Zum Wesen der Magie

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janw
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Do 28. Jun 2007, 01:39 - Beitrag #1

Zum Wesen der Magie

Als Ausfluß aus dem thread "Wann fühlt ihr euch frei?" ergab sich die Frage, was Magie sei und wie begrifflich zu fassen.
Das wäre, denke ich, durchaus einmal zu diskutieren.

Zunächst einmal die zugrunde liegenden Definitionen von "Magie", wie sie in dem thread genannt wurden:

Zitat von Anaeyon: Es besteht ein Unterschied zwischen Buffy-Magie und der von halbwegs aufgeklärten Esoterikern/Heiden/Schamanen/Druiden. Zweitere lässt sich zweifelsfrei wissenschaftlich erklären. Es wird sogar des öfteren C.G Jungs aussage zitiert, dass Magie nichts anderes als Psychologie ist.

Zitat von Ipsissimus:in der ernsthaften magischen Praxis geht es um praktisch nichts von alldem, was in Fantasybüchern und -filmen als Magie dargestellt wird. Magie wird von den großen europäischen Logen mit einer geringfügigen Bandbreite definiert als die "Fähigkeit, vorsätzlich und bewußt nachhaltige Änderungen in der psychischen Struktur und Disposition eines Menschen" hervorzurufen. Damit hat sie natürlich eine riesige Schnittfläche zur Psychologie und zuhnemend zur Neurologie und Psychiatrie. Sie hat diesen jungen Fächern gegenüber aber den Vorteil einer mehrere Jahrtausende langen Praxis, die ihre Methoden zu einer Wirksamkeit heranreifen ließ, die man bei ihren jungen Geschwistern wenn überhaupt nur bei massivem Einsatz von Drogen findet.


Zitat von wiki, zit. n. e-noon:Magie ist der Versuch, Ereignisse, Menschen und Gegenstände auf übernatürliche Weise zu beeinflussen.
Ein erster Gipfel rationaler Auseinandersetzung mit magischen Praktiken beginnt in der griechischen Antike. Der Bund der Pythagoreer bereitete hierfür den Boden. Denker wie Platon und Aristoteles [Götterbeschwörung] und antike griechische Theologie bis in die Ethik hinein philosophischer Betrachtung.


Zitat von Lexikon, zit.n. e-noon:Magie, Sammelbezeichnung für alle Formen der Einflußnahme durch rational nicht faßbare Praktiken. Die Magie sucht durch Beschwörung Energien zu aktivieren oder zu schaffen, die erwünschte Ergebnisse auf wissenschaftlich nicht erklärbare Weise bewirken.

janw
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Do 28. Jun 2007, 02:24 - Beitrag #2

Ein Grundproblem an der Definition und Begriffsbildung scheint mir hier zu sein, daß sie eine Kategorieentscheidung mit einschließt, auf dieser basiert, nämlich der Entscheidung, was man als "zur Welt gehörig", "existent" anzusehen bereit ist. Im Grunde in verschärfter Form das Problem der Schulmediziner mit den Homöopathen und vice versa. Dazu das aus der Berichterstattung über wissenschaftliche Erkenntnisse bekannte Problem des wirklichen Verständnisses beim Berichterstatter - kann jemand überhaupt kompetent berichten, eine Sache hinreichend tief durchdrungen haben, der nicht über eigene praktische Erfahrung in dem Gebiet verfügt?

Ich halte letzteres zumindest für schwierig und erlebe dies immer wieder, wenn ich entsprechende Berichte lese.
Zu ersterem halte ich ein Weltbild für zu eng, das nur das mit den Naturgesetzen Erklärbare als gültig ansieht. Die Gefahr, damit zufällige Effekte auf ein Signifikanzniveau zu heben, das ihnen nicht zukommt, sehe ich dabei natürlich, halte jedoch den andernfälligen fälschlichen Ausschluss relevanter Gegebenheiten für schwerwiegender.

Die von Ipsi genannte Definition der Logen
"Fähigkeit, vorsätzlich und bewußt nachhaltige Änderungen in der psychischen Struktur und Disposition eines Menschen" hervorzurufen.
zeigt dabei jedoch recht gut, wie weit selbst auch die Naturwissenschaft ihr eigenes Terrain verlassen muss, um wesentliche Aspekte dessen zu beschreiben, was Mensch (und wohl überhaupt Säugetier) sein ausmacht - die Psyche entzieht sich in vielem naturwissenschaftlicher Beschreibung und Erklärung, die mechanistischen Ansätze hierzu stoßen durchweg schnell an Grenzen.
Umgekehrt sind jedoch gerade die Methoden sehr wirkungsvoll, die sich auf die nicht-linearen, nicht physikochemischen Grundzüge stützen.
Akzeptiert man die Tatsache dieser Wirkungen und ihre Nichtkompatibilität mit naturwissenschaftlichen Welterklärungsmodellen, so erscheinen mir die Definitionen von wiki und Lexikon mit jener von Ipsi auf einen Nenner zu bringen - "Übernatürlichkeit" bedeutet nichts weiter, als daß es nicht physikochemischen Erklärungsmustern folgt, die Wirksamkeit bestätigt die Existenz.

Anaeyon
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Do 28. Jun 2007, 06:30 - Beitrag #3

So, Edit 14:44 Uhr:

Was ich persönlich unter Magie verstehe, ist das Anwenden psychologischer Vorgänge mit einem gewissen Kontext und einem Ziel. Wo (wie Ipsi im Beitrag unten beschreibt) ein Psychologe in einer Konzentrationsübung nur eine Konzentrationsübung sieht, kann es "in der Magie" zu weitaus mehr dienen/führen. Sei es, um zu lernen, Dinge zu visualisieren oder überhaupt durch starke Konzentration in Trance zu fallen oder wai..

Wenn ich mit den Fingern ein Pentagramm in die Luft zeichne, ist das ansich keine Magie. Bin ich jedoch dazu fähig, mit dieser Tätigkeit eine Gefühlsregung oder Disposition zu triggern, ist es keine bloße Bewegung meiner Hände mehr.

