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Worher kommt die Feindseeligkeit gegen die Emotionen?

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 15:00
von Maurice
Was soll denn eigentlich dieses genze Getue um die Gefühle! Bei mir im Betrieb fragt man auch nicht nach meinen Gefühlen! Die habe ich schon lange nicht mehr! Funktionieren muss man, das ist gefragt! Und auch unsere Kinder können nicht früh genug auf unsere Leistungsgesellschaft hin getrimmt werden, sonst gehen sie unter. Jammerlappen sind unerwünscht. Kinder müssen so bald als möglich, und spätestens beim Schuleintritt, gestählt fürs Leben sein!

So beschreibt die Heidi Maier-Hauser einen fremden Standpunkt in ihrem Buch wo es um Erziehung geht.
Die ursprüngliche Idee für den Thread kam Alea und mir, als wir uns gefragt haben, warum das Klischee, dass Männer nicht weinen dürfen immer noch so weit verbreitet scheint. Ich habe das Thema jetzt noch allgemeiner gefasst und frage, woher die Feindseeligkeit einiger Menschen gegen Emotionen kommen. Zwar würde das Thema imo auch in die Philosophie-Sektion passen, aber da es hier imo voraussichtlich eine höhere Aufmerksamkeit bekommen wird (auf Grund des mangelnden Interesser der meisten an der Philo-Sektion), poste ich es hier.
Trotz unserer angblich so super-toleranten Einstellung ist unter anderem oben genanntes Klischee doch nocht recht verbreitet.
Ist es in Ordnung seine Gefühle offen zu zeigen? Die meisten würden da wohl ja sagen. Auch wenn es negative sind? Da wird die Zustimmung schon geringer. Und wenn es gar die eigenen sind? Nein das würden viele dann doch nicht machen.
Als Initiator des Threads will ich auch nicht gleich zu beginn nicht versuchen irgendwelche Romane von mir zu geben. Wie steht ihr also dazu und woher glaubt ihr kommt diese negative Einstellung?

Zum Schluss noch ein Zitat aus dem Buch dazu:
Lassen wir unser Kind weinen, wenn es sich danach fühlt. Wer versucht, seinen Schmerz zu verdrängen, wird nur zu bald erfahren, dass sich diser ungebetene Gast immer und immer neu bemerkbar macht. Unzählige Depressionen Erwchsener wie auch von Kindern entstehen, weil sie nicht gelernt haben, mit ihren Gefühlen auf Du und Du zu stehen. Wer nicht gelernt hat, durch seinen Schmerz hindurchzugehen, wird sich auch nicht von ganzen Herzen freuen können.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 16:16
von mjb
Ich denke die eigenen Gefühle zu verbergen ist Heuchelei. Das die Kinder dazu erzogen werden dies zu tun ist traurig, aber Menschen die keine Gefühle haben funktionieren eben besser (im Sinne von Arbeitsmaschinen)...und Arbeiten und Lernen und einen Ruf zu bekommen ist ja das einzige was zählt im Leben, ohne das ist man Nichts.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 16:57
von Raiden/Yuji
Manchmal finde ich es schon angebracht Gefühle nicht zu zeigen, obwohl ich nicht dagegen bin.
Die "Feindseeligkeit" gegen Emotionen ist heutzutage die angebrachteste Methode zum Erfolg zu kommen. Ist klar,dass man im Job nicht einfach, ich sag mal,"Ausrasten"kann wenn einem was nicht passt. Denn wenn das jeder machen würde, hätten wir Chaos. Die Leute heutzutage müssen funktionieren wie ein Computer, kalt, präzise nd emotionslos.
lg
Yuji

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:07
von Noriko
hmmm Männer dürfen nciht weinen...
ich wuisste es immer ich bin kein Mann ^^"
Mal erhlich, ich ahbe nie Verstanden warum ich "stark" sein muss, nur weil ich dem männlichen Geschlecht angehöre, auch ich empfinde Schmerz, auch ich blute wenn man mich sticht.

Wer seine Emotionen nicht zeigt unt unterdrückt darf sich auch nicht wundern, wenn hinterher Scheinbar keiner auf diese eingeht, denn er kennt sie schlicht und ergreifend nicht.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:22
von Traitor
Feindseligkeit übrigens mit einem e, auch wenn es mit Doppeltem recht nett aussieht ;)

Warum die meisten Menschen ihre Emotionen nicht zeigen, ist ja recht klar und wurde schon von meinen Vorrednern gesagt: Angst, schwach und "funktionsuntüchtig" zu erscheinen.

