Ist Homosexualität normal?

Erlebnisse und Erfahrungen aus den schönsten und den traurigsten Stunden des Lebens. Träume von der perfekten Liebe und ein Kummerkasten für ihr Scheitern.
Noriko
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Mo 3. Jan 2005, 12:30 - Beitrag #161

exs
natprlich ist sowas unangenehm, ich denke du wärest genasu "verstört" gewesen wenn es ein Hetenpährchen gewesen währe.
Uch fidne die Vorstellung Von Homosexuall Männlichem Geschlechtsverkehr auch für mich abstossend, aber ich habe nichts dagegen wenn andere ihn beitreben, solange sie (beide) spass daran ahben und niemand sonst geschadet wird.
des gillt aber Geneso für Hetereo sex. SOllen sie es treiben wie ssie es wollen, wenns ihnen spass macht und niemandem Schadet.

MartinR
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Mo 3. Jan 2005, 15:48 - Beitrag #162

@noriko:

Ich will nich sagen "abstoßend" aber seltsam finde ich Heterosex auch schon *smile*

e-noon
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Do 1. Apr 2010, 00:17 - Beitrag #163

Mir fällt da grade noch folgende Frage ein: Ist Rothaarigkeit normal? Ist Blondsein normal? Sind Locken normal? :confused:
"Eine von mehreren normalen Varianten" trifft es imo besser als normal/unnormal.

Ipsissimus
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Do 1. Apr 2010, 09:53 - Beitrag #164

ich frage mich gerade, was Normalität damit zu tun hat. Meine Frage wäre einzig und allein, ob darin ein echtes, tief empfundenes Bedürfnis zum Ausdruck kommt, und ich glaube, dass diese Frage für den allergrößten Teil der Geschlechtlichkeit bejaht werden kann, völlig unabhängig davon, welche Geschlechter sie zusammenführt. Es kann m.E. keine normalen Spielarten von Sexualität geben, weil es erstens keine unnormalen gibt, und zweitens der Normalitätsbegriff, der ohnehin schon mit Problemen überfrachtet daherkommt, in diesem Bereich überhaupt nichts zu suchen hat.

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass in einer auf Polaritäten aus seienden Gesellschaft, in der Homosexualität traditionell als unnormal gilt - wobei diese "unnormal" m.E. nur ein dürftig kaschierter Euphemismus für "abstoßend" oder "ekelerregend" ist -, Homosexuelle oft genug ein Bedürfnis nach Normalität empfinden, also ihre Sexualität mit ihrer wie bei fast allen Bürgern auch spießbürgerlichen Seele versöhnen wollen. Dazu kann ich nur sagen: Jungs und Mädels, betrachtet euch nicht durch die Augen des Feindes. Lernt, euch selbst zu lieben und schei... auf den Rest. Das würde ich auch jedem Bürger empfehlen, wenn es en gros nicht vergebliche Liebesmüh wäre.

/edit ich sehe gerade, dieser Kampf wurde ja längst geführt in diesem Thread^^ betrachtet das Geschriebene also einfach als eine Art Update, wenn es überhaupt von Interesse ist^^

e-noon
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Do 1. Apr 2010, 10:59 - Beitrag #165

Ich denke, du hast es sehr gut getroffen, Ipsi. Dennoch war die Ausgangsfrage, ob Homosexualität "normal" sei, und natürlich kann man die Frage selbst kritisieren ;) , aber meine Antwort, wenn sie denn Normalität einbeziehen müsste, wäre obige.

Ansonsten gilt bei mir sowieso, dass alles, was geistig gesunde Erwachsene im gegenseitigen Einverständnis tun, ok ist.

Lykurg
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Do 1. Apr 2010, 14:04 - Beitrag #166

Normalität hat enorm^^ viel damit zu tun - schließlich beeinflußt das über soziale Normvorstellungen geregelte moralische Empfinden einer Gesellschaft stark, wie sie mit ihren Individuen umgeht. Und da es zu den Selbstverständlichkeiten gesellschaftlicher Normen gehört, daß sie sich in einem stetigen Wandel befinden, müssen auch diese Fragen von Zeit zu Zeit gesellschaftlich diskutiert und Regeln neu konstituiert werden.

