Die einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts

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Ipsissimus
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Di 11. Jan 2011, 13:18 - Beitrag #41

als Astronom (und gleichermaßen Theologe) fällt mir noch Georges Lemaître (1894-1966) ein, der Begründer der Urknall-Theorie

Padreic
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Di 11. Jan 2011, 20:32 - Beitrag #42

Dieser war mir bisher noch gar nicht bekannt - scheint aber zum Teil Verdienste errungen zu haben, die ich bisher Hubble zuschrieb.

Traitor
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Di 11. Jan 2011, 21:51 - Beitrag #43

Astronomen habe ich bisher keine vorgeschlagen (mit Ausnahme von Sagan, der als Exobiologe definitiv verkürzt kategorisiert ist), da sie mir meist ähnlich wie Experimentalphysiker eher als Entdecker denn als Erdenker, somit eher als Täter denn als Denker, erscheinen. Durch die weite Rezeption von Kosmologie, Sonnensystementstehung etc. in der Gesellschaft hatte die Astronomie aber sicher ihren großen Einfluss auf das Denken, und viele Astronomen haben natürlich auch viel gedacht. Also könnte ich schon ein paar Vorschläge zusammenbringen:

Shapley, Hubble und Eddington wären wohl die Großen Drei aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts, die noch primär Beobachter waren, aber auch entscheidende theoretische bzw. postularische Beiträge lieferten.

Lemaitre in Isolation zu nennen, ist schwierig, da er zwar einen entscheidenden Beitrag leistete, ansonsten aber recht weit davon entfernt ist, eine bestimmende Figur seiner Disziplin zu sein, wie es fast alle anderen Kandidaten der Liste sind. Zumindest mit Friedmann zusammen müsste man ihn nennen, der ebensowenig eine ganz große Figur ist. Beider Werk wiederum ergibt nur im Zusammenhang mit Hubbles Beobachtungen und Interpretationen und Einsteins physikalischem Hintergrund ein großes Resultat.

Fritz Zwicky wäre astronomieintern auf jeden Fall noch zu nennen, mit seinen erstaunlich oft richtigen Vorhersagen in Bereichen wie Supernovae und Dunkler Materie. Ob insbesondere letzteres ihn auch extern relevant genug macht, mögen Externe beurteilen.

Letztlich ist die Astronomie wiederum eine Disziplin, die schon früh sehr kollaborativ war, und deren große Ideen und Einflüsse sich nicht fertig in den Köpfen einzelner bildeten, sondern nach und nach zusammengesetzt wurden.

Aber vielleicht sehe ich das auch nur durch zu viel Detailwissen so, in anderen Disziplinen ist es eigentlich genauso schlimm, aber als Außenstehender ist man dann dennoch bereit, die Namen zu nennen. ;)

Ipsissimus
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Mi 12. Jan 2011, 11:27 - Beitrag #44

ich habe eher das Gefühl, dass Lemaître der Zunft peinlich ist, da sein Beitrag normalerweise unerwähnt bleibt und Hubble zugeschoben wird, wie Padreic ganz richtig erwähnt^^ dass er nicht alleinverantwortlich ist, kann schon sein, aber er war einfach der erste, der den Gedanken hatte und veröffentlichte - mag sein, dass andere ihn dann aufgegriffen und zur derzeitigen Form weiterentwickelt haben, aber das ist eine Folge und mithin eigentlich ein Kriterium für Relevanz durch Wirksamkeit. Ob er eine bestimmende Figur der Zunft ist/war, erscheint mir demgegenüber als eher zweitrangig. Seine Idee hat die Welt erobert, ohne dass ihm dafür die Anerkennung zuteil wird, die die Idee verdient.

Traitor
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Mi 12. Jan 2011, 22:19 - Beitrag #45

Peinlich wegen seines Priestertums? Nein, eigentlich nicht, das wird sogar in vielen Artikeln und Vorlesungen explizit herausgestellt, wenn auch meist im Sinne einer amüsanten Anekdote.
Wenn du primär nach Erstleistung gehen willst, dann musst du aber eben auch Friedmann nennen, denn dessen wichtiger Beitrag (die erste mathematische Formulierung eines von 0 aus expandierenden Universums) kam noch vor Lemaitre. Lemaitre arbeitete zwar völlig unabhängig davon und eben als erster mit der anschaulichen Vorstellung eines Urknalls dahinter, aber nicht prinzipiell als erster.