Und da es in der magischen Praxis psychologische Effekte/Möglichkeiten gibt, von denen 0815-Mensch nicht die leiseste Ahnung hat, finde ich, reicht hier einfach nicht der Begriff "psychologische Praxis" oder etwas ähnliches. Ob es bei Ipsis sicht auf Magie auch so ist, weis ich nicht. Für mich gehört zu Magie zumindest immer auch etwas Religiöses. Das meinte ich oben mit dem Kontext.

Psychische Tricks zur Veränderung von Menschen sind in erster Linie Manipulation. Magie ist auch Manipulation, für mich jedoch sowohl eingegrenzt durch eine gewisse Ethik und bereichert durch religiöse/spirituelle Mystik. Also wird das Wort "Manipulation" dem was für mich hinter dem Wort "Magie" steckt auch nicht gerecht.

Übersinnlich ist ein noch eher zu akzeptierendes Wort als übernatürlich. Vielleicht, weil es sich Magie dem Sinnesspektrum der meisten Menschen entzieht?

Ipsi, wie sieht für dich in etwa der "Stammbaum" der Magie aus? Wo siehst du in etwa den Beginn? Hermes Trismegistos, oder irgendwas aus nem anderen Gebiet? Was gabs im Mittelalter...gehören O.T.O. und Golden Dawn für dich eher zu den Kommerz-Magiern?

Und hier noch ein Zitat von http://www.die-dunkle-dimension.de/i-mag00.htm:

Das Gebiet der Magie deckt sich im Wesentlichen mit dem der modernen Psychologie, insbesondere der Tiefenpsychologie, wenn auch die Herangehensweise eine andere ist. Die Tiefenpsychologie ist eine psychologische Richtung, die sich hauptsächlich mit den unbewußten Schichten der Psyche und ihrer Bedeutung für ein Verständnis der gesamten seelischen Organisation des Menschen auseinandersetzt. Die Magie beschäftigt sich ebenfalls mit diesem Teil der Psyche, der dem Menschen normalerweise nicht bewußt ist, obwohl er einen ungeheuren Einfluß auf sein Leben hat.

Die Beschäftigung mit echter Magie ist eine Grundlagenforschung zur Erkenntnis von Bewußtsein und Unterbewußtsein, deren Wesen und Wirken im Menschen und in der gesamten Natur. Es geht um das Verstehen und Nutzen der geheimnisvollen, aber doch spürbaren geistigen Kräfte und Energien und um das Aufdecken der darin verborgenen Möglichkeiten.

Die Magie ist ein System psychologischer Techniken, die dem Menschen helfen können, sein Innerstes besser zu erforschen. Damit dient sie in erster Linie dazu, sich selbst besser verstehen zu lernen. Über eine solche wünschenswerte Selbsterkenntnis hinaus, befreit ein Verständnis der inneren Natur von unbewußten Zwängen und Blockaden und ermöglicht ein besseres Meistern des eigenen Lebens.

Und ganz nebenbei hat sie bei jenen, die sich auf sie einlassen, den Nebeneffekt, das innere Selbst in den täglichen Aktivitäten zum Ausdruck zu bringen und somit die Realität nach eigenem Willen zu lenken - das, was der Laie gewöhnlich mit Magie verbindet, trivial ausgedrückt: das "Zaubern".

Ipsissimus
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Do 28. Jun 2007, 12:58 - Beitrag #4

soll eine Apologetik der Magie verfasst werden, ist es unumgänglich, erst mal zuzugeben, daß jede Annäherung an Magie heutzutage von vornherein suspekt ist, da das Bild, welches von Magie großflächig gezeichnet wird, sich einerseits aus albernen Vorstellungen speist (à la Harry Potter und Co), andererseits die Arbeit der Logen nach wie vor unter einem Schleier von Verborgenheit liegt, gegen den sich die Omerta wie ein Kinderversprechen ausmacht.

Unsere Kenntnis vom den, was Magie ausmacht, sofern wir über die echte Magie sprechen wollen und nicht über esoterische Modetorheiten, entstammt also einzig Büchern, die von Menschen verfasst wurden, die in Logen tätig sind oder waren. Der Inhalt dieser Bücher ist damit begrenzt, entweder auf reine Theorie, also Philosophie, (so z.B. die Referenzwerke von Eliphas Levy), oder nur jene Teile der magischen Praxis, die von den Logen als unkritisch für die Öffentlichkeit bewertet werden. Der Fall, daß ein Logenaussteiger die gesamte Praxis einer Loge offengelegt hat, ist mir nicht bekannt.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß vieles, was heute unter Magie subsummiert wird, gar nicht zur Magie gehört. Die Traditionen des Wicca-Kultes, Satanismus-Kulte mit ihrer angeblich "Schwarzen Magie", diverse Freimaurerische oder Rosenkreuzerische Praktiken, Schamanismus, Druidentum und vieles andere sind historisch völlig eigenständige Entwicklungen, die nicht viel mehr miteinander zu tun haben, als daß sie in einem alles vermengenden Synkretismus innerhalb der esoterischen Szene als unterschiedliche Ausdrucksformen derselben Sache gelten, eine ziemlich neuzeitliche Sache mit explizit kommerziellem Hintergrund meiner Meinung nach.

Echte Magie hat immer nur eines gemacht: Menschen umgeformt. Die dazu verwendeten und entwickelten Techniken, mitsamt ihrer philosophischen Fundierung unterscheidet die verschiedenen Schulen; der Freiwilligkeitsgrad, der für die Wirksamkeit der Technik notwendig ist, gibt ein weiteres gängiges Kriterium (weiße, graue und schwarze Magie, mit abnehmender Notwendigkeit der Freiwilligkeit seitens der Zielpersonen der Technik für deren Wirksamkeit). Die philosophische Fundierung gibt in der Regel auch die Richtung der Umformung vor. Die Übergänge dieser Kriterien sind sehr fließend.

Was ist nun von der "Übernatürlichkeit" magischer Praktiken zu sagen. Hier muss zweierlei bemerkt werden: erstens gibt es im Rahmen der Veschleierung natürlich ein "Vokabular des Primboriums", das ziemlich einfach durchschaubar ist, wenn man sich ein bisschen mit der Materie beschäftigt hat. Andererseits arbeitet Magie teilweise mit übersinnlichen, aber nicht mit übernatürlichen Methoden.

