Polygamie in Ost und West

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Lykurg
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Sa 14. Jan 2006, 03:57 - Beitrag #1

Polygamie in Ost und West

1) Eine Pressemeldung, die am 13.1. unter anderem im Spiegel erschien, besagt, daß Kadyrow, der pro-russische Regierungschef Tschetscheniens, dort offiziell die Polygamie einführen will, weil infolge des Krieges massiver Männermangel merklich wird.
Die Einführung der Polygamie würde noch nicht einmal einer Gesetzesänderung bedürfen, sagte Kadyrow mit Blick auf den großen moslemischen Bevölkerungsteil.
Rebellen kämpfen in der Unruhe-Republik seit Jahren für ein unabhängiges moslemisches Heimatland. Im Islam ist es Männern erlaubt, vier Ehefrauen zur gleichen Zeit zu haben. Allerdings dürfen russische Bürger nach der Gesetzgebung Moskaus nur mit einem Partner verheiratet sein. Im benachbarten Inguschetien war der Versuch, die Polygamie einzuführen, daher zuletzt am Widerstand Rußlands gescheitert.

2) Letzte Woche tauchte Polygamie bereits in der österreichischen Presse auf, genaugenommen im Standard vom 6.1., der eine Neuregelung der Einwanderungsbetreuung bedeutet: Die Feststellung des Familienstandes ist jetzt nicht mehr Aufgabe der 'Fremdenpolizei', sondern einer Magistratsabteilung für Integration und Frauen. Ich hoffe, das ist euch nicht zu österreichspezifisch, denn die Problematik dürfte ja auch in Deutschland eigentlich deutlich genug vorhanden sein:

a) Was macht man nach europäischem Recht mit einwandernden Großfamilien mit mehreren, in muslimischem Land legal angetrauten Ehefrauen? Wie kann man z.B. Erbschaftsfragen regeln?

b) Wie kann man verhindern, daß in den strengmuslimischen Milieus mitteleuropäischer Großstädte gewissermaßen 'unter der Hand' Ehen zu dritt bis fünft geschlossen werden? Muß man, darf man es verhindern?

Ipsissimus
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Sa 14. Jan 2006, 11:37 - Beitrag #2

nach meinem Dafürhalten müßte das Prinzip der Ehe sowieso gelegentlich mal in der Gegenwart ankommen. Mir schwebt da etwas vor in der Art:

"Eine Ehe kann zwischen einer beliebigen Anzahl von Personen beliebigen Geschlechts für einen beliebigen Gültigkeitszeitraum geschlossen werden."

Problem erledigt^^



natürlich ist das Problem damit nicht erledigt. Aus Gründen des Respekts für eine andere Kultur bin ich normalerweise geneigt zu sagen, laßt sie machen, wie sie wollen, auch wenn sie hier sind. Leider ist Thema dieses speziellen Aspekts dieser speziellen Kultur nicht eigentlich die Ehe, sondern die Unterdrückung. Würde der Islam auch umgekehrt einer Frau erlauben, mehrere Männer zu haben, würde ich sagen, nur zu, wenn ihr damit klarkommt, warum nicht. Da das Recht de Polygamie aber einseitig nur gewährt wird, halte ich es für angebracht, dieses Recht solange auf Eis zu legen, bis das Prinzip in einer gesetzlichen Regelung aufgegangen ist, die der obigen Formulierung folgt.

Will sagen: ich habe etwas gegen Unterdrückung, ich habe nichts dagegen, wenn sich erwachsene Menschen mehrere Sexual- und Lebenspartner gleichzeitig suchen, wenn dies offen geschieht. Für mich selbst wäre das keine Option, aber daraus folgt nicht, daß dies für niemanden eine Option sein darf.

