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Deklination von Eigennamen

BeitragVerfasst: Fr 12. Aug 2011, 22:01
von janw
Im Zusammenhang mit lateinischer Grammatik fiel mir ein, daß mir einige Male in Texten aus dem 19.JH eine Einbeziehung von Eigennamen in die Deklination begegnet ist, erinnerlich ist mir ein entsprechender Satz aus "1001 Nacht", in dem irgendwer "Morgianen" um etwas bat oder ihr etwas brachte (Morgiane ist eine Sklavin). Außerdem noch irgendein Zitat aus dem Umfeld von Goethe.

Handelt es sich um Einzelfälle, vielleicht in dichterischer Absicht, ist es Ausdruck des "Antikenkults" der Zeit, oder liegt dem gar etwas anderes zu Grunde?

BeitragVerfasst: Fr 12. Aug 2011, 23:30
von Lykurg
Kein Antikenkult, sondern viel älter - die Deklination von Eigennamen war schon im Alt- und Mittelhochdeutschen üblich, ist erst im Laufe des 19. Jahrhunderts außer Mode gekommen, abgesehen von einigen wenigen Restbeständen (was etwa die Angelegenheiten Jesu Christi betrifft). Für die Zeit Goethens ist das aber jedenfalls noch sehr gebräuchlich.

BeitragVerfasst: Sa 13. Aug 2011, 11:38
von Traitor
Das Phänomen bilde ich mir sehr gelegentlich auch noch aus dem späten 19. und frühen 20. ein, weiß aber gerade kein konkretes Beispiel.
Genaugenommen ist die Eigennamendeklination auch heute noch nicht tot, im Gegensatz zum allgemeinen Trend hat hier ausgerechnet der Genitiv überlebt. ;)

BeitragVerfasst: Do 18. Aug 2011, 11:38
von Ipsissimus
Für die Zeit Goethens
wurde dieser Genitiv früher so gebildet? Daran vermag ich mich gar nicht zu entsinnen. Oder bezieht sich das gar nicht auf den deutschen Dichter sondern auf einen Herrn Goethen?^^

der Akkusativ à la "Morgianen" war weit verbreitet; ich benutze ihn gelegentlich auch scherzhaft in Gesprächen und sogar falsch als Dativ ("gib Petern doch das Messer"^^)

BeitragVerfasst: Do 18. Aug 2011, 11:52
von Lykurg
Schon, doch, das kam vor, ich hätte natürlich auch gleich Göthens ö-Schreibung thematisieren können, besonders apart mit Apostroph.
Ich fände es aber auch etwas beängstigend, wenn du dich an die Zeit noch allzu gut erinnern könntest.^^ Historisch ist das (e)n-Suffix im Dativ meines Erachtens auch nicht falsch.

Und ja, Traitor, ich gebe dir recht, sowieso für archaisierende Schreibweisen. Ich tat mich auch etwas schwer mit der zeitlichen Eingrenzung, würde aber den Übergang im allgemeinen Sprachgebrauch eher ansetzen, und darum ging es mir vornehmlich ('aus der Mode kommen').

BeitragVerfasst: Mo 29. Aug 2011, 22:05
von Maglor
Ja, das ist mir bei Göthe auch schon aufgefallen, besonders bei Iphigenie auf Tauris. Der alte Göthe beugte die Namen noch in alle vier Fälle, zusätzlich noch ein Vokativ.
Die Deklination von Eigennamen ist übrigens in vielen Sprachen üblich, besonders ausgeprägt im Russischen.
Die Kasus-Endungen verschwinden langsam bei den Substantiven, vor allem das Dativ-e - eigentlich eher ein Schwa - ist schon so gut wie tot. Im Falle des Genitives wird ja viel Lärm um nichts gemacht. Das Genitiv-s ist noch relativ lebendig.