Beispiel: eine einfache Anfängerübung, mit der zukünftige Adepten der Magie konfrontiert werden, besteht aus Kims Spiel (nach seiner Erwähnung in einem Roman von Rudyard Kipling). Leg des morgens 20 verschiedene Gegenstände chaotisch verteilt auf einen Tisch. Komm abends zurück von deiner Arbeit, schau dir den Tisch 30 Sekunden lang an, schau weg. Schließe die Augen. Sieh den Tisch mit allem was darauf liegt, vor deinem inneren Auge. Geh in ein Nachbarzimmer und zeichne anhand deines inneren Auges eine Skizze der Gegenstände und ihrer Anordnung.

In der modernen Psychologie wäre das eine Konzentrationsübung, die ihren Zweck in sich selbst trägt. In der Magie ist das eine Einstiegsübung, deren jahrelange Einübung die künftigen Adepten schließlich befähigt, wie auf Knopfdruck vor ihrem inneren Auge beliebige Szenarien zu visualisieren und diese in gleicher Intensität und Charakterisitk wahrzunehmen, als hätten sie die Augen geöffnet und würden das Szenario tatsächlich vor sich haben. Erst dann wird das ganze erweitert auf die akustische, olfaktorische und endlich taktile Vorstellungskraft, bis ein derartig geschulter Mensch eine gesamte Wirklichkeit um sich herum imaginieren kann und diese Imaginierung beliebig lange aufrechterhalten kann. Erst dann beginnen überhaupt erst die niederen Weihen.

Diese Imaginierung ist in keiner Weise übernatürlich. Sie ist aber übersinnlich, da sie nicht an die realen Sinne und deren Grenzen gebunden ist, Abbildungen im Infrarot- oder Ultraschallbereich oder irgendetwas völlig Fremden wären genausogut möglich.


eine inhaltlich wirklich gute, weder banale noch mystifizierende Darlegung findet sich zum Beispiel in dem Buch

"Die hohe Schule der Magie. Über die Kunst, willentlich Bewußtsein zu verändern"

von Walter E. Butler

Maglor
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Do 28. Jun 2007, 17:07 - Beitrag #5

Magie ist die Beeinflussung der Umwelt mittels übernatürlicher/übermenschlicher Kräfte. Das ganze ist allerdings mit einem nicht materilistischen Weltbild verständlich.
Ergo, Magie kann es nur in einer Welt geben in der es jenseits der Physik noch eine andere quasi göttliche Macht gibt. (Der Unterschied zwischen einem Herr Gandalf oder Doktor Faustus und einem Spider-Man oder Terminator ist, dass erstere ihre Kräfte aus einer quasi göttlichen, wenigstens überatürlich Quelle ziehen und nicht aus einer biolgischen Mutation oder technischem Zubehör.)
Unterscheiden würde ich grundsätzlich Magie und Mantik. Während Chiromantie oder Astroligie quasi versucht eine geheime Sprache zu lesen und so verborgene Wahrheiten zu entziffern, spricht der Magier die geheime Sprache und beinflusst damit seine Umwelt.
Die Magie des Abendlandes, die mehr der weniger "christliche" Hermetik, erklärt das ganze biblisch. Gott erschuf die Welt durch Worte. "Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott...", so der Evangelist Johannes. Es gibt also, so die Magier, eine Sprache, aus der die Welt geschaffen wurde. Diese Sprache lehrte Gott angeblich Adam, daher nennt man sie auch die adamitische Sprache. In der babylonischen Sprachverwirrung ging das Wissen um die adamitische Sprache unter den Menschen verloren. Da die Welt als solche jene Sprache enthält, kann der Wissende sie in seiner Welt lesen. Durch Aussprache der Worte, kann er selbst quasi göttliche Macht erhalten. Er muss die Dinge quasi nur bei ihrem wahren Namen nennen, um sie zu beherrschen.
Die esoterischen, also geheimen Bünde, versuche daher jene adamtische Sprache zu erlernen. Neben der Erforschung der Welt, also dem lesen im Buch der Natur, der heiligen Schrift, de Corpus Hermiticum und so weiter, spielt göttlich Gnade eine Rolle.
So hatte der Rabbi Löw aus Prag angeblich von Gott die Gabe erhalten aus Lehm einen Golem mit heiliger Schriftzeichen zu erschaffen. Hier wird mit de Prager Golem quasi die biblische Erschaffung Adams durch einen auserwählte Sterblichen nachgeahmt.
Dies alles gilt allerdigs nur für das Abendland. Andere zauberische Tradition wie Schamanismus und Co sind weniger systematisch, aber auch sie glauben dsich der Macht dritter höher Ahnen, Geister und Götter zu bemächtigen. Eine atheistische Mage ist mir nicht bekannt, wenn man von Taschenspielertricks und dergleichen absieht.
So weit so gut.
MfG Maglor

Anaeyon
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Do 28. Jun 2007, 17:26 - Beitrag #6

Wenn du vor den oberen Teil noch "ist meine Meinung" setzt, ist soweit alles gut Bild

Für das mit den Worten hätte ich gerne mal Belege. Ich weis, böse Forderung, weil ich für meine Sichtweise selbst keine nennen kann..

janw
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Do 28. Jun 2007, 17:46 - Beitrag #7

Gut, Ipsi und Ana, damit hätten wir die Sache für das Abendland gut umrissen. Ich würde vielleicht noch ergänzen, daß die Suspektheit im wesentlichen seit der Einführung des Christentum besteht - das zumindest in seiner katholischen Form allerdings selbst "magoide" Elemente aufgenommen hat, zumindest erscheinen mir manche Dinge wie die Verwandlung von Brot und Wein, die Räucherpraxis, die Weihwasserrituale usw. so.
Aber wie sieht es für andere Kulturen aus, ist die afrikanische Praxis der Schwarzen und weißen Magie ernst zu nehmen?

Zitat von Ipsissimus:Echte Magie hat immer nur eines gemacht: Menschen umgeformt.

Worin besteht nun der Unterschied zu psychomanipulativen Methoden der Neuzeit?

