Niqab/Hijab

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e-noon
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Di 13. Okt 2009, 20:19 - Beitrag #1

Niqab/Hijab

Es war niemand geringerer als der oberste Scheich der Islamischen Al-Azhar Universität in der ägyptischen Hauptstadt Kairo, einer der höchsten Rechtsautoritäten des sunnitischen Islam, der den Stein ins Rollen brachte. Scheich Muhammad Tantawi forderte vergangene Woche eine Schülerin in einer der Azhar-Schulen auf, ihren Niqab - den vollen Gesichtsschleier - abzunehmen. Diese Art von Bedeckung sei eine Tradition und stelle für gläubige Muslime keine islamische Pflicht dar, erklärte er.

Erwartungsgemäß löste die Aufforderung des Scheichs, den Niqab abzunehmen, heftige Reaktionen aus - vor allem bei der islamistischen Opposition im Land.

http://www.taz.de/1/politik/nahost/artikel/1/niqab-oder-nicht-niqab/

Weiter unten steht, dass eine Frau für ihr Recht auf Niqab prozessiert hat.
Männer, die Frauen zur Vollverschleierung zwingen, kann ich verstehen. Macht über andere ist überall toll für einige Menschen. Aber wieso sind Frauen solche Niqab-Fans? Ich versteh's einfach nicht :|
Propaganda?
http://www.youtube.com/watch?v=KCdS16ZZLcc

Maglor
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Di 13. Okt 2009, 20:35 - Beitrag #2

Das zeigt nur die bekannte Kluft innerhalb der Umma.
Besonders bezeichnend für die Vielfalt ägyptischer Frauenbilder:
"Wenn Tantawi an einen Ort gehen will, an dem er keine Frauen mit Gesichtsschleier antrifft, sollte er ein Bauchtanz-Institut besuchen", antwortete Hamdy Hassan, Vizefraktionschef der Muslimbrüder im ägyptischen Parlament.


Klar ist auch, dass sich die Mode verändert. Ebenso verändert sich aber "der Islam", da Saudi-Arabien und andere wohlhabende Staaten ihren Islam exportieren. Ebenso macht es der Iran mit dem seinigen.
Zitat Wikipedia
Der schwarze Niqab mit Khimar in der jetzigen Form ist keine traditionelle islamische Frauenbekleidung, er kam erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur Regierungszeit des reaktionären Sultan Abdülhamid II. (1876-1908) in der Hauptstadt Konstantinopel als „Çarşaf“ auf, um westliche Einflüsse abzuwehren, und setzte sich von dort vor allem in entlegenden Landesteilen des damaligen Osmanischen Reiches wie etwa dem Jemen durch. Dort wie auch in Saudi-Arabien ist er noch heute verbreitet, während in der Hauptstadt durch die Revolution 1908 (bei der der Sultan gestürzt wurde) muslimische Frauen begannen, den Niqab / Çarşaf wieder abzulegen und sich teilweise sogar europäisch zu kleiden. Die traditionelle islamische Frauenbekleidung im Osmanischen Reich vor 1876 war nicht so streng wie der Çarşaf.

e-noon
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Di 13. Okt 2009, 20:39 - Beitrag #3

Die Frage ist doch, warum machen das Frauen, zumal wenn es ohne Zwang, ohne Tradition UND ohne Koranverse geschieht? Oder ist es Unkenntnis der Geschichte/des Korans/wai? Macht das Spaß? (Irgendwer schon mal ausprobiert?) Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom? (Bei den in westlichen Ländern Niqab tragenden)
:confused:

Maglor
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Di 13. Okt 2009, 21:02 - Beitrag #4

Eine Zuni-Indianerin, Mexiko 1903
Man kann auch ohne Islam Vollverschleierung haben, egal ob es im Koran steht oder nicht.
Bild

e-noon
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Di 13. Okt 2009, 22:17 - Beitrag #5

*Hust* Ähm, wo siehst du da Vollverschleierung...? VOLLverschleierung heißt schwarzes Zelt. Wo kämen wir da hin, wenn bekannt würde, dass Frauen tatsächlich eine Stirn, Augen, Nase, Lippen und Kinn hätten? :crazy:

e-noon
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So 25. Okt 2009, 19:19 - Beitrag #6

http://i.dailymail.co.uk/i/pix/2007/07_02/HijabREX_228x381.jpg

Ich meinte eher so etwas. Heute in K. habe ich in der U-Bahn zwei Frauen mit zwei Kinderwagen (und zwei Kindern) und einem Mann gesehen, die so etwas anhatten, der einzige Unterschied war noch ein Silberstreif auf dem schwarzen Stoff. Die Frage bleibt: Wieso?

