"Wenn ich ein guter Schauspieler bin, dann hat das mit meiner Wahrnehmungsfähigkeit Menschen gegenüber zu tun."
Bruno Ganz
Das ist doch schon mal eine Aussage, die recht einleuchtend ist. Ich finde, dass gutes Schauspiel kaum anders, als über ein Kopieren durch Beobachtung gehen kann. Auch bei Rollen, die man im Alltag spielt, hängt es von der eigenen Wahrnehmung den Menschen gegenüber ab, mit denen man zu tun hat.
Diese Alltagsrollen haben schließlich viel damit zu tun, wie man in einer gesellschaftlichen Gruppe angenommen und akzeptiert wird. Man könnte es auf die Spitze treiben und sagen, wer sich nicht anpaßt und sich nicht als kleines Zahnrad ins Getriebe des Systems einfügt, der wird zermalmt.
Viele Rollen hängen also mit dem äußeren Anpassungsdruck zusammen und am glücklichsten sind wohl jene, die in der gegebenen Rolle nur wenig von ihrem wahren Selbst aufgeben müssen. Das kann auch bedeuten, dass man in der Darstellung von Anderen mit großer Freude aufgeht, weil man ein empathischer Schauspieler ist.
Ob es eine schauspielende Person wohl leichter hat, weil sie den Menschen das geben kann, wonach sie sich sehnen, nicht nur im Beruf, sondern auch in der Liebe?
Nur was geschieht, wenn die Rolle nicht mehr reicht, um Konflikte zu vermeiden und der Druck zwischen der inneren Leere und dem äußeren Zwang zu groß wird?
Soviel ich weiß, lassen sich schwarze Löcher nicht stopfen.
Die Frage, die ich mir hier stelle, ist, wie kann eine so unsichere Person Sicherheit erlangen? Ich glaube, dies kann nur auf einer Reise in die geistige Vergangenheit dieser Person geschehen. Natürlich nur dann, wenn es auch einen Leidensdruck gibt. Möglicherweise gibt es den ja garnicht.
Die Gesellschaft:
Soziopathische Strippenzieher und ihre
komplex traumatisierten Rollenspieler.
Nee, das Letzte war jetzt zu schwarz-weiß.
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EDIT: Ipsissimus hat gerade noch etwas geschrieben und ist meinem Posting zuvor gekommen, etwas, worauf ich hier noch etwas einfügen möchte.
Ich würde nämlich nicht meine natürlichen und ungezwungenen unreflektierten Reaktionen als Rollen bezeichnen, selbst wenn sie tatsächlich verinnerlichte Rollen sein sollten. Täte ich dies hinterfragen, so würde ich allgemein auch die Existenz eines Ichs für Menschen in Frage stellen. Philosophisch sicher interessant, aber im Alltag vielleicht nur für praktizierende Buddhisten relevant.
Gibt es ein nicht anerzogenes Urverhalten? Wenn man dieses Verhalten einer leeren Mitte unterwirft, ist dann jenes Gleichgewicht aus der Leere eine Rolle oder das Urverhalten?
Oder ist es pragmatischer jenes anzueignen, das einem letztendlich besser bekommt?