Personenunfall - Ein Grund anzuhalten?

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Maurice
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Di 7. Mär 2006, 21:44 - Beitrag #1

Personenunfall - Ein Grund anzuhalten?

Wer kennt das nicht: "Sehr geehrte Reisende auf Grund eines Personenunfalls wird sich die Weiterfahrt des Zuges auf unbestimmte Zeit verzögern. Wir bitten um ihr Verständnis."
Oder es fällt gar ein ganzer Zug aus! Wie heute z.B. w ich am Bahnhof stand und diese Meldung ertönte. Aber die Leute von der Bahn sind ja nicht doof und stellen einen Schienenersatzverkehr durch Bussezur Verfügung. Oder? Plötzlich machte auch der große Haufen Menschen an der Bushaltestelle einen SInn. ich stelle mich also dazu, packe einen Comic aus und warte bis die ersehnten Busse kommen. Busse stehen durchaus an der Haltestelle, nur keiner nach Bad Nauheim, wo ich hin wollte. "Warum nehmen sie nicht kurzerhand den Bus samt Fahrer in den Dienst, der wenige Meter entfernt steht steht und auf dem oben "Pause" steht?" denke ich mir noch, rege mich aber nicht weiter auf, da man effizentes Verhalten von den meisten Menschen tunlichst nicht erwarten sollte. Wohl auch besser, dass der Bus so weiter rumsteht, sonst streiken hier auch noch die Busfahrer, wenn man ihnen zumuten würde, ihre Kaffeepause zu verkürzen, damit wenigstens ein Teil der über 100 Leute die auf einen Anschluss warten, vom Fleck kommen. Aber nach schätzungsweise einer Viertelstunde kommt ja schon der Schienenersatzverkehr... in Form EINES Busses. EIN Buss für 100 Leute! Und wo bleiebn die anderen Busse? Keine in Sicht. Ei ist denn schon wieder erster April? Oh nein ich vergas, ich habe es mit der Bahn zu tun, da kann man froh sein, dass überhaupt ein Bus kommt. Als der Buss nun anhält, leider ein paar Meter vor mir, drängen sich die Menschen hinein, als stünde hinter ihenn ein Atomkraftwerk kurz vor dem GAU. Und ich dachte bis dahin, dass das Gedränge der Studenten jeden Morgen schon schlimm wäre. Der Bus ist jedenfalls schnell voll, doch der größte Teil der Menschen steht weiter an der Haltestelle. Ich stelle die Theorie auf, dass dies auf Absehbare Zeit der einzige Zug sein wird, der zwischen beiden Bahnhöfen pendeln wird, und dass selbst wenn er den kürzesten Weg zwischen beiden Bahnhöfen fahren wird, er jedesmal eine halbe Stunde brauchen wird. Bei dem Tempo und der Masse an Menschen, würde ich wohl einige Stunden rumstehen müssen, bis ich zu hause ankomme. "Ne da marschiere ich doch lieber eine Stunde nach hause, als mir in dieser Zeit die Beine in den Bauch zu stehen" denek ich mir, und verlasse das Gelände.

Aber warum eigentlich dieser ganze Ärger? Ja da hat sich mal wieder jemand voe die Gleise geworfen, na und? Kann mir einer erklären, warum die Bahn dehalb jedes Mal den Betrieb einstellen muss? Es werden wohl kaum islamische Selbstmordattentäter mit Dynamit um die Hüften gewesen sein. Und so ein tonnenschwerer Zug sollte kein Problem damit haben über ein paar Knochen drüber zu fahren. Doch halt nein, das wäre ja "unethisch" (wie es die Politiker so gerne sagen). Die Würde eines menschlichen Kadavers ist wohl auch unantastbar. Das müssen die Fahrgäste einsehen und Verständnis für die Konsequenzen aufbringen. Und selbst wenn der Zug aus technischen Gründen nicht einfach weiterfahren kann, weil sich sonst vielleicht der Kopf des Idioten irgendwo verheddert und der Zug entgleist, wo ist denn das Problem, da kurz jemanden hinzuschicken, der abgebrüht genug ist, den Dreck schnell von den Schienen zu kratzen, sodass der Zug sofort seine Fahrt wieder aufnehmen kann. Notfalls stellt man jemanden extra für diese Dreckarbeit ein. Für was haben wir denn Harzt IV? So ein 1€-Job kostet die Bahn doch bestimmt nicht mehr, als die durch die Ausfälle entstenden Kosten.
Oder sind meine Vorschläge einfach zu unmoralisch, als dass man die Zeit nach so einem Unfall, nicht sinnvoller verwenden könnte, als die Züge in der Gegend rumstehen zu lassen?
Diese verweichlichten Menschenfreunde, gehen mir ziehmlich auf den Wecker! :mecker:

Anaeyon
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Di 7. Mär 2006, 21:54 - Beitrag #2

Sicher das es ein Selbstmörder war? Naja, erwarte nicht das man in D-Land mal eben über Leichen fährt. (aber mach dich drauf gefasst das gleich die Moralisten anfangen zu schreien ^^).

Ja, die Bahn ist einfach dumm wie Brot. Habs letztens auch so halb erlebt. War im Grunde ähnlich wie dein Fall. Wegen zu viel Schnee konnte in IRE-Zug nicht fahren und die Bushaltestelle war ein einziger Fleischklops. Zwei Busse kamen...

Maurice
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Di 7. Mär 2006, 22:09 - Beitrag #3

Wer ist denn schon so blöd und läuft aus Versehen vor einen Zug? Ok es gibt selbst so dumme Menschen, das auch diese Option nciht ausgeschlossen werden kann. Wer aber so dumm ist, der hats auch nicht besser verdient. Da sollte man sich freuen, wenn ein Idiot weniger den Erdball bevölkert.
Und die die sich absichtlich vor den Zug werfen, kann es doch egal sein, ob der Zug danach weiterfährt. :rolleyes:
Ich erwarte ja nicht, dass man hierzulande über Leichen fährt. ich würde es aber begrüßen, wenn man damit anfangen würde. Und die Moralisten sollen ruhig schreien. Was anderes erwarte ich von ihnen auch nicht. :P

Anaeyon
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Di 7. Mär 2006, 22:15 - Beitrag #4

Nein, ich meinte, es hieß auch mal Personenunfall blabla als sich jemand auf ner holprigen Strecke die Birne an ner Kante blutig geschlagen hat im Zug. Also war es denn sicher das da jemand auf dem Gleis lag. Bzw. Teile von ihm? (was auch interessant wäre, auf Unfallbildern dieser Art habe ich oft gesehen das kein Leichenteil direkt auf dem Gleis lag, ein Grund mehr weiterzufahren)

Und nein, natürlich geht es nicht um die Leiche, die was dagegenhaben könnte, "überfahren" zu werden, aber angenommen ich wär ein angehöriger wollte ich auch nicht gerade das man da noch drüberfährt....

e-noon
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Di 7. Mär 2006, 22:32 - Beitrag #5

WEnn er tot ist, dann ist der Zug doch schon drüber gefahren?
Warum springen die Leute überhaupt vor den Zug, ist doch voll asozial!
Schon mal was von Tabletten/Rasiermesser/Schusswaffen etc gehört?
Vielleicht springen sogar manche vor den Zug, WEIL sie stundenlang am Bahnhof warten mussten - das wäre ein sehr ironischer Teufelskreis (wenn dann wieder einer warten muss und springt und dann wieder ein paar warten müssen....).

Mich nervt die Bahn auch, ich kann mir durchaus vorstellen, dass es weniger moralische Skrupel als vielmehr absolute Planlosigkeit Schuld sind.
Warum man nicht über die Leichen von Leuten fahren darf, die da doch so offensichtlich scharf drauf sind, verstehe ich auch nicht so ganz. Vielleicht meint aber "Personenschaden" zB., dass jemand im Zug eingeklemmt ist oder so... kann passieren, nicht unbedingt aus Blödheit, sondern auch einfach aus Unachtsamkeit. Dann anhalten, erste Hilfe, aus der Einklemmung befreien... kann dauern ^^ Stundenlange Wartezeiten dürfte das allerdings nicht verursachen...

