Wie sehr prägt uns das Christentum?

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Maurice
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Mi 20. Jun 2007, 20:33 - Beitrag #1

Wie sehr prägt uns das Christentum?

Zitat von Traitor:Die Philosophie, die mich und sicher auch alle anderen hier am stärksten geprägt hat, ist die des Christentums, bzw. deren in Alltag und allgemeines kulturelles Bewusstsein heruntergebrochene Form. Denn in ihr sind wir aufgewachsen, sie hat also unsere ganze Denkweise geprägt, und mit ihr werden weiterhin von den meisten Menschen die Regeln begründet, nach denen wir leben.

Diese These ist alles andere als abwegig, sie bringt eine unbestreitbare Plausibilität mit sich. Dennoch bin ich skeptisch, ob und wieweit sie zutrifft.
Ich selbst merke an mir keinen Einfluss des Christentums - zumindest auf Anhieb bewusst. Ich vermute daher, dass ich wenn dann nicht wesentlich vom Christentum geprägt wurde, zum einen weil wir in einem (immernoch relativ) freien Staat leben , ich areligiös aufgewachsen bin und ich die Ideen des Christentums für mich nicht als prägend empfinde. Prägender sind dawohl politische und philosophische Grundsätze, wie das Streben nach Persönlichkeitsentfaltung, idividueller Freiheit, bestimmter Vorstellung, welche Art des Denkens "korrekt" ist usw.

Daher meine Frage an die anderen (und besonders an Traitor):
Hat uns das Christentum wirklich alle geprägt (auch z.B. hier aufgewachsene Nicht-Christen (Juden, Musilime, Atheisten usw.)) und wenn ja, wie?
(Als möglicher Zusatz: Und warum merken das manche scheinbar nicht?)


Edit:
Bin mir nicht mehr sicher, ob der Thread hier optimal aufgehoben ist. Passt er vielleicht besser unter "Politik" oder ganz allgemein unter "Diskussion"?

Feuerkopf
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Do 21. Jun 2007, 00:24 - Beitrag #2

Da es um Prägung und um persönliche Erfahrungen geht, ist er vielleicht besser im Diskussionsbereich aufgehoben. Moment - Bus kommt sofort! ;)


So, jetzt mein Beitrag zum Thema:
Ich bin in einem gemischtkonfessionellen Haushalt aufgewachsen, war in einem katholischen Kindergarten und habe eine katholische Grundschule besucht. Meine Eltern waren allerdings keine Kirchgänger und nicht gerade fromm.
Gott hatte für mich als Kind immer etwas von einem weißbärtigen Mann in den Wolken, der alles sah, was ich tat. Das fand ich ungemütlich und auch ein bisschen furchteinflößend. Ich habe gern gebetet, mochte auch unsere Kirche, weil sie so dunkel und riesig war. Ich bin gern zur Kommunion gegangen und liebte es, zu beichten, wenn ich auch nie so recht wusste, was ich eigentlich zu gestehen hätte. Ich habe mit Inbrunst Rosenkränze gebetet, weil man damit Seelen aus dem Fegefeuer retten konnte und fand das Aschekreuz auf der Stirn zu Aschermittwoch sehr aufregend.
Rückblickend war es die Faszination der Folklore, würde ich sagen. Es hatte was geheimnisvolles und war voller Riten. Als ich ein Grundschulkind war, wurden die Messen z. T. noch auf Latein abgehalten und es gab diese großen Hochaltäre, vor denen der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde stand.
Mit der "Verweltlichung" des Ritus' verlor die katholische Kirche den Reiz für mich.

Ich bin längst ausgetreten, habe mich viel mit anderen Religionen befasst und würde mich als gläubig im pantheistischen Sinne bezeichnen. Dennoch rege ich mich gern über den Papst und seine Botschaften auf. Ich mag immer noch die Spiritualität eines Gottesdienstes, bevorzuge aber inzwischen die protestantische Variante. Ich glaube, es war Heinrich Böll, der mal sinngemäß sagte "Einmal Katholik, immer Katholik." Da ist was dran.;)

Ich kann mich mit vielen Idealen des Christentums identifizieren, fühle mich aber nicht zuständig für die Gräuel, die im Namen Gottes begangen wurden und werden. Das ist Amtskirche oder religiöser Fanatismus und damit kann ich überhaupt nichts anfangen.