Lykurg
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So 25. Okt 2009, 20:52 - Beitrag #7

Der Silberstreifen war vermutlich die Auszeichnung für seine Lieblingsfrau, damit er die beiden unterscheiden kann. :knife:

Immerhin kommen die Augen gut zur Geltung, in Teilen Afghanistans wäre diese Kleidung schon gewagt.

e-noon
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So 25. Okt 2009, 21:13 - Beitrag #8

Hm. Ich weiß nicht, ob das seine zwei Frauen waren, keine Ahnung ^^
Sie hatten jedenfalls KEINE Handschuhe an (das bedeutet dann wohl ewiges Höllenfeuer).
Leider weiß ich nicht mehr, ob nicht beide einen Silberstreif hatten... aber die Kinder waren ganz normal gekleidet. Ich frage mich sowieso, ob diese Totalverschleierung nicht wirklich ein (religiöses) Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ist. Allah redet nicht mit mir, trag ich meine Religiösität halt in die Welt... :confused:

Maglor
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So 25. Okt 2009, 21:48 - Beitrag #9

Semiotik spielt da ganz bestimmt eine Rolle. Ob man da jetzt seine Religion, Moral oder seine ethnische Herkunft verdeutlicht, ist da im Grunde zweitrangig.
Der Islam ist nicht das Maß aller Dinge. In Aghanistan existiert ein besonderer Ehrenkodex der Männer, genannt Paschtunwali. In ihm ist mehr oder weniger geregelt wie sich ein Ehrenmann verhält. Dabei geht es darum seinen Gold, Land und seine Frau zu verteidigen und natürlich die Ehre. Dieses tribale Patricharchat steht teilweise den Lehren des Koran entgegen. Die Moralvorstellungen haben mehr mit Franken-König Chlodwig als mit Mohammed zu tun. Das macht aber alles nicht, da der Islam offensichtlich in das traditionelle Paschtunwali integriert wurde.
Interessant bei der Burka ist übrigens, dass sie vor der Taliban-Herrschaft ausschließlich in Stätten verbreitet war, da die Burka die Frauen bei der Feldarbeit behindert. Das zeugt schon von einer gewissen Klugheit der Afghanen, denn so konnte sich auch die Damenwelt im Opiumfeld nützlich machen. Eine Parallele sehe ich zum vorrevolutionären China: Die dort verbreiteten Lotus-Füße schlossen ebenfalls Frauen weitgehend von körperlicher Arbeit aus. Mao ließ den brutalen Brauch verbieten und konnte so auch die Frauen zur Arbeit nötigen. Die Lotus-Füße waren aber keineswegs religiös begründet sondern in einem äußerst merkwürdigen Vorstellung, dass verkrüppelte Füße schön oder gar erotisch seien.

Eine besonders merkwürdige Variante ist die traditionell arabische Kombination aus schwarzem Schleier und einer Mund und Nase verdeckenden goldenen Gesichtsmaske.
Bild
Link
Aber warum sterben gerade die ästethischsten Formen der Verschleierung aus? :confused:

Ipsissimus
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Mo 26. Okt 2009, 16:19 - Beitrag #10

die Frauenrechtsbewegung in islamischen Staaten läuft etwas anders als in europäisierten oder amerikanisierten Staaten. Ob ich die letzten Kniffe der Argumentation verstanden habe, kann bezweifelt werden, aber im Wesentlichen läuft es darauf hinaus, dass eine erhebliche Anzahl von Frauen in islamischen Ländern den Schleier nicht als Mittel zu ihrer Unterdrückung empfinden, sondern als eine Art Schutz ihrer Persönlichkeit.

Du findest bei uns etwas Ähnliches in der Erscheinung der hochglanzverspiegelten Sonnenbrillen, bei denen es nur eine Funktion ist, ein cooles Aussehen zu geben; viel wesentlicher ist, dass man die Augen - und damit die "Seele" des Trägers / der Trägerin - nicht sehen kann.

Es tritt ein weiteres Argument hinzu, das wie folgt beschrieben werden kann: "Ihr Männer, die ihr uns jahrhundertelang mit dem Schleier unterdrückt habt, wollt uns jetzt erlauben, ohne Schleier zu gehen? Wir trauen euch nicht. Ihr wollt uns bloß besser bewerten können und wollt uns dafür bloßgestellt sehen. Wir - wir muslimischen Frauen - verweigern uns eurem "Geschenk"."