Vielleicht müssen auch tatsächlich erst die Spezialisten anrücken, die den KAdaver entfernen (will sicher nicht jeder machen!). So wie Züge bei Schnee oder zu viel nassen Blättern oder sonstigem entgleisen können, tun sie das vielleicht auch bei "Personenschaden", wenn man nicht aufpasst, und bis die Spezialisten da sind, dauert es halt eine Weile (?).

Ipsissimus
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Di 7. Mär 2006, 23:50 - Beitrag #6

so langsam scheint deine Utilitarismus-Ideologie ins Faschistische zu drifften, Maurice. "Menschenverachtend" ist das schon fast nicht mehr zu nennen.

da gibt es z.B. den nebensächlichen Faktor "Fahrer" des Zuges, vor den sich der Selbstmörder gelegt hat. Es ist bekannt, daß sich die Behandlungskosten für die Psychotherapie eines Fahrers, der so ein Erlebnis hinter sich hat, über die durchschnittlichen 5 Jahre, die er braucht, um mit dem Erlebnis klar zu kommen, auf mehrere Hunderttausend Euro belaufen. Das Geld erwähne ich nur deswegen, damit du von der Kosten-Rechnung beeindruckt bist, ich rechne nicht damit, daß dir so ein unpräziser Begriff wie "menschliches Leid" irgendetwas bedeutet.

So einen Fahrer kann man nicht einfach weiterfahren lassen, die sind geschockt. Da steht dann erstmal so ein Zug mit einem heulenden Fahrer auf den Gleisen. Der Fahrplan kommt durcheinander, muss neu synchronisiert werden, Ersatzpersonal muss rangeschafft werden.

Anaeyon
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Mi 8. Mär 2006, 00:06 - Beitrag #7

Ipsissmus: Du hast sicher Recht mit dem Zugführer, hatte ich auch im Hinterkopf als ich Maurice vom Grundgedanken her zugestimmt habe. Aber laut seiner Schilderung kam es mir so vor als wäre eben dieser noch total einsatzbereit - ohne Schock o.ä. (u.a. wegen der Durchsage, ich nahm mal an das sie normal klang).

Menschenverachtend ist, sich vor einen Zug zu werfen. Also verlangt nicht, zu solchen De... menschlich zu sein/so über sie zu reden.

Feuerkopf
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Mi 8. Mär 2006, 00:12 - Beitrag #8

Wenn jemand vom Zug erfasst und getötet wurde, ist das ein Fall für die Polizei. Schließlich muss Fremdverschulden ausgeschlossen werden. Dazu gehört die Spurensicherung.

Maurice,
für deine Haltung finde ich keine Bezeichnung. Menschenverachtend ist noch geschönt. Wenn jemand Suizid begeht, ist das schon dramatisch genug, wenn jemand diese Form wählt, im wahrsten Sinne des Wortes totsicher, und gleichzeitig beeinträchtigt man das Leben Unbeteiligter, die man zu Zeugen eines schrecklichen Todes macht. Du schreibst lapidar, dass der Dreck schnell von den Schienen gekratzt werden müsse und das könne doch eine 1 Euro-Kraft machen. Es handelt sich bei dem "Dreck" um die zerfetzten Überreste eines Menschen, denen man das auch durchaus noch ansieht.
Ich schlage vor, bei der nächsten Gelegenheit meldest du dich freiwillig zu diesem Dienst, weil es dir eh gleich ist.

E-Noon, du verstehst nicht, warum man nicht über eine Leiche eines Menschen fahren darf, der sich sowieso umgebracht hat?
Hallo? Willst du einen solchen Zug fahren? Bewusst einen Toten zermalmen?