Maurice
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Do 21. Jun 2007, 00:37 - Beitrag #3

Damit keine Missverständnisse auftreten: Mir geht es bei der Fragestellung weniger um rein persönliche Erfahrungen und Prägungen, sondern primär um die (von Traitor) aufgeworfene These, dass das Christentum uns ALLE maßgeblich geprägt hat. Die persönlichen Erfahrungen sind da natürlich wichtig, da sie als mögliche Widerlegung der These fungieren können, doch sollten sich die Posts in diesem Thread nicht darauf beschränken, ob man z.B. seit seiner Kindheit Weihnachten feiert und einem das ganz viel Spaß macht oder nicht.

In meinen Augen liegt die Beweislast erstmal bei demjenigen, der der fraglichen These zustimmt.

Feuerkopf
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Do 21. Jun 2007, 01:04 - Beitrag #4

Nun, die persönlichen Erfahrungen, die ich gemacht habe, sind sicherlich stellvertretend für sehr viele Menschen in diesem Land, die in einer Zeit aufgewachsen sind, als es den Begriff "Multikulti" noch nicht gab.
Religion gehörte zum Alltag und die Kirche hatte Mitspracherecht in allen Bereichen des Lebens. Ich habe meine kindlichen Eindrücke beschrieben, weil sie sehr intensiv waren und bis heute nachwirken, ob ich will oder nicht.

Die meisten Entscheidungsträger sind etwa in meinem Alter oder noch älter und deshalb ist der direkte und indirekte Einfluss auf uns alle vorhanden. Da gebe ich Traitor recht. Zumindest kann man diesem Einfluss nicht ausweichen.

Eine der beiden Regierungsparteien trägt ein C für "christlich" im Namen, die großen Kirchen tragen einen Großteil des sozialen Lebens wie Kindergärten, Schulen, soziale Hilfseinrichtungen. Zudem haben sie Mitspracherecht in den Rundfunkräten. Es wird darüber diskutiert, in die Europäische Verfassung einen dezidierten Gottesbezug einzubringen.

Der christliche Glaube strukturiert unsere Zeitrechnung und den Wochenablauf. Auch Atheisten freuen sich über die christlichen Feiertage, weil sie ihnen Freizeit verschaffen.

Ich denke, dass unsere immer noch eher patriarchalisch orientierte Gesellschaft eine starke Wurzel in dieser auf einen männlichen Gott ausgerichteten Religion hat. Auch viele hierarchische Strukturen, ob in Gesellschaft oder auch Betrieben dürften ihre Parallelen haben.
(Das haben allerdings die "Geschwisterreligionen" Judentum und Islam auch.)

Ich bin gespannt, ob wir im Laufe dieses Threads wirklich immer den christlichen Glauben und die Amtskirche werden auseinander halten können.

Maurice
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Do 21. Jun 2007, 01:24 - Beitrag #5

So gesehen, hat uns das Christentum selsbtverständlich geprägt und tut es immernoch. Dann ist die These aber trivial.
Ausgangspunkt war im anderen Thread meine Frage, welche Philosophie oder welcher Philosoph einen persönlich geprägt hat, worauf Traitor schrieb, dass unser aller Denken vom Christentum geprägt sei. Das ist eine deutlich stärkere These, als die Frage, ob das Christentum irgendwelche Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen hat (z.B. Zeitrechnung oder Feiertage).
Die Tatsache, dass wir gemäß Konvention das Jahr 2007 nach Christus schreiben, hat aber insgesamt keinen nennenswerten Einfluss auf mein Denken. Ebensowenig, dass ich an Ostern frei habe, das ursprünglich an Jesus' Tod und seine Auferstehung erinnern soll, heute aber für die meisten nur noch ein kommerzialisiertes Familienfest ist (diese Entwicklung heiße ich natürlich gut).
Hingegen hat nach meiner Einschätzung unter anderem der Utilitarismus und der Skeptizismus bleibenen Einfluss auf die Art meines Denkens gehabt. Eienn vergleichsweisen Einfluss des Christentums auf mich kann ich bis jetzt nicht feststellen (bzw. nachvollziehen), weshalb ich Traitors These skeptisch gegenüberstehe, dass wir alle maßgeblich vom Christentum geprägt seien.

Ich hoffe, es ist klarer geworden, um was es mir hier geht. :)

PS: Es soll hier um die These gehen, ob das Chrsitentum auf uns ALLE entscheidenden Einfluss hat, nicht ob es für die Mehrheit von Bedeutung ist. Nachdem die erste deutlich stärkere These widerlegt sein sollte, können wir uns natürlich auch noch der schwächeren zuwenden. Es soll hier aber erstmal nur um die ERSTE These gehen.

