Glück ist...

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janw
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Do 11. Okt 2007, 02:23 - Beitrag #1

Glück ist...

Glück ist, seinen Anlagen gemäß gebraucht zu werden.

Diesen Satz hat Senta Berger jüngst in einer talkshow zitiert und als grundlegende Position der Frauen in der 68er Zeit hingestellt.

Abgesehen davon, daß der Satz mir in gewisser Weise gefällt - wobei ich darüber noch etwas nachsinnen muss - möchte ich mal fragen, ob dieser Satz auch anderen aus der Zeit bekannt ist, was er impliziert und ob er wirklich so einen feministischen Hintergrund hat.
Was bedeutet außerdem "Glück" für Euch, oder würde es für Euch bedeuten?

Maurice
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Do 11. Okt 2007, 11:04 - Beitrag #2

Dem Ausdruck "Glück" in deinem Zitat liegt ein objektiver Glücksbegriff zu Grunde, d.h. "Glück" wird über bestimmte objektive Faktoren definiert, die unabhängig von Lust- und Unlust-Gefühlen und der Verwirklichung von persönlichen Wünschen sind. Beispiel: Glücklich ist man, wenn man ein Heim, eine Familie und eine Arbeit hat, man gesund und frei ist. Das wäre ein objektiver Glücksbegriff, weil nach dieser jemand "glücklich" zu nennen wäre, obwohl seine persönlichen Wünsche nicht erfüllt wären und trotz der genannten Güter traurig und freudlos wäre.
Entsprechend definiert die Wunschtheorie "Glück" als die Erfüllung von Wünschen (auch wenn sie zu keinen positiven Emotionen führen) und die hedonistische Glückskonmzeption als positiven emotionalen Zustand (manche sprechen diesbezüglich von "Lust" andere von "Freude", "Zufriedenheit" oder "Lebensfreude").
Das nur mal als groben Überblick zu der grundsätzlichen Einteilung von Glücksbegriffen. (Ich bezog mich dabei auf Bernward Gesangs "Eine Verteidigung des Utilitarismus".)
Ich finde ja, man könnte auch die Wunschtheorie mit zu den objektiven Glücksbegriffen rechnen und somit nur zwei grundsätzliche Fälle von Glücksbegriffen unterscheiden, aber wie man die Konzepte nun einteilt, ist zweitrangig.

Ich selbst habe einen hedonistischen Glücksbegriff, also für mich hat "Glück" immer etwas mit positiven Emotionen zu tun. Es gibt imo qualitativ unterschiedliche Glücksformen, die sich aber in bezug auf ihren Wert nur durch ihre Quantität bestimmen. Ich stimme damit weder den Philosophen zu, die behaupten, jede Form des Glücks ("Lust", "Freude" oder wie man es bezeichnen mag) sei von der Form her gleich und nur in ihrer Quantität verschieden (vgl. Bentham), noch denen die behaupten, dass es qualitativ unterschiedliche Glücksformen sind, die auch einen je eigenen Wert besitzen, sodass eine geringere Menge an hochwertigeren Glück immer mehr Wert sei als eine höhere Menge weniger wertvolleren Glück (vgl. Mill).
Ich meine, es fühlt sich auf eine andere Art gut an, ein schmackhaftes Essen zu essen, ein heißes Bad zu nehmen, einen lustigen Film zu sehen, klassische Musik zu hören usw. aber was davon besser ist, entscheidet sich an der Menge des erzeugten Glückes. (Bzw. wenn ich genau sein will, ist das als besser einzuschätzen, was strukturell mehr Glücksgefühle bewirkt, weil man dadurch darauf schließen kann, dass damit mehr Bedürfnisse befriedigt wurde - der Wert einer Sache für ein Wesen hängt nicht von der erzeugten Glücksmenge ab, sondern an der Effektivität der Bedürfnisbefriedigung, also am Nutzen.)