Tut mir leid. Mir versagt jegliche Fähigkeit zur Argumentation, wenn ich Beiträge wie die euren lese, so sehr graut es mir.

aleanjre
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Mi 8. Mär 2006, 01:01 - Beitrag #9

*Kopfschüttel*

Okay.
Abgesehen davon, dass jeder unnatürliche Todesfall von der Polizei untersucht werden muss, ist es absolut notwendig abzuklären, ob es sich wirklich um Suizid handelte. Es könnte auch ein tragischer Unfall gewesen sein. (Im entfernteren Verwandtenkreis ist mal einer alten Dame auf dem Bahngleis der Kreislauf weggegangen, sie fiel so unglücklich... lassen wir die Details). Es könnte Alkohol im Spiel gewesen sein, Drogen. Das hat unter anderem für Versicherungen eine hohe Bedeutung! Bei Suizid wird imho eine Lebensversicherung nicht ausgezahlt. Bei Fahrlässigkeit wiederum muss bei einem Überlebenden die Unfallversicherung nicht greifen.
Es könnte natürlich auch Mord gewesen sein. Oder fahrlässige Fremdverschuldung (unabsichtliches Anrempeln...). Diese Feinunterscheidungen sind dann für den Täter wiederum von höchster Bedeutung.

Alles andere wurde zu dem Thema bereits gesagt. :rolleyes:

Ipsissimus
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Mi 8. Mär 2006, 01:01 - Beitrag #10

ich kann als freundlicher Mensch auch nur hoffen, daß die Befürworter der "Selbstmörder = Dreck"-Theorie nie vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens stehen müssen. Nützlich wäre es ihrem Einsichtsvermögen freilich.

aleanjre
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Mi 8. Mär 2006, 01:15 - Beitrag #11

Nützlich? Das steht nicht fest. Wer die Schwäche anderer Menschen so verachtet, mag auch bei nahen Angehörigen nur Verachtung empfinden, sollten die sich für Selbstmord entscheiden. Dazu vielleicht auch noch solch für die Gesellschaft schädlichen Selbstmord, dass hohe Kosten, vielleicht Gefährdung Anderer entstehen. :rolleyes:

janw
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Mi 8. Mär 2006, 03:23 - Beitrag #12

Mein alter konservativer Direx wäre verwundert, würde er die hier verwandte Anwendung von "Moralist" lesen. Den hatte er für andere Fälle vorbehalten :rolleyes:

Maurice, ab zum Bergungsdienst der Feuerwehr! :cool:

Weißt Du, das Dein geliebter Nietzsche wahrscheinlich krank war, nach heutigen Maßstäben ein Fall für die Psychiatrie?

Milena
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Mi 8. Mär 2006, 08:51 - Beitrag #13

Maurice:

Da sollte man sich freuen, wenn ein Idiot weniger den Erdball bevölkert.


....ist schon klar, Maurice....nur leider besteht die Gefahr, dass
somit der Erdball ausgestorben sein wird....
denn ich behaupte mal, dass jeder Mensch was an der Klatsche hat,
der eine mehr der andere weniger.....
aus einem Lied:
...verloren sind die, die im Dunkeln was sehn....
freust du dich Maurice und auch E-noon, da du auch seiner Meinung bist,
dass es Menschen gibt, die einfach nicht mehr können und ihrem Leben ein Ende bereiten....
aber schön, dass du noch voller Tatendrang steckst und keinerlei Gedanken dbzgl. hegst und hoffentlich niemals hegen wirst....
aber nur schade, dass du deine Kraft und Lebensvitalität auch von jedem anderen Erdbewohner abverlangst und es auf Unverständnis bei dir stösst, dass ein Jemand nicht so wie du drauf ist.......
jeder kann eine Meinung bilden und sie auch äussern, das finde ich
durchaus gerecht und angebracht, aber mensch sollte keinen anderen
anklagen, egal was er aus seinem Leben gemacht hat
oder niemals mehr tun wird,
von dem her klage ich auch euch nicht an,
sondern frage mich nur, wie es sein kann.

