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Selbstwertgefühl - Wikipediaartikel

BeitragVerfasst: Di 15. Nov 2005, 21:31
von Bauer-Ranger
Hallo,

ich wollte einfach mal was ausformuliertes über Selbstwertgefühl lesen, also schnell rein bei Wikipedia und was les ich da? In meinen Augen totalen Müll:
[url]http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstwertgefühl[/url]

Die psychologischen Erklärungen springen zwischen allen möglichien Bewusstseinsformen hin und her ohne irgendwelchen psychologischen Hintergrund. Schon gleich am Anfang wird ein großer Fehler gemacht: Das Selbstvertrauen wird mit dem Selbstwertgefühl gleich gesetzt. Aber nur weil jemand wenig Selbstvertrauen hat muss derjenige nicht gleich ein geringes Selbstwertgefühl haben:
Der sich unterbewusst am wertlosesten fühlende Mann kann trotzdem jeden Tag 5 Fauen flachlegen, ich würde sogar behaupten dass ein geringes Selbstwertgefühl sich so bemerkbar machen kann und es auch häufig tut. Somit führt geringes Selbstwertgefühl zu einem hohen Selbstvertrauen, da das der beste weg ist um mit dem geringen Selbstwertgefühl fertig zu werden.


Diese Menschen mit hohem Selbstwertgefühl würden sich und ihr handeln positiv sehen und Kritik nicht als selbstwertbedrohend, sondern bestenfalls als Verbesserungsvorschlag, welchen sie auch annehmen könnten, sehen. Ein so wenig zu verunsicherndes Selbstwertgefühl sei jedoch, laut der Autorin, unmenschlich und deute eher auf Abwehr von Verunsicherung hin.


Schauen wir nur mal diesen Absatz an. Der Autor spricht davon dass jemand sich als besser gibt um sich dadurch unantastbar zu machen. Sowas machen nur Menschen, die mit solch einer Abwehr versuchen mit ihrem geeringen Selbstwertgefühl umzugehen. Der Autor verwechselt hier das tatsächliche Selbstwertgefühl des Menschen und das wie der Mensch sich mit seinem Verstand einschätzt.

Ich finde noch viele solcher Widersprüche in denen einfach immer von dem wie sich ein Mensch bewusst einschätzt auf sein wirkliches Selbstwertgefühl geschlossen wird, was imho total falsch ist. Das Selbstwertgefühl ist etwas völlig unterbewusstes.

Oder liege ich nun falsch? Ich würde mir wünschen dass wir in diesem Thread über die von mir unterstellten Widersprüche in diesem Artikel schreiben und gleichzeitig versuchen zu definieren was Selbstwertgefühl wirklich ist und wie es gesenkt oder gesteigert wird.

mfg Michi

BeitragVerfasst: Mi 16. Nov 2005, 21:29
von Feuerkopf
Der Artikel ist sehr zäh, um es mal freundlich auszudrücken.
Vielleicht können wir aber auch auf der Ebene der persönlichen Erfahrung an das Thema herankommen.

Zu meiner Ausbildung gehörte auch ein großer Bereich Selbsterfahrung. So stellte ich fest, dass mein Selbst-Bild eher negativ war, ich war sehr streng mit mir und hatte Ziele vor Augen, die ich beim besten Willen nicht erreichen konnte. Das äußerte sich in Zynismus mir selbst gegenüber und einer gewissen Selbstverachtung.

An eine Übung kann ich mich sehr gut erinnern. Wir sollten einen Baum des Selbstwertgefühls zeichnen. Seine Wurzeln stellten alle Fähigkeiten, Interessen und Anlagen dar, die Zweige das, was man daraus gemacht hatte. Ich war verblüfft, was ich in einer halben Stunde alles zusammentragen konnte! Unbewusst war mir klar, dass ich z. B. gut zuhören kann, aber ich hatte es noch nie in Worte gefasst. Und so kam eines zum anderen. Eine Sammlung guter Eigenschaften und erreichter Ziele. Das war ein für mich einschneidendes Erlebnis.
Ich war wer. Ich hatte was erreicht, geschafft.
Ich hatte sozusagen ein positives Bild meiner Selbst gemalt.