Kims Spiel ist natürlich eine Technik, die bestimmte Lernprozesse stimuliert, analog zur Mnemotechnik scheint mir.
Wenn die Psychologie nur ihr bewusstseinsfocussierendes Potential (Förderung der Konzentration) nutzt, bewirkt sie auf die Dauer bei hinreichend intensivem Einsatz doch dasselbe - mensch wird konzentrierter, und gewinnt uU ein verbessertes situatives Gedächtnis.
Liegt der Unterschied nun "lediglich" darin, daß Psychologie hier eine alte Methode ursupiert und dabei nebenbei dank Kenntnissen der neurologischen Grundlagen "weiß", was sie da hirnorganisch tut?

Anaeyon
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Do 28. Jun 2007, 18:22 - Beitrag #8

Tanael: ähm....jetzt fällt mir was anderes ein. Ein nicht-magischer Mensch wendet einfach eine Fähigkeit an, wie ein werkzeug, welches er wieder weglegen kann. Er stellt eine Fähigkeit zwischen sich und das "opfer". Ich glaube, bei der Magie änderst du _dich selbst_ auf eine weise, dass du aus dir heraus manipulierend wirkst. kleines beispiel, moment

janw: das klingt interessant, poste das doch mal

Tanael: Liebeszauber (Anm. der Red.: Weils so schön Klischeehaft ist). Ich kann beim Flirten bestimmte Körpersprache-Tricks benutzen, dass ist bewusste manipulation. Ich kann durch Magie aber auch meine eigene Einstellung zu der Person verändern, z.b. dadurch dass ich imaginiere, sie schon bequatscht zu haben. So, dass ich im endeffekt manipuliere, ohne aktiv etwas anzuwenden

Tanael: ich stelle mein ganzes verhalten so um, dass ich aus mir selbst heraus die wirkung bringe, die solche "tricks" auch haben

Tanael: das ist nicht "werkzeug benutzen" sondern "werkzeug sein"

janw: Hmmm...klingt interessant. Poste das doch mal, mal sehen was Ipsi dazu sagt^^

Maurice
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Do 28. Jun 2007, 22:44 - Beitrag #9

Versuch der Rekonstruktion des Magiebegriffe

Die Frage "Was ist Magie?" macht nur Sinn, wenn man sie sprachanalytisch versteht:
Was verstehen wir unter dem Ausdruck "Magie"?
Auf diese Frage haben wir bisher eines auf jeden Fall schon festellen können: Ganz verschiedenes.
Um der Sache etwas mehr Systematik zu verleihen, schlage ich drei Magiebegriffe vor:

1. schwacher Magiebegriff: Der Ausdruck "Magie" bezeichnet einen vorwissenschaftlichen Umgang mit Naturprodukten (z.B. Kräutern) und sowohl selbst- als auch fremdmanipulierenden psychologischen Praktiken, die eine Veränderung der Psyche bewirken sollen. Die Tätigkeiten, Prozesse und Ergebnisse dieser Praktiken können potenitell vollständig naturalistisch wissenschaftlich beschrieben werden. ("Manipulation" ist hier wertneutral zu verstehen.)

2. starker Magiebegriff: Der Ausdruck "Magie" bezeichnet einen beschränkt kontrollierten Umgang mit übernatürlichen Kräften, Energien und/oder Wesen (z.B. Dämonen, Geistern) der prinzipell nicht vollständig rational wisenschaftlich erklärt werden kann. "Übernatürlich" meint, dass es mehrere sich berührende Welten oder Realitätsebenen gibt (z.B. Menschenwelt, Geisterwelt, Himmel, Hölle) von der die Welt der Menschen als die natürliche definiert wird und alle anderen als übernatürlich, da die Wesen der übernatürlichen Welt Kräfte besitzen, die die der natürlichen Welt übersteigen.

3. gemischter Magiebegriff: Der Ausdruck "Magie" ist ein Sammelbegriff für z.T. potentiell wissenschaftlich erklärbare naturkundliche und psychologische Praktiken auf der einen Seite und prinzipell wissenschaftlich nicht erklärbare, da übernatürliche Praktiken auf der anderen Seite.

Wenn ich die Sache nun richtig sehe, vertritt der Autor aus Anas dunkler Dimension einen schwachen Magiebegriff, Sarah und ich (und der Großteil der Bevölkerung) einen starken Magiebegriff und Anaeyon einen gemischten Magiebegriff (sagt er ja, dass für ihn Magie auch etwas mit Religion zu tun hätte, deren Inhalte, wenn sie wahr sind, nicht vollständig wissenschaftlich erklärt werden können).

Stellt sich nun die Frage, ob ich die verschiedenen Bedeutungen von "magie" angemessen rekonstruiert habe. Eine Diskussion, ob es Magie im starken (bzw. im gemischten) Sinn gibt, übersteigt den derzeitigen Rahmen des Threads. Leider erscheint es mir auch hoffnungslos, den Versuch zu starten, zu diskutieren, wie das Wort "Magie" gebracht werden sollte, also welche Bedeutung ihm zukommen sollte. Dies ist deshalb äußerst unwahrscheinlich, da wir uns nicht über die für diese Diskussion notwendigen Kriterien einig sind und voraussichtlich nicht einigen werden. Es bleibt allein die Möglichkeit, gemeinsam die unterschiedlichen Verwendungsweisen des Wortes "Magie" zu rekonstruieren.

Anaeyon
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Do 28. Jun 2007, 23:04 - Beitrag #10

Ich kann dir zumindest mal noch verraten, dass unter Esos (ich benutze den Begriff verallgemeinernd. Ich meine damit moderne Religions- und Magiesysteme, die nicht unbedingt jahrtausende alte Traditionen sein müsse) viele Worte was anderes bedeuten, als im Duden. Musstest du ja gestern schon lernen Bild

Da wird oft von verschiedenen magischen Welten geredet, dabei sind Bewusstseinszustände gemeint. Oft wird von den sieben Welten geredet. Wachbewusstsein, Schlaf, Trance-Stadien I-IV und noch was..

janw
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Do 28. Jun 2007, 23:25 - Beitrag #11

Nun, Maurice, der prinzipielle Unterschied zwischen Dir und mir (und mit mir wohl auch Ipsi und Ana, wenn ich sie richtig verstehe) ist wohl, welches Maß an Alleingültigkeit wir der Naturwissenschaft hinsichtlich der Welterklärung zubilligen.
Die Naturwissenschaft beschreibt und erklärt nur jenen Teil der Welt, der mit ihren vordefinierten Mitteln und Kriterien beschrieben werden kann - daß jenseits dessen nichts sei, ist eine spekulative Annahme.
Angesichts dessen, daß schon die Psyche nur randlich der naturwissenschaftlichen Erklärung zugänglich ist, halte ich die Annahme, daß jenseits des naturwissenschaftlich Beschreibbaren etwas sei, für die sicherere.