Daß es große gesellschaftliche Teilgruppen gibt, die Homosexualität (die Abkürzung des Begriffs in den ersten Beiträgen finde ich übrigens ungeschickt^^) nicht als 'normal', will sagen nicht den gesellschaftlichen Standards entsprechend, empfinden und entsprechend meinen, sanktionieren zu dürfen und müssen, ist traurige Realität. Das gilt ebenso für die absolute Alltagsbeschimpung "schwul" unter Schulkindern wie für Sportvereine und Teile diverser religiöser Gruppierungen.

Andererseits sind die diesbezüglichen Anschauungen in einigen dieser Ecken seit Jahrzehnten im Wandel begriffen, um so berechtigter und notwendiger ist es, sich zu fragen, wo Homosexualität eigentlich noch nicht als normal gilt - und wie man dies ändern kann. Bild

e-noon
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Do 1. Apr 2010, 14:18 - Beitrag #167

Bibel und Koran umschreiben wäre ein erster Schritt, Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren gleichstellen ein zweiter. Immerhin ist auch bei heterosexuellen Pärchen die Ehe längst nicht mehr rein zur Familienplanung gedacht und angestrebt. Adoptionsrecht ebenfalls anpassen.

"Schwul" als Schimpfwort ist oft nicht gegen Homosexuelle gerichtet, wird zum Beispiel auch auf Missgeschicke angewandt und hat teils eine komplette Bedeutungsverschiebung erfahren... Natürlich ist es unglücklich, aber nicht jeder, der es als Schimpfwort benutzt, denkt dabei an die Verunglimpfung von Homosexuellen (oder sympathisiert damit).

Lykurg
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Do 1. Apr 2010, 14:56 - Beitrag #168

Nein, aber gerade mit dieser Vermischung zwischen gezielter und ungezielter Verwendung wird der Verunglimpfung Tür und Tor geöffnet und unter Schulkindern (zum problematischsten Zeitpunkt der sexuellen Selbstdefinition in der Pubertät) praktisch unmöglich gemacht, sich zu outen. Ich erinnere aus meiner ganzen Schulzeit nur einen einzigen geouteten Schwulen, und der hatte einiges zu ertragen (war in der Stufe über meiner). Von zwei ehemaligen Klassenkameraden habe ich es erst später erfahren.

Wie man die Schimpfwortverwendung abschaffen kann, ist mir auch nicht klar, Voraussetzung wäre aber eben anerkannte gesellschaftliche Normalität.

Umschreiben lassen die Texte sich nicht, das ist philologisch unbrauchbar. Historisch-kritische Islamwissenschaft wäre erforderlich, und Sicherstellung, daß Koran- und Bibelauslegung mit den untragbaren Äußerungen vergangener Jahrtausende verantwortungsvoll umgeht.

e-noon
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Do 1. Apr 2010, 15:34 - Beitrag #169

Nur wie, wenn das ganze als Gottes Wort verkauft wird? :confused:

Du darfst mit einem Manne keinen geschlechtlichen Umgang haben wie mit einer Frau; es wäre ein Greuel.

Gott meinte das sicher ganz anders, als es die Mehrheit der Christen in den USA interpretiert.

Nach dem Koran sollen schwule Handlungen (lesbische werden nicht erwähnt) bestraft werden, allerdings wird nicht gesagt, wie. Wenn die Täter sich dann bessern, soll man von ihnen ablassen. Trotzdem werden in vielen arabischen Ländern Homosexuelle mit dem Tod bedroht.

Das andere Extrem ist dann wohl dieser Indianerstamm:
Bei einem weiteren Stamm ist es Sitte, dass männliche Kinder die Jugendlichen des Stammes oral befriedigen, um durch den aufgenommenen Samen zum Mann heran zu reifen

Tjaja, der Glaube...

Mit der Verwendung des Schimpfwortes hast du natürlich Recht, allerdings denke ich nicht, dass es allein davon abhängt, ob jemand sich outet oder nicht. Manch einer wird den Sinn dahinter vielleicht auch nicht vertreten; ebenso wie ein Heterosexueller sich nicht als solcher outen muss.
Wichtig wird es erst, wenn man sich verliebt, und da muss man sich auch als Heterosexueller irgendwann outen, wenn man auch das Problem, dass der Schwarm seine sexuelle Orientierung nicht kennen oder gutheißen könnte, wohl eher nicht hat.

