Fünf Minuten Dunkelheit

Das Forum für allgemeine Diskussionen! Alle Themen, die nicht in andere Bereiche passen, können hier diskutiert werden.
Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 9. Dez 2007, 01:48 - Beitrag #1

Fünf Minuten Dunkelheit

Eine Initiative versuchte vor ein paar Stunden, ein Zeichen gegen den Energieverbrauch zu setzen, indem deutschlandweit dazu aufgerufen wurde, zwischen 20:00 und 20:05 sämtliche Lichter auszuschalten. Ich war (zum Feiern im Anschluß an ein Adventskonzert) völlig ungeplant an einem Ort, an dem sich der Erfolg oder Mißerfolg der Aktion hervorragend beobachten ließ: mitten auf der Reeperbahn, wo ein lokaler Radiosender live berichtete und das allgemeine Dunkelwerden in Szene zu setzen versuchte. Zwangsläufig gelang das Verdunkeln an einem so dicht mit immerleuchtenden Neonreklamen umgebenen Ort nicht vollständig; einige Gebäude blieben völlig oder teilweise erleuchtet, es war immerhin recht eindrucksvoll, wie die Lichtmenge ab- und anschließend wieder zunahm; und sollte tatsächlich, wie angesagt wurde, der gesamte Hamburger Dom (der hiesige große Jahrmarkt) den Strom für die Zeit abgeschaltet haben, dürfte das schon eine ganze Menge Energie gewesen sein.

Andererseits war offensichtlich, daß einige größere Verbraucher sich nicht beteiligten (etwa die Straßenlaternen blieben selbstverständlich an); allein schon die eine Lasershow, die weiterlief, dürfte mehr Leistung entnommen haben als die aus- und wieder eingeschalteten Lichter der nächsten Umgebung sparten. Aber bevor ich mich weiter über Erfolg und Mißerfolg verbreite, die Frage an euch:
Wie habt ihr die Aktion wahrgenommen; und wie schätzt ihr Erfolg, Sinn und Risiken ein?

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
So 9. Dez 2007, 16:01 - Beitrag #2

Natürlich war das eine populistische "Zeichensetz"-Aktion, die am Energieverbrauch und der Klimaveränderung nichts geändert hat - aber das war auch nicht das Ziel.
Es ging einfach darum, für einen Moment bewusst zu machen, wie verschwenderisch hier im Westen mit Energie umgegangen wird, gerade in der Weihnachtszeit, daß andererseits doch recht vielen das Thema und seine Folgen nicht ganz egal sind - so gesehen auch ein Signal an die Klimakonferenzler in Bali, entschlossen zu handeln und sich nicht darauf zurück zu ziehen, ihre Wähler würden sie dann abstrafen.

Ich denke, daß allein die Diskussion im Vorfeld schon einiges in dieser Richtung erreicht hat, so daß die Bremser in Bali die üblichen Verdächtigen sein werden - usa, Kanada, Russland als Energieexporteur, China als energiehungriges Schwellenland.
Wobei ich letzteres durchaus verstehen kann - meine Präferenz geht in Richtung eines pro-Kopf-CO2- (bzw. Klimarelevanz-)Kontingents, wodurch die Tasache besser abgebildet würde, daß der chinesische Pro-Kopf-Verbrauch nach wie vor weit unter unserem liegt.

Unabhängig vom Energieverbrauch gibt es aber noch einen anderen guten Grund, sparsam mit Licht umzugehen, nämlich die Lichtverschmutzung des Himmels. Vielerorts muss man weit fahren, um noch einen Sternenhimmel zu erleben, geschweige ihn studieren zu können, und auch auf zahlreiche Tierarten wirken die Lichtdome über den Städten nachteilig.
In der Schweiz wird mittlerweile zumindest regional auf eine Verringerung der Lichtemissionen hingearbeitet, ich würde mir wünschen, wir würden dem folgen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 11. Dez 2007, 13:47 - Beitrag #3

wobei allerdings hinsichtlich des engeren Sinns der Aktion zu bemerken wäre, dass viele Birnen beim einfachen Ein- udn Aussschalten ein Vielfaches der Energie verbrauchen, als wenn sie eine Stunde durchbrennen würden

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 11. Dez 2007, 17:29 - Beitrag #4

Echt? Ich habe (im Radio,von einem als Experten vorgestellten Menschen) gehört, dass es nicht so wäre, dass also das an- und wieder ausschalten nicht mehr Energie verbraucht als fünf Minuten brennen lassen.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Di 11. Dez 2007, 21:16 - Beitrag #5

Ipsi, das mit dem hohen Anfangsverbrauch erinnere ich auch irgendwie.
Wundert mich nur, daß die Energielobby nicht damit argumentiert hat und stattdessen die Geschichte vom drohenden Netzausfall gestreut hat.

e-noon, eine Glübirne leuchtet, weil der Glühdraht aus Wolfram einen erheblich größeren elektrischen Widerstand besitzt als das Kupfer im Stromkabel. Die "Mehrarbeit", welche der Strom bei seinem Weg durch den Glühdraht verrichten muss, äußert sich in einer Erhitzung des Drahtes bis zum Glühen. Es soll dabei so sein, daß dieser Widerstand am Anfang besonders hoch ist, weshalb zu seiner Überwindung besonders viel Energie erforderlich ist. Genauer könnte das vielleicht einer der Physiker mal erklären.