Gerade in solchen Fällen paralleler Entwicklungen denke ich auch, dass Prioritätsrechte in der Wissenschaftsgeschichte überbewertet werden und es vielleicht auch in jener, zumindest aber bei unserer Frage nach "einflussreichsten Denkern", mehr auf die Personen ankommt, die die Ideen wirklich vorantrieben, überblickten und zur Reife brachten.

Mit "euren" Astronomen habt ihr mich jetzt übrigens ganz vom letzten, noch nicht ausdiskutierten Themenbereich abgebracht. ;) Einzelpersonen, die nur innerhalb fremder Kulturbereiche bekannt sind, können wir natürlic schwer beurteilen. Ipsi, du dürftest aber einen ganz guten Ansatzpunkt für die oft beschworenen "Mittler zwischen Ost und West" haben. Zen und anderer Buddhismus sind im Westen ja längst nicht mehr unbekannt und haben einige Ideen ins allgemeine Bewusstsein gebracht. Sind da herausragende Personen zu nennen, Meister, Bestsellerautoren?
Am ehesten in die Richtung ging bisher Jans Nennung von Ravi Shankar, aber vielleicht lässt sich ja jemand abstrakteres finden.

Ein ähnlicher Gedankengang zu kulturellem Einfluss außerhalb der akademischen Disziplinen: Wie sieht es mit Vertretern der "Gegenkultur" von 50ern bis 70ern aus? Der gesellschaftliche und denkerische Einfluss ist unbestreitbar. Aber wer der bekannten Proponenten könnte als Denker im Threadsinne und nicht nur als Künstler, Aktivist oder Vorleber gezählt werden? Kerouac, Ginsberg, Gainsbourg, Dutschke, Langhans wären so ein paar prominente Namen aus diesem Umfeld, von denen ich aber keinen guten Gewissens für die Liste vorschlagen würde. Gibt es einen geeigneteren?

Ipsissimus
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Do 13. Jan 2011, 01:53 - Beitrag #46

für die Ausbreitung des Zen in Europa und Amerika war sicher Daisetz Teitaro Suzuki (1870 bis 1966) die zentrale Figur.

Bezogen auf den eher deutschsprachigen Raum könnte man mit Bauchgrimmen noch Karlfried Graf Dürckheim (1896 - 1988) nennen, mit gegenüber Susuki reduziertem aber deutlichen Einfluss auf die Entwicklung in Europa, und ohne Bauchgrimmen Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 - 1990), einer meiner Lehrer (auch wenn ich dessen doppelten Weg nicht teile, vielleicht noch nicht).

Für den Hinduismus wäre Mukunda Lal Ghosh zu nennen (1893 - 1952), mit großem Einfluss im Westen, vor allem in den USA.

Ramakrishna Paramahamsa (1836 -1886) fällt zeitlich aus dem Rahmen Padreics heraus. Er wäre allerdings trotzdem zu erwägen, zum einen wegen seiner überragenden Bedeutung, zum anderen, weil seine wesentliche Wirkungszeit im Westen erst im 20ten Jahrhundert einsetzte, und das westliche Bild vom Hinduismus massiv mit bestimmte

Jiddu Krishnamurti (1895 - 1986) wäre noch zu erwähnen, sowie Aurobindo Ghose (Sri Aurobindo, 1872 - 1950), aber die vertreten eher esoterische Richtungen des Hinduismus, was allerdings nichts an ihrer Bedeutung schmälert

Milena
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Do 13. Jan 2011, 12:27 - Beitrag #47

....wurden mal die computerwissenschaftler erwähnt...? oder ist das nicht so relevant...ich meine, sonst wären wir alle hier nicht das, was wir sind: Matrixler...^^
wenn doch, dann habe ich bischen recherchiert:

Hartnäckig hält sich das Gerücht, das Internet sei im Auftrag des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums entwickelt worden, um im Falle eines Atomkrieges über ein ausfallsicheres Kommunikationsnetz zu verfügen. Wahr ist, dass das Internet-Projekt aus der Advanced Research Projects Agency (ARPA) hervorging, die 1957 gegründet wurde, nachdem es den Russen gelungen war, den ersten Satelliten ins All zu schießen. Wahr ist auch, dass die ARPA dem Pentagon unterstellt war. Das Ziel der Gründung war jedoch eine generelle Förderung der U.S. amerikanischen Wissenschaft, um den technologischen Vorsprung Russlands wettzumachen