@Zitat: Mir gefällt er ganz gut, auch wenn ich ihn gemäß meiner Glückskonzeption etwas abändern müsste: "Seinen Anlagen gemäß gebraucht zu werden, trägt in der Regel zur strukturellen Glücksmaximierung des Gebrauchten bei."
Ich kann mir diese Aussage in einem feministischen Kontext vorstellen, aber sie lässt sich genauso auf die Männer (vielleicht heute mehr denn je) anwenden.

Milena
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Do 11. Okt 2007, 14:15 - Beitrag #3

..den Glücksbegriff hast du sehr schön beschrieben Maurice...^^:)

so sehe ich es auch,
nur das zitat, das gefällt mir nicht besonders...
v.a. tue ich mir schwer mit dem `gebraucht werden`...
klingt nach gegenstand, abgenützt und verbraucht....^^

im ersten augenblick dachte ich, dass Fr. Berger doch schauspielerin ist,
und mit ihren anlagen, ihre schausp. fähigkeiten gemeint haben könnte...bzw.
ihr talent dazu.....
und dann wäre es natürlich schon ein glück, dass diese voll zur geltung, bzw. zum einsatz kommen...(siehe filmproduktionen usw.)^^.....
was bei ihr ja bis heute noch der fall ist.....
aber was das jetzt speziell mit der 68er zeit zu tun hatte,
das weiss ich leider nicht...^^

für mich würde ich das zitat umformulieren:
Glück ist, seinen Anlagen gemäss jemanden zu finden...^^;)

Lykurg
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Do 11. Okt 2007, 15:40 - Beitrag #4

Ich sehe als Nachgeborener nicht so recht, worin das Feministische oder 68erspezifische dieser Aussage liegt - vermutlich, weil ihr Inhalt des Ideals einer Selbstverwirklichung ohne geschlechtsspezifische Rücksichten eben Teil des allgemeinen Bewußtseins geworden ist. Allerdings hätte genausogut vor '68 eine sehr konservativ denkende Person sagen können, die Anlagen der Frau seien eben im Wesentlichen der Führung des Haushalts und Aufzucht des Nachwuchses dienlich und ihr Glück in der Verwirklichung dieser Anlagen gelegen.

Ich finde ähnlich wie Maurice (jedenfalls wie ich ihn verstehe) einen objektiven Glücksbegriff wie diesen problematisch, der sich zwangsläufig so stark von der Masse der Innensichten unterscheidet... Selbstverwirklichung kann als eine Voraussetzung zum Glücklichsein gewertet werden; und tatsächliche Selbstverwirklichung mag ein Glücksfall sein, aber daß sie tatsächlich schon Glück beinhalte - nein.

Maglor
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Do 11. Okt 2007, 16:03 - Beitrag #5

Glück ist es, wenn man Glück empfinden kann. :P
Ich denke Selbstverwirklichung ist nicht unbedingt für jeden der Weg zum Glück. Vielmehr ist es doch so, dass jeder einen anderen Weg zum Glück findet oder besser sucht. Beim Glücklichsein geht es nicht darum etwas zu haben, ich rede hier nicht nur von Besitz sondern auch von Gesundheit, Beziehungen, "Gebraucht-Werden" usw, sondern darum sich dessen bewusst zu sein.

In einem Dorf lebte ein armer Bauer und dessen Sohn. Sie besaßen nur ein einziges Pferd. Eines Tages war es weggelaufen. Welch ein Unglück, sagten die Leute im Dorf, das einzige Pferd ist weggelaufen. "Ist es Glück oder Unglück, wer weiß?", sagte ihnen aber der Bauer.
Nach einigen Tagen kehrte das Pferd urplötzlich zurück und führte ein ganze Herde Wildpferde mit sich. Welch ein Glück, sagten daraufhin die Dorfbewohner. "Ist es Glück oder Unglück, wer weiß?"
Der Sohn ritt nun die wilden Pferde ein, stürtze, brach sich mehrere Knochen und wurde zum lahmen Krüppel. Welch ein Unglück, sagten da die Dorfbewohner. "Ist es Glück oder Unglück, wer weiß?"
Kurze Zeit später kamen Soldaten ins Dorf und zwangen alle junge Männer zum Kriegsdienst, nur nicht den lahmen Bauernsohn. Welch ein Glück für ihn, sagten da die Dorfbewohner. "Ist es Glück oder Unglück, wer weiß?"...

Es kommt nicht so sehr auf die Umstände sondern vielmehr auf die Einstellung an. Dumm und glücklich heißt es ja oft. Netter klingt vielleicht naiv. Tja, selig sind die, die geistig arm sind, denn ihnen gehört das Himmelreich. :crazy:
Man müsste nur dumm genug sein, um zu zufrieden zu sein.
MfG Maglor :rolleyes:

Maurice
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Do 11. Okt 2007, 16:52 - Beitrag #6

Jan, passt der Thread nicht eher in die Philo-Sektion? Ist ja eine Ethik-Diskussion, die wir hier veranstalten.

@Milena: Ich stimme dir zu, das "gebraucht werden" hat einen negativen Beigeschmack. Wie wäre es stattdessen damit: "Es ist (im Normalfall) dem eigenen Glück förderlich, wenn man die Arbeiten verrichtet, die dem eigenen Charakter entsprechen, also das tun kann, was einem interessiert und was man gut kann."
Ich schätze, dass soll das Zitat aussagen, wobei es leider nicht den optimalen Ton getroffen hat. :)

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Do 11. Okt 2007, 22:52 - Beitrag #7

Noch ist das Thema nicht in der Philosektion verschwunden, also darf ich ganz unwissenschaftlich, aber nicht weltfremd antworten:

Ich stehe auf dem Standpunkt, dass Glück eine Momentaufnahme und kein länger andauernder Zustand ist und auf vielfältigste Art und Weise hervorgerufen werden kann.

Wie sagte Charlie Brown:
"Glück ist ein warmer junger Hund." :)

Padreic
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Do 11. Okt 2007, 23:19 - Beitrag #8

@Maglor: schöne Geschichte.

@Maurice: ich bezweifle, dass das Eingangszitat von janw eine Definition des Begriffs Glück bieten soll. Er ist vermutlich eher so gemeint, wie du ihn am Ende deines ersten Beitrags umformuliert hast; der Sprachästhetik und Kürze wegen (und weil zumindest mir, glaube ich, dabei genauso klar ist, was gemeint ist) ziehe ich jedoch die ursprüngliche Formulierung vor ;).

Auf die Frage von janw (ich denke, er fragte nicht nach einer Definition) weiß ich leider keine Antwort. Was gewissermaßen traurig ist - andererseits aber auch wieder nicht, weil ich darüber lächeln kann und Geduld habe.

Rosalie
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Fr 12. Okt 2007, 00:49 - Beitrag #9

Feuerkopf, da kann ich Dir nur zustimmen. Glück als Dauerzustand gibts nicht. Glück ist imo immer damit verbunden, einen momentanen Augenblick in sich aufzunehmen, zu genießen, sich dessen bewußt zu werden (leider manchmal erst im nachhinein - aber ist es dann noch Glück?). Auslöser für diese Emotionen können so differenziert sein, wie es die Menschen sind, die auf diesem unserem Planeten dahinschwirren oder - leben.

Sicher, wenn man seine Talente einsetzen kann, diese event. zu seinem Hobby oder idealerweise zu seinem Beruf in der Lage zu machen ist, kann dies in eine positive Grundstimmung (Ausgeglichenheit?) versetzen. Aber ich vermute mal, auch hier ist dies von Mann zu Mann und von Frau zu Frau verschieden.

Glück kann der Blick in die Augen des geliebten Menschen sein, kann das Genießen eines Konzertes sein, kann ein gutes Gespräch bedeuten, ein gut zubereitetes Essen, ein spannendes Buch, Zärtlichkeiten ... und für manchen vielleicht der Sieg "seiner" Fußballmanschaft oder ein frisch Gezapftes ....

janw
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Fr 12. Okt 2007, 02:42 - Beitrag #10

Nun, ich hab bewusst etwas über den Hintergrund des Zitats im Dunkeln gelassen, um die Diskussion nicht gleich zu anfang sich in anderen Fragen verheddern zu lassen.
Senta Berger hat den Glücks-Satz in der talkshow bei Kerner mit Eva Herman gesagt, und zwar in folgendem Zusammenhang:
Es gab einen Satz, den hatten wir Frauen, dieser Generation damals, uns auf die, wie soll man sagen, wir haben ja keine Manifeste veröffentlicht – einfach eine veröffentlichte Meinung – und die hieß: „Glück ist, seinen Anlagen gemäß gebraucht zu werden.“

Und dieser Satz war dringend notwendig damals. Und wenn wir heute sehen, was daraus entstanden ist, wie viele Studentinnen in den Sälen der Universitäten sitzen. Wieviel Ärztinnen es mittlerweile gibt, wie viele Journalistinnen. Wie die Frauen sich eine Welt erobert haben, die Ihnen zusteht


Mir ist dieser Satz meiner Erinnerung noch nie untergekommen, und ich finde ihn im 68er-Zusammenhang in zweifacher Hinsicht interessant:
1. Der Glücksbegriff wird hier mit einer Wertstiftung durch Gebrauchtwerden gekoppelt und auf eine soziale Ebene gehoben.
Der Begriff des Gebrauchtwerdens erscheint mir recht ambivalent zu sein.
2. Der Glücksbegriff steht damit in einem Spannungsverhältnis zu dem, was verbreitet als das Ideal der Zeit angesehen wird, nämlich Selbstverwirklichung, genau genommen weist das Zitat einen Widerspruch in seinem Verhältnis dazu auf. Man lese die Selbstverwirklichung als Selbst-Verwirklichtwerdung - eine interessante neue Sicht auf diesen Begriff.

Zu 1.: Gebrauchen, gebraucht werden hat im allgemeinen Sprachgebrauch eine deutlich utilitaristische Konnotation, es steht, wie Milena andeutet, sinnverwandt für "benutzen". Ein Mensch, der in diesem Sinne von einem anderen "gebraucht" würde, wäre für diesen ein nützliches "Werkzeug", Erfüllungsgehilfe, wertvoll und glücklich nur so lange er eben nützlich, "verwendbar" wäre.
Die Einschränkung durch "seinen Anlagen gemäß" weist für mich jedoch auf eine andere Bedeutungsnuance, welche vor allem im Spanischen hervor tritt - "querer" bedeutet "brauchen", gleichzeitig aber auch einen Ausdruck für "lieben", hängt also eng mit Wertschätzung zusammen.
So gesehen verstehe ich den Satz so, als sei es Glück, wertgeschätzt, als wertvoll wahrgenommen zu werden, und zwar nicht wegen mehr oder weniger begrenzter Nützlichkeit, Brauchbarkeit für den Wertschätzenden, auch nicht wegen irgendeines Merkmals einer Gruppe, zu der Wertgeschätzter gehört (also, weil Wertgeschätzte eine Frau ist und Frauen als gut brauchbar angesehen werden, um Kinder groß zu ziehen und für ein warmes Mittagessen zu sorgen, sondern aufgrund dessen, was den Wertgeschätzten selbst ausmacht, seine individuellen Anlagen, "Gaben".
Ich denke, gerade in dieser Focussierung auf die individuellen Anlagen, "Gaben" eines Menschen gegenüber der damals gängigen schematischen Gruppenzuordnung - Mann/Frau und Untergliederungen - liegt das Neue dieses Glückbegriffes in seiner Zeit, in der es nun endlich als relativ gleichgültig gelten konnte, welchen Geschlechts oder Gruppenzugehörigkeit ein Mensch war. Wenn nun endlich seine Gruppenzugehörigkeit einen Einzelnen betreffend gleichgültig war für seine Wertgeschätztwerdung, war dies demnach "Glück".

Zu 2.: Ein tradierter Satz lautet "Jeder ist seines Glückes Schmied". Jeder wird damit als für sein Wohlergehen, was hier wohl mit "Glück" gleichbedeutend ist, im Wesentlichen allein verantwortlich bezeichnet, würde man Glück als eigenen Begriff neben dem Wohlergehen auffassen, wäre jeder zudem allein verantwortlich, seinem wie auch immer gearteten Zustand ein Glücksempfinden abzugewinnen.
Nun ist zur Zeit der Entstehung dieses Satzes Wohlergehen sicher vor allem materiell gemeint gewesen, dennoch habe ich den Eindruck, daß dieser Satz im Begriff der Selbstverwirklichung fortlebt, gewissermaßen erweitert auf das Haben im Sinne von Anlagen, "Gaben".
Selbstverwirklichung erscheint mir so gesehen ein Begriff der Macher, ein vorwiegend maskuliner Begriff

Hier liegt nun eine Schwierigkeit in Bergers Zitat, denn der Begriff des "gebraucht werdens", mit der Beschwerung durch die wertstiftenden Anlagen, weist sehr deutlich auf eine soziale Dimension, Glück entsteht aus dem Faktum einer bestimmten Interaktion mit einem anderen, nicht aus einer Selbst-Darstellung oder -Umsetzung, -Verwirklichung durch den Betreffenden selbst. "Selbst-Verwirklichtwerdung" könnte man dies nennen.
Andererseits weist der zweite Teil des Zitats genau in die andere Richtung, in eine individualistische, nach der jeder durch Umsetzung seiner eigenen Anlagen, "Gaben" sich selbst brauch-bar und damit beglück-bar macht - und zwar in herkömmlicher maskuliner Weise: Berger spricht von "Eroberung" einer Welt durch die Frauen, einer Welt, die den Frauen zustehe.

Das rührt an der Frage, ob die Emanzipation der Frau wirklich etwas Neues geschaffen hat, einer alternativen, "femininen" Weltsicht und Umgangsweise mit Problemen und Gegenständen bahn gebrochen hat, oder ob nicht doch die vielfach konservativen Kritiker der Emanzipation recht haben, die ausschließlich "Mann-Weiber" sehen - die es, so der konservative Duktus, aber doch nicht so gut können wie die Männer, und deshalb doch lieber in ihre eigentliche Domäne zurückkehren sollten.

Maurice, ich hätte es beinahe in den Philo-Bereich gepackt, aber die Fragen der zeitlichen Einbindung und Bedeutung des Zitats geben dem Thema doch eher eine gesellschaftlich-zeitgeschichtliche Note - zu der Deine Darstellung der Glückstheorien aber viel beigetragen hat :)

Aydee
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Fr 12. Okt 2007, 09:31 - Beitrag #11

Und was ist nun für dich Glück, Jan?


Ich seh's so ähnlich wie Feuerkopf/Rosalie: Glück sind Momente in denen "es einfach stimmt". Diese Momente sind so verschieden und sie dauern nie an.