Seither ist mir übrigens der Zynismus mir gegenüber abhanden gekommen. Ich brauche ihn nicht mehr. Ich weiß jetzt, was ich (mir) wert bin.

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 00:18
von Bauer-Ranger
Ja Feuerkopf, aber ist das Selbstwertgefühl nicht etwas viel unterbewussteres?
Es heißt ja Selbstwertgefühl und nicht Selbsteinschätzung?
Die Tatsache wie man sich selbst einschätzt kann ein Spiegel des Selbstwertgefühles sein. Zum Beispiel wenn jemand kein gutes Selbstwertgefühl hat, so kann es passieren dass er sich überschätzt, dass er eben arrogant wird, um sich unantastbar für Kritik zu machen. Es kann passieren, dass jemand, der ein gutes Selbstwertgefühl hat sich sehr bescheiden gibt. Versteht ihr was ich meine?
Was sind nun die wirklichen Ursachen für das Selbstwertgefühl?
Ich behaupte ein gutes Selbstwertgefühl kommt davon dass man geliebt wird und/oder liebt. Dabei ist sowohl die elterliche Liebe in der Kindheit wichtig, auch für die spätere Zukunft, als auch die Liebe, die einem später im Leben begegnet.
Nicht die Eigenschaften eines Menschen sind dafür verantwortlich, sondern einfach nur ob er geliebt wird/wurde oder nicht...

mfg Michi

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 00:55
von Aydee
Vielleicht nicht einmal unbedingt, ob/dass ein Mensch geliebt wird (obwohl das ganz sicher extrem hilfreich ist, sich selbst so zu entwickeln wie es den inneren Bedürfnissen und Anlagen eines Menschen entspricht^^), sondern erst einmal dass er/sie von seinem/ihrem Umfeld akzeptiert wird, grad eben WIE er/sie ist. Was die meisten Eltern für ihre Kinder empfinden IST eine Art von Liebe, manchmal sehr egoistisch, manchmal aber auch sehr offen und am Kind ausgerichtet. Dennoch genügt imo lieben allein nicht; es nützt dem Kind in seiner Entwicklung nicht, wenn ihm gesagt/gezeigt wird dass es geliebt wird, aber im gleichen Moment Ansprüche an es gestellt werden, dem es "einfach" - von seinem So-sein - nicht gerecht werden KANN. Was es aber trotzalledem versucht. Immer und immer wieder versucht. Und scheitert.

Von daher hat es schon seinen Grund warum ein Mensch - wie in Feuerkopf's post - ein negatives Bild von sich aufbaut und pflegt (@Feuerkopf. Möchte nichts unterstellen; vielleicht hat es bei dir gänzlich andere Auslöser gehabt, dass du negativ von dir gedacht/empfunden hast, als ich hierin sehe...). Immerzu irgendwelchen Erwartungen NICHT gerecht werden zu können, hilft nicht wirklich das eigene Ich finden zu können. Und es real einschätzen und Wert-schätzen zu können.



PS:
Zitat von Bauer-Ranger:wenn jemand kein gutes Selbstwertgefühl hat, so kann es passieren dass er sich überschätzt, dass er eben arrogant wird, um sich unantastbar für Kritik zu machen. Es kann passieren, dass jemand, der ein gutes Selbstwertgefühl hat sich sehr bescheiden gibt. Versteht ihr was ich meine?

Ich dachte immer genau umgekehrt... **fragend guck**

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 01:04
von Bauer-Ranger
Stimmt Aydee, auch die Akzeptanz spielt eine Rolle. Ich kann nicht einschätzen was wichtiger ist und in welchem Maße.
Aber um wieder auf den Wikipediaartikel zu kommen. In ihm wird beschrieben, dass das Selbstwertgefühl in jungen Jahren sehr wichtig ist für die Entwicklung der Persönlichkeit. Aber ich finde, dass die Selbsteinschätzung für die Persönlichkeitsbildung nicht wirklich arg von Belang ist, das Selbstwertgefühl jedoch um einiges mehr. Und da der Wikipediaartikel ja eigentlich meistens nur von Selbsteinschätzung redet dürfte er mit seiner Behauptung in diesem Punkt etwas durcheinandergekommen sein^^