Magie bewegt sich also IMHO keinesfalls in übernatürlichen Bereichen, eher in übersinnlichen.
Und was Deine Verwendung des "Natürlichen" betrifft...lass das nicht die isländischen Trolle hören^^

Maurice
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Do 28. Jun 2007, 23:27 - Beitrag #12

@Ana: Also habe ich dich richtig verstanden, dass du einen (wie ich es nannte) "gemischten Magiebegriff" benutzt? Oder ist es letztlich doch nur ein "schwacher Magiebegriff"? Ein starker ist es ja auf jeden Fall schon mal nicht...

@Jan:
Angesichts dessen, daß schon die Psyche nur randlich der naturwissenschaftlichen Erklärung zugänglich ist, halte ich die Annahme, daß jenseits des naturwissenschaftlich Beschreibbaren etwas sei, für die sicherere.

Willst du damit sagen, dass die Psyche derzeit wissenschaftlich nur oberfläschlich untersucht und erklärt wird oder dass dies prinzipell so ist? Bei ersteren bin ich mir schon nicht sicher, letzterem stimme ich aber keinenfalls zu.
Woher hast du die Belege, die eine priviligierte Perspektive über die Welt voraussetzt, die die der Wissenschaften überlegen ist?

Anaeyon
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Fr 29. Jun 2007, 00:29 - Beitrag #13

Nein, ich vertrete eher einen schwachen Begriff, in dem Sinne das es für mich keine übernatürlichen Dinge gibt. Ich glaube jedoch, bzw. bin mir sehr sicher, dass es natürliche Dinge gibt, von denen die Wissenschaft noch keine Ahnung oder zumindest keine Wege zur Überprüfung hat. Desweiteren glaube ich, dass der moderne Mensch die Fähigkeiten der menschlichen Sinne meist nur zu einem Bruchteil nutzt und wir mit gutem Training in der Lage wären, deeutlich feinfühliger zu sein. Dinge zu spüren, die man im Esolager als "feinstoffliche Energien" bezeichnet, die nicht übernatürlich sein müssen. (und mmn. auch nicht sind)

Desweiteren habe ich gestern schon versucht dir zu erklären, dass der Inhalt heidnischer Religionen, also "meiner" religiösen Ecke, nicht zwingend als übernatürlich interpretiert werden muss, und gerade ich es nicht tue.

Wenn ein Christ sagt, dass das, was in der Bibel steht, wörtlich so in der irdischen Welt passiert ist - z.b. die Wandlung von Wasser zu Wein - dann ist das für mich übernatürlich.
Wenn aber in der Edda (die NICHT die niedergeschriebene Glaubensbekenntnis der Asatruar ist, sondern nur eine Mythensammlung, btw.) steht, dass Baldur von einem Mistelzweig getötet wurde, weil dies der einzigste Gegenstand in den neun Welten war, dem nicht "magisch eingeredet" wurde, dass er Baldur nicht verletzen darf, dann ist das für mich nichts, was in der realen Welt passiert sein soll. Es ist für mich eine Geschichte, die man interpretieren kann - kein Tatsachenbericht.

Desweiteren meintest du ja, dass ich ein pantheistisches Götterbild habe, was dann, wenn ich richtig verstanden habe auch nicht über- sondern nur natürlich ist. Bild

-> Übernatürlich gibt es für mich nicht, aber es gibt noch vieles, was die Wissenschaft nicht kennt, was 0815-Mensch als übernatürlich empfinden würde, wobei es natürlich ist. Und diese Dinge können wohl begrenzt erfahrbar sein, zumindest fühlt es sich manchmal so an.

Maurice
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Fr 29. Jun 2007, 02:08 - Beitrag #14

Zitat von Anaeyon:Ich glaube jedoch, bzw. bin mir sehr sicher, dass es natürliche Dinge gibt, von denen die Wissenschaft noch keine Ahnung oder zumindest keine Wege zur Überprüfung hat.

Bisher keine Wege der Überprüfung oder generell keine?
Natürlich gibt es Fragen, die die Wissenschaft nicht prüfen kann, z.B. "gibt es eine Außenwelt?", da die Wissenschaftler (von ein paar ganz seltenen Exemplaren) diese Annahme schon immer voraussetzen. Ob es eine Außenwelt gibt, kann weder analytisch noch empirisch geprüft werden. Aber solche Fragen sind imo auch nicht wichtig, da niemand diese Frage überprüfen kann und nur praktische Gründe angeben kann, warum daran glauben sollte.
Dass es natürliche Dinge gibt, von der die Wissenschaft keine Ahnung hat, ist trivial. Darüber braucht man nicht zu diskutieren und das würde kein Wissenschaftler bestreiten. Sonst gäbe es ja auch nichts mehr, über das man forschen bräuchte.

Desweiteren glaube ich, dass der moderne Mensch die Fähigkeiten der menschlichen Sinne meist nur zu einem Bruchteil nutzt und wir mit gutem Training in der Lage wären, deeutlich feinfühliger zu sein.

Ich schätze, das würde auch fast niemand bestreiten. Aber auch das ist noch kein prinzipelles Argument gegen eine wissenschaftliche Perspektive.

Desweiteren habe ich gestern schon versucht dir zu erklären, dass der Inhalt heidnischer Religionen, also "meiner" religiösen Ecke, nicht zwingend als übernatürlich interpretiert werden muss, und gerade ich es nicht tue.