Beide Argumente sind mir in Gesprächen schon begegnet.

e-noon
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Mo 26. Okt 2009, 17:05 - Beitrag #11

Wäre dann die verspiegelte Sonnenbrille nicht sinnvoller, als eine Totalverschleierung, die nur die Augen freilässt?
Beim Kopftuch kann ich es ja verstehen und habe auch schon öfters gehört, dass es für sie keine Unterdrückungs-, sondern eine Schutzfunktion hat. Gerade das ist es aber, was ich (für die Musliminnen hier in Deutschland) kritisiere - Schutz vor wem? Schutz vor was? Vor den bösen Männern? Vor der Welt? Es drückt aus meiner Sicht ein Misstrauen gegen die Mitmenschen aus, wenn man sich so sehr an diesen Schutz klammert, dass man nicht bereit ist, ohne ihn das Haus zu verlassen. Ebenso wenig halte ich es für sinnvoll, wenn Haare oder Ohren sexualisiert werden; auch wenn man natürlich streiten kann, ob Haare oder Ohren oder Lippen jetzt sinnlicher oder attraktiver sind, kann man doch letztlich alles außer den biologischen Geschlechtsmerkmalen als erotisch und somit verbergungswürdig definieren, und dann ist man sehr schnell beim Ganzkörperschleier. Es ist einfach nicht gut, wenn man in einem Gespräch die Mimik des Gegenübers nicht wahrnehmen kann, es schließt automatisch aus.

@Maglor: Diese Lotus-füße finde ich sogar noch ekelhafter als die erzwungene Totalverschleierung, denn diese lässt sich rückgängig machen. Ich finde das krank, dass man sich verkrüppelt, um irgendjemandem zu gefallen... auch wenn man darauf angewiesen ist. Wie kann man seinem eigenen Kind so etwas antun? :(

Ipsissimus
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Mo 26. Okt 2009, 17:31 - Beitrag #12

Wäre dann die verspiegelte Sonnenbrille nicht sinnvoller, als eine Totalverschleierung, die nur die Augen freilässt?


liegt das nicht im Ermessen der Betreffenden? Außerdem kannst du die Frage auch genau umdrehen: ist der Schleier nicht sinnvoller als die Sonnenbrille?

Es treten sicher auch kulturabhängige Aspekte hinzu. Und wenn du als Muslimin nach Deutschland kommst, ändert sich nicht einfach so deine Haltung, nur weil bei uns hier alles angeblich so viel besser ist. Männer vergewaltigen dich dort wie hier. Und natürlich liegt darin ein gerüttelt Maß an Misstrauen enthalten; aber willst du ihnen das verbieten?

e-noon
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Mo 26. Okt 2009, 17:47 - Beitrag #13

Zitat von Ipsissimus: Männer vergewaltigen dich dort wie hier.

Das ist ja eben der Knackpunkt: Mich zum Beispiel vergewaltigen sie NICHT. Und ich trage erwiesenermaßen kein Kopftuch. Ich denke auch, dass es zu Vergewaltigungen eher da kommt, wo auch Musliminnen kein Kopftuch tragen - im heimischen Ehebett, in der Familie. Erst kürzlich habe ich eine interessante Doku über eine Muslimin in Deutschland gesehen, die ihr Kopftuch abgelegt hat und sich dann erstmal wunderte, dass blöde Anmache und Vergewaltigungen ausblieben:
http://www.youtube.com/watch?v=q6xXZ2cKk7k&feature=related

Natürlich, wenn man als Erwachsener hierher kommt, wird man seine Kultur bis zu einem gewissen Grad behalten und brauchen. Aber wenn man als Kind hier aufwächst und im Idealfall gute Erfahrungen gemacht hat und auch sieht, dass die meisten Freundinnen ohne Kopftuch klarkommen, warum braucht man es dann noch? :confused:

Ipsissimus
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Mo 26. Okt 2009, 17:59 - Beitrag #14

das ist schön für dich^^ warum sollst du auch kein Glück haben^^

laut http://www.frauenaerzte-im-netz.de/de_vergewaltigung-machtmissbrauch-lustgewinn_248.html

werden etwa 8 - 15 Prozent aller Frauen im jungen Erwachsenenalter Opfer von Vergewaltigungen, bei doppelt sovielen kommt es zu einer versuchten Vergewaltigung und die Dunkelziffer wird mit über 90 Prozent geschätzt. Ganz ohne Kopftuch^^

und die Frauen im nicht mehr ganz so jungen Erwachsenenalter sind noch nicht mal berücksichtigt^^

hier http://www.medinfo.de/index-r-471-thema-Vergewaltigung+und+sexueller+Missbrauch.htm gibt es noch weitere Informationen