Und ja - mir ist die christliche Tradition des Abendlandes ziemlich schnuppe^^

Und noch mal ja - eine gesetzliche Regelung wie die vorgeschlagene hätte ihre eigenen Probleme - aber das macht nichts^^

Traitor
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Sa 14. Jan 2006, 11:59 - Beitrag #3

Auch ich denke, dass die Ehe generalüberholt werden müsste. Sie ist in ihrer derzeitigen Form (so denn mal funktionierend) zwar schön, aber leider zu starr.
Ein wichtiger Schritt wäre die endgültige Trennung religiöser, faktischer und wirtschaftlicher Ehe. Religiös soll jeder heiraten können, wie er will - der Christ ganz klassisch Mann-Frau in der Kirche, der Muslim seine vier Frauen, etc. Faktisch kann sowieso jeder eheähnlich zusammenleben, der es will - solange keine Unterdrückungsverhältnisse entstehen, denen man aber nicht mit Eheverbot, sondern eher mit Aufklärung und Beratungsangeboten begegnen sollte. Und wirtschaftlich - also im Sinne von Steuervergünstigungen und gesetzlichen Versorgungs- und Erbschaftsansprüchen - sollte die Ehe meines Erachtens an Kinder gebunden sein. Oder, um genauer zu sein: die vertragliche Komponente sollte jederzeit geschlossen werden können, da sie vielen ja sicher zur Offizialisierung und als Treuebeweis wichtig ist (dann auch zwischen beliebigen Personen und meinetwegen auch mehrfach); die Vorteile sollte man aber erst beim Kinderkriegen erhalten, da dessen Förderung ja eigentlich der Sinn dieser Subventionen ist.

@Ipsi: Eine derartige Regelung müsste dann aber auf jeden Fall von staatlicher finanzieller Förderung ausgenommen sein.

e-noon
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Sa 14. Jan 2006, 12:00 - Beitrag #4

Ich würde mich Ipsi anschließen, jedoch nicht in dieser unbegrenzten Ausführung ^^ es macht schon Sinn, die Ehe auf wenige Personen zu beschränken, sonst kann man es gleich als "Dorf" bezeichnen oder ähnliches. Außerdem sehe ich in diesem Fall die Gefahr von Massenhochzeiten (wörtlich ^^) aus steuerrechtlichen Gründen auf uns zukommen, wenn jeder mit jedem jederzeit verheiratet sein kann und sich ohne Probleme wieder scheiden lassen...

Die vorgeschlagene Regelung ist wie gesagt annehmbar, solange Gleichberechtigung herrscht und auch Frauen sich genauso viele Ehemänner nehmen können. Dabei ist zu bedenken, dass diese Regelung an der Intention Tschetscheniens wohl vorbeiginge, da wohl eher möglichst viele Frauen sich einen Mann teilen sollten bei Männermangel, oder?

Edit: Das meinte ich mit der Gefahr der Steuernutzung ^^ Da die Ehe ursprünglich dem Schutz der Kinder dient, lässt man entweder die Ehe, wie sie ist, oder man revolutioniert die Ehe und bindet die Steuervorteile an die Kinder, was ich besser finde.

Lykurg
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Sa 14. Jan 2006, 13:17 - Beitrag #5

Von einem rein ordnungspolitischen, auf den volkswirtschaftlichen Nutzen bedachten Standpunkt her wäre wohl ausschließlich patriarchale Polygamie sinnvoll, weil die Gebärrate der Frau, egal wieviele Männer sie hat, nicht weit über eine Geburt pro Jahr zu steigern sein dürfte.

Traitor, wieso von der Förderung ausnehmen? Hauptsache, es kommen Kinder... Und ist eine Großfamilie etwa keine Familie?
e-noon, die Gefahr der Massenheirat aus steuerlichen Gründen sehe ich nicht, schließlich bedeutet Ehe im allgemeinen Verständnis auch Intimpartnerschaft - und ich bezweifle, daß allzuviele aus steuerlichen Gründen ein solches Modell wählen würden (- passiert das denn heute, zu zweit, wenn sie wirklich nichts voneinander wollen?)