Den ersten Entwurf eines weiträumigen und universellen Kommunikationsnetzes lieferte J.C.R. Licklider mit seinem Konzept vom Intergalaktischen Netzwerk. Licklider war bis 1964 bei der ARPA tätig und gab mit seinen Vorüberlegungen erste Anstöße für eine neue Richtung in der Netzforschung. Im weiteren Verlauf der 1960er Jahre wurden immer mehr Computerwissenschaftler bei der ARPA beschäftigt, was zur Folge hatte, dass die Ausgaben für die Computerausstattung stiegen.

Den ersten konkreten Entwurf für ein Netzwerk entwickelte Larry Roberts, ebenfalls Mitarbeiter der ARPA im Jahr 1966. Das sogenannte ARPANET sollte drei Jahre später zum ersten Netz werden und den Ursprung des heutigen Internet bilden.

Weitere universitäre Netze folgten im Laufe der folgenden zehn Jahre, so dass das Internet bis Mitte der 1980er Jahre in weiten Teilen Westeuropas, Kanadas, Japans und der ehemaligen Sowjetunion verfügbar war.

na und der rest ist uns ja bekannt...^^

Ipsissimus
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Do 13. Jan 2011, 12:40 - Beitrag #48

das ist aber kein Wiederspruch, Schatz, ARPA (heute DARPA) ist eine Regierungsinstitution, deren Gründung sicher durch den Sputnik-Schock massiv beeinflusst wurde. Eines der ersten Ziele von ARPA im Rahmen allgemeiner Militärforschung war aber auch die Gewährleistung funktionierender militärischer Telekommunikationswege selbst im Falle eines Atomkriegs.

Licklider sehe ich für die Liste als durchaus relevant an, bin jedoch nicht sicher, ob das Ausmaß seines Einflusses über ARPA hinaus ausreichend groß ist. Mal schauen, was die anderen davon halten^^ bei Roberts wird es wahrscheinlich so sein, dass er durch das Raster fällt, weil er zu praxisorientiert ist, aber auch da will ich natürlich nicht vorgreifen.

Maglor
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Do 13. Jan 2011, 20:35 - Beitrag #49

Der größte Theologe des 20. Jahrhundert war Scheich Ahmad Jassin (1936 - 2004). Er gründete die Hamas, war ihr spiritueller Führer und baute diese Muslimbruderschaft später zur Guerilla-Gruppe aus und gilt schließlich als geistiger Vater des sunnitischen Selbstmordattentates, welches er mit dem nötigen theologischen Singsang unterfütterte. Er liebte den Tod von ganzen Herzen.
Wie kein anderer prägte er das Bild des Islams im Westen.

Traitor
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Fr 14. Jan 2011, 22:33 - Beitrag #50

An Physikern möchte ich noch Steven Weinberg nachnominieren, einer der ganz wenigen im späteren Teil des Jahrhunderts, der noch über Bereichsgrenzen hinaus großen Einfluss hat. Hauptsächlich in der Quantenfeldtheorie zuhause (Nobelpreis für elektroschwache Theorie), ist er auch eine führende Person in Relativitätstheorie und Kosmologie. Und wohl auch recht aktiv und einflussreich in allgemeinen Wissenschaftskulturdebatten.

Mit Turing und von Neumann stehen die theoretischen Väter der Computerwissenschaft schon auf der Liste. Die Konstrukteure der ersten Geräte, Zuse und seine angloamerikanischen Kollegen, sowie diverse Programmiersprachen- und Betriebssystem-Väter sind uns wohl zu praktisch orientiert für die Liste, wobei man Programmiersprachenentwicklung eigentlich schon als genügend Metaebenen hoch angesiedelt ansehen könnte, um es wieder als Theorie und hohes Denken zu zählen.
Mit den Internetvätern sieht es ähnlich aus. Licklider sagte mir bisher nichts, scheint aber auch bei AI und Betriebssystemtheorie sehr relevant zu sein, das könnte ihn insgesamt listenwert machen. Wie sieht es mit noch früheren Theoretikern aus, etwa dem von Project Xanadu, Ted Nelson, oder dem recht obskuren Vannevar Bush? (Die Namen musste ich jetzt bei Wikipedia nachsehen, soviel zur Bekanntheit.) Ich würde dazu neigen, zu denen eher dasselbe zu sagen wie zu Lemaitre und Friedmann in der Kosmologie, nämlich, dass Erstbeiträge ohne Erfolg und komplettes Theoriegebäude nicht unbedingt als Qualifikation reichen. Der spätere und populärere Tim Berners-Lee wiederum scheint mir zu einem großen Teil ein Fall von "richtige Idee zur richtigen Zeit" gewesen zu sein und auch eher Mann der Tat als Denker.