Ich dachte immer genau umgekehrt... **fragend guck**

Nun, das waren von mir nur Beispiele.
Aber der Wikipediaartikel spricht richtig davon, dass Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl wohl durch berechtigte und unberechtigte Kritik sehr angreifbar sind, weil es ihnen das ohnehin schon in geringem Maße vorhandene Gefühl der Akzeptanz nicht gibt, sondern die Nichtakzeptanz und das Nichtgeliebtwerden verstärkt. Deswegen ist es nützlich für ein solches Individuum, wenn der Verstand eine Barriere aufbaut, die keine Kritik mehr zulässt. Das geht am einfachsten, indem die Selbsteinschätzung sich selber komplett überschätzt, denn damit ist man völlig losgelöst von Kritik, denn man ist ja ohnehin besser und unantastbar. Das ist in dem Sinne also eine Art Maske. Ich sage nicht, dass ein geringes Selbstwertgefühl sich so äußern muss, aber mir ist das schon des öfteren aufgefallen bei Menschen. Frägt man dann weiter nach, dann lassen sich Anzeichen finden, die die Behauptung, nämlich dass es tatsächlich am geringen Selbstwertgefühl liegt, stützen.

mfg Michi

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 01:23
von Feuerkopf
Natürlich kann man geringes Selbstwertgefühl kompensieren.
Eine Methode ist die Offensive. Ich tu so, als hätte ich ein gutes Selbstbewusstsein, bin zugänglich und überspiele perfekt meine Schüchternheit. Dazu gehört schon eine Portion Schauspieltalent.

Ich denke auch, dass der Grundstock zu einer ausgeglichenen, in sich selbst ruhenden Persönlichkeit im Kindesalter gelegt wird. Wenn Eltern ihr Kind lieben, ohne es zu verbiegen, wenn sie es fördern und loben, aber immer im Rahmen seiner Möglichkeiten, dann sollte das Kind ein gutes Fundament haben.

Ich bin aber der Meinung, dass ein gutes Selbstwertgefühl sich über die eigene Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten definieren sollte. Es ist gefährlich, es von der Einschätzung anderer abhängig zu machen.
Wenn ich weiß, was ich kann, also meiner selbst sicher bin, dann kann ich auch Widerstände von außen aushalten.
Für mich sind Selbstwertgefühl und Selbstsicherheit nah verwandt.

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 02:41
von C.G.B. Spender
Es kommt auch immer auf die Form der Kritik an. Genauso oft passiert es, dass jemand etwas kritisiert, was er selber nicht ganz versteht und wenn man dann hart auf diese Kritik reagiert, weil einem unkonstruktive Kritik auf den Sack geht, dann heißt das noch lange nicht, dass man ein schlechtes Selbstwertgefühl hat.

Vielleicht fragt man sich dann auch irgendwann: Warum sollte ich da überhaupt drauf reagieren?

Das Selbstwertgefühl sagt einem vielleicht, dass man selbst viel zuviel wert ist, um sich an einen solchen Streit zu verschwenden.


Einfacher ausgedrückt: Es gibt Menschen, die wirken selbstbewußt, sind es aber nicht; und es gibt Menschen, die wirken selbstbewußt, weil sie es sind.

Es gibt auch Menschen, die die Welt gerne schwarz-weiß hätten, und sich vor allem fürchten, was sie nicht kategorisieren können.

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 13:48
von Ipsissimus
mein Selbstwertgefühl hat absolut nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun, nichts mit meiner Selbsteinschätzung und nichts mit meiner Einschätzung durch andere - es ist eine absolute Größe in mir, die völlig unabhängig davon ist, was ich für andere bin oder sein kann - nichts kann mich dazu bewegen, aufgrund des Urteils eines anderen Menschen meinen Selbstwert in Frage zu stellen

der Einfluss dieses Selbstwertgefühls auf meine Selbsteinschätzung führte zu verschiedenen Zeiten zu verschiedenen Ergebnissen, je nach meiner Bedürftigkeit, mich in meinen Eigenarten klar oder eher verschleiert zu sehen. Diese Selbsteinschätzung unterliegt im Gegensatz zum Selbstwertgefühl sehr wohl externen Einflüssen

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 20:19
von Bauer-Ranger
Die Frage ist, ob so wie sich Ipsi gibt, ob das nun Selbstschutz ist oder wirklich so ist^^

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 20:30
von C.G.B. Spender
Es ist wirklicher Selbstschutz. ;)

Was ist denn an Selbstschutz verkehrt?

