Friedensnobelpreis für Al Gore

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Traitor
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Mo 15. Okt 2007, 05:21 - Beitrag #1

Friedensnobelpreis für Al Gore

"for their efforts to build up and disseminate greater knowledge about man-made climate change, and to lay the foundations for the measures that are needed to counteract such change"
Das "their" bezieht sich dabei darauf, dass Al Gore zwar der medien- und kontroversenträchtige Preisträger ist, sich die Auszeichnung aber mit dem [url=Intergovernmental Panel on Climate Change]Weltklimarat[/url] teilt.

Ich eröffne die Diskussion mal mit der Position, dass Al Gore den Preis nicht hätte bekommen sollen. Die Vergabe ist sicher keine Katastrophe, wie es etwa die an Arafat war, und nach vielen doch eher obskuren Preisträgern der letzten Jahre, die zwar sicher löbliches geleistet hatten, die aber niemand kannte oder beachtete, war die Hauptmotivation sicher, mal wieder ein Zeichen mit einem prominentem Träger zu setzen. Jedoch denke ich, bei allem guten Einfluss auf die Medienpräsenz des Umweltschutzes durch seinen Film, dass drei starke Gründe gegen Gores Auszeichnung sprechen:
*Recht starke Kritik, seine Kampagne wäre zu einem starken Anteil als weitere politische Karriereförderung gedacht und auf Personenkult ausgerichtet. Da ich den Film bisher nicht gesehen habe und die Berichterstattung über seine sonstige Tätigkeit nur peripher verfolge, kann ich das nicht abschließend beurteilen, aber es erscheint mir bedenklich genug.
*Bisher hat er nichts geleistet, was man wirklich als Beitrag zum Frieden (oder auch einer weiteren Interpretation à la dem Wohl von Menschen und Planeten) zählen kann, sondern eben nur einen Film gedreht und für Medienwirbel gesorgt.
*Die Idee, einen Friedenspreis einmal für Umweltschutz zu vergeben, gefällt mir an sich. Aber dann hätte man eher Greenpeace oder den WWF bedenken sollen, die über Jahrzehnte wirkliche praktische Arbeit geleistet und sicher aufintegriert auch mehr für das öffentliche Bewusstsein getan haben als Gore.

Noriko
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Mo 15. Okt 2007, 08:08 - Beitrag #2

Ich möchte nur kurz einwerfen,d as der Friedensnobelpreis mehrfach schon an Klimaaktivisten ging, und nicht an Greanpaeace, vermutlich weil ihr handeln oft genug Öko-terroristisch geprägt ist.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 15. Okt 2007, 10:28 - Beitrag #3

Traitor, Al Gore scheint mir auch ein hinterfragenswerter Preisträger zu sein; andererseits sind die USA eine der großen umweltschutzbezüglichen Problemnationen der Erde. Von daher ist es möglicherweise gar nicht so dumm, einen dort bekannten und gehörten Aktivisten noch mehr Unterstützung zu geben. Und dass der Friedensnobelpreis unpolitisch sei, glaubt hoffentlich niemand, das war auch schon immer eine Waffe gewesen^^ noch mal andererseits finde ich es schade, diesen Preis für so einen Blödsinn zu erteilen

eginobili20
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Mo 15. Okt 2007, 11:06 - Beitrag #4

Was ich auf jedenfall finde: Medienwirbel ist verdammt wichtig. Und das Ergebnis zählt. Egal aus welcher Motivation. Gore hat es geschafft, Klimaschutz zu einem Kultthema zu machen (natürlich gab es davor auch the day after tomorrow, aber er hat glaub ich nicht so viele Kinogänger angelockt und keinen Oscar gekriegt, wiederum Publikum vergrößernd) - die WWF und greenpeace werden doch größtenteils nicht wirklich ernstgenommen und verspottet. Ohne breite AUfmerksamkeit für dieses Thema kann nichts bewegt werden, da doch die meisten Ländern Demokratien sind und die Meinung des Volks eine große Rolle spielt. Nicht nur die Politik sondern auch die Handlung jedes Einzelnen kann und muss durch diese Aufmerksamkeit erreicht werden.

Ich finde es vom Gefühl her natürlich nicht so toll, da ich dir zustimme was sein Karrierepushen betrifft, seine Doku fand ich relativ pathetisch, lustig und ... amerikanisch (nicht unbedingt abwertend, aber persönlich bin ich nicht der Fan von sowas) eben, es sollte wirken, sollte ihn populär machen ... gegen all diese Dinge habe ich eine Abneigung.

Allerdings bin ich eben auch extrem für Klimaschutz bzw. zumindest das Bewusstsein, und von dieser Hinsicht finde ich es doch gut, weil ich eben die Folgen seines Handelns für positiv erachte und es unterstütz werden sollte. Die Motivation dahinter ist objektiv gesehen ja auch nur Spekulation und Unterstellung. Generelles votum: einverstanden.

janw
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Mo 15. Okt 2007, 11:31 - Beitrag #5

Ich hab an David McTaggart, Robert Hunter und Patrick Moore gedacht, als ich von der Preisverleihung an Gore gehört habe, den Kern der Gründungsmannschaft von Greenpeace, und denke, daß die Organisation den Preis unbedingt mal bekommen müssten. Ich bin mir bei Gore nicht sicher, aber mir ist so, daß der Film bei ihm schon im Zusammenhang mit einem längeren Engagement für Umweltbelange steht, insofern nicht alleiniger Grund gewesen ist. Ich will ihm auch nicht gleich unterstellen, nur zu Publicityzwecken auf den Klima-Zug aufgesprungen zu sein.
In jedem Falle hat der Film, auch wenn er schlecht gemacht ist, viele Menschen erreicht, die von den normalen Nachrichten und Kampagnen nicht erreicht worden wären, vielleicht braucht es in Amerika diese Mittel - wobei dies natürlich ein bestimmtes Bild auf das Land wirft...
Ich finde es gut, daß der Preis zum anderen Teil an den IPCC geht. Er hat IMHO gute Arbeit geleistet, auch und gerade was die Darstellung seiner Ergebnisse im Lichte kritischer Stimmen von beiden Seiten bezieht. Daß die Ergebnisse im Endergebnis abgeschwächt wurden, ist unverneidbare Folge der Arbeit eines Gremiums, das Teil einer Staatenorganisation ist und somit immer unter politischen Druck geraten wird - oder gar nicht erst entsteht.

