die Tat fand in den 70er Jahren statt, auf einer Party und im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen. So verabscheuenswert eine Vergewaltigung ist, so sehr stellt sich mir in diesem Zusammenhang die Frage, ob das, was hier rechtlich als eine Vergewaltigung gewertet wurde, tatsächlich auch für das Gefühl des Opfers eine Vergewaltigung war. Leider liegen mir darüber keine Informationen vor; wenn man aber berücksichtigt, dass das Opfer dem Täter schon vor langer Zeit verziehen hat, könnte der Gedanke nicht abwegig erscheinen, dass dies zwar formal als Vergewaltigung gewertet werden muss, aber sachlich eben doch keine Vergewaltigung im geläufigen Sinne darstellt. Wenn man sich die Szenerie vorstellt, könnte das Opfer das Geschehene auch als eine Art sozialer Auszeichnung empfunden haben, vielleicht wie ein Groupier-Girl, das es auf die Backstage schafft, wohlwissend, was hier seine Aufgabe sein wird. Zweifelsohne ist dabei die Naivität eines jungen Mädchens in schamloser Weise ausgenutzt.
Ich bin mir dessen, was ich hier schrieb, nicht sicher, ich behaupte nicht, dass es so war. Aber wenn ich alle mir bekannten Informationen zusammentrage, stellen sich mir zumindest derartige Fragen, Fragen, die ich nicht ohne weiteres beantworten kann. Dass diese Fragen streng an diesem Fall orientiert sind und keine Pauschalisierung auf Vergewaltigungen im Allgemeinen implizieren, bedarf hoffentlich keiner weiteren Erörterungen.
Von einer Narrenfreiheit für Künstler halte ich aber nichts; zumal im vorliegenden Fall die Altersdifferenz doch erheblich ist; Polanski wurde 1933 geboren, er war 1977 also bereits 43 Jahre alt. Von daher gibt es keine Entschuldigung für ihn; alle obigen Fragen resultieren ausschließlich aus der Grundfrage, ob das Opfer selbst die Vergewaltigung als solche empfunden hatte.
Ob Polanski unabhängig von dieser Frage aus dem "Geist eines Vergewaltigers" heraus gehandelt hat, oder ob er unter Drogeneinfluss selbst einfach nur "gut drauf" war, ob es eine "halb zog sie ihn, halb sank er hin"-Situation war, ob sie bei der Party alle nur mächtig viel "Fun" miteinander hatten - solche Fragen modellieren das Problem abermals. Inwieweit insgesamt seine Kunst durch das Geschehene vergiftet ist, muss jeder für sich entscheiden; ich persönlich habe nie zwischen Künstler und Werk getrennt, einer der Gründe, weswegen ich keinen Wagner höre, obwohl ich seine Bedeutung anerkenne.
Vielleicht ist diese Verhaftung ja auch eine Gnade für ihn. Er kann es endlich beenden. Bei all der Unterstützung, die er genießt, glaube ich nicht, dass es ihn besonders hart erwischen wird. Das ist zwar beschissenste Privilegienwirtschaft, aber so ist nunmal die Welt der Menschen.
Andererseits:
http://www.heise.de/tp/blogs/6/146021
die besten Pointen schreibt immer noch das Leben^^
natürlich gilt das nicht für Polanski, das hätten sie nicht dazuschreiben müssen