Lykurg
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Do 1. Apr 2010, 18:56 - Beitrag #170

Bei denen, die das ganze als Gottes ungefiltertes Wort auffassen, läßt sich eventuell noch mit Auslegung was machen - wir verstehen das falsch, ohnehin: wie sollte ein Mann geschlechtlichen Umgang mit einem Mann haben wie mit einer Frau? Das ist nicht nur ein Greuel, sondern überdies biologisch unmöglich (wenn es umgekehrt formuliert wäre, wäre es etwas anderes...)
Über Textkritik kann man eventuell noch Schichten auseinandersortieren und feststellen, daß etwa bestimmte Passagen später hinzugefügt sind, und eine zielgerichtete Änderung als unbrauchbar erklären. Dürfte allerdings schwierig werden, und ich finde nicht, daß man ein solches philologisches Werkzeug mit vorgegebenen Ergebnissen mißbrauchen sollte.
Gegen Fundamentalisten, die davon überzeugt sind, ihre Auffassung sei die einzig richtige (im Zweifel auch gegen das, was da steht), hilft aber ohnehin nur Ausbrennen. Bild
Mit der Verwendung des Schimpfwortes hast du natürlich Recht, allerdings denke ich nicht, dass es allein davon abhängt, ob jemand sich outet oder nicht. Manch einer wird den Sinn dahinter vielleicht auch nicht vertreten; ebenso wie ein Heterosexueller sich nicht als solcher outen muss.
Sicher hängt es nicht nur davon ab. Ich meine auch nicht, daß das Outing als solches einen Wert an sich hätte, sondern daß vermutlich die betroffenen Schüler ihre sexuelle Orientierung lieber verstecken als ihr gemäß zu leben, aus Angst vor kollektiven Repressalien, deren zu erwartendes Eintreten u.a. durch Gebrauch von Schimpfwörtern vorangekündigt wird, auch ggf. über Diffamierung von möglichen Identifikationsfiguren. Meinst du, in einem Umfeld, in dem regelmäßig die "Loser" synonym auch als "schwul" bezeichnet werden, würde der Anführer der coolsten Clique aufstehen und sagen "Hey, ich bin auch schwul, was ist schon dabei?" In Jugendbüchern vielleicht. Bild

Ipsissimus
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Di 25. Mai 2010, 14:17 - Beitrag #171

Normalität hat enorm^^ viel damit zu tun - schließlich beeinflußt das über soziale Normvorstellungen geregelte moralische Empfinden einer Gesellschaft stark, wie sie mit ihren Individuen umgeht.
jein

Die Feststellung von Normalität basiert nicht auf einer objektiven Faktenbasis, die Eigenschaft "normal" gibt es eigentlich nicht, jedenfalls nicht außerhalb der Statistik. Das Empfinden von Menschen richtet sich aber nicht nach der Statistik, Schwule werden nicht als "unnormal" empfunden, weil sie in der Minderzahl sind oder außerhalb der Normalverteilungs-Glocke liegen.

Ich denke eher, dass sich darin ein unreflektierter Umgang mit der eigenen Sexualität niederschlägt, der dazu führt, manche Formen nicht selbst ausgeübter Sexualität als "ekelhaft" zu empfinden. Nicht ohne Grund liegt bei vielen Männern, die Homosexualität als abstoßend empfinden, der eigenen Sexualität ein aggressives Verständnis zugrunde, wird "Macht" über die Partnerin und - implizite, wo nicht gar explizite - Demütigung der Partnerin als wesentliches Element zumindest der eigenen erotischen Phantasien, wenn nicht gar der eigenen erotischen Praxis empfunden.

Von daher liegt dem Empfinden der Unnormalität homoerotischer Sexualität primär einfache Menschenverachtung zugrunde, die sich normativer Mittel bedienen möchte, um sich Ausdruck und Verbindlichkeit zu verschaffen.

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Di 25. Mai 2010, 15:03 - Beitrag #172

Zu ersterem bin ich deutlich anderer Meinung. Zwar hast du sicher recht damit, daß normatives Empfinden nicht über eine Statistik geregelt wird, allerdings ist offensichtlich, daß viele Menschen dazu neigen, Dinge und Sachverhalte, die sie nicht oder kaum kennen, von vornherein abzulehnen - siehe etwa die (bis zu einem gewissen Maße) umgekehrte Korrelation von Ausländeranteil und Xenophobie in der Bevölkerung, ähnliches gilt ziemlich sicher auch für die entsprechenden sozialen Milieus, insbesondere auch in der unterschiedlichen Wahrnehmung in Großstadt/Kleinstadt; Szeneviertel/Brennpunkt.

Letzteres finde ich sehr schwer einzuschätzen, halte zwar ebenfalls ein problematisches sexuelles Eigenempfinden für einen möglichen Beweggrund, kenne aber auch Fälle, in denen ich das für hochgradig unwahrscheinlich halte (wenn man auch zugegebenermaßen in Menschen schlecht hineinblicken kann). Besonders der Vorwurf der Menschenverachtung greift da meines Erachtens zu weit für eine doch sehr differenzierte Ausgangslage von empfundenen und anerzogenen Beweggründen.

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Di 25. Mai 2010, 15:16 - Beitrag #173

dann wäre Normalität ein anderes Wort für "Hass gegenüber dem 'anders als mensch selbst Seienden'"? In dieser Bedeutung würde es sogar Sinn machen, andererseits aber die Fragwürdigkeit jeder Normalitätsbegründung überdeutlich herausstellen.

ich halte das nicht für schwer einschätzbar. Beweis: Pornografie boomt. Schau dir irgendeinen Hardcore-Porno an, und du weißt, welches Frauenbild dem zugrunde liegt. Soviele Männer, die dieses Frauenbild - und davon abgeleitet das Bild einer "normalen" Sexualität - ablehnen, kann es gar nicht geben, sonst wäre der Boom unerklärlich. "Menschenverachtend" ist ein durchaus passender Begriff dafür, auch wenn ich gerne zugestehen will, dass selbige durch kulturelle Tünche teilweise verdeckt wird

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Di 25. Mai 2010, 17:06 - Beitrag #174

Nicht so direkt, Ipsissimus^^ - die von mir gezeigte mögliche Verbindung Mehrheitsverhältnis -> Haß (die ich auch nicht als Gesetzmäßigkeit annehmen würde) belegt zugegebenermaßen nicht zufriedenstellend, daß es sich dabei um einen über Normvorstellungen geregelten Vorgang handelte. Das Entstehen von Haß setzt mMn eine hinreichende Stärke des (proklamierten) Andersseins, ein entsprechendes Temperament und emotionale Entgrenzung (Wut, Angst, Verzweiflung o.ä.) voraus.

Mag sein, daß du im Bezug auf Pornographie recht hast. Meiner naiven Annahme gemäß wäre die 'Handlung' von Pornofilmen nur auf zeitliche Überbrückung zwischen sexuell stimulierenden Szenen ausgerichtet; dabei wären Figuren mit einem aggressiven Sexualverhalten schneller im Wechsel ihrer Partner und damit geeigneter für einen auf Maximierung der Häufigkeit von Sexualakten ausgelegten Filmverlauf, also eher eine banal technisch bedingte Geschmacklosigkeit als ein gesellschaftliches Abbild. Deine Erklärung ist befriedigender, wenn nicht ein Drittes einer erhöhten physischen Wirkung auch jenseits der Zielgruppe sexuell aggressiver Männer geltend gemacht werden kann. In jedem Fall sind diejenigen, die proklamieren, Pornofilme wegen ihrer Handlung zu sehen, mit einiger Skepsis zu betrachten. Bild Aber wir sind vom Thema abgekommen. Es ist wohl eher schwierig, aus (heterosexuellen) Pornos die Sicht auf Homosexualität abzuleiten - dafür fehlt da die Reflektionstiefe. ;)

Ipsissimus
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Mi 26. Mai 2010, 11:42 - Beitrag #175

meines Erachtens hat die Stärke der Ausprägung einer Xenophobie nichts mit dem Charakter oder sonstigem schieren Sosein des Fremden zu tun, sondern mit fehlendem Selbstbewusstsein. Der/die/das Fremde zeigt uns immer wieder, dass alles auch ganz anders möglich ist. Zum Sicherheitsbedürfnis sehr sehr vieler Menschen gehört aber die Hybris, das eigene Sosein sei die einzige Möglichkeit, auf angemessene Art zu sein. Diese Hybris wird erschüttert und damit eines der stärksten Grundaxiome unreflektierter Menschen. Einer der wichtigsten Mechanismen, dieser Erschütterung wenigstens notdürftig wieder Herr zu werden, ist die Verunglimpfung des Fremden.

Bzgl. Pornografie, das von mir angesprochene Verhalten liegt ja nicht nur Heterosexuellen-Pornos zugrunde, auch Homosexuellen-Pornos weisen derartige Machtgefälle in der sexuellen Interaktion auf; jegliche Form von Handlung bleibt normalerweise ohnehin irrelevant. Ich bezweifele ja auch gar nicht, dass es darüber hinaus auch sexuell unaggressive Männer gibt; unter denen wirst du allerdings auch kaum welche finden, die Homosexualität "ekelhaft" finden, sie ist ihnen vielmehr einfach nur gleichgültig. Aus meinem Erfahrungsbereichen sind diese Korrelationen eigentlich evident.

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Mo 21. Jun 2010, 13:39 - Beitrag #176

Was, wenn jemand nur 4 Finger an der Hand hat? Ist er unnormal, oder krank, oder ist es eine Störung, oder gar eine Vorliebe sich mit 4-Fingrigkeit durchs Leben zu bewegen? Und würden wir anders beurteilen wenn jemand 6 Finger an der Hand hätte?
Ist 4-Finger-Joe behindert, weil ihm etwas fehlt und 6-Finger-Ede ein Wunderwerk, weil er etwas zuviel hat? Geht es um Nachteile oder Vorteile der Unnormalität?

Oder was ist mit Menschen, die eine Geschlechtsumwandlung machen lassen, weil sie überzeugt sind, im falschen Körper geboren zu sein? Ist das nun eine Phase oder ein genetischer Defekt? Sind solche Leute besessen oder "von Gott verlassen"?
Geht es also um unsere Abneigung? Oder wonach richtet sich unsere Bewertung von Anderssein?

Zitat von MartinR:Die WHO hat (zwar erst 1991) aber immerhin dann schon gegen die Fragestellung 13 Jahre früher!! festgestellt, das Homosexualität keine Krankheit ist.


Sich auf die WHO oder andere Institutionen zu berufen, bringt uns nicht wirklich weiter. Die WHO hat sehr gestritten und die Wissenschaft streitet immer noch. Man hat sich deshalb gegen einen Krankheitsbegriff entschieden, weil der Krankheits-Begriff die Betreffenden stigmatisiert.

Zitat von Quelle: erziehungstrends.de/node/164: Demzufolge wurde 1973 die Homosexualität aus dem Internationalen Katalog der psychiatrischen Erkrankungen, dem DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), gestrichen trotz deutlicher Debatten. Bis dahin wurde Homosexualität als eine psychische Störung anerkannt. Die Entscheidung wurde polemisch gefasst und nahm ihren Ausgang beim Kongress der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA) in San Francisco, der Stadt also, die sich damit rühmt, die höchste Bevölkerungsdichte an Gays in aller Welt zu beherbegen. Bei dieser Gelegenheit wurde das Kongresszentrum von San Francisco, wo die Versammlung der APA stattfand, wortwörtlich von Aktivisten der Gay-Community eingenommen. Sie verhinderten den normalen Sitzungsablauf. Die Beiträge von Psychiatern mit anerkanntem Renommee, die sich der Erforschung und Behandlung der Homosexualität widmeten, wurden boykottiert. Die Wende war dabei noch nicht ganz eindeutig und erlangte lediglich 58 Prozent der Voten. Die Streichung der Homosexualität aus dem Katalog psychischer Erkrankungen war folglich eine erzwungene politische Entscheidung und nicht das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse.


Es gab und gibt mehrere Psychologen die behaupten, Homosexualität heilen zu können. Nun werden Begriffe wie Krankheit oder Störung weggelassen, der Begriff Heilung wird gegen andere Beschreibungen ausgetauscht. Ok., das schützt nun die Betroffenen.
Das bringt uns aber in unserer Homosexualität-normal?-Frage immer noch nicht weiter!

Es muss also ein anderes Problem vorliegen:

Wie gehen wir mit Anomalität um? Andersartigkeit wird oft von Kindern subtil und intuitiv wahrgenommen, Mobbing ist dann meistens die Folge. Haben wir eine angeborene Abneigung gegen Anderssein? Und könnten wir als Erwachsene nicht besser damit umgehen? Wie sehen wir Depressive, Borderliner oder Schizophrene? Sind es minderwertige Menschen? Müssen wir uns von ihnen fernhalten? Homosexualität als Unnormalität zu bezeichnen hieße also in unserer Gesellschaft einen Menschen als minderwertig zu bezeichnen? Warum eigentlich? Ist das nicht das eigentlich Schlimme?

Dabei wäre es doch völlig egal: Ob sich ein Homosexueller vielleicht als krank oder unnormal empfindet, oder ein anderer Homosexueller sich gut dabei fühlt - beides können sehr wohl nette Menschen sein, die Respekt verdienen und ihren Platz in unserer Gesellschaft haben.

Zitat von Ipsissimus:Ich denke eher, dass sich darin ein unreflektierter Umgang mit der eigenen Sexualität niederschlägt, der dazu führt, manche Formen nicht selbst ausgeübter Sexualität als "ekelhaft" zu empfinden. Nicht ohne Grund liegt bei vielen Männern, die Homosexualität als abstoßend empfinden, der eigenen Sexualität ein aggressives Verständnis zugrunde, wird "Macht" über die Partnerin und - implizite, wo nicht gar explizite - Demütigung der Partnerin als wesentliches Element zumindest der eigenen erotischen Phantasien, wenn nicht gar der eigenen erotischen Praxis empfunden.


Ich bin anderer Meinung. Pädophilie und Sodomie sind doch genauso Formen nicht selbst ausgeübter Sexualität und werden als abstoßend empfunden, liegt das im unreflektierten Umgang mit der eigenen Sexualität? Vielleicht haben viele Menschen doch ein sehr gutes und reifes Verhältnis zur eigenen Sexualität und sehen Hetero-Sex als erfüllende, einzig passende und ausreichende Art sexueller Erfüllung und Bereicherung ihres innigen Liebes-Erlebens. Und sie sehen gerade deswegen homosexuelle Praktiken als abstoßend, weil es nicht zu ihnen passt.
Vielleicht ist das doch der Grund, warum Homosexuallität nicht nur abgelehnt, sondern oft auch abgewertet wird.

Zitat von Ipsissimus:Von daher liegt dem Empfinden der Unnormalität homoerotischer Sexualität primär einfache Menschenverachtung zugrunde, die sich normativer Mittel bedienen möchte, um sich Ausdruck und Verbindlichkeit zu verschaffen.


Vielleicht liegt beim Abwerten der Unnormalität homoerotischer Sexualität primär einfache Menschenverachtung zugrunde?
Vielleicht schwingt im Wort "Unnormalität" immer etwas Negatives mit, weil es gerne für Verachtung missbraucht wird?

Man kann also nicht Unnormalität aussprechen, ohne die Betreffenden zu verachten. Ein Mensch, der nur 4 Finger an der Hand hat, ist eben unnormal. Trotzdem kann es mein bester Freund sein. Ihm zu sagen, er sei unnormal, käme dann aber doch einer Herabzusetzung gleich.

Vielleicht sollte man besser "Unnormalität" gegen "Anderssein" austauschen? (Schwacher Trost.)

Ipsissimus
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Mo 21. Jun 2010, 16:42 - Beitrag #177

Was, wenn jemand nur 4 Finger an der Hand hat? Ist er unnormal, oder krank, oder ist es eine Störung, oder gar eine Vorliebe sich mit 4-Fingrigkeit durchs Leben zu bewegen? Und würden wir anders beurteilen wenn jemand 6 Finger an der Hand hätte?
Ist 4-Finger-Joe behindert, weil ihm etwas fehlt und 6-Finger-Ede ein Wunderwerk, weil er etwas zuviel hat? Geht es um Nachteile oder Vorteile der Unnormalität?
Analogiebildungen gehen gerne in die Irre^^ wenn Joe mit 5 Fingern groß geworden ist und als 22jähriger im Krieg einen Finger verliert, wird er Probleme bekommen. Wird Joe mit 4 oder 6 Fingern geboren, wird er vielleicht später einmal was über den Phänotyp lernen, der 5 Finger vorsieht, aber trotzdem an seinem Genotyp nichts Falsches oder Nachteiliges erkennen.

Das aber nur nebenbei. In der Hauptsache: wenn Leute 13 Jahre alt werden, ohne eine besondere erotische Neigung zu dem einen oder anderem Geschlecht erkennen zu lassen, und dann fällt das Pendel bei den einen zum eigenen Geschlecht, bei den anderen zum anderen Geschlecht, warum sollten wir den einen Pendelfall als "normal" und den anderen als "unnormal" einstufen? Kontingenz arbeitet genau so: was nicht unmöglich ist und nicht erzwungen wird, passiert mal so und mal so.

Oder was ist mit Menschen, die eine Geschlechtsumwandlung machen lassen, weil sie überzeugt sind, im falschen Körper geboren zu sein? Ist das nun eine Phase oder ein genetischer Defekt? Sind solche Leute besessen oder "von Gott verlassen"? Geht es also um unsere Abneigung? Oder wonach richtet sich unsere Bewertung von Anderssein?
mit der Gottesannahme arbeite ich nicht, diesbezügliche Spekulationen überlasse ich gläubigen Menschen. Bei den zwei geschlechtsumgewandelten Menschen, die ich bisher kennengelernt habe, kann ich nur sagen, es war ein dreckiger Witz der Kontingenz, diese Menschen in den falschen Körpern in die Welt zu werfen. Es ist jedenfalls weder eine Phase noch a priori und als Standardvermutung ein genetischer Defekt. Vielleicht(!) ist es eine Mutation. Aber Mutationen sind wir alle.

MIR geht es weder um "unsere Abneigung" - dass ich mich diesbezüglich nicht vereinnahmen lassen, dürfte klar sein^^ - und noch nicht einmal um die Bewertung von Anderssein. Es geht mir einzig und allein darum, dass diese Menschen so sein dürfen, wie es ihrem Lebensgefühl entspricht, ohne dumm angemacht zu werden, indem z.B. versucht wird, ihnen nachzuweisen, dass ihr Lebensgefühl Folge einer Krankheit und allgemein unnormal sei.

Es gab und gibt mehrere Psychologen die behaupten, Homosexualität heilen zu können ...
außerhalb religiös-fundamentalistischer Kreise nicht

Pädophilie und Sodomie sind doch genauso Formen nicht selbst ausgeübter Sexualität und werden als abstoßend empfunden, liegt das im unreflektierten Umgang mit der eigenen Sexualität? Vielleicht haben viele Menschen doch ein sehr gutes und reifes Verhältnis zur eigenen Sexualität und sehen Hetero-Sex als erfüllende, einzig passende und ausreichende Art sexueller Erfüllung und Bereicherung ihres innigen Liebes-Erlebens. Und sie sehen gerade deswegen homosexuelle Praktiken als abstoßend, weil es nicht zu ihnen passt. Vielleicht ist das doch der Grund, warum Homosexuallität nicht nur abgelehnt, sondern oft auch abgewertet wird.
Pädophilie ist genauso wie "normale" Vergewaltigung keine primär sexuelle Problematik. Der Wille von Menschen wird gebrochen oder ausgehebelt, und das ist das Bösartige daran, selbst wenn die sexuelle Praktik, die dabei zur Anwendung kommt, "normal" sein sollte. "bösartig" ist aber auf einer anderen Ebene angesiedelt als "abstoßend".

Sodomie ist demgegenüber sehr viel schwieriger zu bewerten, vielleicht weil die Zahl der bekennenden Sodomisten so gering ist, dass kaum einmal die Vorstellungen der Sodomisten, sondern praktisch ausschließlich die Vorstellungen der "Normalen" über die Sodomisten zur Debatte stehen. Es kommt mir aber so vor, dass sich aus dem Empfinden der Widerwärtigkeit der Sodomie sehr viel mehr Erkenntnisse über die derartiges Empfindenden als über das Sosein von Sodomisten generieren lassen. Und über die Hybris, als Mensch auf einer kategorisch anderen Ebene als Tiere zu stehen.

Vielleicht haben viele Menschen doch ein sehr gutes und reifes Verhältnis zur eigenen Sexualität und sehen Hetero-Sex als erfüllende, einzig passende und ausreichende Art sexueller Erfüllung und Bereicherung ihres innigen Liebes-Erlebens.
das ist ein wesentlicher Aspekt dessen, was ich unter einem unreflektierten Verhältnis zur eigenen Sexualität verstehe - die Unfähigkeit oder Unwilligkeit zu der Einsicht, dass es sich bei dem,

- was Männern ihre sexuelle Praxis mit ihrer Partnerin ihnen und ihrer Partnerin oder
- was Männern ihre sexuelle Praxis mit ihrem Partner ihnen und ihrem Partner oder
- was Frauen ihre sexuelle Praxis mit ihrem Partner ihnen und ihrem Partner oder
- was Frauen ihre sexuelle Praxis mit ihrer Partnerin ihnen und ihrer Partnerin

bedeutet, plusminus individueller Schwankungen der Empfindungsfähigkeit genau dasselbe ist, genau dasselbe Glück spendet, und daher genau die gleiche Berechtigung hat.

Vielleicht liegt beim Abwerten der Unnormalität homoerotischer Sexualität primär einfache Menschenverachtung zugrunde?
im Prinzip meinen wir da wohl dasselbe. Sobald die Empfindung der Unnormalität nicht unmittelbar bei ihrem Auftreten hinterfragt wird, "riecht" es für meinen Geschmack nach Menschenverachtung. Da es für mich "Unnormalität der Homosexualität" nicht gibt, mache ich das eben am entsprechenden Empfinden fest. Normalität ist keine Kategorie, die bei der Bewertung sexuellen Empfindens oder sexueller Praxis irgend etwas zu suchen hat (auch bei Pädophilie besteht das Schlimme nicht darin, dass sie "unnormal" ist)

Vielleicht sollte man besser "Unnormalität" gegen "Anderssein" austauschen?
es wäre zunächst für kurze Zeit weniger verlogen als die Verwendung des Normalitätsbegriffs. Aber es steht leider zu befürchten, dass nicht viele Menschen gerne die Maske abnehmen und sich als xenophob outen. Wenn es gelänge, "unnormal" gegen "anders" im alltäglichen Sprechen zu ersetzen, würden wir nur allzuschnell die Konnotationsveränderung des Begriffes "anders" erleben.

009
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Mo 21. Jun 2010, 19:42 - Beitrag #178

In der Hoffnung, dass diese Gedanken hier noch nicht aufkamen:

Ich löse diese und ähnliche Fragen für mich immer wie folgt: Was heisst den normal? Wenn man es (wie ich) als häufig vorkommend bezeichnet, ist z.B. Homosexualität, weil im Vergleich zur Heterosexualität deutlich seltener, nicht normal.

Dabei ist dann strikt zu beachten, dass aus dieser Sicht "normal" ein statistischer und kein in irgendeiner Weise wertender Begriff ist.

Ipsissimus
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Di 22. Jun 2010, 11:31 - Beitrag #179

Zitat von 009:Was heisst den normal? Wenn man es (wie ich) als häufig vorkommend bezeichnet, ist z.B. Homosexualität, weil im Vergleich zur Heterosexualität deutlich seltener, nicht normal.


aber warum verwendest du dann nicht den neutraleren Begriff "seltener", warum den semantisch eindeutig zweideutigen, also belasteten Begriff "normal"?

009
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Di 22. Jun 2010, 13:53 - Beitrag #180

Weil ich mir sozusagen eine etwas individuell eigene Semantik erlaube, auch wenn ich die verlegentlich dann erst erklären muss.
Damit will ich gerade zum reflektieren darüber anreden, ob normal wirklich auch etwas in der Richtung von "das ist üblich, Abweichungen sind tendenziell auch Abwertungen" bedeuten muss.

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