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Hat die Kirche zu viel Macht?

BeitragVerfasst: Mo 23. Aug 2004, 19:55
von Cernunnos
Da die Kirche, ob Direkt oder Indirekt, einen sehr großen Einfluß auf die allgemeine Gesellschaft in Deutschland nimmt, würden mich mal eure Ansichten zu dieser "Angelegenheit" interessieren. Immerhin giebt es ja Religionsuntericht in der Schule, wobei ja indirekt auf die heranwachsende Bevölkerung eingewirkt wird.
Regierungstechnisch haben wir ja in Deutschland mehrere Parteien, welche mit der Kirche in Verbindung stehen und damit wird ja schließlich Einfluß auf die Politik, seitens der Kirche genommen. Wäre eine absolute Grundgestz-Basierende Trennung von Kirche und Staat erstrebenswert und vertretbar?

mfg der Schneckenhengst

BeitragVerfasst: Mo 23. Aug 2004, 20:43
von Raiden/Yuji
Die Kirche hat auf keinen Fall zuviel Macht! Kirchliche Parteien sind wie alle anderen auch von den Wählern abhängig und in der Schule kann man in vielen Bdländern wählen ob man Religion hat oder nicht. Die Alternative heißt meist Ethik oder Philosophie...
Im allgemeinen würde ich eher sagen,dass die Kirche immer mehr einbüßt.Ich meine,wer geht heute schon noch zur Kirche? Wer interessiert sich noch für die Bibel? Kirche ist "out" könnte man sagen,zumindest bei uns.
lg
Yuji

BeitragVerfasst: Mo 23. Aug 2004, 22:27
von mjb
Sehe ich ähnlich wie Raiden/Yuji, natürlich hat die Kirche anderen Religionen bzw kirchliche Parteien anderen Parteien den Vorteil, dass sie mehr oder weniger zur Erziehung dazu gehörten, aber ich denke nicht, dass man sagen kann dass die Kirche zu viel Macht hat (siehe Gottesbezug in EU-Verfassung), besonders in der Schule geht man (zumindest hier) sehr darauf ein, in Ethik wird das Thema Religion völlig außen vor gelassen und sich nicht darum gekümmert was man glauben sollte, sondern was man machen sollte.
Ich hab von negativen Einflüssen der Kirche schon lange nichts mehr mitbekommen, die meisten Menschen die meinen sie wären gläubig etc halten sich eh nicht an die Vorgaben der Kirche von daher hat sie nichtmal in den eigenen Reihen echte Unterstützung.
Und ich denke dadurch dass in den nächsten Jahren einige der 'älteren' Generation wegfallen werden wird sie noch weiter an Unterstützung verlieren.
Ob das gut ist oder nicht sei dahingestellt.

BeitragVerfasst: Di 24. Aug 2004, 02:46
von [EaR]Termy
direkte macht hat die institution kirche wohl nicht mehr allzuviel (zum glück), allerdings gibts einige sachen, die einfach nicht angebracht sind in zeiten, in denen nur noch ein geringer prozentsatz der bevölkerung wirklich gläubig ist. damit meine ich z.b. den sonntag/feiertag mit dem verbot, irgendetwas zu machen, sei es rasen mähen, auto waschen oder sonstwas (wobei des ja zum glück in einigen bundesländern schon abgeschafft wird) oder das "veto-recht", dass die kirche in vielen gemeinden immernoch hat, wenn es um veranstaltungen o.ä. geht.
es ist einfach unfug, dem gesamten volk die regeln einer von vielen religionen aufzuzwingen (ganz nebenbei will ich nicht von kirchenglocken geweckt werden, wenn ich schon mal ausschlafen kann ;))

ich habe nix gegen religion oder so, aber dann sollte sich des ganze auch bitte auf die jeweiligen anhänger beschränken...

BeitragVerfasst: Di 24. Aug 2004, 18:55
von Raiden/Yuji
Ich wäre sehr bestürzt wenn man dieses Verbot am Sonntag abschaffen würde. Stell dir vordu willst ausschlafen und dein Nachbar fängt seinen Rasen ganz genüsslich anzu mähen. Ich fide das schon ok, wenns sowas am Sonntag net gibt, weiles nicht nur um kirchliche Motive geht, sondern auch um Ruhestörung. Am einzigen freien Tag der Woche will ich schon gerne meine Ruhe haben. Übrigend: Groß und Kleinschreibung zu beachten wäre nett, da das sonst unübersichtlich wird. Nur so als kleine Bitte ;)
lg
Yuji

BeitragVerfasst: Mi 25. Aug 2004, 02:59
von [EaR]Termy
Hm, sorry, bins im Internet einfach gewohnt, klein zu schreiben ;)
Und der Sache mit der Ruhestörung kann man ja auch einfach mit erweiterter Nachtruhe o.ä. entgegenwirken oder das Verbot nur für geräuscharme Tätigkeiten aufheben...und wie schon gesagt finde ich dieses nervtötende Kirchengebimmel wesentlich schlafstörender als nen leises Hintergrundbrummen von nem Rasenmäher....

BeitragVerfasst: Mi 25. Aug 2004, 03:44
von mjb
Man kann auch ganz unbürokratisch sagen: "Jeder macht was Er will solange es Niemanden stört." Und ich glaube nicht dass mich jemals jemand davon abhalten würde Sonntags mein Auto zu waschen, von daher könnte man meiner Meinung nach einfach alles so lassen wie es ist und es von der Kirche übernehmen, klar hat sie viel Scheisse gemacht aber Sonntagsruhe ist zumindest in der Form sinnvoll und ob jemanden jetzt Rasenmäher stören muss wohl jeder selbst wissen aber im interesse der Allgemeinheit sollte man davon ausgehen dass jeder Nensch auf dieser Welt das Geräusch von Rasenmähern (ich persönliche auch den geruch) an einem Sonntag nicht ertragen kann.
Glocken sind ein Relikt aus alten Zeiten, früher als sich nicht jeder eine Uhr leisten konnte war es sogar richtig sinnvoll und jetzt rückt es immer mehr ins unwichtige (obwohl es immernoch Menschen gibt die sich daran orientieren, ich selbst auch), von mir aus könnte man sie abschaffen und das ganze bunte Drumrum auch, aber da würden sich wohl einige (zurecht) auf den Schlips getreten fühlen, wir leben hier schließlich in einem christlicht geprägten Land und da gehört dass dazu, man kann schlecht von einem Land verlangen seine gesamte Identität zu verändern nur weil man was gegen Kirchenglocken hat :) (obwohl ich denke das jede Religion nur privat zelebriert werden sollte und Heiratsglocken, Totenglocken und "einfach so mal läuten" wohl alles andere als privat ist, die Politik hinkt den Bürgern eben immer ein Stück hinterher.......

BeitragVerfasst: Do 26. Aug 2004, 00:44
von Traitor
Dröseln wir das Knäuel verschiedener Stränge mal auf, aus denen dieser Thread bereits besteht...
Einfluss der Kirche im Erziehungssystem: Siehe für Details dazu am besten diverse Threads im Beruf&Bildung-Forum.
Sonntagsruhe: Ist einen eigenen Threadwert, da es hier ja nicht nur um den Einfluss der Kirche, sondern auch um praktische Erwägungen geht.
Kirchenglocken: IMHO ein klassischer Fall eines überkommenenen Privileges, siehe unten.

Hauptthema: Generelle Frage nach der Trennung von Kirche und Staat
Hier muss man unterscheiden zwischen drei Punkten:
-der Einfluss christlichen Gedankenguts im allgemeinen Weltanschauungsgrundkonsens, auf dem unsere Gesellschaft aufbaut
-die Verquickung der Organisation Kirche mit dem Staat
-die Sonderrechte der Organisation Kirche

In ersterem Punkt muss man auch als Atheist zugestehen, dass das Christentum einer der entscheidenden, Einflüsse ist, auf denen unser heutiges Weltbild und damit auch unsere Staats- und Gesellschaftsordnung fusst. Somit muss eine gewisse Verbundenheit zu diesen Elementen erhalten bleiben, um unsere Gesellschaft nicht zu destabilisieren.

Was die Verquickung der Organisationen angeht, ist die Säkulaisrisierung in Deutschland meiner Meinung nach bereits sehr gut fortgeschritten. Die Kirche hat quasi keinen direkten Einfluss auf Handlungen des Staates. Der durchaus starke Einfluss, den sie de facto hat, kommt lediglich dadurch, dass viele Politiker persönlich der Kirche zugeneigt sind und andere sich ihrer faktischen Macht als (selbsternannter) Vertreter eines großen Bevölkerungsteils zu bereitwillig beugen.

Das große Problem tut sich im dritten Bereich auf. Da keine juristisch saubere Trennung von Kirche und Staat vorliegt, können sich die Kirchen in vielen Bereichen auf überkommene Privilegien berufen, die sie gegenüber konkurrienden Religionen oder nichtreligiösen Organisationen mit dreister Ungerechtigkeit bevorzugt. Dazu gehören das "Recht auf öffentliche Ruhestörung" (Kirchenglocken), das "Recht auf dreiste Werbemethoden" (Straßenpredigten, die bei politischen Inhalten sofort verfolgt würden - das trifft zwar eher auf Freikirchen und Halb-Sekten zu, die dieses "Recht" aber anscheinend vor allem ihrer schweren Trennbarkeit von den großen Kirchen verdanken) oder das "Recht auf Symbolzurschaustellung" (entgegen anderen Glaubensgemeinschaften)
Meiner Meinung nach sollten evangelische und katholische Kirchen von ihren Priviliegien her auf der gleichen Stufe stehen wie jede beliebige andere Religionsgemeinschaften, und die Privilegien der Organisationsform "Religionsgemeinschaft" allgemein sollten ebenfalls noch weiter zurückgefahren werden.