Dann haben wir schon wieder einen Ausdruck, den wir deutlich anders verwenden: "Religion" ^^*

Desweiteren meintest du ja, dass ich ein pantheistisches Götterbild habe

Das war ein Fehler meinerseits. "Pantheismus" (ich habe nochmal nachgeschlagen) steht normalerweise für einen Monotheismus, bei dem Gott entweder die Welt durchdringt oder mit der Welt identisch ist.

was dann, wenn ich richtig verstanden habe auch nicht über- sondern nur natürlich ist

Da weißt du mich natürlich auf ein begriffliches Problem hin. Es muss wohl ergänzt werden, dass wenn ich von "natürlich" spreche, immer ein materialistischer bzw. physikalistischer Naturbegriff vorausgesetzt wird (der aber nicht eine bestimmte Art von emergenten Eigenschaften ausschließen muss).

Übernatürlich gibt es für mich nicht, aber es gibt noch vieles, was die Wissenschaft nicht kennt, was 0815-Mensch als übernatürlich empfinden würde, wobei es natürlich ist.

Dann kann ich leider immer noch nicht ganz nachvollziehen, warum ihr so tut, als ob ihr es mit übernatürlichen Phänomenen zu tun habt. Ja, du hast mir Gründe dafür genannt, aber es will mir immer noch nicht so recht in den Kopf... Wenn doch alles letztlich mit der Wissenschaft vereinbar ist, warum dann Gläserrücken und Hexagramme zeichnen, statt Bücher über Psychologie und Neurologie zu lesen?
(Wie gesagt, du hast mir Gründe genannt, aber ich kann sie immer noch nicht ganz nachvollziehen.)

Anaeyon
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Fr 29. Jun 2007, 06:43 - Beitrag #15

Ich will doch gar nicht gegen die Wissenschaft diskutieren. Ich lehne sie nicht ab, ich beschränke mich nur nicht auf sie. Ich beschränke mich nicht auf Psychologiebücher, die sehen in Trance genauso eckig aus wie wach Bild

Ich schätze, das würde auch fast niemand bestreiten. Aber auch das ist noch kein prinzipelles Argument gegen eine wissenschaftliche Perspektive.


Doch, gegen eine ausschliesslich wissenschaftliche Sichtweise, in der irgendwelche Wissenschaftler Dinge erforschen und ich deren Ergebnisse dann annehme. Ich forsche lieber selbst, spüre das was ich fühle gerne, und weis, dass ich was spüre, was sich nicht wie ein Buch anfült ^^

Und ja, mein Religionsbegriff ist nicht der aus dem Duden, denke ich. Meine "Religion" sagt mir nicht, wie die Welt beschaffen ist, sondern wie ich sie erleben kann. Trivial gesagt.


Dann kann ich leider immer noch nicht ganz nachvollziehen, warum ihr so tut, als ob ihr es mit übernatürlichen Phänomenen zu tun habt. Ja, du hast mir Gründe dafür genannt, aber es will mir immer noch nicht so recht in den Kopf... Wenn doch alles letztlich mit der Wissenschaft vereinbar ist, warum dann Gläserrücken und Hexagramme zeichnen, statt Bücher über Psychologie und Neurologie zu lesen?


An der Stelle muss ich nun (nicht böshaft) fast lachen. Ist es nicht meine Sache, was ich in meiner Freizeit tue, was mir Spaß macht? Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Magie auch nur irgendwie zu bezeichnen, hättest du nicht nachgefragt.

Und nun mach dir mal Gedanken über Aktiv/Passiv in Verbindung mit "Bücher lesen" und "selbst was tun".

Noriko
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Fr 29. Jun 2007, 10:36 - Beitrag #16

Meine kleine Naive Vorstellung der Magie:
Zusammenfassung aller Aktiv hervorrufbaren Phänomene die zum Zeitpunkt des praktizierens nicht erklärbar sind.

Dies klingt furchtbar allgemein, ist es aber auch, und fußt vermutlich in meiner Vorstellung der Naturwissenschaft und der Naturgesetze die derer von Jan sehr widersprechen:

Mittels Naturwissenschaft und den Naturgesetzen kann man prinzipiell alles beschreiben und erklären, selbst wenn durch Zauberei ein Feuerball aus dem nichts erscheinen würde und einen Baum niederbrennt. Jedes reproduzierbare Phänomen muss einer Gesetzmässigkeit unterliegen, das eine bestimmte Aktion eine bestimmte Reaktion hervorruft, und sei es das das Sprechen bestimmter Worte mit passende Handbewegung ein Interdimensionales-Netz im Raumzeitgefüge in Schwingung versetzt wodurch sich in einem bestimmten Raumzeitpunkt eine Resonanz einstellt und deswegen Energie akkumuliert die schlussendlich zu einem Brennenden Ball führt.

somit würde ich sagen ich vertrete keinen echten Magiebegriff, denn alles was in dieser Welt passiert unterliegt Naturgesetzen, denn würde es das nicht tun,, würde es keiner natürlichen Gesetzmässigkeit unterliegen, währe es ein Produkt echten Zufalls, dessen Existenz ich bestreite. und nicht reproduzierbar, wenn wir das Phänomen nicht verstehen, haben wir nur noch nicht die richtigen Gesetze gefunden und die Richtige Methodik angewandt.

Ipsissimus
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Fr 29. Jun 2007, 10:44 - Beitrag #17

verzeih, Maurice, ist nicht negativ gemeint, aber manchmal kann ich mir den Eindruck nicht verkneifen, als benutzest du deine philosophischen Analysetechniken hauptsächlich dazu, "des Lebens pralle Fülle" von dir fernzuhalten bzw. in dir kommensurable Portionshäppchen zu zerlegen^^

Dann kann ich leider immer noch nicht ganz nachvollziehen, warum ihr so tut, als ob ihr es mit übernatürlichen Phänomenen zu tun habt. Ja, du hast mir Gründe dafür genannt, aber es will mir immer noch nicht so recht in den Kopf... Wenn doch alles letztlich mit der Wissenschaft vereinbar ist, warum dann Gläserrücken und Hexagramme zeichnen, statt Bücher über Psychologie und Neurologie zu lesen?


noch mal, Übernatürliches ist die Domaine der Religion und der Esoterik; die Magie hat es maximal mit Übersinnlichem zu tun (in dem Sinne, wie auch Intellekt oder Emotion übersinnliche Komponenten enthalten können - du siehst einen Gedanken normalerweise nicht vor dir spazierengehen). Diese Aussage betrifft allein die praktische Seite der Magie, ihre Techniken und Methoden, nicht die philosophische Fundierung.

