Wie der Titel es ja bereits andeutet, steht für mich eine heikles Thema im Vordergrund, das gesellschaftlich mit gutem Grund kaum offen diskutiert wird. Diesen Umstand halte ich aber für einen Teil des Problems - und verzichte daher auf jede Form der "ich will ja nicht sagen..., aber..."-Beschönigung. Das Thema hat durchaus weitere Bezugsmöglichkeiten als die erzählte Begebenheit, die mich nur zwang, es jetzt zu artikulieren.
Direkter Anlaß ist ein vorhin von mir besuchtes Gospelkonzert (musikalisch nicht mein Geschmack, aber das tut hier nichts zur Sache) in meiner Dorfkirche, bei dem eine geistig behinderte junge Frau anwesend war. Vermutlich gefiel ihr das Konzert besser als mir, jedenfalls äußerte sie sich im Verlauf des Konzerts immer wieder (und in manchen Stücken ununterbrochen) durch kräftige Geräuschentfaltung (Jaulen, Winseln, unartikulierte Rufe, Lachen u.ä.).
Meine Gefühlslage war äußerst zwiespältig. Für meinen eigenen Musik'genuß' empfand ich ihre Anwesenheit als sehr störend, eben weil sie unüberhörbar war. Es war mir über lange Strecken nicht möglich, mich auf die Musik zu konzentrieren. Gleichzeitig bemerkte ich natürlich, daß sie sich offensichtlich am Konzert freute, und gönnte ihr das Erlebnis, sicher war auch gerade diese Art von Musik ihr eher zugänglich und weniger empfindlich gegenüber der Art der Gefallensbekundung. Unangenehm war mir, daß hinter mir Leute anfingen, sich gedämpft (aber nicht flüsternd) zu unterhalten - denn es war ja sowieso laut.
Ich überlegte, ob ich die Leute hinter mir bitten sollte, ruhig zu sein - aber mit welcher Berechtigung? "Sie sind doch gesund?" Und die kleinen Kinder daneben, die daraufhin auch anfingen, sich zu unterhalten?
Wäre es besser, die Begleiterin der Behinderten zu bitten, ihre Tochter (?) zu "knebeln" oder nach draußen zu bringen? Damit indirekt (über diese Verletzung des Stolzes) zu verhindern, daß sie den Ausflug wiederholt?
Wie hättet ihr gehandelt?