Christliche Tradition - Ipsissimus, ich bin auch nicht der Ansicht, daß man sie in übertriebenem Maße auf nichtchristliche Gruppierungen anwenden darf. Aber genau wie du sehe auch ich die Rechte der Frauen hier als das schützenswertertere Gut (auch wenn manche aufgrund ihrer Erziehung ihre Bestimmung im Harem sehen mögen...)

e-noon
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Sa 14. Jan 2006, 13:33 - Beitrag #6

Für den Fall, dass eine Ehe unter hunderten von Leuten geschlossen und ohne Probleme wieder geschieden werden kann - warum sollten sich da keine Zweckgemeinschaften bilden?
Eine Ehe würde dann natürlich nicht mehr dem allgemeinen Verständnis entsprechen, darum ging es Ipsi wenn ich das richtig verstehe doch. Meines Erachtens sollte sie sich aber auch nicht zu weit vom jetzigen Punkt entfernen, da man sonst wohl nicht mehr von einer Ehe sprechen kann.

Ipsissimus
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Sa 14. Jan 2006, 16:05 - Beitrag #7

Lykurg, nun ist gerade der Schutz und die Gleichberechtigung der Frau nichts, mit dessen Herbeiführung sich das Christentum brüsten dürfte. Beides ist Folge der Aufklärung und des Humanismus, und mußte gegen massiven Widerstand christlicher Kirchen durchgesetzt werden. Erst als aus Sicht der Kirche "gar nichts mehr" ging, besannen sich deren Propagandafachleute darauf, daß mann dann vielleicht besser als ureigenste Errungenschaft beansprucht, was mann jahrtausendelang bekämpft hat.

Ich weiß nicht, ob es bekannt ist, daß es auch genuine europäische Moslems gibt, in Jugoslawien. Sehr aufgeklärte Menschen und ein Beweis dafür, daß Aufklärung und Islam durchaus vereinbar sind, wenn die Rahmenkultur es zuläßt.

e-noon, ich denke dabei durchaus auch an ein paar wenige Menschen. Aber wenn sich hundert finden, waru nicht.

Die Bindung der staatlichen Förderung an Kinder - was sind wir denn nun? Für Geburtenkontrolle zwecks Reduzierung des Wachstums der Weltbevölkerung oder dagegen? Oder Geburtenkontrolle nur wo anders?

janw
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Sa 14. Jan 2006, 16:24 - Beitrag #8

Es ist wohl vor allem der Ordnungssinn der Bürokraten, der einer allgemeinen staatlichen Akzeptanz der Polygamie entgegensteht, man könnte es auch Unkreativität nennen^^

Naja, und dann gibt es natürlich noch die Unterhaltsrechtlichen Probleme und die des Erbrechts...
Und genau dies wird bei der Betrachtung des islamischen Kulturkreises oft übersehen - das Recht eines Mannes, mehrere Frauen zu haben, findet meines Wissens seine Grenzen darin, daß er auch für sie aufkommen können muss.

Was die staatliche Förderung betrifft, ist IMHO dringend eine Neubesinnung nötig, die Frage ist wirklich, was will/soll Staat fördern?
Das Ergebnis könnte IMHO aber durchaus nicht soo weit vom jetzigen Zustand heraus kommen - in meinen Augen stellt das auf Dauer angelegte Zusammenleben von Menschen einen gesellschaftlichen Wert an sich dar, der per se förderungswürdig ist.
Allerdings halte ich die derzeitige Förderung hauptsächlich per Steuerbegünstigung für grob falsch, diskriminierend gegenüber all jenen, die einkommensmäßig unter der Steuer durchrutschen.

(Hätte ich doch beinahe geschrieben..."die gezwungen sind, ihr Leben in Monaco zu verbringen)^^

e-noon
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Sa 14. Jan 2006, 16:44 - Beitrag #9

Geburtenkontrolle nur woanders, würde ich sagen, in Ländern, die ihre Kinder nicht ernähren können. Wir können sie ernähren, und erziehen, und ausbilden, und zu kompetenten und nützlichen Menschen erziehen, wenn wir uns Mühe geben ^^ Geburtenkontrolle ist doch bei einer Geburtenrate von 1,4 Kinder pro Ehepaar gar nicht nötig ^^


Wieso noch Ehe nennen, was nichts mehr mit einer Ehe gemeinsam hat? Natürlich könnten 200 Menschen zusammenleben, aber warum dass dann noch als Ehe bezeichnen? Ich finde sinnvoller, Monogamie und Polygamie eventuell zwischen zwei bis drei Menschen zu erlauben, aber zu mehr muss man doch nicht mehr heiraten ... wenn man eh dauernd wechseln will, sollte man sich nicht binden, finde ich. Ist doch unlogisch.

