Die entscheidende Diskussionskompetenz ist meiner Meinung nach, zu versuchen, die Position des Gegenübers nachzuvollziehen, in ihre Argumente und Schlüsse zu zerlegen und zu überprüfen, inwieweit ihr Gesamtbild und/oder ihre Elemente mit der eigenen Meinung kompatibel sind. Nur auf die Art kommt man zu einer produktiven Diskussion, bei der für beide Seiten das Potential besteht, die eigene Ansicht zu "verbessern". Dass der eine Diskussionspartner den anderen überzeugen kann, ist bei genügend ausgebildeten Meinungen und genügend komplexen Themen kaum möglich, was aber möglich ist, ist eine "Koevolution" der beiden Ansichten.
Dagegen steht die destruktive Diskussionsweise in all ihren Schattierungen - man versucht, die Position des Gegners zu zerreden; man schmeißt ihm ein gegenteiliges Fakt nach dem anderen an den Kopf; oder, in der schlimmsten Form, man geht einfach gar nicht auf ihn ein und propagandiert nur fröhlich weiter, wie es Tohuwabohu im Ausgangspost beschrieben hat.
Von diesen negativen Diskussionsformen ist aber niemand frei - gerade, wenn ich der Meinung bin, die Position meines Gegenübers sei völlig unreflektiert und schon von vornherein ohne Chance gegen die meine, habe ich häufig keine Lust, mich auf eine produktive Diskussion einzulassen, sondern versuche nur, ihn mit ein paar Schlagargumenten "abzufertigen".
Was einen guten Diskutanten ausmacht, ist letztendlich vor allem seine Reflektionsfähigkeit - er muss erkennen, ob er es sich erlauben kann, sich derart zu verhalten, oder ob er sich damit nur selbst diskreditiert.
Und seine Menschenkenntnis - er muss erkennen, ob das Gegenüber Ansätze zeigt, zu einer "besseren" (aka reflektierterer, ausgebildeterer) Meinung zu finden, und sich in diesem Fall über den eigenen Stolz, "sich nicht mit sowas abzugeben", hinwegzusetzen.
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