Psychologie und Neurologie haben natürlich "gewonnen" gegen ihre ältere Schwester, zumindest im Mainstream. Dies liegt jedoch weniger an der Qualität der Ergebnisse, sondern an der Kommensurabilität der Ergebnisse für ein naturwissenschaftlich-technisches Weltbild und davon abgeleiteten Forderungen an die Lebensweise von Menschen.

Magie, zumindest weiße Magie, geht im Vergleich zu ihren jüngeren Geschwistern gestalthaft vor, sie reduziert Menschen nicht auf Messwerte, überprüft nicht Soll-Ist-Abweichungen von Normwerten, sondern nimmt die Ausgangssituationen eines Menschen auf allen Ebenen ernst. Geht man zu einem Magier, weil man nachts Angstzustände hat, wird man nicht mit ein paar Pillen gegen Schlafstörungen abgewimmelt, der Magier hilft einem, die Angst zu integrieren und die Angstzustände auf diese Weise zu überwinden. Das kann manchmal Jahre dauern, daher gehen moderne Menschen nicht zum Magier, denn nur die Pille garantiert das schnelle Weiterfunktionieren. Nur dass nach ein paar Jahren sich beim modernen Menschen die Angstpsychose trotz aller Pillen und Dosissteigerungen verselbständigt hat, während der Mensch, der zum Magier ging, davon frei geworden ist.

Der letzte Absatz ist ein bisschen plakativ dargestellt, nur um den prinzipiellen Unterschied deutlich zu charakterisieren; versucht vielleicht, den inhaltlichen Unterschied zu erfassen und geht vielleich wohlwollend über die Zumutungen der Stilisierung hinweg^^

Man kann den Unterschied auch weniger plakativ darstellen: in Psychologie, Neurologie und Psychiatrie bist du Rezipient einer Behandlung. In der Magie bist du Akteur einer Neuordnung. Damit soll nicht abgestritten werden, daß es vor allem in der Psychologie inhaltlich durchaus ernstzunehmende Konkurrenten für magische Praktiken gibt - wenn man mal davon absieht, daß die meisten "modernen" psychologischen Techniken unter anderem Namen und mit anderem Begründungszusammenhang seit Urzeiten Elemente magischer Praktiken sind.


Davon abgesehen ist Gläserrücken ein mögliches Verfahren, um Kontakt mit dem eigenen Unterbewußtsein herzustelen, und Hexagramme dienen nicht zur Beschwörung übernatürlicher Wesenheiten, sondern als Konzentrationshilfen bei besonders schwierigen Imaginierungen^^ in der praktischen Magie geht es um Praxis^^

Feuerkopf
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Fr 29. Jun 2007, 12:07 - Beitrag #18

Ehrlicherweise habe ich mir über verschiedene persönliche Erfahrungen noch nie Gedanken gemacht, ob sie im weitesten Sinne mit "Magie" zu tun haben, so wie Ana und Ipsi sie beschreiben.
Ich habe Pendel oder Tarotkarten immer als Mittel begriffen, mit meinem Unbewussten zu kommunizieren und die gelegentlich zutreffenden Zukunftsprognosen als willkommen hingenommen. Esoterischer Schnickschack ist mir suspekt. ;)
Auf Anregung einer Freundin habe ich angefangen, bei Bedarf - und hier bitte nicht lachen, sondern mal ausprobieren ;) - am Zielort einen Parkplatz zu imaginieren. Seither klappt es in 99 % aller Fälle. Ohne Quatsch. Alles eine Frage der rechtzeitigen Imagination.
Über meine Klartraumerfahrungen habe ich schon bei Gelegenheit berichtet. Sie bieten auf jeden Fall ein sinnliches Erleben, das deutlich anders ist als im Wachzustand. Wer mal durch eine Glasscheibe gefasst hat oder eine Holztür durchdrungen hat im Wachtraum, weiß das. Out-of-body-Erfahrungen sind auch ganz speziell.
Ich hätte keine Probleme damit, wenn man sie physiologisch belegen und erklären könnte, denn über-sinnliche Erfahrung und eine mögliche wissenschaftliche Erklärung schließen sich m.E. nicht aus.
Ich bin sehr untrainiert in diesen Dingen und habe auch nur mäßiges Interesse, meine Kenntnisse zu vertiefen, weil der Alltag die meiste meiner Zeit beansprucht. Mir ist aber auch klar, dass ich nur einen kleinen Teil meines Potenzials nutze.
(Vielleicht sind Frauen hier pragmatischer als Männer, weil wir tendenziell Magie gegenüber aufgeschlossener sind?;) )

Ipsissimus
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Fr 29. Jun 2007, 12:27 - Beitrag #19

Feuerkopf, meiner Ansicht nach hat das, was du beschreibst, schon mit Magie zu tun, auch Pendel und Tarot müssen nicht zwangsläufig Mantik sein, sondern können auch in der magischen Praxis angewendet werden. Imaginierungen wie die mit dem Parkplatz gehören zum magischen Standard (gelten aufgrund ihrer Intention aber meist schon ein bißchen als "grau"^^), und luzides Träumen oder Klarträumen ist eine uralte magische Technik, deren kontrollierte Anwendung bzw. Hervorrufung Teil der mittleren Weihen ist.

ps ich imaginiere z.B. ständig, daß an einer starkt befahrenen Hauptverkehrsstraße, auf die ich von der nachgeordneten Straße kommend linksabbiegend auffahren muss, immer dann, wenn ich gerade mit dem Auto komme, eine Verkehrslücke auf beiden Fahrbahnhälften ist, so daß ich ohne Pause auf die Hauptstraße komme. Ich fahre diesen Weg jeden Tag zur Arbeit, und es klappt in über 90% der Fälle.

Maurice
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Fr 29. Jun 2007, 20:40 - Beitrag #20

@Ana:
Ist es nicht meine Sache, was ich in meiner Freizeit tue, was mir Spaß macht?