Lykurg
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Sa 14. Jan 2006, 16:54 - Beitrag #10

Ipsissimus, das habe ich so nicht gesagt - und erst recht nicht gemeint.^^ Christliche Tradition bezog ich nur auf die Monogamie als Nonplusultra, nicht aber auf die Stellung der Frau, die ja bekanntlich im europäischen Mittelalter auch nicht wesentlich besser war als die von Frauen in einigen arabischen und nordafrikanischen Ländern heute. Ich wüßte auch nicht, welche Kirchenvertreter je die Frauenrechte auf ihre Fahnen geschrieben hätten. Kannst du mir da etwas weiterhelfen?

Ganz klar, ich bin für Geburtenkontrolle woanders. Aber auch hierzulande, nämlich dort, wo Kinder verwahrlost und perspektivlos aufwachsen, dort, wo sie ausschließlich Mittel zum Zweck sind; ob nun für die eigene Sozialwohnung und Kindergeld, oder als demonstratives Statussymbol des gesellschaftlichen Dabeiseins. Wobei eigentlich vorwiegend diese Umstände zu bekämpfen wären und nicht die Geburten - aber das verläßt den Rahmen des Threads ziemlich weit.

Nebenbei kenne ich aus dem Studentenwohnheim hier ein paar exjugoslawische Moslems, bei denen man tatsächlich den Unterschied nicht mehr bemerkt, wenn sie es nicht sagen. Aber auch die hatte ich hier eigentlich nicht gemeint.

janw, bei grundsätzlicher staatlicher Förderung des ehe(ähn)lichen Zusammenlebens als Wert an sich vergrößern wir die finanziellen Probleme in unnötiger Weise - außerdem ist spätestens dann tatsächlich e-noons hundertköpfige Zweckgemeinschaft greifbar nahe. "Familie ist, wo Kinder sind", wie ist es damit? MW werden Kinder üblicherweise noch nicht aus steuerlichen Gründen zur Welt gebracht...^^

janw
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Sa 14. Jan 2006, 17:04 - Beitrag #11

"Familie ist, wo Kinder sind"

Hmmh, nun ja...
Wer keine Kinder bekommen kann, aber gerne würde, wäre damit diskriminiert, könnte man einwenden.
Und dann wären homosexuelle Lebensgemeinschaften von jeder Förderung abgeschnitten außer jener, die in rechtlicher Gleichstellung im Erbrecht und bei gegenseitiger Interessenvertretung besteht.

Für mich ist die Atomisierung der Gesellschaft eine bedenkliche Tendenz. Der irgendwie entgegen gesteuert werden sollte.

Ein mögliches Fördermittel wäre die Mehrwertsteuerbegünstigung von Kinderpflegeartikeln. Die gehen nämlich gehörig ins Geld, bei reichen wie armen Eltern gleichermaßen.

Lykurg
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Sa 14. Jan 2006, 17:22 - Beitrag #12

Sowohl die ungewollt Kinderlosen als auch die homosexuellen Lebensgemeinschaften wären für mich "aus dem Schneider", wenn sie adoptieren. (Wie ist der letzte Stand der diesbezüglichen Rechtslage bei letzteren inzwischen? Hoffentlich doch gleichgestellt?) Und wenn sie das nicht wollen, haben sie mE auch keinen Anspruch auf staatliche Förderungsgelder, die zur dazu bestimmt sind, Deutschland kinderfreundlicher zu machen. (Ist das böse!)[size=84]
Die Niedrigbesteuerung von kinderbezogenen Produkten finde ich eine sehr sinnvolle Maßnahme (weniger bürokratisch als direkte Förderungen).
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e-noon
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Sa 14. Jan 2006, 17:23 - Beitrag #13

Wer gerne Kinder bekommen würde, kann das im allgemeinen auch - wenn nicht auf natürlichem Wege, dann vielleicht durch eine Adoption?
Wobei ich auch nicht verstehe, warum Adoptionen häufig so viele Mühen verursachen, solange es auch nur ein Kind in einem Waisenhaus gibt, sollte eine Adoption doch kein Problem sein...? Wenn jeder Idiot oder Psychopat eigene Kinder bekommen darf, sollten geeignete Paare, ob das nun ein traditionelles Ehepaar oder eine Dreiecksgemeinschaft ist, auch welche bekommen dürfen, denke ich.