Ich selbst neige auch dazu, meine Emotionen eher selten zu zeigen, aber nicht aus diesem Grund. (Nein, "nicht" wäre gelogen, dieser Grund spielt wohl bei allen Menschen zumindest teilweise mit rein. Sagen wir "nicht entscheidenderweise".)
Eher liegt es daran, dass ich Emotionen nicht wirklich als unabhängige, fertige Ausdrucksform betrachte, sondern eher als interne Wahrnehmung, die der Verstand weiterbearbeitet, bevor es zu einem "Output" kommt. Ich versuche also meistens, meine Emotionen nicht wie auch immer an sich auszudrücken, sondern sie in mein allgemeines Verhalten einzubauen und mit anderen Einflüssen abzuwägen oder zu verbinden.
Gelingen tut so eine anspruchsvolle Prozedur natürlich nicht immer (100%ig wohl sogar nie), aber es ist für mich eine gute Richtlinie.

Versteckter Militarismus?

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:25
von Maurice
@Yuji: Du sagst der Mensch stände heute unter dem Zwang, dass er in der Arbeitswelt funktionieren müsse, doch frage ich dich war es jemals anders?
Schaut man sich die Erziehung an, so war es früher doch noch viel extremer als heute.


@Nuriko: Aus was wird eigentlich geschlossen, dass emotionslos = stark ist? Seine Gefühle zu zeigen kann durchaus sogar noch viel mehr Überwindung kosten, als sie zu verbergen.


Aus meiner Sicht wäre es auch untragbar, wenn jeder Mensch seinen Emotionen jederzeit freien lauf lassen würde, vor allem im Berufsleben. z.B. ein Lehrer soll ja auch seine Schüler nicht zusammenbrüllen, wenn er gereizt ist, weil sie nicht aufpassen.
Aber es geht hier ja auch nicht um eine"Anarchie der Emotionen".
Wie kann es zu so Phrasen kommen wie "richtige Männer weinen nicht", die ja nicht aussagen "versuche dich in der Öffentlich zu beherrschen", sondern dass man sich permanent an diese Regel halten soll. Eine solche Phrase würde es der Person ja sogar verbieten zu weinen, selbst wenn sie ganz alleine wäre und es niemand mitbekommen würde. Es geht nicht nur um Verhaltensregeln für das Zusammenleben in der Gesellscahft, sondern auf mich wirkt es schon wie eine Art "Ehrenkodex" oder "Doktrin".

Interessant in dem Zusammenhang ist wohl auch, dass eine solche Erziehung zur Emotionslosigkeit meistens vor allem dann eine Rolle spielt, wenn es um Militarismus geht. Wird ein Mensch mit dem Ziel ausgebildet, dass er ohne zu zögern einen anderen Menschen auf Befehl umbringen kann, so darf dieser natürlich nicht von Emotionen behindert werden. Oder wenn ein kammerad fällt muss der Soldat trotzdem unverzagt weiterkämpfen und es wäre keine Zeit zum trauern.
Und da in den wenigsten Fällen die Frau zum Kampf erzogen wurde ist sie in ihren Emotionen freier. Ja sind diese auch notwendig für das Aufziehen der Kinder, das Zusammenhalten in der Familie, der Gruppe, dem Clan oder ähnliches.
Oder geht diese "Tugend" noch weiter zurück? Wenn der Mann zur Jagd geht erfordert dies viel Beherrschung, darunter auch der Emotionen. Ihm musste also anerzogen werden sich zu beherrschen, wenn er ein guter Jäger werden sollte.
Rühren diese alten Klischees und (heute weitgehenst verpöhnten) Erziehungsideale aus unseren Zeiten als Jäger und dem über jahrtausende über praktizierten Militarismus?

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:45
von Noriko
@Nuriko: Aus was wird eigentlich geschlossen, dass emotionslos = stark ist? Seine Gefühle zu zeigen kann durchaus sogar noch viel mehr Überwindung kosten, als sie zu verbergen.