Anaeyon
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Do 21. Jun 2007, 01:34 - Beitrag #6

Maurice, stell dir mal vor du wärst gläubig ^^. Wie würdest du dir das Göttliche vorstellen? Ich glaube, dass deine Vorstellung sehr der christlichen ähneln würde. Also eher Gott als eine Person in Menschenform (oder ganz ohne Form), welche auch ein Bewusstsein hat, ebenfalls dem des Menschen ähnlich.

Wie komme ich drauf? Ich habe lange in den heidnischen Religionen rumgesucht und nichts gefunden, was mir zu 100% passt, bis ich gemerkt habe, dass polytheistische Religionen z.b. nicht einfach nur mehr als einen Gott haben, sondern auch absolut grundverschiedene Vorstellung dieser "Wesen". Da ist Baldur nicht unbedingt nur die Person Baldur sondern auch die Sonne, und Skadhi ist ein schneebedeckter Berg..also Gott = Natur etc.

Aber die meisten westlichen Menschen werden bei dem Wort Gott wohl wirklich als erstes an eine Person denken, nicht an ein Sinnbild, ein Teil der Natur oder etwas dergleichen.

Das Christentum prägt eben den ganzen Religionsbegriff...anderes Beispiel: Es ist jenseitsbezogen. Letztens fragte mich ein Freund, was das Ziel des Heidentums ist, was man da machen muss um nach Valhalla zu kommen. Aber viele heidnische Religionen sind fast komplett Diesseitsbezogen, ohne Endziel (Tag des jüngsten Gerichts, Apokalypse..). Auch ein großer Unterschied und da ist mir auch aufgefallen, dass mir der Unterschied jenseits-/diesseitsbezogen bis jetzt gar nicht aufgefallen war, ich also auch vom Christentum geprägt wurde in meinem Verständnis des Grundgerüstes einer Religion. Nicht nur der Inhalt unterscheidet sich, sondern auch das Gerüst und gerade dieses wird denke ich durch das Christentum geprägt.

Feuerkopf
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Do 21. Jun 2007, 11:13 - Beitrag #7

Maurice,
in dem du dich selbst als Beispiel für Nicht-Beeinflussung gibst, ist die eingangs erwähnte These von Traitor schon verworfen. ;)
Wenn wir aber mal davon ausgehen, dass es nie eine 100 %ige Auswirkung einer Idee auf eine Bevölkerung geben wird, dann kann es durchaus sein, dass Traitor es genau so gemeint hat: Alle im Sinne von "mehrheitlich". Das soll er aber selbst klären.

Mir ist noch etwas eingefallen.
Es mag sein, dass Philosophien Menschen und ihre Gesellschaft stark beeinflussen, aber die Wirkung von Religion ist eine andere. Deshalb ist mein anekdotisch anmutender kleiner Eigenbericht vom Anfang eine passende Illustration.
Religion - hier: das katholische Christentum - wirkt quasi ab Geburt, lange vor dem bewussten Sich-Auseinandersetzen mit Inhalten. Deshalb ist "Prägung" auch ein recht treffender Ausdruck.
Ana hat es in seinem Beitrag gut beschrieben. Wer im weitesten Sinne christlich erzogen wurde, hat einen personalen, menschenähnlichen und männlichen Gott im Hinterkopf, ganz egal, was er später daraus macht.

Wohl deshalb wirst du mit einer rein intellektuellen Behandlung dieses Themas Probleme bekommen, eben weil Religion in den Alltag, in die Erziehung eingreift. Wer so sozialisiert wurde, hatte keine Wahl. Du hast diese mehr oder minder (je nach Herkunftsfamilie) starke Prägung nicht erfahren, deshalb fehlen dir hier die entsprechenden Erfahrungen.

Ipsissimus
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Do 21. Jun 2007, 11:26 - Beitrag #8

christlichen Denkens ist kulturprägend gewesen. Es ist in der Tat trivial, ungefähr so trivial wie die Luft, die du nicht bemerkst, solange sie zur Verfügung steht. Unzählige gesellschaftsrelevante Wert- und Normvorstellungen gehen in Europa und Amerika - egal ob in formalisierter oder unverbindlicher Form - direkt auf christliche Vorstellungen zurück, und alles das wirkt auf dich als Individuum direkt ein, am wirkungsvollsten dort, wo es implizit statt explizit vermittelt wurde.

Maurice
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Do 21. Jun 2007, 13:04 - Beitrag #9

in dem du dich selbst als Beispiel für Nicht-Beeinflussung gibst, ist die eingangs erwähnte These von Traitor schon verworfen.