Die Ehe als besonderen Bund zwischen zwei, meinetwegen auch 3-4 Menschen sollte man imo aufrechterhalten. Eine 10-köpfige Gemeinschaft kann keine Ehe mehr sein, ohne dass die Bedeutung des Begriffs komplett ausgehöhlt würde.

@Janw: Warum sollte der Millionär seine Windeln billiger bekommen? Gezielte Förderung von Familien mit Kindern ist imo sinnvoller.

Ipsissimus
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Mo 16. Jan 2006, 11:49 - Beitrag #14

Eine 10-köpfige Gemeinschaft kann keine Ehe mehr sein, ohne dass die Bedeutung des Begriffs komplett ausgehöhlt würde
e-noon, Sprache lebt, sie entwickelt sich immer weiter. Was "Ehe" ist, kann jederzeit neu ausgehandelt werden.

Maglor
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Mo 16. Jan 2006, 14:58 - Beitrag #15

Der Begriff Ehe wird vielleicht schon von der Möglichkeit der Scheidung völlig ausgehöhlt. Die One-Night-Ehe alla besoffene Britney ist da natürlich der Gipfel!

Die Polygamie im Westen hat weit mehr mit römischer als mit christlicher Tradition zu tun.
Der Bibelkenner erinnert sich natürlich an Rahel und Lea, die Weiber Jakobs, und natürlich an den großen Harem Salomos. Da ja das Christentum eigentlich orientalischer Herkunft ist, steht es in der gleichen Polygamie-Tradition wie der Islam. (Die Homo-Ehe hingegen entzieht sich biblischer Fürsprache.)
Zu Zeiten Karls des Großen war die Polygamie zumindest beim Adel gar nicht mal so unüblich. Erst später sorgte die Römische Kirche für die Durchsetzung der Einehe. Ihr Ursprung liegt wohl im römischen Recht. Sowohl bei Germanen als auch bei den Israeliten war die Polygamie bestatten, nur eben die Römer waren bescheiden.
Tatsächlich wurde das Monogamie-Gebot auch gleich zu Zeiten Luthers angezweifelt. Luthers Credo war "Allein die Schrift". Der lüsterne Landgraf Philipp von Hessen wollte unbedingt eine Zweitfrau. Luther bestätigte, dass dies doch sehr abrahammäßig und legal sei. (Und der Leibartzt verwies auf Philipps dritten Hoden, der Polygamie medizinisch notwendig mache.)
Auch die frühen Mormonen führten die Polygamie kruzzeitig wieder. Später verwarfen sie es wieder bis auf einige Unbelehrbare.

Der tschetschenische Vorstoß hingegen scheint mir, wie eine Rückkehr der kaukasischen Republik zu den eigenen, islamischen Werten und eine Abkehr von den russischen.
Das Argument, im Krieg würden zu viele Männer sterben, sodass ein Mann mehrere Frauen beglücken und versorgen müsse, ist übrigens genauso alt wie die Polygamie.

MfG Maglor

janw
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Mo 16. Jan 2006, 15:51 - Beitrag #16

Zitat von e-noon:@Janw: Warum sollte der Millionär seine Windeln billiger bekommen? Gezielte Förderung von Familien mit Kindern ist imo sinnvoller.

Die Förderung über die Steuer begünstigt den Millionär auch gegenüber der Familie, die durch die ganzen Pauschbeträge und Vorsorgeaufwendungen (Versicherungen usw) eh schon an der Steuergrenze hängt.
Ich bin grundsätzlich dagegen, die Einkommensteuer als Anreizinstrument zu gestalten, dazu ist sie nicht gedacht.
Im Gegenteil führen diese diversen Steuerausnahmen schon jetzt dazu, daß gerade Vielverdiener am wenigsten Steuern zahlen. Ungerecht³.
besondere Zuwendungen sind vor allem bürokratisch, wie Lykurg richtig anmerkt.
Bleibt die Mehrwertsteuer als Steuerungsinstrument.