Lykurg
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Mo 26. Okt 2009, 18:13 - Beitrag #15

Ich frage mich auch, inwieweit das Kopftuch die freie Entscheidung einer selbständigen Frau ist oder der Wunsch ihres Vaters, ihres Mannes, ihres Bruders oder Onkels (in deren Abwesenheit eines anderen Mannes oder gegebenenfalls auch Folge des Gruppenzwangs der anderen muslimischen Frauen). Und selbst wenn sie sich aus freiem Willen dazu entschließt, weil sie weiß, daß der sie dominierende Mann es (möglicherweise unausgesprochen befürwortet) - oder weil die alten Männer auf der Straße sie schief angucken, sehe ich diese 'freie Entscheidung' trotz aller schönen Worte nicht gegeben. Das Kopftuch, das die Frau angeblich schützen soll vor körperlichen Übergriffen, ist in sich auch das Symbol eines geistigen Übergriffs.

Diese Frauen sind in hohem Grade unfrei, denn was sie tun, sie können es nur falsch machen. Aufgrund ihrer Kleidung werden sie von beiden Seiten beargwöhnt - tragen sie Schleier, empfinden Westler das als Symbol ihres bewußten Andersseins und potentiell bedrohlich (etwa im Sinne einer sich verselbständigenden Parallelgesellschaft), tragen sie keinen, sehen ihre Männer das als moralischen Übertritt und Entwertung, beschimpfen und attackieren sie (bis zum Mord). Was sie auch tragen, sie machen sich Gegner. Insofern erfordert es Mut, sich entgegen der von ihnen erwarteten Konvention zu kleiden - Mut sowohl, innerhalb ihrer Gemeinschaft unverschleiert zu gehen, wie in einer rein westlichen Umgebung verhüllt.

Nur sind die Konsequenzen beider Übertritte sehr unterschiedlich. Während Verschleierung 'nur' ihre Absonderung bewirkt und so die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß ihre soziale Integration fehlschlägt, macht Nichtverschleierung sie innerhalb der eigenen Gruppe angreifbar (ob nun physisch oder, wie von Ipsissimus angesprochen, seelisch, durch eine Kontaktaufnahme, der sie sich verweigert). Angesichts dieser Ungleichheit ist es verständlich, daß viele sich für die einfachere Lösung entscheiden, sich die Westler zu Gegnern zu machen, an deren Aufnahmebereitschaft man sowieso zweifelt.

Und natürlich spielen Rollenvorbilder, insbesondere auch die gleichaltrigen Freunde eine Rolle. Wenn man denn sähe, daß die Freundinnen ohne Kopftuch klarkommen, wäre es ja gut. Aber das hat doch längst umgeschlagen... wir haben längst eine Parallelgesellschaft, in der es problemlos auch ausschließlich kopftuchtragende Freundinnenkreise gibt, die sich kaum etwas anderes vorstellen können. Der Zug ins 19. Jahrhundert ist längst unterwegs oder sogar schon angekommen...

Ipsissimus
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Di 27. Okt 2009, 11:05 - Beitrag #16

möglicherweise hast du damit recht, Lykurg. Wir können aber nicht damit anfangen, diese Frauen zu zwingen, 200 Jahre Entwicklung mal eben so zu überspringen. Wir können sehr wohl uns selbst dahingehend motivieren, diese Frauen zu tolerieren und ihnen zu helfen. Diese Hilfe wiederum darf nicht so aussehen, dass wir sie als Waffe im Kampf gegen ihre Männer instrumentalisieren.

Das Problem besteht darin, dass es überhaupt keine schnellen Lösungen dieses gesamten Problemfeldes gibt. Man kann im Einzelfall zugunsten einer Frau eingreifen, muss aber dann berücksichtigen, dass sie in ihrem originären sozialen Umfeld zur persona non grata wird. Und nur die wenigsten schaffen es aus diesem Umfeld heraus, oder wollen überhaupt heraus. Und diejenigen, die es schaffen, sind für die Türken keine Türkinnen mehr und für uns doch immer noch irgendwie türkisch, also fremd (ersetze "türkisch" durch eine beliebige muslimische oder sonstwie "komische" Nationalität).

