Vorschriftswahn oder Vorsorge?

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e-noon
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Di 27. Apr 2010, 20:35 - Beitrag #1

Vorschriftswahn oder Vorsorge?

Seit dezember [sic] 2009 wird eine Petition im Bundestag geprüft: Der Antrag fordert die Einführung von Mindestmaßen für Schaufensterpuppen und ein Verbot der Darstellungen von zu dünnen Frauen in der Werbung. Ob dieser Vorstoß gegen ein krankhaftes Schönheitsideal Gehör finden wird, ist fraglich.


Quelle: http://www.rp-online.de/panorama/ausland/Das-neue-Busenwunder-fuers-Schaufenster_aid_849848.html?utm_source=partnerprogramm&utm_medium=newsticker&utm_campaign=panorama

Lykurg
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Di 27. Apr 2010, 21:10 - Beitrag #2

So viele Dinge, um die man sich große Sorgen machen muß... Gerade die Wahrscheinlichkeit, daß Schaufensterpuppen zum Schönheitsideal werden, halte ich doch für eminent hoch. Wie wäre es, mal eine Barbie zu vermessen? Meines Wissens sind deren Maße, auf Normalgröße umgerechnet, jenseits von Gut und Böse. Und jedenfalls solange Barbies keine staatlichen Fettpölsterchen verordnet bekommen, halte ich unsere Gesellschaft noch für zu intelligent dafür, als daß Frauen versuchen sollten, auszusehen wie eine Schaufensterpuppe. Bild

Maglor
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Di 27. Apr 2010, 21:49 - Beitrag #3

Der viel größere Skandal sind doch die Schaufensterpuppen ohne Gesicht. Wenn die erst einmal Schule machen, droht wirklich der Untergang des Abendlandes! :crazy:

Ipsissimus
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Mi 28. Apr 2010, 10:16 - Beitrag #4

andererseits, warum soll ich als guter deutscher Beamter etwas dem gesunden Menschenverstand überlassen, wenn ich stattdessen auch eine Vorschrift, am besten mit Gesetzeskraft, erlassen kann? ^^

Lykurg
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Mi 28. Apr 2010, 12:21 - Beitrag #5

Andererseits ist die Unterscheidbarkeit dank Figurdifferenz doch von erheblichem Vorteil. Stellt euch vor, Vorschriften stellten die Lebensechtheit von Schaufensterpuppen sicher, und die Männer verguckten sich pygmalionhaft in eine ebensolche. Was würde das für die Geburtenrate bedeuten!
Insofern gesehen sind nicht die Schaufensterpuppen falsch, sondern das sie umgebende Wertesystem, oder vielmehr: die Gesellschaft der Gesellschaft. Bild

Ipsissimus
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Mi 28. Apr 2010, 12:47 - Beitrag #6

die Schaufensterpuppen sind sowieso nur selten falsch, das sind fast immer echte Schaufensterpuppen^^

...

hmmm^^ vielleicht wäre da noch Platz für ein weiteres Gesetzesvorhaben, Verbot gefälschter Schaufensterpuppen^^

Lykurg
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Mi 28. Apr 2010, 13:29 - Beitrag #7

Können falsche Schaufensterpuppen denn richtige Kleidung tragen, oder wäre es richtiger, sie bloßzustellen? Da allerdings wird Realismus wieder zum Problem. Wenn man Schaufensterpuppen für Magersucht verantwortlich machen kann, dann vielleicht auch der Unzucht beschuldigen? Ist eine männliche Schaufensterpuppe ein Exhibitionist, wenn ihr Mantel fällt?

Padreic
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Mi 28. Apr 2010, 13:41 - Beitrag #8

@Ipssisimus: Wessen gesunder Menschenverstand? Wenn ich es recht sehe, geht es ja darum, dass man der Meinung ist, dass das Schönheitsideal von sehr dünnen Frauen eine der Ursachen von Magersuchterkrankungen ist, und dass man dieses Schönheitsideal zurechtrücken will. Forderst du den gesunden Menschenverstand von den potentiell an Magersucht erkrankenden ein? Oder den gesunden Menschenverstand von den Schaufensterpuppenherstellern?

Ob die Maßnahme ein probates Mittel ist, um Magersucht einzudämmen, ist sicherlich die Frage. Fest steht allerdings, dass Magersucht ein ernstes Problem ist - nach Wikipedia-Angaben sind 0.7% der weiblichen Teenager erkrankt und 15% der Erkrankten sterben auch daran. Angesichts dessen finde ich es zumindest nicht absurd, dass die Politik darüber nachdenkt, da zu reagieren.