Nein sagen ist auch stärker als Ja zu sagen, doch wird auch dies selten erkannt. ^^
Ich vermute es komtm daher, das wer seine Emotionen verbirgt, als Kalt wargenommen wird, und dadurch eine Ausstarhlung Maschinelelr Effizienz gewinnt oder so.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:49
von Shockk
Ich denke du vertrittst den Standpunkt das wir Menschen ohne Emotionen eh besser dran sind? Was kümmert dich dann eine solche angebliche "Feindseligkeit" ?

Die gibt es m.E. nach nicht, sondern nur das, was bereits erwähnt wurde: Versuche, Stärke und nach Aussen hin die Emotionen nicht zu zeigen. Mit dieser kalten Emotionslosigkeit wird dann versucht, sich selbst oder andere zu beeindrucken. Männer "dürfen" nun mal laut Klischee nicht weinen, weil es dem "starken" Geschlecht schlecht stehen würde.

Wie kann es zu so Phrasen kommen wie "richtige Männer weinen nicht", die ja nicht aussagen "versuche dich in der Öffentlich zu beherrschen", sondern dass man sich permanent an diese Regel halten soll. Eine solche Phrase würde es der Person ja sogar verbieten zu weinen, selbst wenn sie ganz alleine wäre und es niemand mitbekommen würde. Es geht nicht nur um Verhaltensregeln für das Zusammenleben in der Gesellscahft, sondern auf mich wirkt es schon wie eine Art "Ehrenkodex" oder "Doktrin".


Man kann es auch etwas zu ernst nehmen. Das ist nur ein Spruch, der pauschal meint, das Männer "stark" zu wirken haben. Keine Doktrin, die besagt, dass man sich die Tränendrüsen operativ entfernen lassen soll.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 17:50
von Traitor
@Maurice: Ich denke, diese Herleitung ist durchaus schlüssig. Allerdings würde ich sie noch etwas verallgemeinern: Männer standen in der Menschheitsgeschichte meist weit stärker in Wettbewerbssituationen als Frauen, und im Wettbewerb generell (egal ob auf der Jagd mit der Natur, im Krieg mit dem Feind oder in der Wirtschaft mit den Kollegen und Konkurrenten) ist es von Vorteil, Emotionen zu unterdrücken.
Heutzutage sinkt dieser Unterschied langsam, da der Wettbewerbsvorteil Emotionslosigkeit auf Frauen genauso zutrifft - erfolgreiche Managerinnen oder Politikerinnen sind dem Klischee nach ja stets "Eiserne Ladys".

Neue Erkenntnisse sind das aber natürlich alles nicht gerade, sondern wohl allgemein bekannte Grundthesen.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 18:22
von Maurice
@Shockk: Was sie mich kümmert? Man könnte es als kritisches Hinterfragen bezeichnen :shy: ...
Scheinst mir das ja nicht zuzutrauen.

Männer "dürfen" nun mal laut Klischee nicht weinen, weil es dem "starken" Geschlecht schlecht stehen würde

Das es dieses Bild von "dem starken Mann" gibt steht ja auch außer Frage, die Frage ist aber woher das kommt und wie das zu begründen sei. Woher kommt denn unserer (um mal bewusst zu verallgemeinern) Vorstellung, dass "starke Männer" nicht weinen sollen? Wohl eine Sicht der Gesellschaft, aber woher kommt wieder die? Darum soll es hier gehen.


@Traitor: Da sind wir uns ja einig. Aber warum wird dieses Bild des starken Jägers, des tapferen Soldaten oder des erfolgreichen Managers (natürlich heuzutage auch alles in der weiblichen Variante) scheinbar ins Privatleben übertragen? Wie schon gesagt die These "Emotionen zeigen = schwach" gilt ja nicht nur fürs Berufsleben oder für die Öffentlichkeit, sondern allgemein.

Dagegen gibt es wiederum offizelle Ereignisse, wo es normal und sogar erwünscht ist seine Gefühle freien Lauf zu lassen. Man nehme nur begeisterte Sportfans.

Das Erkennen das man immer Emotionen auslöst oder zeigt!

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 18:59
von fanvarion
Mein Meinung zur Emotion und zur Feindesligkeit!

Emotionen sind unbrauchbar sie blockieren die nützliche Zusammenarbeit aller Menschen. So habe ich bis vor ein paar Jahren gedacht.

Durch viele Lehrgänge und noch mehr Umgang mit vielen fremden Menschen habe ich gelernt das es eigentlich keine Feindseligkeit gegen Emotionen gibt, geben kann.