Vorausgesetzt, ich habe recht, dass ich ein Beispiel für Nicht-Beeinflussung bin. Ich kann mich ja auch über mich selbst täuschen. ;)

@Ana: An was man denkt, wenn man das Wort "Gott" hört, halte ich für keine wichtige Prägung (solange man Atheist ist).
Zumindest bei mir, sind meine Assoziationen meiner Einschätzung nach je nach Kontext geteilt. Wenn es z.B. um den christlichen oder muslimischen Gott geht, assoziere ich tatsächlich einen alten Mann mit Bart, was aber auch nicht so verwunderlich ist, wenn oft auch von "dem Herrn" o.ä. gesprochen wird. Wer stellt sich da schon eine Frau vor? ;)

Ich habe mir aber mal Gedanken gemacht, welche Art der Religion mir symphatisch wäre, wenn ich mich für eine entscheiden müsste, bzw. mir eine selbst basteln sollte. Und da hätte der einzige Gott zwar auch ein paar menschliche Züge, ich würde mir ihn mir aber nicht menschlich vorstellen, sondern gar kein Bild von ihm haben. Und wenn es doch ein Bild sein sollte, dann das eines hellen (geschlechtsneutralen) Lichtes. Insgesamt würde es wohl in eine Art abgespeckten Christentum münden, in der Gott weitgehend passiv ist und den Menschen weder straft noch mit Wundern beschenkt. Klassisches Himmel-Hölle-Schema gäbe es auch nicht, sondern wahrscheinlich eine Art "pantheistischer Reinkarnationslehre".
Aber ich breche die Überlegung besser mal ab, da es doch recht ot ist ^^* ...

Anaeyon
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Do 21. Jun 2007, 14:05 - Beitrag #10

Wer stellt sich da schon eine Frau vor? ;)


Ich.

Und du hast "nicht verwunderlich" gesagt..ja. Natürlich nicht. Weil eben die meisten Menschen geprägt sind ^^. Ich halte die Gottesvorstellung schon für eine sehr wichtige Sache. Immerhin ist diese ein wichtiger Faktor dafür, was Mensch überhaupt von Religion hält. Mmn. Und wenn "Gott" standardgemäß männlich ist...mh...lass mich kurz im Geschichtsbuch nachschlagen, zu was das führt ^^. Doch, die Vorstellung hinter dem Wort "Gott" ist durchaus essentiell.

Lykurg
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Do 21. Jun 2007, 23:31 - Beitrag #11

Wer stellt sich da schon eine Frau vor? ;)
Maurice, aus diesem Grund gibt es inzwischen eine innerhalb der (ev.-luth.) Kirche sehr umstrittene Bibelübersetzung, die sogenannte "Bibel in gerechter Sprache", die sich darum bemüht, "Gott, der Vater und Mutter zugleich ist", Apostelinnen und Apostel, Jüngerinnen und Jünger sowie immer abwechselnd "der Heilige" und "die Heilige" (für den Heiligen Geist) zu schreiben.

e-noon
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Do 21. Jun 2007, 23:38 - Beitrag #12

Lol ^^ ist das gestattet, Gott mal ebenso vom Mann zum Zwitter umzudeuten? Gibt es dafür Belege in der Bibel? (Die wenigsten untersuchen ja den lateinischen oder grieschichen Text oder wai auf die ursprünglichen Formulierungen, nehme ich an, ich habe auch meist "der Herr" und so gehört). Der Pastor der benachbarten Gemeinde spricht allerdings häufig vom "mütterlichen Vater" ;)
Weibliche Darstellungen vom christlichen Gott sind mir allerdings noch _nie_ untergekommen...

Lykurg
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Fr 22. Jun 2007, 00:01 - Beitrag #13

Nein, wobei allein schon die Tatsache, daß es diese Bilder gibt, angesichts der Aussage des ursprünglichen zweiten Gebots fragwürdig genug ist...
Zitat von Exodus 20,4-5a:Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist:
Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!
Aus den überlieferten Gottesdarstellungen nachikonoklastischer Zeit auf das "richtige" Gottesbild zu schließen, ist allerdings eine amüsante logische Methodik.^^

e-noon
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Fr 22. Jun 2007, 01:13 - Beitrag #14

Dann hat Jesus also pausenlos gesündigt mit seinen Gleichnissen ^^ oder ist das wieder so zu interpretieren, dass es passt? Fehlt mir da der Kontext oder das Gespür für die korrekte Deutung?
Du sollst dir kein [...] Gleichnis machen[...]von dem, was unten auf Erden[...] ist
;)

Interessant, diese Feminisierung (?) zu Gunsten politischer Korrektheit, denn auf die bisherigen Glaubensinhalte scheint sich das nicht zu stützen, Gott, Maria und Josef waren doch die perfekte Kleinfamilie mit klaren Rollenverteilungen... ? (Ok, mit Josef zusammen wars dann vielleicht doch eher eine Patchworkfamilie).