Es ist ein echter Kulturkampf; und deren Ressourcen sind mindestens so groß wie unsere. Die Hauruck-Methode aus dem Mittelalter in die Moderne funktioniert schon bei unseren Evangelikalen nicht; warum sollte sie für deren Entsprechungen im Muslimischen funktionieren? Man kann nur hoffen, dass das Problem in den nachfolgenden Generationen deutlich ausdünnt, aber zu voreilig positive Prognosen würde ich da nicht wagen.

Lykurg
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Di 27. Okt 2009, 12:27 - Beitrag #17

Ärgerlicherweise waren die Frauen ja gerade in der Türkei Anfang der 90er schon ein Stück weiter. Unter Erdogan hat sich das Rad zurückgedreht, und auf dem Umweg über Mode scheint die Verschleierung auch in den Städten wieder wesentlich üblicher geworden zu sein. Daß viele Deutschtürken hier ohnehin den Anschluß gegenüber dem Mutterland verloren haben, in Lebensart und Mentalität ostanatolisch-ländliches Brauchtum der 50er konservieren und propagieren, ist ja bekannt. Eine Öffnung in großen Schritten ist nicht zu erwarten und hätte möglicherweise auch ungünstige Nebenwirkungen. Unbedingt wünschenswert wäre aber wenigstens eine erkennbare Liberalisierung anstelle von Rückschritten...

Ja, Toleranz und Hilfe unsererseits sind gefordert. Allerdings müssen wir auch klare Ziele haben. In meinen Augen wäre es wünschenswert, wenn diese Frauen es nicht wünschenswert oder notwendig fänden, ihre Andersartigkeit durch besagtes Kleidungsstück auszudrücken. Es wäre wichtig, Frauen wirksam vor Ausgrenzung zu schützen, welche Entscheidung sie auch treffen. Dabei ist allerdings auch ihr Mut gefordert, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen und sich darauf zu verlassen.

Ipsissimus
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Di 27. Okt 2009, 13:10 - Beitrag #18

Dabei ist allerdings auch ihr Mut gefordert, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen und sich darauf zu verlassen.


gleichwie unsere Toleranz gefordert ist, auch eine Entscheidung zu akzeptieren, die unseren Vorstellungen widerspricht. Übrigens werden sie nur dann lernen, dass sie sich auf unsere Unterstützung verlassen können.

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Di 27. Okt 2009, 13:36 - Beitrag #19

Was ich nachvollziehen kann, ist ein Kopftuch aus rein religiösen Gründen, wie ein Kettchen mit Kreuz oder ähnliches. Dann müsste aber theoretisch auch die Möglichkeit gegeben sein, das auszuziehen. Die meisten Menschen würden sich vermutlich ohne Unterhose sehr unwohl fühlen - es wäre aber im Prinzip möglich, ohne den Zorn Gottes oder Ausstoß aus der Gemeinschaft zu riskieren. Wie auch immer, ich kann das akzeptieren, wenn es rein religiöse Gründe hat; wenn es aber Überlegenheitsgefühl oder Abgrenzung ausdrücken soll, akzeptiere ich es nicht.

Wichtig ist auf jeden Fall Unterstützung wie die,

Zum Thema Vergewaltigung: Ich denke trotzdem nicht, dass Nicht-Kopftuchtragen notwendig eine Vergewaltigung nach sich zieht. Noch nicht einmal mit erhöhter Wahrscheinlichkeit. Die meisten Männer sind meiner Ansicht nach keine Vergewaltiger. Natürlich reicht ein schwarzes Schaf, aber lässt sich irgendjemand von einem Kopftuch abhalten?

[Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass]
* sie den Täter kennt (66%)
* der Täter in der gleichen Gegend wohnt (82%)
* die Vergewaltigung in seiner oder ihrer Wohnung geschieht (56%)
* der Täter ein „normaler" Mann ist (90%)
* die Vergewaltigung geplant war (82%)
* der Täter zusätzliche Gewalt anwendet (85%)

Wie deine Quelle bestätigt: Die meisten Vergewaltigungen finden dort statt, wo ohnehin kein Kopftuch getragen wird. Es als Zeichen eines Generalmisstrauens oder gar als Schutz mit sich herumzutragen, hilft demnach wenig.

Ipsissimus
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Di 27. Okt 2009, 14:01 - Beitrag #20

so sind´s halt, die Statistiken^^ jede/r liest sie, wie er/sie braucht^^

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