Ich wills dir ja auch nicht direkt verbieten - wäre ich doch gar nicht in der Lage, dich daran zu hindern. Aber du erlaubst mir doch, deine Aktivitäten zu hinterfragen, oder? ;)

Und nun mach dir mal Gedanken über Aktiv/Passiv in Verbindung mit "Bücher lesen" und "selbst was tun".

Was soll ich mir da groß Gedanken machen? Ich bin kein Physiker und ich will weder die Zeit investieren, noch glaube ich das nötige Talent dafür zu haben, Physiker zu werden und selbst Physik zu betreiben. Deshalb werde ich mich darauf beschränken, Physikbücher zu lesen, wenn ich was über Physik erfahren möchte. Wie sollte ich auch als Laie ordentlich Physik betreiben?
Es wäre ineffizent alle für mich interessanten Fragen selbst zu beantworten. Ich denke über meine Fragen selbst nach und suche nach Ergänzungen und Anregungen in anderen Büchern, wo andere Menschen nachgedacht und geforscht haben. Es wäre völlig ineffizenz selbst nochmal jede psychologische, biologische usw. Frage zu überprüfen.
Was soll ich also anders machen?

@Nuriko: Hach, ist das angenehm mal zur Abwechslung ein paar Zeilen gemäß eines starken Naturalismus zu lesen. Da fühlt man sich mit einem Schlag nicht mehr ganz so allein mit seinen Ansichten. ^^

@Ipsi: Welches "pralle Leben" verpasse ich denn? Ich sehe was, was du auch siehst, aber du siehst angeblich Dinge, die ich nicht sehe. Wer wäre da nicht erstmal skeptisch? Ok, ich habe Meditation noch nie praktiziert. Auf Anraten habe ich mal versucht, einfach stil dazusitzen, nur auf meine Atmung zu achten und an sonst nichts zu denken. Es war grauenhaft! Schon nach wenigen Augenblicken wurde ich ganz unruhig, weil ich mich geistig völlig unterfordert gefühlt habe. Ich will immer irgendwas zu tun haben. Aber mal angenommen, mir gelänge das Geforderte und ich würde einen Zustand erleben, den ich vorher noch nicht kannte. Während manche in so einer Situation nun meinen, sie hätten die Unendlichkeit oder das Nichts berührt oder wären gar eins mit dem Kosmos geworden, würde ich diesen Zustand damit erklären, dass bestimmte Bereiche meines Gehirns eine zeitlang mehr und andere weniger aktiv waren und dies zu einer veränderten Wahrnehmung geführt hat. Kein Grund also die wissenschaftliche Perspektive in Frage zu stellen, nur weil gewisse Hirnregionen anders gearbeitet haben, als sie es sonst getan haben. Jegliche ant-wissenschaftliche Erklärung ist überflüssig. Ok, wer nichts von Ockhams Rasiermesser bzw. dem Ökonomieprinzip hält, für den wird das kein Grund sein, auf die eigentlich überflüssigen Beschreibungsformen zu verzichten. (Damit will ich nicht sagen, dass nur wissenschaftliche Beschreibungsformen legitim sind, sondern habe mich lediglich gegen diese ausgesprochen, die mit ersteren grundsätzlich unvereinbar sind.)

noch mal, Übernatürliches ist die Domaine der Religion und der Esoterik; die Magie hat es maximal mit Übersinnlichem zu tun

Das ist DEINE Definition. Meine Definition sieht anders aus. Und der comon sense, manifestiert in den Lexika, legen meinen Gebrauch der Ausdrücke nahe, will man sich in seiner Ausdrucksweise um Allgemeinverständlichkeit bemühen. Klar jeder kann seine spezielle Privatsprache sprechen, dann braucht er sich aber nicht zu wundern, dass er missverstanden wird. Sich beim Gebrauch der Wörter an dem der Mehrheit zu orientieren, allein um der Ordnung der Sprache entgegegen zu kommen, würde ich fast schon ein Gebot der praktischen Vernunft bezeichnen. Aber nur fast, da ich mittlerweile immer mehr daran zweifle, ob es überhaupt soetwas wie eine Vernunft gibt...
Aber um noch ein anderes Argument gegen deine Definition von "Magie" zu bringen: Bestimmte wissenschaftlich untersuchte Dinge sind für unsere Sinne nicht greifbar, so z.B. Quarks und Leptonen, die (wenn ich mich nicht schwer irre) sinnlich für uns nicht wahrnehmbar sind, sondern nur indirekt nachgewiesen werden können. Nach deiner Defintion wären Quantenphysiker also Magier, weil sie sich mit sinnlichen nicht direkt zugänglichen Entitäten beschäftigen...

@Ängste: Ich würde erstmal versuchen, mein Problem allein (bzw mit Menschen aus meiner direkten Umgebung) zu lösen. Wenn ich das nicht schaffen würde und es mich sehr belasten würde, würde ich zu einem Psychologen gehen. Aber bestimmt nicht zu einem Schamanen, der um mich rumtanzt, mit Hühnerklauen um mich herumfuchtelt und mir sagt, ich solle Pulver aus getrockneten und zerriebenen Tigerpenis schlucken. Wie sollte SOWAS helfen? Ach so stimmt ja, Zuckerwasser hilft ja auch bei manchen Menschen, solange sie nur daran glauben. :rolleyes:

@Imaginierung: Wenn diese Technik so erfolgreich ist, dann imaginier mal fleißig, dass ich von meiner defizitäten Weltsicht loskomme. Mal sehen, ob deine Magie funktioniert. :P

@Feuerkopf und Parkplatz: Ich vermute hier erstmal ein Fall von voreingenommener Statistik. Führe doch mal ab jetzt ganz genau Buch über deine Erfolge der Parkplatzsuche mit dieser Technik und ohne diese Technik. ;)

Ich habe Pendel oder Tarotkarten immer als Mittel begriffen, mit meinem Unbewussten zu kommunizieren und die gelegentlich zutreffenden Zukunftsprognosen als willkommen hingenommen.

Dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden. Wenn dir das hilft, mach ruhig weiter damit, du bist dir ja bewusst, dass es nur darum geht, unbewusste Aspekte auszudecken und du kommst dabei völlig ohne unwissenschaftliche Zusatzannahmen darauf.

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