Maglor, Jassin dürfte es wohl nur auf die sehr-strittig-Stufe zusammen mit Mao und Konsorten bringen.

Padreic
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Do 20. Jan 2011, 00:14 - Beitrag #51

@Traitor: Deinen Ausführungen über Astronomen kann ich zustimmen. Zwicky ist auch in der Tat ein interessanter Kandidat. Steven Weinberg ist sicherlich ein interessantes Gegengewicht zu Witten: er scheint einer der letzten theoretischen Physiker gewesen zu sein, die tatsächlich Physik machen ;).

Die Entwickler des Computers zu benennen, scheint äußerst verwickelt zu sein. Im Prinzip wurde der erste Computer (der sogar Turing-mächtig war) natürlich von Charles Babbage entwickelt. Er war programmierbar, was von Ada Lovelace auch in Form eines Programms demonstriert wurde. Somit ist die erste Programmiersprache schon so alt - die ersten höheren Programmiersprachen kamen natürlich sehr viel später, aber z. B. Fortran war jetzt gedanklich nicht meilenweit von einer Sammlung von Assemblermakros entfernt. Überraschenderweise hatte Babbage tatsächlich auch Einfluss auf die Entwicklung des Computers.
Neumann war tatsächlich gar nicht mal so entscheidend für die Entwicklung des Computers - die entscheidenden Ideen stammen alle von anderen, er hat sie nur in einem Report zusammengefasst. Zuse war natürlich sehr wichtig: er baute den ersten funktionsfähigen Turing-mächtigen Rechner und hat auch theoretisch bedeutendes geleistet - ist aber geradezu erschreckend wenig einflussreich gewesen. Howard Aiken und Tommy Flowers waren auch bedeutende Gestalten bei der Entwicklung von elektronischen Computern...
Zusammenfassend: vieles wichtige wurde bereits im 19. Jahrhundert gemacht. Gedanklich am wichtigsten war im 20. Jahrhundert hier vielleicht Zuse, hat aber fast keinen Einfluss gehabt.

Bei den Entwicklern des Internets finde ich auch schwierig zu entscheidend, was nur eine mehr oder weniger offensichtliche Idee war, die jemand im richtigen Moment geäußert/umgesetzt hat und was ein wesentlicher Gedanke war. Dass ein weltweites elektronisches Netz zum verschicken von Daten Nutzen haben würde, nunja, ist das so überraschend? ;) - eine der interessantesten Sachen in der Geschichte der Computerinnovationen finde ich auch immer noch das XEROX-Parc, was wesentliche Teile der Computerinnovation der 70er geleistet hat, wovon Xerox aber fast nichts umgesetzt hat - dafür umso mehr Apple ;).

Traitor
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Do 20. Jan 2011, 00:23 - Beitrag #52

Man könnte vielleicht sogar so weit gehen, zu sagen, dass die Idee eines Computers gar nicht so eine große Leistung ist, sondern vielmehr seine praktische Umsetzung. Solange man nicht zu wirklich verwickelten Details geht, die dann wiederum zu speziell für unsere Ansprüche hier sind, geht es ja eigentlich nur darum, besonders pedantisch und formell aufzuschreiben, was ein Mensch ganz trivial kann.

Padreic
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Do 20. Jan 2011, 00:27 - Beitrag #53

Wenn man "Klar darüber werden, was man eigentlich so macht." als trivial bezeichnet, ist wohl die Philosophie eine einzige Anhäufung von Trivialität. Aber das behauptest du vielleicht eh ;).

