machtpositionen im Staat gelangen könnte.
Der Schein ist eben wichtiger als das Sein. Es zählen nicht die Gedanken, die eine Person im Kopf hat, sondern die Worte, die aus seinem Mund kommen, sowie das ganze Brimborium drum herum.
Man könnte auch sagen, die Kriterien, nach denen die Mitglieder des deutschen Bundestags ausgesucht wurden, sind im Prinzip ähnlich wie die, nach denen eine Gruppe Hinterhofgangster ihren Anführer bestimmt. Hauptsache, die Felgen seines Autos glänzen ein bisschen kräftiger als die der anderen, und er ist in der Lage, die nötige Weisheit und Stärke vorzutäuschen, die die übrigen Gruppenmitglieder von ihrem Anführer und Repräsentanten erwarten.
Da stellt man sich wirklich die Frage, ob man von einem auf solch oberflächlichen Kriterien basierenden System überhaupt erwarten darf, dass es sozial gerecht ist und die Menschheit noch länger als zweihundert Jahre am Leben halten wird...
Nun mag man sicherlich einwenden können, dass ja jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, und dass heutzutage niemand mehr zur Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe gezwungen wird.
Doch zum einen wird man zur Mitgliedschaft in bestimmten Gruppen sehr wohl gezwungen... (man hat als junger Mensch keine große Wahl, in welche Schulklasse man gerne gehen möchte, genauso, wie man sich nicht so einfach nach Belieben von seiner Staatszugehörigkeit lossagen kann, auch, wenn einem bestimmte politische Entscheidungen noch so wenig gefallen mögen), zum anderen ist vor allem in der Kindheit und Jugend, wo die Menschen nun mal besonders anfällig für gruppendynamische Prozesse ist, die Zahl der zur Auswahl stehenden Gruppen sehr begrenzt.
Wenn man nicht mobil ist bzw. dazu auf die Gnade seines Vormundes angewiesen ist, hat man eben nicht die Wahl zwischen hunderten verschiedener Gruppen, denen man sich anschließen könnte. In der Regel gibt es vielleicht zwei oder drei in der Nähe des Elternhauses bzw. der Schule... alle anderen liegen für ein Kind von vorneherein außerhalb der Reichweite.
Kein Wunder also, dass sich so mancher Jugendlicher schnell in falscher, ungesunder Gesellschaft wiederfindet. Und wenn man erst einmal in ein bestimmtes Umfeld hineingerutscht ist, hat es sich ziemlich schnell, dass man dort in eine bestimmte Richtung umgelenkt wird, was gerade bei Heranwachsenden nachhaltige Schäden (vor allem an der eigenen Persönlichkeit) verursachen kann.
Der Mensch ist eben nicht nur ein Herden-, sondern vor allem auch ein Gewohnheitstier. Er lernt schnell, wenn man sich darum bemüht, ihm etwas vernünftig beizubringen... und genauso schnell kann er auch verlernen.
Zum Beispiel Dinge wie selbständiges Denken, Mitgefühl, einen eigenen Willen zu haben.
Erzählt man jungen Menschen beispielsweise nur lange genug, dass sie gefühlskalt und rücksichtslos sein müssen, um im Leben weiter zu kommen, werden das die meisten über kurz oder lang glauben.
Mehr noch... ich wage zu behaupten, dass die Beeinflussbarkeit noch viel weiter reicht.
Zur Verdeutlichung ein kleines Gedankenspiel:
Heute ist ein Großteil der heranwachsenden jungen Menschen heterosexuell veranlagt. Doch angenommen, sie würden in einer Gesellschaft aufwachsen, in der es als abartig gilt, sexuellen Kontakt zu einem Mitglied des anderen Geschlechts zu haben... in der ihnen von klein auf, im Fernsehen, der Familie und auf der Straße, nur das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Paaren schmackhaft gemacht und vorgelebt werden würde...
wir hätten unter den jungen Menschen vermutlich 80 oder 90 Prozent überzeugte Schwule und Lesben. (und jede Menge Heterosexuelle, die ihre Neigung nur heimlich ausleben würden und oftmals große Angst davor hätten, aufgrund ihrer sexuellen Vorliebe pervers oder krank zu sein.)
Ok, das ist eine Hypothese, die sich nur schwer beweisen lässt.
Aber wenn man aus jungen Menschen, allein dadurch, dass sie in einer anderen Zeit und einem anderen Gesellschaft aufwachsen, entweder party-feiernde Friedensaktivisten oder brutale Killermaschinen machen kann... was ist dann überhaupt noch unmöglich?
Oder waren diejenigen, die im Dritten Reich begeistert für ihren Führer gekämpft und gemordet haben, etwa eine Generation blutgieriger Bestien?
Nein... sie waren ganz normale junge Menschen, die nur eben das Pech hatten, im falschen Umfeld großgeworden zu sein.
Wir sind in viel größerem Maße das Produkt unserer Erziehung und der Erfahrungen, die wir in den ersten beiden Lebensjahrzehnten gemacht haben, als wir uns das gemeinhin eingestehen wollen.
Im Grunde wird jeder Mensch von Kindesbeinen an umgepolt, verändert und manipuliert. Das ist vom Prinzip her heute in unserer Gesellschaft kein bisschen anders als damals zu Adolfs Zeiten. Geändert haben sich eigentlich nur Art und Ziele dieser Manipulation.
Natürlich ist die Vorstellung, ein formbares Stück Fleisch zu sein, auf den ersten Blick alles andere als angenehm.
Doch die oft kaum merklich auf einen jeden von uns einprasselnden Manipulationsversuche (durch welche Gruppen oder Einzelpersonen auch immer) zu erkennen und ihnen zu widerstehen... das ist nun mal der entscheidende Schritt weg vom dummen Herdentier, hin zu einem eigenverantwortlich lebenden Menschen, der zwar durchaus die Nähe anderer Menschen zu schätzen weiß, nicht aber deren Versuche, aus ihm etwas anderes zu machen, als er eigentlich ist.
Denn nur, wenn wir begreifen, dass das, was wir zu sein glauben, oft nicht unserem wahren Ich entspricht, sondern nur unsere Reaktion auf die Aktionen anderer darstellt... nur dann können wir auch aus diesem unsere Wahrnehmung verschleiernden Nebel ausbrechen und uns auf die Suche nach dem begeben, was wir wirklich sind.
(...)