Wrzlprmft
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Sa 21. Jul 2007, 17:40 - Beitrag #15

Religion beeinflusst nicht nur die Gesellschaft, sondern wird auch von ihr beeinflusst und unterliegt gar einer Art natürlicher Auslese. Deshalb ist es schwer, wenn nicht gar unmöglich zu entscheiden, welche Einflüsse auf uns ursprünglich christlich sind.

Wäre vor 2000 Jahren nicht das Christentum entstanden, sondern z. B. so etwas wie eine radikaler Hinduismus mit starkem Kastensystem oder eine Religion mit Gleichberechtigung und Toleranz als Grundsatz, hätte es die Entwicklungen, die zu unserer Gesellschaft geführt haben, sicherlich stark gebremst bzw. beschleunigt. (Soviel zum trivialen Einfluss.) Bei beiderlei Religionen ist es aber zweifelhaft, ob sie jemals einen so durchschlagenden Erfolg hätten haben können oder ob sie überhaupt entstanden wären.

Auch können Religionen mit derselben Grundlage (in unserem Falle die Evangelien, wahlweise zuzüglich neuem oder altem Testament) stark unterschiedlich ausfallen, was man nicht nur an den Unmengen von Konfessionen sieht, sondern auch an dem geschichtlichen Wandel. Dort wurde die Schrift des Christentums als Begründung für Kriege, Ablasshandel, Hexenverbrennung, aber auch Gesetze und Toleranz herangezogen. Letztendlich vermute ich, dass unsere Geschichte auch mit dem Koran, der Thora oder vielen anderen religiösen Grundlagen hätte funktionieren können, wären sie entsprechend ausgelegt worden.

Letztendlich sind wir ohne Frage durch unsere Gesellschaft und Geschichte geprägt, welche durch beidseitigen Einfluss untrennbar mit dem Christentum verwoben ist. Wer in unserer Gesellschaft aufgewachsen ist, kann also nur dann nicht durch das Christentum geprägt sein, wenn man sämtliche säkularisierbaren Aspekte (vor Allem Ethik) herausdefiniert (und das ist m. E. die einzige sinnvolle Grenze, die man ziehen kann). Was dann noch bleibt, sind aber Aspekte (Mystik, Eschatologie, Gottesbild), die schon nach Definition niemanden geprägt haben können, der vollkommen areligiös ist (wobei jetzt natürlich jemand kommen kann, der die Existenz solcher Menschen abstreitet).

Und die Bibel in gerechter Sprache ist nun wirklich das idiotischste Produkt, das die Vertreter der „gendergerechten Sprache“ bisher produziert haben. Sie leugnen praktisch, dass es Ungerechtigkeiten gab bzw. gibt. Ich fühle mich irgendwie an die Amis erinnert, die Bücher aus Bibliotheken verbannen, weil darin jemand das Wort „Nigger“ verwendet.

Ipsissimus
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So 22. Jul 2007, 15:40 - Beitrag #16

und Jesa Christa war die Ehefrau von Marius Magdalenus ^^ verurteilt von Pontia Pilata :-)

Wurzel, ich wollte nur festellen, daß die Feststellung des Einflusses einer herrschenden Religion auf die Individuen der ihr unterworfenen Gesellschaft trivial ist; welche Religion zur Herrschaft gelangt und wie sich sich ausprägt, ist zwar auch trivial, aber auf einer anderen Ebene (Stichwort: welche Religion gibt bessere Begründungsargumente für die Macht der Mächtigen^^)

janw
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So 22. Jul 2007, 16:52 - Beitrag #17

...bzw. welche Religion ist gerade als Begründungslieferndes verfügbar? (erlaubte Erweiterung?)

Aber mal anders gefragt: Sind diese Prägungen eigentlich prinzipiell überwindbar? Mensch kann sich ihrer bewusst werden, aber sich ihrer entledigen?

Irgendwie versuche ich seit einer Weile, zu imaginieren, wie sich ein nicht auf Subjekt-Objekt-Trennung und auf Leerheit des Seins beruhendes Weltbild "anfühlt".


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