Windsbraut
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Mi 8. Mär 2006, 10:48 - Beitrag #14

Mann, bin ich froh, dass sich Ipsissimus, Feuerkopf, aleanjre u.a. noch zu dem Thema geäußert haben. Nach den ersten Postings dachte ich, ich bin im falschen Film (bzw. Forum). Ich wähnte mich schon im Reich der Abgestumpften, aus denen Empathie völlig herausgemendelt wurde.

Der Mangel an Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und das Verpassen seines Zuges als dramatischer einzustufen als den Verlust eines Menschenlebens und die Verzweiflung, die dies bei allen Beteiligten (z.B. dem Zugführer) auslöst - das zeugt doch schon von Verrohung. Anders kann ich das nicht nennen... :(

janw
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Mi 8. Mär 2006, 18:49 - Beitrag #15

Neben dem Zugführer sei auch daran erinnert, daß praktisch keiner wirklich für sich allein stirbt.
Mord und Selbstmord ist gemeinsam, daß sie oft Beziehungstaten sind. Auch den Hinterbliebenen eines Selbstmordes gebührt ein respektvoller Umgang mit den Überresten dessen, der sich da getötet hat.

Lykurg
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Mi 8. Mär 2006, 19:36 - Beitrag #16

Der Tod eines Menschen ist grundsätzlich ein Grund, auch im übertragenen Sinn innezuhalten, und wie sehr auch Eile zu einer bestimmenden Eigenschaft unserer Gesellschaft werden mag, steht auch für mich außer Frage, daß Spurensicherung und Feuerwehr ihres traurigen Amtes zu walten haben, bevor die Strecke wieder freigegeben werden kann. (In meiner Bundeswehrzeit habe ich mich auch mit einem Feuerwehrmann unterhalten, der regelmäßig Einsätze an einer ICE-Trasse hatte. Seine Schilderungen waren nicht danach, an diesen Stellen eine größere Menge von Reisenden vorbeifahren zu lassen, nur um den Fahrplan einzuhalten.)

Immer noch tief betroffen vom Tod eines mir eng vertrauten Klassenkameraden, der vor einem halben Jahr auf diese Weise starb (und keine Wahl hatte), habe ich aber auch Verständnis für Maurices Wunsch nach einem 'reibungslosen' Suizid ohne Beeinträchtigung der Unbeteiligten. Allerdings ist diese rationale Überlegung für einen Menschen kurz vor dem Suizid in vielen Fällen völlig außerhalb der Möglichkeiten. Im Fall meines Freundes war es über Monate zu beobachten, daß er sich phasenweise überhaupt nicht unter Kontrolle hatte, völlig besessen von dieser Idee war, die er in 'wacheren' Phasen unterdrücken konnte. Er befand sich in einer geschlossenen Psychiatrie, aus der er auf die angrenzenden Bahngleise ausbrechen konnte. -

Die Dunkelziffer minder schwer psychisch kranker Menschen, von denen niemand weiß, daß sie wiederkehrend den Wunsch verspüren, sich auf die eine oder andere Weise zu töten, dürfte sehr groß sein. Vielleicht haben manche von ihnen eine Wahl, aber vermutlich handelt es sich sehr oft um eine Handlung, die die Existenz anderer Menschen überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Den 'Idealfall' eines 'reibungslosen' Suizids dagegen gab es vor allem zu Zeiten, als geschäftlicher oder gesellschaftlicher Ruin den Sühnetod fast zwingend nach sich führte. Diese Menschen ordneten meist ihre Verhältnisse und sorgten dafür, wer ihre Leiche (üblicherweise im Arbeitszimmer) auffand. Dieses rationale Sterben infolge gesellschaftlicher Zwänge ist aber für mich um nichts 'besser' als der Tod aufgrund innerer Zwänge in der Öffentlichkeit. Wer eine Wahl hat, mache es anders.

Wohl kaum ein Mensch beendet sein Leben mit der Absicht, es allen zu zeigen, vor dem Zug. Und selbst wenn es so wäre, wäre daraus mit keiner geistigen Kapriole das Recht zu gewinnen, seinen Leichnam als ein bloßes Stück Fleisch auf der Strecke zu behandeln.