Traitor
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Do 3. Feb 2011, 18:10 - Beitrag #54

Nein, zumindest in diesem Fall hätte ich die Philosophie sogar als Gegenpol zu dieser Art der Trivialität in Stellung gebracht. ;) Was ich der Informatik hier unterstelle, ist ein gewisser Mangel an Explorativität gegenüber reiner Formalisierung bereits intuitiv erschlossener Felder.
Aber sonderlich haltbar ist der Vorwurf nicht. Zum einen trifft er genauso auf manche Entwicklungsphasen bzw. Felder der Mathematik und Physik zu. Zum anderen hat die Informatik natürlich aus diesem Ansatz heraus ziemlich spannende Befunde erzielt und die praktische Entwicklung wie bekannt angeregt.

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Do 10. Nov 2011, 11:33 - Beitrag #55

nur eine kleine Anmerkung zum Verhältnis zwischen Hubble, Lemaitre und anderen

http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,796739,00.html

woher der Autor allerdings seine Überschrift ableitet, bleibt ein bisschen spekulativ. Zwar hat Hubble offenbar nichts mit der Zensur zu tun, aber anhand des Zeitaufrisses ist eigentlich deutlich, dass er trotzdem zu Unrecht als Entdecker der Hubble-Konstante und erster Theoretiker des Urknalls gilt

Traitor
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So 11. Dez 2011, 15:37 - Beitrag #56

Dass Lemaitre auch Beobachtungsdaten ausgewertet hat und nicht nur hypothetisierte, war mir neu. Damit schrumpft Hubbles Beitrag tatsächlich darauf, erstmals so genaue Daten ausgewertet und diese so publiziert zu haben, dass sein Ergebnis allgemein anerkannt wurde.

Ich bleibe aber bei meiner Einschätzung: die Anfänge der Kosmologie im modernen Sinne können nicht einem Einzelnen zugeschrieben werden, sondern Friedman, Lemaitre, Einstein, Hubble, Eddington und anderen zusammen.

Generell muss man aber auch noch anmerken, dass beide letztlich nur ihnen gefällige Aussagen in die Daten hineingelesen haben, mit ihren Geradenfits wären sowohl Lemaitre als auch Hubble heutzutage mit Pauken und Trompeten durch's Anfängerpraktikum gerasselt. ;) Eine wirklich solide Datenbasis gab es erst deutlich später.

Und wieso müssen Wissenschaftshistoriker eigentlich diesen unsäglichen Hang zur Polemik haben...? Alle verlinkten Arbeiten wären deutlich besser, wenn sie einfach sachlich ihre Ergebnisse präsentieren würden.

Padreic
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So 11. Dez 2011, 17:19 - Beitrag #57

Die Polemik mag eher daran liegen, dass es der Spiegel ist, als dass es in der Wissenschaftsgeschichtswissenschaft (tolles Wort ;)) üblich ist. Entwicklungen nur einer Person zuzuschreiben, sind übrigens natürlich fast immer grob vereinfachende Darstellungen.

Traitor
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So 11. Dez 2011, 17:26 - Beitrag #58

Ich meine nicht den Spiegel-Quartärartikel, sondern die darin verlinkten Artikel von van den Bergh und Block. Bei Livio bin ich mir über den Stil nicht mehr sicher, habe ihn schon vor Wochen gelesen und bin gerade zu faul, über VPN an den Nature-Artikel zu kommen, um nochmal reinzulesen. Und es ist darüber hinaus mein genereller Eindruck (von sehr groben Stichproben her), dass so ein Stil in der Wissenschaftsgeschichtswissenschaftsgeschichte durchaus öfters schonmal vorkam. ;)

Lykurg
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Mo 12. Dez 2011, 02:55 - Beitrag #59

Das sollte die Wissenschaftsgeschichtswissenschaftsgeschichtswissenschaft allerdings beizeiten gründlich untersuchen und im Sinne künftiger, fleißiger Forschergenerationen frei zugänglich publizieren.

SCNR^^

Ipsissimus
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Mi 4. Apr 2012, 13:25 - Beitrag #60

Wurde schon Peter Higgs (1929 - ) nominiert? Das gottverdammte Teilchen hält die Zunft ganz schön auf Trab, und wenn es gefunden werden sollte, dürfte das DIE wissenschaftliche Theorie des Jahrhunderts gewesen sein

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