Ipsissimus
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Mi 28. Apr 2010, 14:54 - Beitrag #9

15% von 0,7% sind ... Taschenrechner auspack ... 0,105% aller weiblichen Teenager ... hmm, ich bin geneigt, dies unter dem Aspekt des Darwin Awards durchgehen zu lassen^^ 0,105% von etwa 500000 weiblichen Teenagern derzeit, das macht Daumen mal Pi 502,5 Personen ... nun ja, sicher, dramatischer Bedarf an gesetzlichen Regelungen für Schaufensterpuppen^^

mit dem gesunden Menschenverstand gebe ich dir allerdings recht, Padreic, da erlag ich einem unverzeihlichen Anfall von Optimismus^^

Lykurg
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Mi 28. Apr 2010, 15:15 - Beitrag #10

Von den 502 Personen - schlimm genug - müßte man jetzt noch den Anteil berechnen, bei dem Schaufensterpuppen wesentlich dazu beigetragen haben. Ich glaube, sie zählen nicht zu den Hauptschuldigen; Freundeskreise sollten zuerst verboten werden - oder wenigstens staatlich überwacht.

Angesichts vieler wesentlich bedeutenderer Fälle, in denen die Politik nicht reagiert, könnte man es zwar absurd finden, wenn sie es hier tut, die Erfahrung widerspricht dem aber.

blobbfish
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Mi 28. Apr 2010, 18:40 - Beitrag #11

Faszinierend. Ich sehe diese Anziehpüpphen zwar öfters und finde sie garnicht so dürr. Vielleicht liegt das aber auch an Fräulien Weijl, die vorletztes Jahr in knapp lebensgroß im Schaufenster zwischen den Anziehpüppchen posierte.

Lykurg
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Do 29. Apr 2010, 15:39 - Beitrag #12

Ich könnte mir vorstellen, daß eben damit, daß du sie nicht so dürr findest (ich auch nicht) das Problem liegt. Unser Auge orientiert sich an einem Schönheitsideal, dem nur ein Teil der natürlichen Vorbilder, die in diesen Skulpturen nachgeahmt werden, tatsächlich entspricht. Wenn wir darin nur solange kein Problem sehen, wie der Einzelfall sich dem Ideal unterordnet, ist die unangenehme Folge für die Betroffenen evident.^^

Allerdings handelt es sich dabei nicht nur um ein Frauenproblem; Männer werden durch Vorbilder aus Filmen, Werbung (insbesondere Parfüm) und möglicherweise eben auch durch Orientierung an männlichen leichtbekleideten Schaufensterpuppen^^ auf ein Schönheitsideal festgelegt, das sie nur in Maßen erfüllen können - das des durchtrainierten Sportlerkörpers.

Bulimie ist sicherlich ein schwererwiegendes Krankheitsbild, aber völlig außenvorlassen würde ich den Fitneßwahn und Folgen männlichen Übergewichts für die Psyche auch nicht.

e-noon
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Do 29. Apr 2010, 15:49 - Beitrag #13

Wobei es ja nicht mal so ist, dass Männer vor Bulimie völlig geschützt sind.

Allgemein kann man sagen, dass jeder ein Problem hat, der sich an unrealistischen oder krank machenden Vorbildern orientiert. Jetzt alles abzuschaffen, was von irgendjemandem als Vorbild gesehen wird... :rolleyes:

Lykurg
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Do 29. Apr 2010, 15:57 - Beitrag #14

Eben, ich setzte mich ja auch schon für Kontrolle oder Verbot von Freundeskreisen (und Beziehungen!) ein. Deren Einfluß dürfte wesentlich stärker sein. Man könnte auch an allen Puppen und Bildern überschlanker Personen einen Disclaimer anbringen: "Der Bundesverbraucherschutzminister warnt: Magersucht ist eine Krankheit. Ein Model dieser Taillenweite erbricht im Durchschnitt 2,5 mal täglich eine Menge von ... ml."

Ipsissimus
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Do 29. Apr 2010, 15:57 - Beitrag #15

und wir müssen auch sofort Messer abschaffen, bzw. ihre Gebrauch reglementieren. Wer weiß, wieviele unschuldige Haushaltsmesser in den Händen von gestörten Persönlichkeiten dazu benutzt werden, sich selbst zu ritzen. Alles zu deren Schutz, selbst wenn darüber der Alltag aller in die Brüche geht^^

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Do 29. Apr 2010, 17:51 - Beitrag #16

Und die Matrix muss u.a. im Interesse des akedemischen Nachwuchses auch sofort wirksam und ersatzlos geschlossen werden.
Ist ein gelegentlch doch zu netter Zeitdieb...

Traitor
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So 2. Mai 2010, 20:46 - Beitrag #17

Was mich am bisherigen Diskussionsverlauf stört, und so auch immer wieder (hier, in Medien und RL) bei ähnlichen Themen passiert: eine vielleicht nicht sonderlich effektive, aber zumindest auch nicht groß schadende Regelungsinitiative wird sofort gleichgesetzt mit dem Verbieten anderweitig quasi unverzichtbarer Einrichtungen/Objekte/Verhaltensweisen.