Der Mensch ist Emotion pur und es gibt wenige Menschen die das wirklich unterdrücken können.
Beim Umgang mit anderen Menschen ist es egal ob wir etwas sagen oder uns nur bewegen, das kann auch nur ein paar Muskeln im Gesicht sein, schon zeigen wir Emotionen die der Gegenüber interpretiert kann.

Zitat
@Raiden/Yuji
Manchmal finde ich es schon angebracht Gefühle nicht zu zeigen, obwohl ich nicht dagegen bin.
Zitat Ende

Wenn Du Gefühle nicht zeigts, zeigst Du trotzdem ein GEfühl / eine Emotion.
Du lügst und Schaupielerst den anderen etwas vor.
Nicht das das schlimm ist den der Mensch lügt um in der Gemeinschaft leben zu können aus Selbstschutz oder den anderen zu Schützen. Jeder Mensch lügt am Tag hunderte Male nur damit die Gemeinschaft funktoniert.

Jeder Mensch ist gleichzeitig ein Sender und ein Empfänger von Emotionen. Die Gattung Mensch hat ein Schubladendenken er vergleicht Verhaltensstrukturen mit denen die er schon kennt und schon wird man in eine Schublade gepackt ob man möchte oder nicht. Das Verhalten ist normal.

Deswegen Maurice kann ich deine Aussage nicht unterstützen das es gegen Emotionen eine Art Feindseligkeiten gibt.
Denn Feindseligkeit ist eine Emotion!
Es ist höchstens falsch Verständnis von der Gattung Mensch.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 19:30
von aleanjre
Jeder will und soll Emotionen besitzen, wer überhaupt keine Emotionen zeigt, wird von der Gesellschaft abgelehnt. "Kalter Typ" "Uneheimlich - der verzieht ja nie eine Miene!" ...
Allerdings wirkt es bedrohlich, wenn jemand unkontrolliert scheint, indem er laut weint, tobt, jammert. Selbst zu langes und zu lautes Lachen wirkt eher irritierend und etwas peinlich. Es wird jedem Menschen, unabhängig vom Geschlecht beigebracht, sich angepasst zu benehmen. Wenn weinen, dann möglichst lautlos, Schluchzen ist störend. Wenn laut lachen, dann die Hand vor den Mund halten, um es etwas zu dämpfen. Jammern, klagen und aggressiv ausbrechen ist ganz verpönt. Es stört die Mitmenschen, wir lernen das so gründlich, dass wir es auch dann nicht können, wenn wir allein sind. Schließlich können wir uns ja auch kaum willentlich überwinden, in die Hose zu pieseln. Egal ob auf dem Marktplatz oder allein in der Wohnung. Man macht es einfach nicht. Punkt.

Natürlich ist es gesellschaftlich anerkannter, dass eine Frau weint. Frauen gelten als emotional, es ist wissenschaftlich belegt, dass Frauen emotionaler reagieren. Trotzdem wirkt auch eine Frau bedrohlich auf ihre Umwelt, wenn sie lauthals in Tränen ausbricht (und nicht gerade eine allgemeine Großkrise herrscht).
Jeder guckt peinlich in eine andere Richtung, beherzte Mitmenschen werden ihr ein Taschentuch in die Hand drücken, ihre Schulter tätscheln und hilflos murmeln: "Komm, komm, alles wird gut..."
Alles, um den Ausbruch zu unterdrücken, zu dämpfen. Große Erleichterung, wenn jemand aufsteht, das schluchzende Wesen in den Arm nimmt und dafür sorgt, dass es ganz schnell wieder ruhig wird.
Auch für die Weinende selbst ist der Ausbruch peinlich. Schließlich stört sie alle anderen!

Dies war früher noch viel stärker als heute. Eine gute Frau des viktorianischen Zeitalters war es gewöhnt zu sagen: "Ich bin heute etwas indisponiert" wenn sie sich beide Beine gebrochen hatte, und jahrhundertelang musste Frau ein Korsett tragen, um als anständig und gesellschaftsfähig zu gelten - ein Folterinstrument, dass den unteren Rippenbogen unwiderruflich verformte, alle inneren Organe zusammenquetschte und die Lungen am entfalten hinderte.

Es war und ist wichtig, die Emotionen zu beherrschen, um gesellschaftlich funktionieren zu können. Wer jammert und lamentiert, kann nicht arbeiten, wer in Panik ist, kann nicht vor einer Gefahr fliehen, wer von blindem Zorn beherrscht wird, kann nicht effektiv kämpfen.
Trotzdem sind Kummer, Angst, Leidenschaft und Wut wichtige und gute Emotionen, die wir brauchen. Gegen die wir uns kaum wehren können, ohne innerlich abzusterben. Das Gleichgewicht tut Not! Nur das Extrem, in die eine oder andere Richtung, wird verurteilt.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 19:49
von Traitor
@Maurice: Dass sich die Vorstellung vom "harten Mann" auch im Privatleben niederschlägt, liegt IMHO einfach daran, dass der Mensch nicht in der Lage ist, privat und geschäftlich (bzw zivil und kriegerisch) zu trennen und sich zwei komplette Verhaltenssätze zurechtzulegen. Wenn er sich in einem großen Teil seines Lebens auf Härte ausrichtet, dann tut er das zu einem gewissen Teil in seinem gesamten Leben. Dazu kommt ein Akkumulationseffekt: Was sich jahrtausendelang als Ideal überliefert hat (und überliefert wurden vor allem Geschichten aus Kriegen und anderen "offiziellen" Anlässen), das übernimmt man auch im Privatleben.

@fanvarion: Du benutzt den Begriff "Lüge" sehr weit. Ein Gefühl zu verbergen, ist doch keine Lüge im engeren Sinne; man macht keine Falschaussage, man hält nur Informationen zurück. Und wir halten alle möglichen Arten von Informationen zurück. Wieso sollten wir unsere "rationalen Gedanken" problemlos zurückhalten dürfen, das gleiche mit Emotionen zu tun aber schlecht sein?

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 20:11
von fanvarion
Original geschrieben von Traitor
@fanvarion: Du benutzt den Begriff "Lüge" sehr weit. Ein Gefühl zu verbergen, ist doch keine Lüge im engeren Sinne; man macht keine Falschaussage, man hält nur Informationen zurück. Und wir halten alle möglichen Arten von Informationen zurück. Wieso sollten wir unsere "rationalen Gedanken" problemlos zurückhalten dürfen, das gleiche mit Emotionen zu tun aber schlecht sein?


In den meisten Fällen hält man aber Informationen zurück die andere Leute beleidigen könnten, nicht müssen.
Wenn Du gefragst wirst ob Dir ein Gegenstand gefällt der Dir vorher als einer der Lieblingsgegenstände bezeichnet wurde wirst Du nicht sagen das er häßlich ist egal wie Du Ihn findest.

Wenn Du in der Öffentlichkeit jemanden triffst wirst Du im nicht sagen ob Du ihn leiden kannst oder nicht, aber deine Körpersprache verrät es ihm.

Ausserdem habe ich nicht geschrieben das es schlecht seine Emotionen zurückzuhalten.
Was ich aussagen möchte ist einfach das uns fast unmöglich ist Emotionen zurückzuhalten sie sind einfach da. Ob der Gegenüber es immer merkt was die Emotion ausdrücken möchte oder ob er es falsch entschlüsselt ist etwas anderes.
Eine rationalen Gedanken kann man besser verbergen, ob Dein Körper sich dabei nicht verrät durch irgendeine übliche Reaktion des Körpers wenn das gemacht wird. z.B. Ein Zucken mit dem rechten Augenlied oder man reibt sich über den Unterarm oder, oder, oder

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 20:20
von Maurice
@Höflichkeit:
Ja in der Regel verhalten wir uns aus Höflichkeit anders, als wir wahrheitsgemäß müssten. Wir antworten auch zum Teil gegen unserem eigentlich Denken, weil es unhöflich oder verletztend wäre dem anderen reinen Wein einzuschenken.
Aber deine Verallgemeinerung ist ein Fehler, denn auch wenn das die meisten Personen machen, es machen nicht alle!
Mir ist es lieber, wenn mir jemand sagt was Sache ist (natürlich wenn möglich auch mit Begründung) auch wenn es wehtun sollte. Nur wenn ich glaube zu wissen, dass mir jemand ehrlich seine Gedanken mitteilt, wenn ich ihn danach frage, selbst wenn die Antwort unangenehm oder schmerzhaft sein sollte, nur dann kann ich jemanden auch wirklich vertrauen. Und so ein Vertrauen bedeutet mir weit mehr als Rücksichtsnahme aus Höflichkeit.
Es geht dabei auch nicht darum jemanden unter die Nase zu reiben, dass man ihn nicht leiden kann, denn Ehrlichkeit bedeutet nicht alles auszusprechen, was man denkt. Nein wenn ich jemanden vertrauen will, muss ich mich auf die Wahrhaftigkeit seiner Aussage verlassen können wollen.

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 20:28
von fanvarion
Original geschrieben von Maurice
@Höflichkeit:
Ja in der Regel verhalten wir uns aus Höflichkeit anders, als wir wahrheitsgemäß müssten. Wir antworten auch zum Teil gegen unserem eigentlich Denken, weil es unhöflich oder verletztend wäre dem anderen reinen Wein einzuschenken.
Aber deine Verallgemeinerung ist ein Fehler, denn auch wenn das die meisten Personen machen, es machen nicht alle!
Mir ist es lieber, wenn mir jemand sagt was Sache ist (natürlich wenn möglich auch mit Begründung) auch wenn es wehtun sollte. Nur wenn ich glaube zu wissen, dass mir jemand ehrlich seine Gedanken mitteilt, wenn ich ihn danach frage, selbst wenn die Antwort unangenehm oder schmerzhaft sein sollte, nur dann kann ich jemanden auch wirklich vertrauen. Und so ein Vertrauen bedeutet mir weit mehr als Rücksichtsnahme aus Höflichkeit.
Es geht dabei auch nicht darum jemanden unter die Nase zu reiben, dass man ihn nicht leiden kann, denn Ehrlichkeit bedeutet nicht alles auszusprechen, was man denkt. Nein wenn ich jemanden vertrauen will, muss ich mich auf die Wahrhaftigkeit seiner Aussage verlassen können wollen.


Das tut man aber nur bei Menschen denen man vertraut oder die man schon ein paar Jahre kennt und weiß wie er reagiert. Ansonsten wirst Du nicht platschdich jemanden die nackte "deine nackte" Wahrheit ins Gesicht sagen.
Denn dann wärst Du "im Volksmund" unhöflich!

BeitragVerfasst: Do 2. Sep 2004, 21:12
von Padreic
Es ist denke nicht nur das Bild vom starken Mann, warum Emotionen teilweise verpönt sind. Im Umfeld vom Willen zur Macht gibt es durchaus einige Emotionen, die zur Stärke verhelfen können, gerade eben auch in der Urmenschsituation auf Jagd und Ähnlichem. Das Bild des harten Mannes zählt nur im Krieg in all seinen Derivaten und Machtlüsternheit, Wut etc. können da unter Umständen durchaus helfen, wenn sie prinzipiell vom Verstand kontrolliert werden. Gegen diese sprechen dann wohl eher die Überreste unserer christlichen Moral.

Es gibt auch immer wieder Situationen, wo Emotionenblockaden gelöst werden, im Rausch. Das mag sowohl Drogen- bzw. Alkoholrausch sein, als auch solcher, wie er beispielsweise auf Konzerten oder in der Disco stattfinden kann, wo eben die Hemmungen fallen. Und so etwas wird von längst nicht allen als schlecht angesehen, wenn es denn "global" gesehen kontrolliert bleibt, d.h. man es nicht dauernd macht. Seltsamerweise machen so etwas auch "coole" Leute, obgleich sie es komisch fänden, wenn man von einem Gedicht oder einem Musikstück berührt ist. Hier spielt wohl sowohl der Gegensatz von "harten" und "weichen" Emotionen eine Rolle als auch (was wohl wesentlicher ist) der von individualisierten und Gruppenemotionen. Dass eine ganze Gruppe komplett Emotionen zeigt, wird viel eher toleriert, als dass es ein einzelner in einer Gruppe tut.

Bei mir persönlich hat ein gewisser Verzicht, Emotionen öffentlich zu zeigen, damit zu tun, dass ich Angst davor hab, mein Inneres nach Außen zu kehren und Emotionen sind nunmal was persönliches. Eine fast völlig emotionslose Haltung würde aber von den meisten in der Tat als recht irritierend und abweisend empfunden.