Dein Glücks-Zitat von Frau Berger ist mir so aus dem Zusammenhang unsympathisch, deine Erläuterungen helfen es zu verstehen, aber sympathischer wird es mir damit auch nicht ,-)

Ipsissimus
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Fr 12. Okt 2007, 10:15 - Beitrag #12

imo liegt dem Berger-Zitat eine sehr "erwachsene" Glücksvorstellung zugrunde, die weitgehend von persönlichem Glücksempfinden abstrahiert. Die Frau scheint von der Einsicht auszugehen, dass es keinen wesentlichen anderen Grund dafür gibt, weswegen Menschen in ihren Sozietäten geduldet werden, als dass sie gebraucht werden. In einem solchen Kontext ist es dann natürlich ein Glück für den einzelnen, wenn er/sie so gebraucht wird, wie er/sie selbst gerne gebraucht werden wollte; viele haben diese Wahl nicht, und schon gar nicht die Frauen in Deutschland in der Vor-68er-Zeit, in der sie mehr oder weniger selbstverständlich an Küche und Kind gebunden wurden, egal ob sie wollten oder nicht.

Von daher glaube ich nicht, dass die Berger mit ihrem Satz auf ein emphatisches Glücksempfinden rekurrieren wollte, sondern dass sie lediglich darauf hinwies, das alles sehr viel schlimmer sein könnte, dass mensch gezwungen sein könnte, gegen sein eigenes Wollen leben zu müssen. Sie sprach sozusagen vom Seinshintergrund der Dinge, während emphatisches Glücksempfinden eher eine Blüte ist, die vor diesem Seinshintergrund gedeien kann oder eben nicht, je nach dem, wie der Hintergrund gestaltet ist. Von daher ist "Glück" vielleicht das falsche Wort, das sie verwendet hat, geigneter wäre vielleicht "leidminimierend" oder auch "Zufriedenheit"

Glück besteht für mich darin, den vollen Gehalt eines Augenblicks zu erfassen und auszuhalten.

Aydee
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Fr 12. Okt 2007, 10:27 - Beitrag #13

Zitat von Ipsissimus:Glück besteht für mich darin, den vollen Gehalt eines Augenblicks zu erfassen und auszuhalten.

Dann kann jeder Augentblick ein Glück(smoment) für dich sein.....? :|

Maurice
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Fr 12. Okt 2007, 10:58 - Beitrag #14

Feuerkopf, auch i nder Philo-Sektion darfst du unwissenschaftlich posten - oder gibts da eine Forumsregel, die ich nicht kenne und das verbietet? ;)
Zumindest ich schreibe hier nicht anders als in der Philo-Sketion bei so einem Thema.

@Jan: Bevor ich inhaltlich auf die ein oder andere Aussage hier eingehe, würde ich doch gerne wissen, wo du gerne den Schwerpunkt des Threads hättest: Glückskonzepte, Zitatinterpretation, Frauenbewegung? Wir können auch alle Themen sehr oberfläschlich bereden, aber dein sehr ausführlicher Post, lässt sich vermuten, dass du lieber detailierter über die Frauenbewegung diskutieren möchtest. Wenn das der Fall, ist es ot, wenn wir hier nun ausführlich diskutieren, ob Glück immer nur momentan möglich ist oder auch dauerhaft sein kann, ob es verschiedene Glücksqualitäten gibt, was es braucht um glücklich zu sein usw.

Milena
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Fr 12. Okt 2007, 13:22 - Beitrag #15

...ich tue mir ein bischen schwer hier
das Glücksgefühl in Betrachtung einer Momentaufnahme zu sehen.....

ich für mich würde das nicht als ein Glück bezeichnen,
solche Augenblicke gehen tiefer, tief ins Herz und sind bezeichnend für die Liebe....
sei es die Liebe zur Natur, zu Lebewesen, zu sich selbst......

Glück sehe ich eher als einen Dauerzustand an, so denn man das Gefühl für sich ausmachen kann...
also ich bezeichne es als ein Glück, das ich da bin, wo ich jetzt stehe
(als Lebensumfang betrachtet)...
es ist ein Glück für mich, dass mein Leben so ist, wie es ist (es hätte ja alles noch schlimmer kommen können)....
es ist ein Glück für mich, dass ich den Tag aufs Neue erleben darf,
dass ich geistig und körperlich noch gesund bin,
auch wenn ich manchmal gewaltig am Rad drehe, so kann ich doch noch klar denken, was meine Ziele und meine Wünsche betreffen ua.....

das Leben wurde mir nun mal zuteil,
und ich betrachte es als ein Glück, es gesund und optimistisch zu Ende leben zu können.

janw
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Sa 13. Okt 2007, 03:54 - Beitrag #16

Zitat von Padreic:@Maurice: ich bezweifle, dass das Eingangszitat von janw eine Definition des Begriffs Glück bieten soll. Er ist vermutlich eher so gemeint, wie du ihn am Ende deines ersten Beitrags umformuliert hast]
Ich vermute stark, daß der Satz so gemeint war, wie Senta Berger ihn im Zusammenhang mit dem zweiten Satz gesagt hat; über das genaue Wie des Gemeintseins kann man nur spekulieren, gar ob sie sich darüber viel Gedanken gemacht hat - wobei ich dies in keinster Weise ausschließen möchte und aus Ipsis Deutung für mich sehr viel dafür spricht.
Man kann den Satz von seiner Struktur her als Definitionssatz lesen - wie ich zunächst und ihn daraufhin hinterfragt habe - oder mit einem Schwerpunkt auf einem Ausdruck einer Lebenshaltung oder tieferen Lebenseinsicht, wie Ipsi ihn liest.

Auf die Frage von janw (ich denke, er fragte nicht nach einer Definition) weiß ich leider keine Antwort. Was gewissermaßen traurig ist - andererseits aber auch wieder nicht, weil ich darüber lächeln kann und Geduld habe.

Ich meinte schon eher etwas Individuelles; ob es eine scharfe, von individueller Lebenshaltung getrennte Definition für einen solchen Begriff geben kann, der nicht den Bereich politischer Forderungen oder biologistischer Abwege streift, bin ich mir nicht sicher - Bergers Satz beruht ja in Ipsis Sicht auch auf einer bestimmten Lebenshaltung, bzw. Einsicht.

Zitat von Ipsissimus:imo liegt dem Berger-Zitat eine sehr "erwachsene" Glücksvorstellung zugrunde, die weitgehend von persönlichem Glücksempfinden abstrahiert. Die Frau scheint von der Einsicht auszugehen, dass es keinen wesentlichen anderen Grund dafür gibt, weswegen Menschen in ihren Sozietäten geduldet werden, als dass sie gebraucht werden. In einem solchen Kontext ist es dann natürlich ein Glück für den einzelnen, wenn er/sie so gebraucht wird, wie er/sie selbst gerne gebraucht werden wollte]

So gesehen wirklich eine Begriffsfassung, die in die Zeit der Möglichkeitsausweitung für die Frauen passt, die aber für die Einzelne auch leicht in etwas Forderndes umschlagen kann - "Du hast doch allen Grund, glücklich bzw. besser zufrieden zu sein, Du hast doch einen Job, der Deinen Fähigkeiten entspricht, einen Mann, der...unzufrieden mit Dir selbst, nu hab Dich mal nicht so!"
Für "leidminimierend" fehlt ihr glaube ich die buddhistische Weltsicht^^

@Jan: Bevor ich inhaltlich auf die ein oder andere Aussage hier eingehe, würde ich doch gerne wissen, wo du gerne den Schwerpunkt des Threads hättest: Glückskonzepte, Zitatinterpretation, Frauenbewegung? Wir können auch alle Themen sehr oberfläschlich bereden, aber dein sehr ausführlicher Post, lässt sich vermuten, dass du lieber detailierter über die Frauenbewegung diskutieren möchtest. Wenn das der Fall, ist es ot, wenn wir hier nun ausführlich diskutieren, ob Glück immer nur momentan möglich ist oder auch dauerhaft sein kann, ob es verschiedene Glücksqualitäten gibt, was es braucht um glücklich zu sein usw.

