Auf 2950 probierte Sorten komme ich vermutlich nicht, aber doch schon auf eine ziemlich beachtliche Anzahl, maße mir also einigermaßen qualifizierte Kommentare an.
Bernadini kenne ich als den "& Compagnon" eines meiner bevorzugten Hersteller, Coppeneur.
Anscheinend ist er dort aber seit 2 Jahren nicht mehr, die "neuen Projekte" waren dann wohl dieses Buch.
Der Welt-Titelzeilenverantwortliche hat sich auf jeden Fall mal wieder selbst untertroffen, ”Ich empfehle nur zwei Schokoladen-Hersteller” ist ja wohl ein dreistes Fehlzitat, im Text bezieht Bernadini das ausschließlich auf Belgien (die zwei: Marcolini, eine meiner 3-5 absoluten Lieblingsmarken; und Gerbaud, von dem kenne ich nur Tafeln mit mehr Beilagen-Nüssen oder -Gewürzen als Schokolade, ganz nett, aber nicht meins), ansonsten lobt er auch viele, ohne Namen zu nennen (das Buch muss sich ja noch verkaufen). Die Belgien-Kritik trifft dabei im Grundsatz durchaus, vor allem die dortige Neigung zu übertriebener Fettigkeit nervt mich. Neben den 2 würde ich aber durchaus noch mehr Hersteller für mittleren bis gehobenen, wenn auch nicht höchsten, Anspruch empfehlen, s.u.
Spannend finde ich seine ätzende Kritik an Rausch ("der Hersteller – eine bekannte deutsche Marke", ganz klar zuordnenbar) bezüglich der Herkunftsbezeichungen - genau das hatte ich mich auch schon gefragt, wie sie tatsächlich an die großen Mengen herkunftsreinen Kakaos für ihre Produktionsmengen kommen wollen. Aufgefallen ist mir auch, dass sich die genauen Namensangaben einiger Sorten in den letzten Jahren geändert haben, teils unspezifischer wurden (konkreter Plantagenname -> "Madagaskar", damit ist seine eine spezifische Kritik schonmal hinfällig), teils einfach nur anders. Aber nicht abstreiten lässt sich, dass ihre verschiedenen Sorten alle durchaus verschiedene geschmackliche Charakteristiken haben, die über den reinen Prozentanteil herausgehen. Wenn hier also tatsächlich geschummelt wird, was ich durchaus für sehr wahrscheinlich halte, dann wird geschickt geschummelt und mit charakterlich ähnlichen Bohnen gestreckt. Daher sind die Rausch-"Plantagenschokoladen" im Verhältnis zum Preis für mich weiterhin ein sehr empfehlenswertes Produkt - keine echte Spitzenware, aber lecker und vielfältig. Für mich Unterwegs-Konsumware, für Einsteiger eine gute Wahl zum Gaumentraining..
An seinem US-Lob ist durchaus etwas dran, selbst Hershey's hat inzwischen eine brauchbare Gourmet-Linie (knapp auf einem Niveau mit Lindt), es gibt mehrere solide Bio-Hersteller, und die vielen kleinen Pralinerien sind mir auch schon aufgefallen. Wirkliche Spitzenware ist mir dort aber noch nicht untergekommen, ich werde wohl mal in sein Buch sehen und mir Empfehlungen abholen müssen.
Eine kurze Liste meiner absoluten Empfehlungen:
Pierre Marcolini (Belgien)
Valrhona, Bonnat (Frankreich)
Amedei, Domori (Italien)
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großer Abstand
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Coppeneur (Deutschland, nur manche Sorten)
Zotter (Österreich, nur manche Sorten)
Neuhaus, Dolfin (Belgien)
Dingens, Dingens und Dingens (Belgien - lokale Pralinenhäuser in Brüssel und Brügge, müsste ich recherchieren)
Leysieffer (Deutschland, wenige Sorten)
Venchi (Italien, wenige Sorten)
Viele Hersteller, von denen ich nur wenige Sorten kenne und mich teilweise leider nichtmal an den Namen erinnere (u.a. Dagoba, El Rey, Voisin, Amatellier, ...)
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noch größerer Abstand, keine Gourmet-Qualitäten mehr, aber gut zum Konsum
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Lindt, Hachez, Rausch, Godiva, Black & Green, Blanxart, Leysieffer (jeweils nicht alle Sorten)
Von allen bisher probierten Sorten folgender Hersteller muss ich trotz mittlerem bis gehobenem Preisniveau klar abraten:
Café-Tasse, Galler (Belgien)
Heilemann (Deutschland)