Padreic

BeitragVerfasst: Fr 3. Sep 2004, 00:37
von Traitor
@fanvarion: Dein Text wirkte für mich so, als ob du das Verbergen von Emotionen grundsätzlich als "Lüge" und damit als negativ sehen würdest. Aber anscheinend ist dein Begriff von Lüge nicht nur recht weit, sondern auch nicht allzu abwertend.
Damit, dass das Zurückhalten von Emotionen schwerer ist als das von Gedanken, hast du Recht, da sie eben nicht von Anfang an dem Verstand unterstehen. Was einen aber nicht daran hindert, diese Kontrolle so weit wie möglich anzustreben - dies wird nie 100% möglich sein, aber eine mäßige Verarbeitung ist besser als keine.

@Padreic: Da stellt sich die Frage, inwieweit "Massenemotionen" mit "Einzelemotionen" vergleichbar sind, oder zugespitzt, ob sie überhaupt echte Emotionen im engeren Sinne sind. Ich denke, sie sind auf jeden Fall oberflächlicher, da auch nicht von Dauer, und eher "Erlebensemotionen" im Gegensatz zu "Befindensemotionen". Will sagen: diese emotionalen Ausbrüche sind eher direkte Reaktionen auf äußere Umstände als Ausdruck des inneren Befindens.
Wohl auch deshalb sind sie eher toleriert - die Menschen geben hier nichts von sich preis, nehmen nur eine weitere Rolle wahr und "funktionieren".

Die Diskussion zwischen mir und fanvarion findet sich jetzt in diesem neuen Thread

BeitragVerfasst: Sa 4. Sep 2004, 15:37
von Scipio
negative Gefühle zeigen kommt mir immer wie eine Art Hilferuf vor...
Ich verstehe nicht, dass man "durch seinen Schmerz hindurchgeht", indem man weint....
Kann sein, dass ich dazu eine etwas konservative und harte Einstellung habe, aber ich finde, man sollte das Mitleid anderer Leute nicht nutzen, wenn man es nicht braucht ...
und die Eigenschaft Hilfe zu brauchen
( nicht die Fähigkeit Hilfe anzunehmen...) empfinde ich als schwach.
Zudem manipuliert man die Handlungen anderer Menschen, wenn man weint.
Niemand setzt einem weinendem Mann noch eins drauf, wenn man ihn schon so am Boden zerstörrt sieht, sondern hält sich zurück.
Und diese Reaktion zu provozieren halte ich für schwach...

BeitragVerfasst: Sa 4. Sep 2004, 15:58
von aleanjre
@Scipio:
Ja. Es gibt Menschen, die Tränen als Waffe benutzen. Ganz bewußt und sehr geschickt. Üblicherweise sind das Frauen, aber auch bei Männern kommt es vor.

Aber so wie du das schreibst, klingt es, als wären Tränen immer Manipulation. Ich weiß nicht, ob du jemals so tief verletzt wurdest, körperlich oder seelisch, dass du gar nichts anderes mehr tun konntest als hilflos zu schreien, und die Tränen sind gelaufen, ohne dass du es verhindern konntest. Dieses Niederreißen von Grenzen ist fremdbestimmt, und es ist keine Schwäche. Jeder Mensch hat seine Grenze der Belastbarkeit. Ich kann dir nur wünschen, dass du niemals Opfer einer Katastrophe wirst, Teil einer Panik, einer unkontrollierbaren Situation.
Das du niemals einen geliebten Menschen verlierst und mit deiner Trauer leben musst, kann ich dir nicht wünschen. Solltest du nicht sehr jung sterben oder als Eremit leben, wirst du zwangsläufig Freunde und Angehörige verlieren.

Durch den Schmerz hindurchgehen:
Echte Tränen sind mit Stresshormonen "bereichert", sie schwemmen den Stress im wahrsten Sinne des Wortes fort. Somit erfüllen sie wichtige Ventilfunktion für übergroßen Schmerz jeder Art. Diese Tränen zu unterdrücken ist sehr ungesund - der Stress bleibt im Körper.

Du sagtst, wer Hilfe braucht ist schwach, wer Hilfe annimmt, nicht. Schwach besetzt du hier sehr negativ.
Ist ein Mann schwach, der gerade seine Arbeit verloren hat und vor Verzweiflung nicht weiter weiß, weint, weil er nicht weiß, wie er seine Familie ernähren soll, das frisch gekaufte Haus abbezahlen?
Ist eine Frau schwach, die weint, weil ihr Kind gestorben ist, die nicht nur zwei Tage, sondern 2 Jahre lang weint?
Was genau meinst du mit Schwäche?
Oder redest du wirklich nur von solchen Leuten, die das Mitgefühl ihrer Umwelt erheischen?