Nun, der Satz kreist um ein mehrdimensionales Thema, und es widerstrebt mir, diese Einzelstränge von vorneherein zu trennen und damit die Diskussion in ihrer Entwicklungsmöglichkeit einzuengen.
Vielleicht wird es irgendwann nötig, eine sich verselbständigende Richtung abzutrennen oder in einem anderen bestehenden thread fortzuführen, aber das kann man dann sehen.
Ich habe erstmal den Zugang gewählt, den Satz in seinem Zusammenhang als Versuch einer Definition zu begreifen und entsprechend zu hinterfragen, Ipsis Ansatz gefällt mir fast besser - aber alles sind legitime Ansätze.

Weil Aydee mich fragte, was Glück für mich bedeute:
Es würde für mich bedeuten, von anderen "normal" und nicht aufgrund von Projektionen auf mich behandelt zu werden und somit alle Erlebnismöglichkeiten zu haben, die anderen in meinem Alter gegeben sind.
Das wäre dann mit dem Unglück verbunden, die Erfahrungen nicht machen zu können, die ich so aufgrund meines Soseins machen kann.
So gesehen...Glück wäre wohl, meinem Sosein Zufriedenheit abgewinnen zu können.

Maurice
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Sa 13. Okt 2007, 12:37 - Beitrag #17

Am meisten stört mich im Moment an diesem Thread, dass der Ausdruck "Glück" mal so mal so verwendet wird und das auch von einzelnen Personen. Mal wird "Glück" im Sinne von positiven Emotionen verwendet, mal als erfreulicher Umstand ("Glück gehabt"), mal als Voraussetzung für positive Emotionen usw. Über was soll hier diskutiert werden? Je nachdem wie wir den Ausdruck "Glück" verwenden ist die Frage "Was ist Glück?" jeweils eine andere. Wenn jeder mal so mal so "Glück" verwendet, ist das unnötige sprachliche Unklarheit.
Aber das ist einigen wohl wieder viel zu analytisch... ich schau dann besser erstmal in welche Richtung es sich entwickelt und versuche erst dann wieder was zu posten, wenn wir hier ein und nicht 3-4 Themen diskutieren.

Ipsissimus
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Sa 13. Okt 2007, 14:47 - Beitrag #18

Maurice, wenn ein Begriff in einem multidimensionalen Kräftefeld aufgehängt ist, müssen wir versuchen, den Begriff in diesem Kräftefeld zu erfassen, und können uns nicht auf eine eindimensionale Wörterbuchdefinition zurückziehen

Maurice
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Sa 13. Okt 2007, 15:13 - Beitrag #19

Ipsi, du scheinst dir ja echt Mühe zu geben, unpräzise Ausdrucksweise schön zu reden. ^^
Wo ist das Problem z.B. zwischen "Glücklichsein" als emotionaler Zustand, "Lebensfreude" als strukturelles Glücklichsein, "Glück" als wünschenswerter Umstand und "Bedingungen für Glücklichsein" zu differenzieren (wobei keine Inhalte verlorengehen, sondern eher gewonnen werden). Man kann die von mir gerade themtisierten Inhalte auch anders benennen... oder man nennt sie alle "Glück" so wie du es vorschlägst und machen uns das gegenseitige Verständnis unnötig schwieriger. Aber wenigstens sind wir dann nicht pöse analytisch :P ...

Padreic
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Sa 13. Okt 2007, 21:57 - Beitrag #20

Ich bin zwar kein Moderator mehr, möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass hier wohl nicht der richtige Ort ist, um über den allgemeinen Sinn präzisen Sprachgebrauchs und was ein solcher ist, zu diskutieren. Ich denke, es lässt sich doch im allgemeinen recht gut verstehen, was die Leute meinen. Wenn nicht, frag halt nach, und lass ihnen ihren Alltagssprachgebrauch. Diese hat auch ihre Vorzüge....

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