Maurice
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Mi 8. Mär 2006, 20:01 - Beitrag #17

Nennt mich menschenverachtend und verroht. Aus euren Mund ist das ein Lob für mich. Dafür müsst ihr aber annehmen, wenn ich euch als völlig verweichlicht bezeichne.

Ipsi mich klagst du mit scharfen Worten an, aber nicht die, die mir zugestimmt haben. Das ist wohl dein Begriff von Fairness. Wie soll man so eine Reaktion anders als persönlich nehmen? :rolleyes:
Und erklär mir bitte mal, warum ich ein Faschist sein soll?
Abgesehen davon kann man mich nur schwer als Utilitaristen bezeichnen, wenn ich als Amoralist keine Moral habe und somit auch kein Anhänger des Utilitarismus sein kann.

@Fahrer: Dass ein Teil von ihnen nach so einem Vorfall nicht mehr in der Lage sein werden, weiter zu fahren, ist mir klar. Aber es muss doch Ersatzpersonal geben und dieses einzusetzen, kann doch nicht so lange dauern.

@Jan: Das hat hier überhaupt nichts mit Nietzsche zu tun. Und er ist schon gar nicht mein geliebter Nietzsche. Dafür ist er mir viel zu unsachlich. Abgesehen davon weiß ich nicht, welche Rolle es hier spielt, dass er am Ende seinen Lebens geistig krank war. Den Großteil seiner Schriften hatte er ja schon bereits vorher geschrieben.

aleanjre
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Mi 8. Mär 2006, 20:16 - Beitrag #18

Verweichlicht, soso. :rolleyes:
Du magst dich wohl in dem Gedanken fühlen, dass es völlig überflüssig ist, sich um andere Menschen zu kümmern und jene sozialen Gesetzmäßigkeiten anerkennen, die eine Gruppe überhaupt lebensfähig macht. Bevor hier jetzt aber wieder ein unschöner Schlagabtausch losgeht, möchte ich alle Anwesenden um die Einhaltung der in der Matrix geltenden Gesetzmäßigkeiten auffordern. Wir werden jetzt also von niemanden den Geistes- oder Moralzustand analysieren, und zum Thema zurückkehren.

Haben dich die Argumente beeindruckt, dass es aus kriminaltechnischer Sicht unumgänglich ist, jeden Vorfall aufmerksam zu untersuchen? Und verstehst du, dass es sehr kontraproduktiv wäre, einen normalen Schienenverkehr aufzunehmen, bevor diese Untersuchungen nicht abgeschlossen sind?

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Mi 8. Mär 2006, 20:23 - Beitrag #19

@Feuerkopf: (für den Fall des sicheren Suizids): der Mensch WOLLTE doch überfahren werden. Wieso sollte es menschenverachtend sein, ihm seinen letzten Wunsch zu erfüllen?
An den Fahrer hatte ich dabei echt nicht gedacht, eigentlich klar, dass die meisten in der Situation nicht mehr fahrtüchtig sind. Schuld daran ist aber der Selbstmörder (und natürlich die böse Gesellschaft, die ihn dazu getrieben hat, aber "Gesellschaft" ist so schwammig), der keinerlei Rücksicht auf die Fahrgäste und den Zugführer gezeigt hat. Dann wird er wohl auch nicht erwarten, dass ein und zwar GENAU ein Zug über ihn fährt und keinesfalls ein zweiter, oder? Und auch für die Angehörigen wird sich nicht viel ändern, ich will mir das jetzt nicht konkret vorstellen :( aber der Anblick dürfte sich nicht mehr wesentlich verschlechtern können, wenn man einmal vom Zug überrollt wurde.
Dass es unbedingt von Menschenverachtung zeugen muss, würde ich nicht sagen; ich achte Menschen, aber Tote sind eben keine Menschen mehr. Denken, leben, fühlen, atmen... das unterscheidet doch den Menschen vom bloßen Gegenstand. Ist der Mensch tot, ist er also ein Gegenstand - und somit ist es auch nicht menschenverachtend, ihn so zu behandeln, finde ich.

Die Vorstellung, dass es kein Selbstmord war, ist natürlich gruselig :| und dann ist auch verständlich, dass der Zug nicht einfach weiterfahren kann.
Und klar, dass das überprüft werden muss. Die Bahn erlebt aber wohl öfters solche tragischen Geschehnisse und noch viel dämlichere Pannen, sodass man zumindest erwarten könnte, sie hätten mittlerweile einen Notfallplan (oder könnten zumindest mehr als 'EINEN Bus als Ersatz für einen ganzen Zug schicken :rolleyes: ).

Dass Ein-Euro-Jobber die menschlichen Überreste wegschaffen sollten, war wohl mehr ironisch-provokativ gemeint, schätze ich - das fiele wohl eindeutig unter "nicht zumutbare Arbeit". Jemanden dazu zu zwingen, halte ich keineswegs für gut, ebenso wenig, wie den selben Zugfahrer weiterfahren zu lassen, falls er denn geschockt ist.

Ich kann mich äußert gut in einen Selbstmörder hineinversetzen, verstehe aber nicht, wieso er da noch andere mit reinzieht. Und wenn ihm das schon egal ist, wie gesagt, dann wird er wohl auch nicht erwarten, dass andere sich nach seinem Tod mehr um ihn kümmern, als das vermutlich vorher der Fall war.

@Lykurg: Wenn man nicht an Gott oder transzendentes glaubt, was ist es dann mehr als Fleisch (ich nehme an, dass du nicht Knochen, Gewebe etc. meinst)? Und natürlich kann man den Tod eines Bekannten zum Anlass nehmen, einen Moment inne zu halten. Aber das bei jedem Toten von jedem noch so Unbeteiligten zu fordern, hieße, die Welt zum Stillstand zu verdammen (denn wir sind weit über 6 Milliarden!).

Maurice
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Mi 8. Mär 2006, 20:34 - Beitrag #20

Ich halte es für keinenfalls überflüssig sich um andere Menschen zu kümmern. Dies ist, wie du richtig sagst, Grundvoraussetzung für ein funktionierende Gesellschaft. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich mich durchaus sozial gegenüber anderen verhalte. Begehe ich einen performativen Widerspruch? Keinenfalls! Es gibt nämlich für mich einen Unterschied zwischen einer "richtigen" und einer "falschen menschlichkeit". Unter "falscher Menschlichkeit" verstehe ich z.B. die Tatsache, dass man 90-jährige Menschen mit allen Mitteln am Leben erhält, sie quält, nur weil es der Dogmatik mancher "Menschenfreunde" entspricht. Ich halte es auch für eine "falsche Menschlichkeit" einen Trara über eine Leiche zu machen und damit die Interessen vieler anderer Menschen zu verletzten. Der Selbstmörder ist tot und weder für ihn noch jemand anderen sollte es aus rationaler Sicht einen Unterschied machen, ob der Zug weiter fährt oder nicht. Dass der Mensch tot ist wird weder durch das Anhalten des Verkehrs noch durch Trauerrituale geändert.
Ich wüsste auch nicht, inwiefern das Untersuchen des Falls, was selbstverständlich ist, ein Argument für das Stoppen des Verkehrs ist. Wenn man den Verkehr für Untersuchungen stoppen muss, dann wenn überhaupt erst, wenn die Polizei vor Ort ist. Außerdem ist es ja jetzt schon nicht der Fall, dass die Strecke solange gesperrt bleibt, bis sich die Sache geklärt hat. Das wäre ja auch noch schöner! Denn meisten geht der Verkehr ja nach spätestens einer Stunde wieder weiter und ich glaube nicht, dass polizeiliche Ermittlungen so schnell gehen. Wir haben es immerhin mit Beamten zu tun. Die polizeilichen Untersuchungen können daher kein Grund sein, den Verkehr sofort zu unterbrechen.

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