Sprich: Wenn durch dickere Schaufensterpuppen 502 Personen, oder auch nur 2, gerettet werden könnten, während sie nun wirklich niemandem schaden, dann ist das durchaus lohnend. Genausoviele, oder auch ein paar mehr, Menschen durch Messerverbot zu retten, während die Gesamtbevölkerung sich dann nur noch unter großem Mehraufwand ernähren kann, ist dagegen ungleich absurder und kein geeigneter Vergleich.

Das andere Problem bleibt aber natürlich, dass ein ursächlicher Zusammenhang von dünnen Schaufensterpuppen und Bulimiekranken nun wirklich nicht offensichtlich ist, und von den Petitionsinitiatoren vermutlich auch nicht nachgewiesen wurde. Und da die Initiative zwar an sich niemandem schadet, aber doch einen gewissen bürokratischen Aufwand mit sich bringt, sollte man die Sache wohl doch lieber schnell wieder vergessen.

Eine gesetzliche Regulierung von Kleidergrößen fände ich da schon sehr viel sinnvoller. Vielleicht auch wegen der gelegentlich ins Spiel gebrachten negativen Konnotationen für gesundes Körpergefühl (warum ist M eine Zwergengröße, während der Durchschnitt bei L-XL liegt?), primär aber einfach, um das System endlich mal logisch, konsistent und überblickbar zu machen. ISO-Kleidergrößen, direkt an das SI gekoppelt, keine zig verschiedenen Systeme, nach Nation, Geschlecht und Kleidungskategorie unterschiedlich, und dann auch noch bei angeblich gleichen Größen völlig verschiedene Ergebnisse je nach Hersteller oder Jahrgang!

blobbfish
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So 2. Mai 2010, 21:11 - Beitrag #18

Naja Lykurg, ich denke, das Problem liegt da nicht allein. Mir fehlt allerdings auch der Vergleich zu andren Puppen. Vielleicht ist auch einfach mein Abstraktionsgrad entscheidend, ich betrachte im wesentlichen die Kleidung an der Puppe und nicht so sehr, wie sie an der Puppe direkt ist. Sollte ich demnächst mal da vorbei kommen, versuche ich drauf zu achten. In Anbetracht des Sommers und Verzicht auf ÖPNV allerdings unwahrscheinlich außer zu Abendstunden auf dem Heimweg mit dem Rad.

Was deine Anmerkung zu Männern betrifft: Finde ich schon schick teilweise, ehrlich gesagt. Ich weiß aber auch, dass ich ohne medizinische Hilfe das nicht erreichen kann, meine Trichterbrust ist dafür die Ursache, selbst wenn ich mich also durchtrainierte, eine solche Brust/Bauch kann ich nicht haben, solange die Trichterbrust da ist. Insofern hat sie auch Vorteile.
Ich versuche aber dennoch einigermaßen figurbetonte Kleidung zu tragen.

Traitor, M ist keine Zwergengröße. Das verbitte ich mir! M passt mir meistens gut, selten, dass es mal zu klein ist. Eher ist L zu groß. D'Accord aber du deinem ersten und zweiten Absatz, ähnliches ist mir auch schon aufgefallen, nicht nur hier. Könnte man mal zu einem eigenen Thema machen. Im Grunde ist es ja ein Transitivitätsproblem.

e-noon
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So 2. Mai 2010, 21:58 - Beitrag #19

Wenn dicke Schaufensterpuppen tatsächlich nur Vorteile und keine Nachteile hätten, wären sie schon längst eingeführt worden. Neben den offensichtlichen Mehrkosten an Material ist es ja gerade das Versprechen nach einer guten (=schlanken) Figur, das die Kleidungsstücke mit Hilfe der dünnen Schaufensterpuppen verkaufen sollen. Wieso sollte ich mir Kleidung kaufen, wenn mir die Ausstellware suggeriert, dass sie mich dick macht?

Anders als bei Abgasregulierungen oder FSK oder Mindesthaltbarkeitsdaten wäre das ein Eingriff in den privaten Bereich Erwachsener Menschen, ohne dass eine Zwangssituation da wäre - im Sinne von Abgasen an einer Straße, denen man nicht ausweichen kann, weil man ja atmen muss; und Abgase sind immer ab einer gewissen Konzentration schädlich; Schaufensterpuppen wohl nur in geringstem Maße, wahrscheinlich gar nicht, jedenfalls nicht zwingend.

blobbfish
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So 2. Mai 2010, 22:21 - Beitrag #20

Das Gegenteil von schlank ist doch nicht gleich dick.

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