Zitat von Traitor:Die Vergabe ist sicher keine Katastrophe, wie es etwa die an Arafat war, und nach vielen doch eher obskuren Preisträgern der letzten Jahre, die zwar sicher löbliches geleistet hatten, die aber niemand kannte oder beachtete, war die Hauptmotivation sicher, mal wieder ein Zeichen mit einem prominentem Träger zu setzen.

Der Preis ging damals an Arafat und Peres, für ihre gemeinsamen Verdienste um die damals erreichte Annäherung zwischen Israel und den Palästinensern, und insofern finde ich ihn nicht ganz so katastrophal. Daß Arafat kein Unschuldsengel ist, ist mir dabei ebenso klar, und es ist tragisch, daß die Arbeit letztlich gescheitert ist, am Mord an Peres und an der Unfähigkeit Arafats, seine Leute gemeinsam auf einem Friedenskurs zu halten.

Was die "obskuren" Preisträger betrifft...Friedensarbeit ist Kärrnerarbeit, steht im Widerspruch zu vielen handfesten, schlagkräftig durchgesetzten Interessen, und letztlich bedarf es Vieler, die auf kleinen Gebieten über lange Zeit Erfolge erreichen, die von ausßen oft klein wirken, auf ihrem Gebiet aber Gewicht haben. Der Friedensnobelpreis kann dazu heute nicht ein Preis an grauhaarige Kämpfer für Erfolge der Vergangenheit sein, sondern ist auch Instrument, um die Arbeit der Vielen ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken und damit ihrer arbeit zum Durchbruch zu verhelfen.
Das Beispiel der Grameen-Bank ist hier ganz passend, sie hat deutlich mehr Bewegung in die patriarchalen Gesellschaftssysteme in Indien und Bangladesh gebracht, als manche direkt die Frauenrechte forcierende Initiative, und breitet sich immer weiter aus.
Vergiss auch nicht, daß prominent nur wird, wer von den Medien wahrgenommen und bekannt gemacht wird - und die Medien sind weit von Objektivität entfernt, wer handfesten Interessen nicht in den Kram passt, landet bestenfalls in den Klatschspalten.

Traitor
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Di 16. Okt 2007, 04:47 - Beitrag #6

@Noriko: An Greenpeace lässt sich sicher auch Kritik üben, jedoch bin ich der Ansicht, dass keine andere Organisation so viel für die Öffentlichmachung der Umweltproblematik geleistet hat.

@Ipsissimus: Nein, dumm ist es sicher nicht.

@Jan:
Ermordet wurde der dritte Preisträger, Rabin. Peres erfreut sich bester Gesundheit und hat es in seiner quantitativ beeindruckenden Politikerkarriere derzeit zum Präsidenten gebracht. Die Katastrophe dieser Verleihung sehe ich nicht in der Verleihung an Personen mit fragwürdiger Vergangenheit, bei klarer Wandlung zum Guten kann solch eine Auszeichnung durchaus angemessen sein. Der große Fehler war jedoch, den Preis an aktuelle Machthaber in einer weiterhin instabilen Situation zu verleihen. Selbst wenn die weitere Entwicklung besser als in der Realität verlaufen wäre, wäre nahezu gesichert gewesen, dass sich die Träger auch weiterhin die Finger schmutzig machen. Und dass sie dies unter dem Heiligenschein eines Friedensnobelpreises tun konnten, ist ein sehr schlechtes Zeichen.

Die Bemerkung der Obskurität der Preisträger war nicht unbedingt als Kritik am Vergabeverfahren gedacht. Zwar ist fraglich, inwiefern bei derartigen beispielhaften Auswahlen recht beliebiger lokaler Initiativen die ursprüngliche Widmung des Preises erfüllt wird, aber wie du ausführst, gibt es auch sehr viele gute Gründe für solche Verleihungen. Die Bemerkung war vielmehr lediglich als Erklärungsansatz der jetzigen Entscheidung zu mehr Öffentlichwirksamkeit gedacht.

janw
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Di 16. Okt 2007, 16:30 - Beitrag #7

Aaaargh, natürlich meinte ich Rabin! :wand

Kann man so sehen, daß es problematisch ist, diesen Preis an lebende führende Beteiligte eines Konflikts in einer instabilen Phase zu verleihen. Nur war glaub ich zu der Zeit das Problem, daß Arafat und Rabin sich zum ersten Mal in der blutigen Geschichte so nahe waren, daß praktisch schon über das Kleingedruckte verhandelt wurde, und aus westlicher Perspektive war dieser Konflikt praktisch DER Konflikt, so daß das Komitee sich wohl einen gewissen möglichen Schub zur weiteren Lösung davon versprach, die beiden zu ehren. Neben denen eben alle anderen Friedenstätigen zeitweise etwas verblassten.
Hinterher ist man eben immer klüger...

Letztlich hat der Preis grundsätzlich das Problem, daß Frieden eine politische Angelegenheit ist und damit jede Verleihung eine politische Aussage. Und manchmal wohl auch ein Rettungsring vor übler Verfolgung, s. Aung San Suu Kyi in Birma.


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