Roban
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Fr 10. Feb 2006, 20:27 - Beitrag #17

Ich denke, die Fürs und Widers lassen sich nur rational erörtern, wenn man beachtet, um was es eigentlich geht, und auf welche Weise sich Vorhandenes und Geplantes in die herrschende Machthierarchie fügen.

Alles besteht aus Partnerschaften, und allen Partnern geht es nur darum, Wohlgefühle zu erreichen. Ehen sind die kleinsten und intensivsten Partnerschaften aller Gesellschaftssysteme, die am stärksten zur Wohlgefühlbefriedigung beitragen.

Das Interesse Mächtiger, einen zufriedenen Fundus an Rahmnachobenstampfern unter sich zu haben, ist groß, genauso wie das Interesse dieser kleinen, intimen Bollwerke, mächtiges Unrecht mit viel Kraft zu kompensieren.

Nachdem vererbte Moralvorstellungen durch die Fungesellschaft mit massenhaften Fremdgehern, Sextouristen und Internetonanisten schon lange mit Tritten im Hintern zurechtkommen muß, sollte man vielleicht mal grundsätzlich über Neuorientierungen nachdenken. Schaut man in Pflege- und Altenheime, wird einem übel, wie selten "Partnerschaften bis der Tod uns scheidet" noch funktionieren.

Lykurg
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Sa 11. Feb 2006, 02:35 - Beitrag #18

Ja, wenn man bedenkt, worum es eigentlich geht... nämlich Vielehen.
(Um in anderthalb Sätzen auf deinen OT einzugehen: Wenn kein Paar den Rahm nach oben stampfte, könnte er auch nicht abgeschöpft und an Bedürftigere vergeben werden. Nicht nur die Mächtigen leben davon).

Der Tod scheidet eben oft genug noch vor dem Altersheim die wirklich glücklichen Paare, die es heute kaum noch je gibt, weil oft die Erwartungen zu hoch sind und das Entgegenkommen der Partner zu gering. Insofern scheint mir diese Blickrichtung noch diejenige, in der vielleicht Musterbeispiele zu suchen wären... Von der Notwendigkeit einer Neuorientierung überzeugt mich das nicht. Wie sollte das Ausbalancieren funktionieren, wenn schon die kleinsten unterteilbaren Einheiten nicht Paare, sondern Grüppchen sind?

Ipsissimus
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Sa 11. Feb 2006, 11:24 - Beitrag #19

weswegen sollte es unteilbare Einheiten auf gesellschaftlicher Ebene überhaupt geben müssen?

Ehe ist eine gesellschaftliche Regelung, keine private. Privat wäre "Liebe", und über die ist kaum mehr auszusagen, als daß sie ist, solange sie ist. Warum muss dann staatlicherseits als Norm deren formale Verlängerung ins Lebenslängliche gesetzt werden?

Roban
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Sa 11. Feb 2006, 12:16 - Beitrag #20

Lykurg, mit "Rahm nach oben stampfen" meine ich den unerquicklichen Vorgang partnerschaftlicher Mühe, der dazu führt, daß so viele unzufrieden sind und sich einbilden, es läge an den Mächtigen. Unerquicklich ist ja nur der Teil unserer Mühe, dem kein adäquater Ausgleich folgt.

Natürlich stampfen wir auch Rahm nach links, rechts und unten. Beispielsweise geben wir rund 250.000 Euro durchschnittlich für das Großwerden unserer Kindern aus, und die schalten uns später mal den Strom ab, wenn die Wartung medizinischer Apparate zu teuer wird ... Hätten wir mal mehr von dem, was wir für automobile Wohlgefühle ausgeben, unseren Kids in Form von Zuwendung zugewendet, würden sich letztlich auch viele Anschaffungskosten für Medizintechnik erübrigen.

Die Notwendigkeit einer Neuorientierung bei intimen Partnerschaften ergibt sich für mich aus der Diskussion, polygame Lösungen anderer für unsere Gesellschaft anzudenken, hinter der eine Unzufriedenheit mit unserer Art von Monogamie steckt.

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