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 22:12
von Bauer-Ranger
Nichts, aber man muss sich fragen ob ein Mensch selber überhaupt bewusst auf sein momentanes Selbstwertgefühl schließen kann ;)

Ich bin aber der Meinung, dass ein gutes Selbstwertgefühl sich über die eigene Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten definieren sollte. Es ist gefährlich, es von der Einschätzung anderer abhängig zu machen.
Wenn ich weiß, was ich kann, also meiner selbst sicher bin, dann kann ich auch Widerstände von außen aushalten.
Für mich sind Selbstwertgefühl und Selbstsicherheit nah verwandt.


Also ich bin auch der Meinung wie Ipsi, dass es mit den Fähigkeiten nichts zu tun hat. Wenn sich jemand ständig auf seine Fähigkeiten besinnt, also sehr ehrgeizig ist, so deutet dies eher auf ein unterbewusst schlechteres Selbstwertgefühl hin, denn ein ausgeglichener Mensch müsste das doch nicht tun, oder? Fürs Selbstvertrauen mag so etwas förderlich sein, aber mit dem Selbstwertgefühl hat das imho wenig zu tun...
Und Selbstsicherheit muss man differenziert betrachten. Bei was denn sicher? Es gibt soviele Möglichkeiten in denen man selbstsicher oder eben unsicher sein kann, so dass es schwer ist da eine Verwandschaft zum Selbstwertgefühl herzustellen. Ich finde und das habe ich anfangs bereits erwähnt, dass das Selbstvertrauen (=Selbstsicherheit?) mit dem Selbstwertgefühl nichts zu tun hat...

mfg Michi

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 23:53
von Feuerkopf
Zitat von Bauer-Ranger:Also ich bin auch der Meinung wie Ipsi, dass es mit den Fähigkeiten nichts zu tun hat. Wenn sich jemand ständig auf seine Fähigkeiten besinnt, also sehr ehrgeizig ist, so deutet dies eher auf ein unterbewusst schlechteres Selbstwertgefühl hin, denn ein ausgeglichener Mensch müsste das doch nicht tun, oder? Fürs Selbstvertrauen mag so etwas förderlich sein, aber mit dem Selbstwertgefühl hat das imho wenig zu tun...
Und Selbstsicherheit muss man differenziert betrachten. Bei was denn sicher? Es gibt soviele Möglichkeiten in denen man selbstsicher oder eben unsicher sein kann, so dass es schwer ist da eine Verwandschaft zum Selbstwertgefühl herzustellen. Ich finde und das habe ich anfangs bereits erwähnt, dass das Selbstvertrauen (=Selbstsicherheit?) mit dem Selbstwertgefühl nichts zu tun hat...
mfg Michi


Ich habe nicht gesagt, dass ich mich ständig auf meine Fähigkeiten besinnen muss. Wichtig ist die Erfahrung, überhaupt mal eine Bestandsaufnahme der eigenen Ressourcen und Erfolge zu machen, denn wir neigen alle dazu, uns eher klein zu machen. Das hat überhaupt nichts mit Ehrgeiz zu tun, sondern mit der Würdigung der eigenen Person, mit der Wertschätzung des eigenen Ich.
Wenn ich weiß, was ich kann, wenn ich weiß, was ich erreicht habe, also all dem einen positven Wert beimesse, dann kann ich ganz anders an Herausforderungen jeder Art herangehen, viel gelassener nämlich.

Versuch doch mal, in einer halben Stunde einen solchen Baum zu zeichnen und zu beschriften, wie ich es vorgstellt habe. Es ist ein erstaunliches Erlebnis, mal nur über die positiv belegten eigenen Fähigkeiten und Resultate nachzusinnen.

BeitragVerfasst: Do 17. Nov 2005, 23:57
von Padreic
Und was ist, wenn man weiß, was man kann, darin aber keinen großen Wert sieht, zumindest nichts, worüber man zufrieden sein kann?

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 00:01
von Aydee
Uns wurde mal bei einem Einstellungstest so eine Aufgabe vorgesetzt. Hab da gesessen und gebrütet... Alles was mir einfiel, wurde beinah sofort abgehakt: "Ach neee, das iss nüscht Positives, nichts was hierher gehört, kann doch sowieso jeder und ist sowas von selbstverständlich..." Ich saß vor meinem leeren Blatt und hab den anderen Bewerbern zugeschaut wie die eifrig geschrieben und geschrieben haben.

Ich empfinde diese Aufgabe noch immer nicht als einfach....
Das Blatt bleibt noch immer sehr sehr lange weiß....

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 00:15
von Feuerkopf
Zitat von Padreic:Und was ist, wenn man weiß, was man kann, darin aber keinen großen Wert sieht, zumindest nichts, worüber man zufrieden sein kann?


Möglicherweise kann man eine solche Situation zum Anlass nehmen, die eigenen Wertmaßstäbe mal zu überprüfen, hinterfragen und ggfs. zu verändern.

Von sich selbst permanent zu viel zu erwarten, führt bestimmt nicht zu einer ausgeglichenen, selbst-wertschätzenden Haltung.

Aydee,
du bist da ja an ganz besonders sensible Zeitgenossen geraten! Bei einem Einstellungstest bestimmte Fähigkeiten abzuwerten, bloß weil mehr als einer sie hat, zeugt nicht gerade von Meschenführungsqualitäten.

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 00:23
von Aydee
Nee.. sry: Missverständnis
Das ist von mir intern abgehakt worden, nicht von den "Testern". Die Idee dahinter war, dass man seine Fähigkeiten, seine Fertigkeiten, seine Stärken, etc.... aufzählt/darlegt und das Ganze unter dem Hintergrund: was kann ich (davon) in diesen Job einbringen?
Sie haben uns zwar hinterher im persönlichen Gespräch darauf angesprochen, aber im Grunde war das ne Art psychologische Aufgabe für die Bewerber (so nach dem Motto: So siehst du dich.) Einige der Bewerber hatten auf ihrem Zettel auch ein paar Schwächen aufgezählt - das war auch ok :-).
Ich empfand die Aufgabe als Idee ziemlich gut, aber ich konnte sie für mich nicht umsetzen.

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 01:03
von Bauer-Ranger
Zitat von Feuerkopf:Ich habe nicht gesagt, dass ich mich ständig auf meine Fähigkeiten besinnen muss. Wichtig ist die Erfahrung, überhaupt mal eine Bestandsaufnahme der eigenen Ressourcen und Erfolge zu machen, denn wir neigen alle dazu, uns eher klein zu machen. Das hat überhaupt nichts mit Ehrgeiz zu tun, sondern mit der Würdigung der eigenen Person, mit der Wertschätzung des eigenen Ich.
Wenn ich weiß, was ich kann, wenn ich weiß, was ich erreicht habe, also all dem einen positven Wert beimesse, dann kann ich ganz anders an Herausforderungen jeder Art herangehen, viel gelassener nämlich.

Und was ist mit dem Gefühl wenn dich dein Mann einfach nur in den Arm nimmt? Und was wäre mit deinem Selbstwertgefühl wenn er es nicht tun würde bzw. du keinen Mann hättest, der es tun könnte?

Zitat von Feuerkopf:Versuch doch mal, in einer halben Stunde einen solchen Baum zu zeichnen und zu beschriften, wie ich es vorgstellt habe. Es ist ein erstaunliches Erlebnis, mal nur über die positiv belegten eigenen Fähigkeiten und Resultate nachzusinnen.

Omg :boah:
Erstmal mach ich Mathe^^

mfg Michi

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 01:44
von janw
Zitat von Bauer-Ranger:Und was ist mit dem Gefühl wenn dich dein Mann einfach nur in den Arm nimmt? Und was wäre mit deinem Selbstwertgefühl wenn er es nicht tun würde bzw. du keinen Mann hättest, der es tun könnte?

Bauer, das ist eben der Punkt, wie zumindest Ipsi ihn sieht, und ich auch zunehmend: Das Selbstwertgefühl wird hier als absolute Größe, also nicht skaliert in mal mehr, mal weniger, verstanden.
Vielleicht ist dies nicht die einzig gültige Bedeutungszuweisung des Begriffs, aber es ist eine, die in jedem Falle dann greift, wenn der Mensch sich sehr existentiell infrage gestellt sieht - durch Mißbrauch, permanent ablehnende Behandlung,...
Ein Christ kann dann noch sagen: Ist Gott für mich, so trete..., aber letztlich ist jeder doch auf sich allein gestellt.
Allein aus sich selbst stehen zu können, heißt, hierin von niemandem abhängig zu sein, im Gegenteil, es heißt, erhaltene Zuneigung von anderen als wirkliches Geschenk empfinden zu können. Nicht als Almosen.

Feuerkopf, das mit dem Baum werde ich mal machen. Klingt wirklich gut! :)

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 02:12
von C.G.B. Spender
Das verminderte Selbstwertgefühl durch Mißbrauch ist sicher ein Problem, bei dem positive Affirmationen und Übungen, wie jene mit dem Baum, nur eine unterstützende Wirkung haben. Das Kernproblem wird damit wohl nicht erreicht und gelöst werden.

Fehlende Liebe in der Kindheit ist zwar kein Mißbrauch, aber wenn man bedenkt, wie sozial das Lebewesen Mensch normalerweise ist, so grenzt so etwas doch schon hart an einer Art von Mißbrauch. Vor allem wenn die Liebe völlig fehlt oder/und durch das Gegenteil ersetzt wurde, z.B. Hass und Ablehnung. Gleichgültigkeit, was sicher nicht das Seltenste ist, wirkt mit Sicherheit ebenfalls negativ auf die Psyche. Gleichgültigkeit kann Menschen sehr unsicher machen und das hilft dem Selbstwertgefühl sicherlich nicht.

Eine unsichere Person kann von Außen auch sehr sicher wirken. Das wäre dann der entsprechende Schutz vor noch größerer Verunsicherung.

Absolut sichere Menschen gibt es sowieso nicht. Das wird einem jeder gute Psychologe bestätigen, und es mag zudem etwas tröstlich sein.

Ich glaube in einem gesunden Menschen halten sich der Zweifel und der Glaube am Selbst die Waage. Peter Ustinov sagte einmal: "Wer nicht zweifelt, muß verrückt sein!"


Dazu kommt auch, dass nicht jede Kritik gut gemeint ist. Manchmal steckt auch viel Neid dahinter. Das ist leider nunmal so. Je nach Grad der Falschheit des Gegenübers, kann es schwer sein, das zu trennen.

BeitragVerfasst: Fr 18. Nov 2005, 09:35
von Feuerkopf
Bauer-Ranger,
für mich ist das Erkennen der eigenen Fähigkeiten die Basis eines stabilen Selbstwertgefühls. Wie Jan sagt: Wir sind letztlich alle Inseln. Es wäre für meine eigenen Stabilität gefährlich, zu abhängig zu sein von Bestätigung von außen.

Es ist ein gutes, wundervolles Gefühl, gemocht zu werden und das auch gezeigt zu bekommen. Meine Erfahrung zeigt mir, dass die Zuwendung von außen durch Familie und Freunde mehr geworden ist, seit ich meiner selbst sicherer geworden bin. Das bestätigt mich in meiner Haltung.
Es gibt einen Spruch:
Je mehr ein Mensch an innerem Gewicht besitzt, desto weniger hat er es nötig, sich nach außen hin ins Gewicht zu legen.

Für mich ist Selbstwertgefühl keine feste Größe, sondern entwicklungsfähig und auch verletzbar. Selbst wenn ich eine klare Vorstellung von meinen Fähigkeiten und Erfolgen habe, so kann ich ohne weiteres auch Defizite aufweisen.
Mit der Kenntnis im Rücken, dass ich eben kein Loser bin, sondern bestimmte Dinge schon erreicht habe, lassen sich neue Herausforderungen aber besser bewältigen. Davon bin ich überzeugt.