Jedenfalls gibt es ein Mittel, mit dem man ohne dieses Problem sparen kann, das sich "Dimmer" nennt. Wenn man nicht auf Halogenleuchten umsteigen will oder kann.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mi 12. Dez 2007, 00:16 - Beitrag #6

janw, du klingst so, als sei es ausgemacht, daß "die Energielobby" das in böser Absicht gezielt verbreitet habe, um die Aktion zu vermiesen... tatsächlich stelle ich es mir recht kompliziert vor, ein massives Absinken und schlagartiges Wiederansteigen des Verbrauchs (wenn beides denn stattgefunden hätte) zu kompensieren. Die Grundlastkraftwerke können ja nicht eben für ein paar Minuten abgeschaltet werden; Speichermöglichkeiten stehen nur begrenzt zur Verfügung. Und für mich scheint es recht naheliegend, daß es in einem großen, komplexen System zu erheblichen Folgen kommen kann, wenn schlagartig große Veränderungen eintreten - wir haben es doch z.B. bei der Abschaltung der Emshochspannungsleitung vor zwei Jahren (?) erlebt, als Stromausfälle bis Spanien die Folge waren - und nur wegen eines Leitungsausfalls, nicht einmal wegen veränderter Verbrauchsmengen!

Uns wurde (in Physik?) beigebracht, daß es bei den meisten Lampentypen sparsamer ist, sie eine halbe Stunde brennen zu lassen, als sie aus- und wieder einzuschalten. Dimmer... je nachdem, wo - als Leselampe sollte man lieber nicht zu wenig Licht haben; Gesundheit spielt schließlich auch eine Rolle. Und lieber eine passende Energiespar- als eine Halogenlampe, denke ich.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mi 12. Dez 2007, 01:59 - Beitrag #7

Zitat von Lykurg:janw, du klingst so, als sei es ausgemacht, daß "die Energielobby" das in böser Absicht gezielt verbreitet habe, um die Aktion zu vermiesen... tatsächlich stelle ich es mir recht kompliziert vor, ein massives Absinken und schlagartiges Wiederansteigen des Verbrauchs (wenn beides denn stattgefunden hätte) zu kompensieren. Die Grundlastkraftwerke können ja nicht eben für ein paar Minuten abgeschaltet werden]
Ich hätte mir die Namen und Funktionen der 3,4 Leute mal merken sollen, die vor dem Zusammenbruch gewarnt haben, die Organisationen, denen sie angehörten, hörten sich für mich jedoch sehr nach industrienahen, zumindest nicht neutralen, Vereinigungen und Verbänden an.

Hinsichtlich der Bedenken hatte ich von Anfang an folgende Zweifel:
- Dies war meines Wissens nicht die erste Aktion dieser Art, und bisher hat es nie solche Probleme gegeben. Warum dann also jetzt?
- Die Aktion fand diffus über einen großen Raum verteilt statt, also nicht mit Spitzen in einzelnen Teilbereichen des Netzes, außerdem ist das bundesdeutsche Netz mit den Netzen der Nachbarländer verbunden, so daß ich erwartet hatte, daß die Belastung sich auf einen deutlich größeren Raum verteilen und damit verringern würde.
- Die Aktion war nicht auf die Abschaltung eines großen Teils der gerade aktiven Stromverbraucher ausgerichtet, und dies war auch nicht zu erwarten. Die 10(?) MW, die da eingespart wurden, stellen nur einen Bruchteil des Gesamtverbrauchs um die Zeit dar.

Die Ausfälle nach den gekappten Leitungen an der Ems hatten, wenn ich es richtig erinnere, den Grund, daß sie die Hauptverbindung einer westlichen Netz-Zelle an kraftwerksnähere Zellen darstellten, so daß dieser südwestliche Bereich nicht mehr versorgt werden konnte.

Uns wurde (in Physik?) beigebracht, daß es bei den meisten Lampentypen sparsamer ist, sie eine halbe Stunde brennen zu lassen, als sie aus- und wieder einzuschalten. Dimmer... je nachdem, wo - als Leselampe sollte man lieber nicht zu wenig Licht haben; Gesundheit spielt schließlich auch eine Rolle. Und lieber eine passende Energiespar- als eine Halogenlampe, denke ich.

Natürlich nicht immer Dimmer, aber für Räume, in denen man sich wechselnd aufhält, sind sie gut geeignet, die Abwesenheitsphasen zu überbrücken, außerdem die Lichtmenge dem Bedarf anzupassen.
Wo eine Energiesparlampe nicht passt, kann eine Leuchtstoffröhre manchmal passen.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Sa 15. Dez 2007, 07:20 - Beitrag #8

Zur Aktion an sich: netter PR-Gag, aber leider wirkungslos, war schon am selben Tag wieder aus den Medien verschwunden.

