Das finde ich nicht sonderlich überraschend. Von den wenigsten meiner Freunde und Bekannten, die Zivildienst gemacht haben, kann ich mir vorstellen, daß sie das freiwillig gemacht hätten; bestenfalls im Nachhinein, da sie der Überzeugung waren, etwas Sinnvolles getan zu haben, was sie ausfüllte und ihnen was zurückgab, das ist aber eine Einsicht, die erst währenddessen kommt und so auch nicht zu vermitteln ist - denn ob es 'funktioniert', läßt sich wohl kaum im Voraus sagen. Dazu kommt aber noch, daß die derzeitigen Schüler und Studienanfänger seitens Staat, Gesellschaft und Medien so sehr auf Geschwindigkeit gedrillt werden, dazu gedrängt werden, so schnell wie möglich ihre Ausbildung zu machen und sich einen Beruf zu suchen, daß viele noch nicht einmal mehr Auslandsaufenthalte einzuschieben wagen, geschweige denn einen Freiwilligendienst, dessen Notwendigkeit sie nicht sehen und zu dem sie keine Lust haben. Auch finanzielle Anreize können hier nur bedingt etwas erreichen, es ist eine Bewußtseinsfrage. Der ntv-Artikel denkt insofern auch bemerkenswert zu kurz, wenn er die De-Maizière-Aussage "Es ist gut, wenn Du überhaupt was tust und nicht nur an die Karriere oder an das Chillen denkst." in der Überschrift auf "Nicht nur an das Chillen denken" reduziert. Das Problem ist hier ein selbstgeschaffenes. Daß es teurer würde, war ebenfalls zu erwarten, schließlich ist eine staatliche Zwangsmaßnahme nicht an Marktpreise gebunden, die natürlich höher sind als die Entlohnung für Zivis oder das Taschengeld für die jetzigen Freiwilligen (350 €; fraglich, wieviele Arbeitslose dafür zu gewinnen sind). Vieles wird nicht mehr leistbar sein, andererseits gab es natürlich auch sprichwörtlich viele Zivistellen, auf denen fast nichts getan werden mußte; davon werden aus Kostengründen nun viele wegfallen oder zusammengefaßt werden. Das Problem hätte sich bewältigen lassen, wenn man die Wehrpflicht durch ein allgemeines Dienstjahr ersetzt hätte; allerdings handelt es sich dabei um einen so schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit der Lebensgestaltung, daß ich erhebliche Zweifel daran habe, daß derartiges wünschenswert gewesen wäre. Aus eben diesem Grund war ja die Abschaffung der Wehrpflicht für mich unumgänglich, die Notwendigkeit hierfür war nicht mehr gegeben. Inwieweit das aber für den Zivildienst anders ist, wird sich zeigen; ich rechne zwar nicht mit einem flächendeckenden Einbruch, aber daß vielerorts Leistungen zurückgehen, etwa die Betreuung in Kindergärten, Krankenhäusern und Pflegeheimen schlechter wird, liegt auf der Hand.
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