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Zeigen von wahren Gefühlen - Stärke oder doch eher Schwäche?

Verfasst:
Do 5. Jan 2006, 23:35
von Japan-Freak
Nun, das hört sich vielleicht nicht gerade nach einem lobenswertem Thema an, aber ich dachte, ich probier es einfach mal. Also nun, ihr kennt es doch sicherlich, wenn jemand eine Art geständniss macht oder dergleichen und dabei häftigst mit den Tränen ringt. Was ist das eurer Meinung nach? Eine Art von Stärke oder eher Schwäche? also ich finde es ist eine gewisse Art von Stärke, denn heutzutage Gefühle mit Tränen zu verbinden, kann bei manchen Menschen als negativ abgestempelt werden. Doch wenn man diese Tränen zeigt, zeigt man auch, wie man wirklich fühlt und auch, dass es einem egal ist, was andere in diesen Momenten denken mögen und ebenfalls, dass es einem Ernst ist, denn Tränen kann man nie vortäuschen und wenn man dieses kann, dannsieht man, ob es einem damit Ernst ist oder ob man einem nur etwas vorspielt.
Hier einfach mal eine Person, die mir mit ihren Texten in solchen Situationen Mut macht und die eine tolle philosophische Ader besitzt:


Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 00:18
von Ipsissimus
na ja, mit Gefühlen ist es so eine Sache^^ die Person, deren Bild du hierfür online gestellt hast, würde ich instinktiv als japanisches Aquivalent einer Nachmittags-Talkshow-Heulsuse einstufen, nicht wirklich wissend, wer sie ist, mich aber an eine Arabella Dingsbums erinnert gefühlt^^ Gefühle als Geschäft
nichtsdestotrotz gibt es Gefühle und gibt es Tränen und gibt es Schauspieler^^ manchmal ist das Gefühl und die Träne echt, manchmal ist die Träne nur Wasser und das gefühl nur Geschäft. Mensch muss einen Menschen schon gut kennen - oder über eine sehr gute Menschenkenntnis verfügen - um das praktisch unterscheiden zu können.
Grundsätzlich halte ich Tränen für einen Beweis für nichts

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 00:19
von Feuerkopf
Ha, von wegen! Tränen können sehr wohl lügen!
Mit ein bisschen Training - es gibt wunderbare traurige Gedanken, die man sich machen kann - produziert man beeindruckende Kullertränen zu passender Gelegenheit.
Es ist, finde ich, wundervoll, guten Kontakt zu den eigenen Gefühlen zu haben, sie überhaupt empfinden und auch benennen zu können. Ich kenne allerdings nicht viele Menschen, die dazu in der Lage sind. Die meisten sind inzwischen viel zu verkopft und kontrolliert und haben auch zu viel Angst vor der Wucht, die diese Gefühle haben können.
Gegen Tränen habe ich übrigens nichts einzuwenden. Sie sind ein gutes Ventil.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 00:27
von Japan-Freak
Zitat von Feuerkopf:Ha, von wegen! Tränen können sehr wohl lügen!
Mit ein bisschen Training - es gibt wunderbare traurige Gedanken, die man sich machen kann - produziert man beeindruckende Kullertränen zu passender Gelegenheit.
Nun, doch mit der perfekten Einstellung und Menschenkenntniss, kann man dieses erkennen, ich hab es bis jetzt oft erkannt und bin daher gute Entscheidungen eingegangen.
EDIT:
Zitat von Ipsissimus:na ja, mit Gefühlen ist es so eine Sache^^ die Person, deren Bild du hierfür online gestellt hast, würde ich instinktiv als japanisches Aquivalent einer Nachmittags-Talkshow-Heulsuse einstufen, nicht wirklich wissend, wer sie ist, mich aber an eine Arabella Dingsbums erinnert gefühlt^^ Gefühle als Geschäft
Da möcht ich dich verbessern, weil ich das nicht gern auf dieser Person sitzen lasse, aber damit will ich dich nicht angreifen. Sie ist keine Talkshow-Tussie, sie ist eine japanische Popsängerin und sehr begehrt in ihrem Land, auch hier kennen einige sie sehr gut. Sie heißt Ayumi Hamasaki und ich werde mal einen kleinen Text von ihr in meine Signatur setzen. ^^

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 00:37
von aleanjre
Hm. Ein, zwei einzelne Kullertränchen kann ein guter Schauspieler produzieren, ja. Rotz und Wasser heulen nur, wenn die Gefühle wirklich überwältigend sind. Versucht man so eine Sinntflut einzudämmen, produziert Mensch sind doch sehr deutlich.
Aber Tränen sind für mich kein Gradmesser für Stärke oder Schwäche. Nur für Empfindungsfähigkeit. Es ist gut, dass unsere Gesellschaft Empfindungsfähigkeit wieder als Tugend zulässt. Ob es dann als peinlich abgestempelt wird, in der Öffentlichkeit zu heulen, hängt von der Situation ab - der Verlust eines Familienmitgliedes ist immer legitim, der Gewinn der Goldmedaille auch. Wer heftig weint, nachdem sein Chef ihn zusammengefaltet hat, gilt allerdings leicht als "nicht belastbar".
Hm, Japan-Freak: Der Text ist wirklich hübsch, aber für eine Sig zu lang.


Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 00:56
von Ipsissimus
na ja, ohne der Lady zu nahe treten zu wollen, möchte ich meinen, daß Philosophie nicht das Kerngeschäft einer Popsängerin ist^^ bestenfalls die durch intensiv wirkende Formulierungen erzeugten Gefühle^^ Geschäft halt, oder wie du sagst, Japan-Freak, "eine tolle philosophische Ader"^^

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 01:00
von Japan-Freak
@Ipsissimus: Lieder sind nicht allein gut, wenn sie sich gut anhören. Gut sind sie, wenn sie auch einen Text mit TIefgründigkeit haben, und das haben ihre Texte immer, sie schreibt nie sowas, was 50 Cent auf ein Blatt Papier kloppt. Außerdem ist das, was sie aufs Papier bringt, etwas, was sie selber, oder ihre Freunde erlebt haben, im Gegensatz zu anderen Menschen schminkt sie sich nicht in der Öffentlichkeit mit einer Maske, die nicht zu ihr selber passt. ^^ Ich weiß, du wolltest ihr nicht zunahe treten, doch wollt ich es noch einmal etwas klarstellen^^.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 01:19
von Lykurg
Ipsissimus, vielleicht solltest du ruhig mal in "Letzter gehörter Musik-Track" posten, damit deine HipHop-Leidenschaft bekannter wird.
@Maske: Stimmt, sie ist etwas püppchenhaft geschminkt, vielleicht paßt das eher.^^ Nein, mal ehrlich: es gibt noch ein oder zwei Zwischenstufen zwischen Rap und Philosophie. Auch 'tiefgründig' bedeutet mE nicht zugleich philosophisch.
(Weshalb ich mich auch hier äußere... Verschiebung erwartend.)
[size=84]Mit der Bedeutung von Tränen hat das allerdings nur noch wenig zu tun. Deren Wirkung nimmt mit der Häufigkeit des Ereignisses deutlich ab (und mit dem Lebensalter des Weinenden eher zu). [/size]

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 11:53
von Windsbraut
Die Eingangsfrage war ja, ob das Zeigen von wahren Gefühlen eine Stärke oder eine Schwäche ist. Für mich liegt die Antwort eine Schritt weiter: Wie gut kann man damit umgehen, wie die anderen auf einen Gefühlsausbruch reagieren?
Gefühle zu zeigen ohne mit den Konsequenzen leben zu können, zeugt eher von Schwäche. Einen Ausbruch zuzulassen (z.B. wirklich mal Rotz und Wasser zu heulen) und anschließend auch dazu zu stehen und damit zu leben, dass einen die Zeugen dieses Ausbruchs für eine peinliche Erscheinung halten - das ist dann wiederum eher stark.
Ich habe diese Stärke definitiv nicht, weshalb ich auch nach Möglichkeit niemals vor anderen Leuten (eine Handvoll engster Vertrauter natürlich ausgenommen) große Gefühle zeigen würde. Man soll mich lieber für kühl als für labil halten.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:04
von aleanjre
Aber wenn einen die Gefühle wirklich überwältigen und man trotz guten Willens die Tränenflut nicht aufhalten kann (ist mir mal vor meinem Hass - Lehrer passiert, und das war definitiv peinlich!) - was will man da noch machen? Wie kann man nicht dazu stehen, es ist ja nicht mehr rückgängig zu machen.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:11
von Windsbraut
Naja - ich empfand die Frage vom Japan-Freak so, als meine er das
bewusste Zulassen von Gefühlen. Dass man mal übermannt wird, ist doch normal. Ich habe mich letztens langgelegt und mir das Knie aufgehau'n, da habe ich auch lauthals "Scheiße!" geschrien, obwohl ich allein unterwegs war und fremde Passanten das mitbekommen konnten.
Wenn ich also
bewusst meinen Tränen freien Lauf lasse, dann muss mir auch bewusst sein, dass das nicht unbedingt meinem Ansehen förderlich ist - siehe dein Beispiel mit dem Chefgespräch.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:14
von Feuerkopf
Wir schreiben hier immer über Tränen. Was ist denn mit einem veritablen Wutausbruch?
Ich kann mich an zwei Zornesausbrüche erinnern, als mich "gerechter" Zorn überwältigte, weil jemand anderes ungerecht behandelt wurde.
Da ging eine Art roter Vorhang vor meinen Augen runter und ich habe den auslösenden Idioten verbal derart zusammengefaltet, dass er sich nicht getraute, sich zu wehren.
Das Adrenalin tropfte mir anschließend buchstäblich aus den Ohren und ich war noch Stunden später high davon.


Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:17
von aleanjre
Wut wird ganz gut gesellschaftlich toleriert. Wer mal so richtig entschlossen auf den Tisch haut und brüllt, wie es wirklich ist, wird eher noch bewundert.
Im Gegensatz dazu Jähzorn - rumbrüllen und ausflippen, ohne das ein adäquater Anlass vorhanden ist. Das dann noch regelmäßig, und schon ist man ein lächerlicher Choleriker, der mal dringend eine Therapie bräuchte.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:24
von Windsbraut
Da stimme ich aleanjre zu: Wut ist eher ein Zeichen von Stärke, weil es einschüchtert. Tränen hingegen sind ein Symbol für Hilflosigkeit.
Ich frage mich gerade, ob es jemals gesellschaftlich akzeptabler war, in der Öffentlichkeit zu weinen, als heute. Ich glaube aber eher nicht...

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:25
von Ipsissimus
das ist heiße Wut - wie wäre es dann mit kalter Wut?

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 12:41
von Feuerkopf
"Heiße" Wut würde ich mit einem cholerischen Ausbruch verbinden, mit Beschimpfungen, u. U. sogar mit Handgreiflichkeiten.
Meine beschriebenen Ausbrüche waren nicht so. Ich habe mir sagen lassen, dass ich weder geflucht noch beleidigt habe, sondern argumentativ in Hochform war. (Sonderbar.

) Vielleicht waren sie deshalb so wirkungsvoll. Muss wohl "kalte" Wut gewesen sein, die mehr über den Kopf als über den Bauch ging.

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 13:41
von aleanjre
"kalte" Wut ist beherrscht. Das ist kein Ausbruch, sondern kalkulierter Angriff. "Heiße" Wut muss nicht zwanghaft brutal oder beleidigend ausarten, wird aber eben laut, Gestik und Mimik sind agil. Beides ist gesellschaftlich akzeptiert, bei der heißen Wut muss allerdings der Auslöser stimmen.
Genauso wie bei Tränen. Wer bei einem ergreifenden Film oder Buch still ein paar Tränchen verschüttet, ist eben ein mitfühlender Typ, das ist okay. Unbeherrschtes lautes Schluchzen allerdings nicht. Auf der Beerdigung des eigenen Kindes zusammenbrechen wird quasi erwartet. Bestenfalls darf man noch wie eine Salzsäule starr stehen, dann kommt der Zusammenbruch eben später. Wer aber zusammenbricht, nur weil der Eismann gerade die Lieblingssorte nicht mehr vorrätig hat, gehört wohl in die Geschlossene.
Ausgelebte Emotionen zwingen den Beobachter immer, mitzufühlen. Das ist eine normale neurologische Funktion aller sozial geordneten Herdentiere. Gähnen, Lachen, Weinen, Wut - steckt an. Das ist unangenehm, wenn das Gegenüber gerade Emotionen durchlebt, die sich nicht mit den eigenen decken. Diesem Zwang kann man sich kaum entziehen, es ist unkontrolliert. Und was Mensch nicht kontrollieren kann, löst Angst, Ablehnung oder Wut aus...

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 13:47
von Aydee
klingt aber schon wieder arg nach Schubladen-Denken:
"gesellschaftlich akzeptiert"
"Auslöser muss stimmen"
"das ist okay"
"unbeherrschtes lautes Schluchzen allerdings nicht"
"...wird erwartet"
"gehört wohl in die GEschlossene"
etc
Also ich hoffe grad sehr dass du nur aus dem "Regelwerk für gesellschaftlich akzeptierten Benehmens" zitiert hast und dass das nicht alles deine Ansichten ggü Mitmenschen sind.....
Zitat von aleanjre:Ausgelebte Emotionen zwingen den Beobachter immer, mitzufühlen. Das ist eine normale neurologische Funktion aller sozial geordneten Herdentiere. Gähnen, Lachen, Weinen, Wut - steckt an. Das ist unangenehm, wenn das Gegenüber gerade Emotionen durchlebt, die sich nicht mit den eigenen decken. Diesem Zwang kann man sich kaum entziehen, es ist unkontrolliert. Und was Mensch nicht kontrollieren kann, löst Angst, Ablehnung oder Wut aus...
**drüber nachgrübel**

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 13:58
von Lykurg
Dein "immer" stelle ich dann doch infrage. Oft genug stellen sich auch direkte Gegenwirkungen ein, etwa Ernüchterung, wenn andere wütend werden, oder in Extremfällen sogar eine gewisse Heiterkeit über extreme Trauerformen (jedenfalls wenn es im Film unwirklich erscheint). [unwohl...]
Übrigens: Wie ist es um die Glaubwürdigkeit von Klageweibern bestellt, die ihre Fähigkeit zum emotionslosen, aber wirkungsvollen Weinen beruflich nutzen?

Verfasst:
Fr 6. Jan 2006, 15:36
von Ipsissimus
nur anscheinend OT
ein Vergleich zwischen Buster Keaton und Charly Chaplin: Keaton ist für mich jemand, der wahre Gefühle zeigt, gerade durch die äußerst sparsame und zurückgenommene Mimik; Chaplins Gefühlsdarstellungen wirken demgegenüber künstlich auf mich.
Will sagen - die "Wahrheit" eines gezeigten Gefühls ist nicht zwangsweise korreliert mit der Exaltiertheit der Darstellung