Zur Netzstabilität: Ich würde hier auch keine Verschwörungstheorie bemühen wollen. Die Gefahr kann ich mir durchaus vorstellen, allerdings nur bei deutlich umfangreicheren Verbrauchsschwankungen, als bei dieser Aktion von vornherein realistischerweise zu erwarten war. Sogesehen also eine prinzipiell valide Warnung, aber sicher etwas zu hochgespielt.

Zum Anschaltverbrauch: ohne das jetzt groß gegenrecherchiert zu haben, bin ich mir sicher, dass Ausschalten sparsamer ist. Der Anschaltstrom kann gar nicht soviel höher sein, dass er den Zeitfaktor ausgleicht. Bei konstanter Netzspannung ist die "verbrauchte" Energie propotional sowohl zum Strom als auch zur Zeit, und wenn der Anschaltvorgang vielleicht 5 Sekunden dauert und zehnmal soviel Strom zieht, dann ist das trotzdem nur soviel, wie in 45 Sekunden Regelbetrieb verbraucht wird. Vermutlich ist das noch eher hochgegriffen. Die Empfehlung, nicht zu kurzfristig an- und abzuschalten, bezieht sich vor allem darauf, dass die Birnen darunter materiell extrem leiden und somit viel schneller ersetzt werden müssen, was auch einen gewissen Kostenfaktor ausmacht. [Ist euch eigentlich bewusst, was wir hier anstellen? Das droht ein Glühbirnenthread zu werden!]

Zur generellen Energiesparvorgehensweise: Energiesparlampen und Dimmer sind nett, aber keine großen Retter. Hoffnungen setze ich dagegen in LEDs, die sich in Nischenanwendungen schon durchzusetzen beginnen und vielleicht schon in wenigen Jahren für die gesamte Beleuchtungspalette wirtschaftlich werden könnten. Die würden einen wirklichen Durchbruch darstellen. Und dann gibt's natürlich noch weitere Stufen wie OLED-Wandfarben.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
So 16. Dez 2007, 13:35 - Beitrag #9

Zitat von Traitor:Ich würde hier auch keine Verschwörungstheorie bemühen wollen. Die Gefahr kann ich mir durchaus vorstellen, allerdings nur bei deutlich umfangreicheren Verbrauchsschwankungen, als bei dieser Aktion von vornherein realistischerweise zu erwarten war. Sogesehen also eine prinzipiell valide Warnung, aber sicher etwas zu hochgespielt.

Was spricht dagegen, daß diese Hochspielung bewusst und von interessierter Weise erfolgte?

Wir sollten das Wort "Glühbirne" auf den Index setzen, auf daß es uns fürderhin wohl ergehe...

Warum retten Dimmer und Energiesparlampen nicht wirklich?
LEDs...das klingt
faszinierend
. Leuchtfarben...gibts die dann vielleicht auch im Chamäleon-Modus, Farbwechsel je nach Stimmung?

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
So 16. Dez 2007, 18:13 - Beitrag #10

Was spricht dagegen, daß diese Hochspielung bewusst und von interessierter Weise erfolgte?
Das ist sicher möglich, aber nicht naheliegend. Wie die meisten Verschwörungstheorien immer. Dass eine sachliche Warnung vor einem technisch prinzipiell vorhandenen Problem von den katastrophenlüsternen Medien liebend gerne groß herausgebracht wurde, erklärt das Phänomen genauso.

Warum retten Dimmer und Energiesparlampen nicht wirklich?
Dimmer bringen wenig Einsparung, sind eher für den Komfort gut. Energiesparlampen bringen schon mehr, aber eben bei weitem nicht soviel, wie LED es könnten, und haben merkliche Nachteile wie die Anschaltträgheit und Sondermüll-Entsorgung. Und vor allem droht, wenn à la Australien flächendeckend Energiesparlampen durchgesetzt werden, ein Effekt wie bei DVDs: indem Technik A durch Technik B ersetzt wird, wird die Marktsituation für die noch bessere Technik C extrem erschwert, da alle ja gerade erst investiert haben und das nicht nochmal wollen. Ob frühzeitiges Umsteigen auf Energiesparlampen und dann erst verzögertes auf LED oder Auslassen des Sparlampen-Schritts und Warten auf LED aufintegriert mehr Strom spart, müsste man dabei aber natürlich durchrechnen.

Leuchtfarben...gibts die dann vielleicht auch im Chamäleon-Modus, Farbwechsel je nach Stimmung?
Ja, alles schon irgendwo zwischen Laborstatus und ersten Produkttests.

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Do 20. Dez 2007, 22:02 - Beitrag #11

Mhh...wobei die Medien ja schon in der Hand interessierter Kreise sind. Und sie sich ja eigentlich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie den Kollaps verhindern - only bad news is good news :para:

Schön jedenfalls, wieder etwas dazu gelernt. Ich freu mich auf die LED-Illumination...


Zurück zu Diskussion

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste