50 Jahre sexuelle Revolution...

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Bauer-Ranger
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Do 12. Okt 2006, 06:56 - Beitrag #41

Zitat von janw:Bauer, die Zitate aus dem Buch weisen praktisch nur auf patriarchale Kulturen hin, sei es in Europa, in Asien oder Nordmerika


Dann sollte man einmal die Frage stellen, wie du das Patriarchat definieren möchtest.
Ich habe natürlich nur gewisse Stellen zitiert und die erzeugen den Eindruck, dass Männer "Forderungen" wie Treue aus dem Grund der Ungewissheit der Vaterschaft (oder wie du sagst: aus einem Besitzanspruch weil man nicht teilen möchte) als Forderung an die Frauen hatten und diese sich dem beugen mussten. Also stellt für dich die biologische Begründung dieser Tatsache allein schon etwas patriarchalisches dar? Möchtest du diese Tatsache darauf zurückführen, dass die Patriarchen vergangener Zeiten solch etwas kulturell durchsetzen konnten und es sich gar nicht um etwas Biologisches handelt? Dem widersprichst du in gewisser Hinsicht bzw. aus meiner Sicht aber selber:

Zitat von janw:Liebe, Eifersucht und Treue sind Gefühle bzw. Haltungen, die zum menschlichen emotionalen Inventar gehören, die also grundsätzlich jedem möglich sind, aber kulturell verstärkt oder geschwächt werden können.


Das ist es doch. Genau so seh ich das auch. Nur sollte man das mit dem "verstärkt und geschwächt werden können" schon wörtlich nehmen. Eifersucht ist ein Trieb, wenn man es etwas extremer ausdrücken möchte, dem kein Mensch abschalten kann, aber wir haben unterschiedliche kulturelle Möglichkeiten damit umzugehen, die maßgeblich wohl durch unsere Sozialisation bestimmt wurden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Eifersucht vorhanden ist.



Zitat von janw:und die Unterschiede hinsichtlich der Betrachtung der partnerschaftlichen Treue und des Werts der Jungfräulichkeit korrelieren offensichtlich mit dem Grad der "Modernität" und dem damit verbundenen Verlust an wertmäßiger Bestimmtheit.

Nein, da muss ich widersprechen. Offensichtlich korrelieren der partnerschaftliche Wert der Treue NICHT mit dem Grad der "Modernität" einer Gesellschaft, denn in allen untersuchten Gesellschaften gab es Eifersucht und Treue, es gibt kein dokumentiertes Gegenbeispiel dazu, lediglich der Wert der Jungfräulichkeit ist unbedeutend bzw. unterliegt einem starken gesellschaftlichem Faktor. Dieser wurde nur aufgezeigt, um zu zeigen, dass in keiner Gesellschaft Frauen mehr Wert auf Jungfräulichkeit bei Männern legen als anders herum.


Zitat von janw:Treue ist eine Kategorie, die gewiss in Beziehungen in praktisch allen Kulturen irgendeine Rolle spielt, allerdings IMHO nicht, weil dies biologistisch besonders vorteilhaft wäre, sondern eher, weil Zuneigung sehr oft zu dem Wunsch führt, den anderen nur für sich zu haben - und das gilt für Frauen wie für Männer.

Und mehr für sich zu wollen ist eine kulturelle oder biologische Eigenschaft des Menschen?
Wenn du von einer historisch und kulturell übergreifenden Tatsache sprichst, geh ich mal davon aus, dass es sich dabei um eine biologische Eigenschaft handelt, dass man etwas für sich haben möchte. Daraus resultieren viele Probleme die deine Ansicht mit sich bringt:
1. Wenn es biologisch begründet ist, dass man etwas für sich haben möchte ohne es teilen zu müssen, so ist Eifersucht auch biologisch, unterliegt nur einer allgemeineren Adaptation, die nicht genauer spezialisiert ist.
2. Wenn die Eifersucht darin begründet ist, dass man etwas für sich möchte ohne es teilen zu müssen, dann müssten gewisse Individuen aus Gesellschaften, für die und in denen gewisse Statussymbole einen sehr hohen gesellschaftlichen Wert haben, ein genauso starkes Gefühl aufbauen können wie Eifersucht, es müsste ähnliche Konsequenzen haben. Aber das ist nicht der Fall. Die Konsequenzen aus dem Verlust sehr angesehener Dinge sind emotional bei weitem nicht so weitreichend wie der Verlust einer Frau an jemanden anderen und wenns nur eine Nacht ist und die hundertste Frau die derjenige liebt. Wenn jemand seinen Ferrari für eine Nacht abgibt ist ihm das emotional relativ egal im Vergleich zur Abgabe seiner Frau, vor allem wenn er schon viele Ferraris vorher hatte^^ Es gibt keinen vergleichbaren Besitz was die Emotionalität beim Verlust angeht als einen Menschen den man liebt, kulturell halte ich das für völlig unbegründbar, denn es gibt Statussymbole, deren Nutzen und gesellschaftliche Würdigung liegt weit über dem einer Frau.
3. Du sprichst davon, dass es für Männer und Frauen gleichermaßen gilt, aber die Eifersucht von Männern und die Eifersucht von Frauen weisen deutliche kulturübergreifende Unterschiede auf, die du aber wohl mit dem Patriarchat erklären könntest.
4. Ich zitiere:
"Da adaptive Probleme spezifisch sind, tendieren auch ihre Lösungen dazu, spezifisch zu sein. Genauso wie allgemeine Richtungshinweise darin fehlschlagen, zur richtigen Adresse zu führen, schlagen auch allgemeine Lösungen fehl, zur richtigen adaptiven Lösung zu führen. Ziehen wir die folgenden zwei adaptiven Probleme in Erwägung: Auswahl der richtigen Nahrungsmittel (Überlebensproblem) und Auswahl des richigen Partners, mit dem man Kinder haben möchte (Reproduktionsproblem). Was als "erfolgreiche Lösung" zählt, ist für die zwei Probleme recht unterschiedlich. Erfolgreiche Nahrungsmittelauswahl erfordert das Erkennen von Nahrungsmitteln, die Kalorien und bestimmte Vitamine und Mineralien aufweisen und keine giftigen Substanzen enthalten. Die erfolgreiche Partnerwahl beinhaltet unter anderem, einen Partner zu erkennen, der fruchtbar ist und der ein guter Elternteil sein wird.

Wie könnte eine allgemeine Lösung zu diesen zwei Problemen der Selektion aussehen und wie erfolgreich wäre sie? Eine allgemeine Lösung wäre "Auswahl des ersten Dinges, das man trifft"
[...]
Wir benötigen spezifische Selektionskriterien um diese Probleme erfolgreich zu lösen - Qualitäten, die Teil unseres Selektionsmechanismusses sind."

Das führt wiederum dazu, was ich schon in Punkt 2 angespielt habe. Eine allgemeine Lösung wäre sicherlich, dass man nichts teilen möchte. Dieser Egoismus liegt wohl auch in gewisser Ausprägung in der Natur des Menschen (als Gegenspieler dazu gibts auch den natürlichen Altruismus), aber dies gilt nicht für den Partner den man liebt, denn wenn es so wäre, so würde ein Partner keinen höheren Wert besiten als das Haus in dem man wohnt, als das Auto das man fährt und es würde Unterschiede geben, je nachdem wie angesehen die Frau ist, das ist aber nicht so. Eifersucht ist Eifersucht, von Individuum zu Individuum zwar unterschiedlich ausgeprägt, auch von Situation zu Situation unterschiedlich, aber dennoch bei allen Individuuen, die eine Frau lieben, gleich. Der Partnerwert bestimmt darüber, wen wir lieben, aber nicht wie stark wir eifersüchtig sind und das steht im Widerspruch zu deiner Herleitung über eine allgemeine Adaptation in Form von "ich möchte etwas für mich haben und nicht teilen", denn dann wäre der Partnerwert maßgeblich entscheidend über den Grad der Eifersucht.



Zitat von janw:Genauso ist es Menschen möglich, sich für die Variante des Teilens zu entscheiden, oder besser gesagt für die Variante, dem anderen die Freiheit zu lassen, so promisk zu sein, wie es ihm gemäß ist.

Ja, aber wenn es sich dabei um den Partner handelt, so wäre es kulturell bedingt, wenn man ihm die Freiheit lassen würde und nicht anders herum.
Nehmen wir an Eifersucht sei eine natürliche Adaptation. Dann macht uns dieses Gefühl darauf aufmerksam und gibt uns ein schlechtes Gefühl, wenn unser Partner mit einem anderen schläft.
Nehmen wir zusätzlich an, dass wir dazu erzogen wurden, dass ein promiskuitiver Lebensstil normal sei, dass wir fest glauben, dass ein promiskuitiver Lebensstil natürlich sei, dass wir fest glauben dass Treue eine kulturelle Eigenschaft mit staubigem konservativem Charakter sei, nehmen wir an, dass es für uns Mode ist, promiskuitiv zu leben, dass wir dadurch total angesagt sind.
Nun haben wir einen Partner den wir lieben, weil er die selben Ansichten wie wir hat. Der Partner findet jemand den er sexuell anziehend findet und möchte mit ihm Sex haben. Wir lassen ihn natürlich gewähren, haben das auhc schon zu Beginn der Beziehung ausgemacht, dass wir solche "kulturellen" Schranken nicht in unsere Beziehung einbauen werden. Also hat unser Partner Sex mit jemand anders. Die Eifersucht meldet sich, aber unser Verstand redet uns ein, dass sie nicht "echt" ist, wir ignorieren sie einfach. Das gelingt auch, wahrscheinlic sogar besonders gut wenn wir uns in der Nacht auch noch schnell was zum kopulieren organisieren. Wir stellen uns nicht vor, wie der Partner mit dem Fremden Sex hat, wir ignorieren diese Gedanken und lenken uns einfach ab, wir reden uns ein, dass wir daran eigentlich denken wollen, weil es uns interessiert und nicht weil wir eifersüchtig sind. Am nächsten Tag kommt der Partner wieder und wir "verzeihen" ihm, fragen ihn wies war, fühlen uns mies wenn er ehrlich wäre und sagen würde, dass der Fremde besser war als wir, das weiß der Partner auch intuitiv und sagt wir sind der beste und somit haben wir uns wieder "vertragen", obwohl uns der Streit nie bewusst war. Wir machen den Partner darauf aufmerksam, dass wir es interessant finden würden, einmal zuzusehen, wie er von einem Fremden beglückt wird, vielleicht wollen wir auch Grenzen einführen die das Sexualverhalten angehen, wie kein Küssen oder keine bestimmte Praktik, damit wir unsere ignorierte Eifersucht etwas auf eine bestimmtes artverwandtes Verhalten ablenken können wie Küssen, zärtliche Berührungen, kein Oralsex oder ähnliches.
Viele Jahre später lesen wir in einem Buch von Helen Fisher, einer Anthropologin, die sich mit der biologischen Grundlage von Liebe beschäftigt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Liebe nicht nur ein Trieb ist, sondern wahrscheinlich der maßgebliche Faktor in der Evolution für das Entwickeln der menschlichen Eigenschaften wie ein großes Gehirn mit Kreativität, Sprachmöglichkeiten, Intelligenz war, dass es eine gesellschaftliche Bewegung gibt, die den Partnertausch propagiert und die Zeitschrift dieser Bewegung sich vor allem mit Eifersuchtsproblemen beschäftigt, von denen die Bewegung behaupten, dass es sie nicht gibt bzw. kulturelle Ursachen haben und sie zeigen dabei klar auf, dass eher die Mode des Verdrängens von Eifersucht kulturelle Ursachen hat. ]
Um konkreter zu werden, was die historische Entwicklung betrifft...
In Ägypten herrschte in pharaonischer Zeit ein patriarchales System, in dem die Frauen allerdings einen recht hohen Stellenwert hatten.
Allerdings ist mir nicht ganz klar, ob dort bereits die weibliche Beschneidung praktiziert wurde, die ja eindeutig in die weibliche sexuelle Selbstbestimmung eingreift.
Bis zur Zeit des Sklavenhandels waren iirc matriarchale Gesellschaften in Afrika weit verbreitet, besonders in den vom sklavenhandel heimngesuchten Regionen, die teilweise geradezu entvölkert wurden.
Das führte zu Wanderbewegungen iirc gerade von Bantuvölkern, die eine dominantere Rolle des Mannes vertraten, was sich dann als Haltung ausbreitete und später durch die christliche Missionierung fixiert wurde.
Bei den Maasai ist es heute wohl noch so, daß Männer erst mit etwa 35-40 mit den Frauen zusammen kommen, wobei die Frau wohl den Mann auswählt, mit dem sie zusammen sein will.
[/QUOTE]
Möchtest du die Massai als Gegenbeispiel zu den anderen Kulturen anführen, auf denen du glaubst, dass die Thesen der evolutionären Psychologie aufbauen?


Zitat von janw:Wahrscheinlich ist über Jahrtausende eine Kleingruppe von etwa 20, vielleicht 30 Personen, als Großfamilie vielleicht, die menschliche gesellschaftsform gewesen. Das lässt sich aus der Betrachtung rezenter Clanstrukturen bei indigenen Völkern ablesen, aus der Analyse prähistorischer Siedlungsreste wie auch aus der Tatsache, daß unser Gehirn eine solche Gruppenstruktur noch gut erfassen kann, die Personen dort noch als Individuen wahrgenommen werden, nicht als Masse.
Versorgung von Schwachen war in solchen Gesellschaften wohl gemeinschaftliche Aufgabe, brauchte also keine Begründung durch Liebe, Treue bzw. Eifersucht.

Das bezweifel ich ganz arg^^
Versorgung von "Schwachen" hat nicht stattgefunden, wenn es keinen Vorteil gegeben hat, denn der Überlebensdruck und Fortpflanzungsdruck unserer Vorfahren war zu groß, um "Balast" mitzuschleppen. So ein Verhalten konnte erst durch höhere Kulturen ermöglicht werden, diese waren aber zeitlich gesehen zu nah an unserer heutigen Zeit um in der Evolution eine Rolle zu spielen.
Dabei sollte man die "Schwachen" genauer definieren. Alte Menschen gelten nur bedingt als schwach, denn sie weisen ein hohes Wissen bzw. einen hohen gesellschaftlichen Status auf und in für die Evolution relevanten Zeiten gab es wohl fast keine wirklich Alten.
"Schwache" Menschen sind Kinder oder Babys, von denen man keinen reproduktiven Erfolg zu erwarten hat oder erwachsene Menschen, die keinen reproduktiven Erfolg haben. Diese wurden sicherlich nicht mitgezogen. Diese besitzen heute noch den gesellschaftlich geringsten Status (im Privaten).
Hältst du es für kulturbedingt, dass schon Kleinstkinder nicht teilen wollen mit Geschwistern, sondern am Liebsten alles für sich hätten?
Die mit Abstand meisten Kindsmorde passieren von Frauen, die alleinerziehend wären.
Es gibt eine Kultur, in der müssen Frauen ihre Kinder unter einem bestimmten Alter umbringen, wenn sie einen Mann heiraten. (Wobei du das sicherlich wieder mit der patriarchalen Struktur erklären könntest)


Zitat von janw:Wer liebt und vertraut, braucht nicht eifersüchtig zu sein. Er kann darauf vertrauen, daß der andere schon die ihm gemäße Beziehungspflege betreiben wird und die davon ausgehenden möglichen Verletzungen mit integriert.

Ich denke hier begehen wir den Fehler auf ein Problem einzugehen, das sich gar nicht stellt. Ich wollte den Ursprung von Treue finden und habe dazu den Indikator der Eifersucht benutzt, die ich aus der Biologie herleite und somit Treue als eine von der Biologie maßgeblich bestimmte Größe erklären kann. Es geht nicht darum, dass man ohne Auslöser auch nicht eifersüchtig ist, es geht auch nicht darum, dass Vertrauen diese Auslöser minimieren kann, es geht darum dass ein Mann eifersüchtig ist, wenn die Frau, die er liebt, mit einem anderen Mann schläft und das ist in allen dokumentierten Kulturen und Gesellschaften so, auch bei den Massai und es macht evolutionstheoretisch absolut Sinn.
Ich möchte auch gar keine Monogamie hier postulieren, deswegen nochmal ien Zitat:
"Die Hoden eines Mannes sind im Verhältnis zu seinem Körpergewicht weitaus größer als die Hoden von Gorillas oder Orang-Utans. Beim Gorilla machen die Hoden 0,018% des Körpergewichts, beim Orang-Utan 0,048% aus. Beim Menschen dagegen macht das Gewicht der Hoden 0,079% des Körpergewichts aus - 60% mehr als beim Orang-Utan und über viermal so viel wie beim Gorilla, bezogen auf die jeweilige Körpergröße. Die vergleichsweise großen Hoden des Mannes sind ein eindeutiger Beleg dafür, dass Frauen im Laufe der menschlichen Evolutionsgeschichte manchmal innerhalb weniger Tage Geschlechtsverkehr mit mehr als einem Mann hatten. Denn es wäre wahrscheinlich nicht zur Entwicklung dieser Hodengröße gekommen, wenn es keine Spermien-Konkurrenz gegeben hätte. Dies deutet darauf hin, dass beide Geschlechter zeitweise kurzfristigen Partnerstrategien verfolgten. Menschen sind jedoch nicht die Primaten mit den größten Hoden. Das Hodenvolumen des Mannes ist weitaus klener als das des Schimpansen, der sehr häufig den Sexualpartner wechselt. Beim Schimpansen machen die Hoden 0,269% des Körpergewichts aus, über dreimal so viel wie beim Menschen. Diese Ergebnisse belegen, dass unsere menschlichen Vorfahren nicht in so extremem Maße wie die Schimpansen häufig und wahllos ihre Partner wechselten.

[...]


Ein weiterer Hinweis auf die evolutionäre Existenz kurzfristiger Sexualbeziehungen ergibt sich aus bestehenden Abweichungen bei der Produktion und Insemination von Spermien. In einer Studie über die Auswirkungen der Trennung zweier Partner auf die Spermien-Produktion erklärten sich 35 Paare bereit, nach dem Geschlechtsverkehr Ejakulate aus Kondomen oder durch Rückflüsse, d.h. Samenflüssigkeit, die eine Frau nach dem Verkehr nicht aufnimmt, zur Verfügung zu stellen. Die Paare wurden dabei jeweils für verschiedene Zeitspannen getrennt.
Je länger die Trennung nach dem letzten Geschlechtsverkehr gedauert hatte, um so stärker stieg die Spermienanzahl des Mannes an. Je mehr Zeit ein Paar getrennt verbracht hatte, desto größer war die Spermienanzahl des Mannes beim nächsten Geschlechtsverkehr. Verbrachte ein Paar 100% seiner Zeit zusammen, so gab der Mann durchschnittlich 389 Millionen Spermien pro Ejakulat ab. Verbrachte das Paar aber nur 5% seiner Zeit gemeinsam, so stieg die Spermienzahl auf durchschnittlich 712 Millionen, verdoppelte sich also fast. Die Spermienanzahl steigt, wenn die Gefahr besteht, dass sich zur selben Zeit das Sperma eines anderen Mannes im Reproduktionspfad der Frau befinden könnte. Eben diesen Anstieg der Spermien-Insemination kann man erwarten, wenn es in der menschliechne Evolutionsgeschichte flüchtige Sexualbeziehungen und Untreue gab. Wichtig ist auch der Hinweis, dass die gesteigerte Spermien-Insemination unabhängig davon auftrat, wann der Mann seine letzte Ejakulation hatte. Selbst wenn der Mann durch Masturbation einen Orgasmus hatte, während er von seiner Frau getrennt war, produzierte er beim ersten gemeinsamen Geschlechtsverkehr dennoch eine höhere Spermienzahl, wenn die Trennung lange gedauert hatte."

Das steht in diesem Buch zwar als Einleitung für kurzfristige sexuelle Strategien, gibt allerdings einen Hinweis darauf, dass Eifersucht biologisch bedingt sein kann, denn wenn es sinnvoll ist, die Spermienanzahl zu erhöhen, wenn Mann von seiner Frau getrennt war, wäre es auch sinnvoll, wenn Mann eifersüchtig wäre, denn dadurch wäre ein Mann viel besser in der Lage gewesen, Untreue seiner Partnerin zu verhindern und kann sich somit besser reproduzieren als andere Männer und hat somit einen Reproduktionsvorteil, den er auch an die heutigen Menschen vererbt hat, während andere Strategien, vor allem die der hier postulierten Gleichgültigkeit, nicht diesen Erfolg hatten.

mfg Michi

janw
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Fr 13. Okt 2006, 11:51 - Beitrag #42

Zitat von Bauer-Ranger:Dann sollte man einmal die Frage stellen, wie du das Patriarchat definieren möchtest.
Ich habe natürlich nur gewisse Stellen zitiert und die erzeugen den Eindruck, dass Männer "Forderungen" wie Treue aus dem Grund der Ungewissheit der Vaterschaft (oder wie du sagst: aus einem Besitzanspruch weil man nicht teilen möchte) als Forderung an die Frauen hatten und diese sich dem beugen mussten. Also stellt für dich die biologische Begründung dieser Tatsache allein schon etwas patriarchalisches dar? Möchtest du diese Tatsache darauf zurückführen, dass die Patriarchen vergangener Zeiten solch etwas kulturell durchsetzen konnten und es sich gar nicht um etwas Biologisches handelt? Dem widersprichst du in gewisser Hinsicht bzw. aus meiner Sicht aber selber:

und
Das ist es doch. Genau so seh ich das auch. Nur sollte man das mit dem "verstärkt und geschwächt werden können" schon wörtlich nehmen. Eifersucht ist ein Trieb, wenn man es etwas extremer ausdrücken möchte, dem kein Mensch abschalten kann, aber wir haben unterschiedliche kulturelle Möglichkeiten damit umzugehen, die maßgeblich wohl durch unsere Sozialisation bestimmt wurden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Eifersucht vorhanden ist.

Unter patriarchalisch verstehe ich Gesellschaften, in denen Männer die dominante Rolle haben und mit ihnen ein auf Konkurrenz- und Machtdenken aufgebautes Wertesystem. Mag dabei sein, daß ich das mit dem Wertesystem zu kritisch sehe, aber das ändert nichts am Kern der Sache.
Natürlich kann ich mich nur auf das beziehen, was Du zitierst, und damit gehe ich nicht ganz konform.
Ich sehe es so, daß Eifersucht eine der menschlichen Gefühlsregungen ist, eine, die vielleicht bei Männern im Machtkontext etwas stärker ausgeprägt ist als bei Frauen, aber prinzipiell nicht auf Männer beschränkt ist. Sie hat IMHO primär nicht viel mit der menschlichen Fortpflanzungsbiologie zu tun, die verbreitete männliche Eifersucht auf ihre Frauen hat mMn eher machtpolitische Gründe, wie schon geschildert, die dann in der Gesellschaft von oben heruntergebrochen wurden. Jeder Mann ein kleiner König^^
Nein, da muss ich widersprechen. Offensichtlich korrelieren der partnerschaftliche Wert der Treue NICHT mit dem Grad der "Modernität" einer Gesellschaft,...

Stimmt, das bezog sich nur auf die Jungfräulichkeit

Und mehr für sich zu wollen ist eine kulturelle oder biologische Eigenschaft des Menschen?
Wenn du von einer historisch und kulturell übergreifenden Tatsache sprichst, geh ich mal davon aus, dass es sich dabei um eine biologische Eigenschaft handelt, dass man etwas für sich haben möchte. Daraus resultieren viele Probleme die deine Ansicht mit sich bringt:
1. Wenn es biologisch begründet ist, dass man etwas für sich haben möchte ohne es teilen zu müssen, so ist Eifersucht auch biologisch, unterliegt nur einer allgemeineren Adaptation, die nicht genauer spezialisiert ist.
2. Wenn die Eifersucht darin begründet ist, dass man etwas für sich möchte ohne es teilen zu müssen, dann müssten gewisse Individuen aus Gesellschaften, für die und in denen gewisse Statussymbole einen sehr hohen gesellschaftlichen Wert haben, ein genauso starkes Gefühl aufbauen können wie Eifersucht, es müsste ähnliche Konsequenzen haben. Aber das ist nicht der Fall. Die Konsequenzen aus dem Verlust sehr angesehener Dinge sind emotional bei weitem nicht so weitreichend wie der Verlust einer Frau an jemanden anderen und wenns nur eine Nacht ist und die hundertste Frau die derjenige liebt. Wenn jemand seinen Ferrari für eine Nacht abgibt ist ihm das emotional relativ egal im Vergleich zur Abgabe seiner Frau, vor allem wenn er schon viele Ferraris vorher hatte^^ Es gibt keinen vergleichbaren Besitz was die Emotionalität beim Verlust angeht als einen Menschen den man liebt, kulturell halte ich das für völlig unbegründbar, denn es gibt Statussymbole, deren Nutzen und gesellschaftliche Würdigung liegt weit über dem einer Frau.
3. Du sprichst davon, dass es für Männer und Frauen gleichermaßen gilt, aber die Eifersucht von Männern und die Eifersucht von Frauen weisen deutliche kulturübergreifende Unterschiede auf, die du aber wohl mit dem Patriarchat erklären könntest.

Nun, man kann ein Auto sicher nicht so lieben wie einen anderen Menschen. Weil das Auto keine Zuneigung zurück gibt, vor allem nicht so einmalig ist wie ein bestimmter besonderer Mensch.
...dass es eine gesellschaftliche Bewegung gibt, die den Partnertausch propagiert und die Zeitschrift dieser Bewegung sich vor allem mit Eifersuchtsproblemen beschäftigt, von denen die Bewegung behaupten, dass es sie nicht gibt bzw. kulturelle Ursachen haben und sie zeigen dabei klar auf, dass eher die Mode des Verdrängens von Eifersucht kulturelle Ursachen hat. ]
Auf welcher Basis "klar aufgezeigt"? Das Problem ist IMHO, daß die Menschen, die in diese Bewegung eintreten, durch ihre Sozialisation so geprägt sind, daß sie das soziale Muster des eifersüchtig-sein-müssens nicht mehr los werden, es sei denn, sie betreiben 10 Jahre Zen-Meditation.

Möchtest du die Massai als Gegenbeispiel zu den anderen Kulturen anführen, auf denen du glaubst, dass die Thesen der evolutionären Psychologie aufbauen?

Ich wollte Dir lediglich einen kurzen Einblick geben in die kulturelle Vielfalt Schwarzafrikas und ihre Entwicklung. Das Beispiel der Maasai ist sicher ein extremes, Anpassung an ihr Dasein als Hirtenvolk.
Die Frauen haben dort allerdings bei der Partnerwahl eine sehr wichtige Rolle, insofern: ja^^

Das bezweifel ich ganz arg^^
Versorgung von "Schwachen" hat nicht stattgefunden, wenn es keinen Vorteil gegeben hat, denn der Überlebensdruck und Fortpflanzungsdruck unserer Vorfahren war zu groß, um "Balast" mitzuschleppen. So ein Verhalten konnte erst durch höhere Kulturen ermöglicht werden, diese waren aber zeitlich gesehen zu nah an unserer heutigen Zeit um in der Evolution eine Rolle zu spielen.
Dabei sollte man die "Schwachen" genauer definieren. Alte Menschen gelten nur bedingt als schwach, denn sie weisen ein hohes Wissen bzw. einen hohen gesellschaftlichen Status auf und in für die Evolution relevanten Zeiten gab es wohl fast keine wirklich Alten.
"Schwache" Menschen sind Kinder oder Babys, von denen man keinen reproduktiven Erfolg zu erwarten hat oder erwachsene Menschen, die keinen reproduktiven Erfolg haben. Diese wurden sicherlich nicht mitgezogen. Diese besitzen heute noch den gesellschaftlich geringsten Status (im Privaten)...

Nun, wir kennen schon aus der Steinzeit Fälle schwerer Verletzungen, die behandelt wurden - teils sogar erfolgreich.
Für die Tötung Behinderter gibt es zumindest keine Belege.

...Die vergleichsweise großen Hoden des Mannes sind ein eindeutiger Beleg dafür, dass Frauen im Laufe der menschlichen Evolutionsgeschichte manchmal innerhalb weniger Tage Geschlechtsverkehr mit mehr als einem Mann hatten. Denn es wäre wahrscheinlich nicht zur Entwicklung dieser Hodengröße gekommen, wenn es keine Spermien-Konkurrenz gegeben hätte....

Ist Spermienkonkurenz denn nun wirklich als solche nachgewiesen? Die Herleitung "wenn der Schimpanse große Hoden hat und promisk ist, dann der Mensch auch" muss so linear IMHO nicht gelten.
Ein weiterer Hinweis auf die evolutionäre Existenz kurzfristiger
Sexualbeziehungen ergibt sich aus bestehenden Abweichungen bei der Produktion und Insemination von Spermien...

Hmmm...kann es sein, daß die Spermienanzahl einfach ganz logischerweise steigt, wenn man keinen Sex hat? Einfach, weil ständig neue gebildet werden, bis irgendwann ein Maximalstand erreicht ist, bei dem dann mengenmäßig nur noch ersetzt wird, was kaputt geht?

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Mi 18. Okt 2006, 12:56 - Beitrag #43

Zitat von janw:Unter patriarchalisch verstehe ich Gesellschaften, in denen Männer die dominante Rolle haben und mit ihnen ein auf Konkurrenz- und Machtdenken aufgebautes Wertesystem.

Das haben sie auch in matriarchalischen Gesellschaften!


Zitat von janw:Ich sehe es so, daß Eifersucht eine der menschlichen Gefühlsregungen ist, eine, die vielleicht bei Männern im Machtkontext etwas stärker ausgeprägt ist als bei Frauen, aber prinzipiell nicht auf Männer beschränkt ist. Sie hat IMHO primär nicht viel mit der menschlichen Fortpflanzungsbiologie zu tun, die verbreitete männliche Eifersucht auf ihre Frauen hat mMn eher machtpolitische Gründe, wie schon geschildert, die dann in der Gesellschaft von oben heruntergebrochen wurden. Jeder Mann ein kleiner König^^

Wenn du das sagst, dann solltest du aber auch ein Gedankengebäude haben, das das ganze in Bezug auf Liebe und Verliebtsein erklären kann, denn darin sehe ich die Widersprüche.
Verliebtsein fixiert einen Menschen genau auf einen anderen. Der biologische Sinn dürfte klar sein hoffe ich (temporäre Monogamie). Ohne Eifersucht wäre das ganze komplett fehlerhaft, es würde keinen Sinn ergeben.
Männer, die nicht eifersüchtig waren, liefen weitaus höher Gefahr, ihre Energie in die Gene anderer Männer zu investieren und konnten sich somit nicht so erfolgreich fortpflanzen... Wie sollte sich also deiner Meinung nach ein Mann ohne Eifersucht durchsetzen können?


Zitat von janw:Auf welcher Basis "klar aufgezeigt"? Das Problem ist IMHO, daß die Menschen, die in diese Bewegung eintreten, durch ihre Sozialisation so geprägt sind, daß sie das soziale Muster des eifersüchtig-sein-müssens nicht mehr los werden, es sei denn, sie betreiben 10 Jahre Zen-Meditation.

Durch welche Sozialisationsmaßnahme lernen die Menschen denn dann Eifersucht? Da fehlt mir eine Erklärung für. Durch Vorbilder die auch eifersüchtig sind?
Kein Mensch, der noch nicht eiferüschtig war, weiß wie es ist, eifersüchtig zu sein.
Ein Mensch ist auch eifersüchtig, wenn er das Geliebte noch gar nicht besitzt. Das ist nur bei der Eifersucht so. Bei materiellen Gütern ist es allerhöchstens Neid, wenn ein anderer etwas besitzt, was man haben möchte.



Zitat von janw:Ich wollte Dir lediglich einen kurzen Einblick geben in die kulturelle Vielfalt Schwarzafrikas und ihre Entwicklung. Das Beispiel der Maasai ist sicher ein extremes, Anpassung an ihr Dasein als Hirtenvolk.
Die Frauen haben dort allerdings bei der Partnerwahl eine sehr wichtige Rolle, insofern: ja^^

Also erstmal eins vorweg: Das Buch beruft sich, wenn möglich, auf Dokumentationen von allen möglichen Naturvölkern und versucht möglichst viele Gesellschaften mit einzubeziehen. Das ist in den von mir genannten Zitaten nicht ganz herausgekommen.
Des weiteren haben wir das mit den Massai schon mal im ICQ zerkaut. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sie nicht nach dem von mir beschrieben Muster funktionnieren.
"Es gibt viele Zeremonien. Sehr bekannt ist das springende Tanzen der Männer. Die jungen Massai, morani, springen dabei auf der Stelle so hoch wie möglich und beweisen so ihre Stärke. Das Töten eines Löwen war früher Voraussetzung, eine Frau haben zu dürfen.
...
Einige Tage später können die Jungen schon wieder auf Vogeljagd gehen. Möglichst viele ausgestopften Vögel werden an einem Kopfring befestigt und steigern das Ansehen bei den jungen Frauen."
von Wikipedia.


" Kommt man als Forscher in eine patriarchalische Gesellschaft, wie die der Maasai, so wird man von ihnen je nach Geschlecht unterschiedlich betrachtet und respektiert
...
Zu Beginn ihrer Forschung lebte Ulrike von Mitzlaff bereits zwei Jahre in Tansania und kannte somit Land und Leute. Dies stellte sich als unsagbar wertvolle Voraussetzung heraus, denn sie wurde in höchsten Maße von den Bewohnern geschätzt und respektiert. Außerdem sprach sie die Landessprache Kisuaheli. Sie lebte dennoch in einer ihr ungewohnten Männergesellschaft, in Dar-es-Salaam, in der Frauen nahezu keine Berufsaussichten genießen können. Es sei denn sie unterwerfen sich den sexuellen Nötigungen ihres Arbeitgebers.
...
Die Parakuyofrauen haben viele Möglichkeiten, das Missfallen innerhalb der Frauengruppe anzusprechen. Sie können bis zur Hochzeit frei über ihren Körper und ihre Sexualität entscheiden. So betont Ulrike von Mitzlaff ständig, dass es die Mädchen sind, die über ihre Liebhaber entscheiden.
Während ihres Aufenthalts fanden ausschließlich weibliche Zeremonien statt. Daraus zog sie wichtige Erkenntnisse, auf die sie aufmerksam machen möchte. Das Leben der Parakuyofrauen ist reich an Zeremonien, nicht wie häufig behauptet feiern die Frauen nur an ihrem Hochzeitstag.
...
Parakuyofrauen verraten niemals Liebesaffären den Männern, da sie auch nicht verraten werden möchten. "
von http://www.konradlicht.com/Texts/ethno/maasai/maasai.html

Ich kann nicht erkennen, dass die Massai in irgendeiner Weise die von mir beschriebene Theorie nicht unterstützen sollten oder gar widersprechen sollten.

Zitat von janw:Nun, wir kennen schon aus der Steinzeit Fälle schwerer Verletzungen, die behandelt wurden - teils sogar erfolgreich.
Für die Tötung Behinderter gibt es zumindest keine Belege.

Aber es gibt genug Belege aus unserer Zeit. Ich behaupte mal, dass in keiner Gesellschaft Behinderte mehr Rechte und Ansehen genießen als in unserer Gesellschaft und hier werden sie auch "abgeschoben". Es werden viel mehr behinderte Kinder zur Adoption frei gegeben und Behinderte in Heimen werden viel seltener von ihren Eltern besucht. Das ergab eine Studie in den USA, die in dem Buch beschrieben ist.

Zitat von janw:Ist Spermienkonkurenz denn nun wirklich als solche nachgewiesen? Die Herleitung "wenn der Schimpanse große Hoden hat und promisk ist, dann der Mensch auch" muss so linear IMHO nicht gelten.

In der Natur ist es linear. Monogame Arten haben die kleinsten Hoden, promiske Arten die größten. Warum sollte der Mensch aus der Reihe tanzen? Des weiteren ist dies ja nur ein Hinweis von vielen.


Zitat von janw:Ein weiterer Hinweis auf die evolutionäre Existenz kurzfristiger
Hmmm...kann es sein, daß die Spermienanzahl einfach ganz logischerweise steigt, wenn man keinen Sex hat? Einfach, weil ständig neue gebildet werden, bis irgendwann ein Maximalstand erreicht ist, bei dem dann mengenmäßig nur noch ersetzt wird, was kaputt geht?

"Wichtig ist auch der Hinweis, dass die gesteigerte Spermien-Insemination unabhängig davon auftrat, wann der Mann seine letzte Ejakulation hatte."

Steht so in dem Text...

mfg Michi

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Sa 21. Okt 2006, 01:30 - Beitrag #44

An manchen Tagen wünsche ich mir ein paar Hoden, in denen überflüssige Zeit produziert wird. Ich würde beinahe täglich rechts und links ellenlange Beiträge in die Foren abspritzen und Diskussionen besamen was das Zeug hält.

Das wär geil.

Leider bin ich furchtbar langsam, Kenner sagen auch behutsam, sicher unsichtbar unter Verrohten.

Blink blink schon bin ich wieder weg. *g*

Sagte da Jemand "Jeanni"? Aber ihr müßt es auch reiben, ja, sonst funktionierts nicht!

janw
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Sa 21. Okt 2006, 03:33 - Beitrag #45

Zitat von Bauer-Ranger:Das haben sie auch in matriarchalischen Gesellschaften!

Ob die Männer da auch ihr ausgeprägtes Machtdenken haben...mag sein oder nicht, jedenfalls wirkt dies dort nicht so stark auf die gesellschaftlichen Normen und Strukturen durch wie in patriarchalen Gesellschaften.

Wenn du das sagst, dann solltest du aber auch ein Gedankengebäude haben, das das ganze in Bezug auf Liebe und Verliebtsein erklären kann, denn darin sehe ich die Widersprüche.
Verliebtsein fixiert einen Menschen genau auf einen anderen. Der biologische Sinn dürfte klar sein hoffe ich (temporäre Monogamie). Ohne Eifersucht wäre das ganze komplett fehlerhaft, es würde keinen Sinn ergeben.
Männer, die nicht eifersüchtig waren, liefen weitaus höher Gefahr, ihre Energie in die Gene anderer Männer zu investieren und konnten sich somit nicht so erfolgreich fortpflanzen... Wie sollte sich also deiner Meinung nach ein Mann ohne Eifersucht durchsetzen können?

Die Sache hakt an zwei Stellen: Zum einen kann ein Mensch durchaus in zwei Menschen gleichzeitig verliebt sein - bei mehr wird es schwierig, weil es in einem ziemlichen Gefühlschaos aus eigenen Gefühlen, Projektionen, Erwartungen und Zweifeln enden kann, so daß mensch vielleicht irgendwann die Notleine zieht - letztlich kann mensch eigentlich nur ein Leben zur Zeit führen.
Zum anderen ist Eifersucht eben nur eine der möglichen menschlichen Gefühlsregungen, als solche auf alles mögliche beziehbar, sicher vorrangig auf andere Menschen. Der Bezug auf Sexualpartner ist in dieser ziemlichen Ausschließlichkeit IMHO kulturell bedingt und erlernt - das fängt damit an, daß schon bei Kindergartenfreundschaften durch Eltern und Kindergärtnerinnen getuschelt wird, die anderen Kinder dies aufgreifen, und Kind somit lernt, daß es einen Unterschied macht, ob Freund vom gleichen oder anderen Geschlecht ist und daß ein Junge Zuspruch bekommt, wenn er unfröhlich reagiert, wenn seine Freundin auch mit einem anderen Jungen befreundet ist.
Eifersucht, die sonst z.B. im Kampf um Zuwendung eine Rolle spielt, wird so sexuell konnotiert.
Um es mit Simone de Beauvoir zu sagen: "Man wird nicht als Frau (bzw. Mann) geboren, sondern dazu gemacht."
Sicher hat die geschlechtskorrelierte Rollenverteilung gesellschaftlich positive Wirkungen - sie sichert gewiss die Fortpflanzung und damit das Fortbestehen der Gesellschaft, sie beugt sozialen Konflikten vor, indem sie die Rollen mit Normen belegt, und sie sorgt dafür, daß tendenziell die entsprechenden geschlechterspezifischen Leistungsfähigkeiten an den richtigen Stellen zum Einsatz kommen können - mit allen Gefahren der sozialen Überreglementierung, individuellen Freiheitsbeschneidung, Etablierung unegalitärer Machtstrukturen, die das zwangsläufig mit sich bringt.
Der Unterschied zu den biologistischen Erklärungsmustern ist dabei aber der, daß Menschen an sich jederzeit anders könnten.

Was die Maasai betrifft...was die Entscheidungsstrukturen in der Stammesstruktur betrifft, sind sie sicher als patriarchal anzusehen, allerdings ist die Partnerwahl durch die Frauen für solche Gesellschaften eher untypisch. Insofern bin ich nicht so sicher, ob sie die Thesen der evolutionären Psychologie stützen...

Aber es gibt genug Belege aus unserer Zeit. Ich behaupte mal, dass in keiner Gesellschaft Behinderte mehr Rechte und Ansehen genießen als in unserer Gesellschaft und hier werden sie auch "abgeschoben". Es werden viel mehr behinderte Kinder zur Adoption frei gegeben und Behinderte in Heimen werden viel seltener von ihren Eltern besucht. Das ergab eine Studie in den USA, die in dem Buch beschrieben ist.

Nun, die soziale Stellung Behinderter wäre wirklich mal eine globale Studie wert...
Ich habe den Eindruck, ohne daß ich diesen auf Zahlen stützen kann, daß das, was Du beschreibst, eine Folge der gesellschaftlichen Zersplitterung der Industriegesellschaft ist - durch die eben all jene, die eines sozialen Beziehungsnetzes bedürfen, nach Wegfall dessen auf Einzelne verwiesen werden, denen sie zur "Last" werden, weshalb diese sie dann in Heime geben.
Allerdings gibt es auch in anderen Kulturen Traditionen, Behinderte z.B. in den Tempel zu geben, wo man sie dann in guter Betreuung weiß.
Dies würde ich aber nicht primär als "Beseitigung" gesellschaftlch unnützer Menschen ansehen, sondern als Möglichkeit, zwischen ihren Interessen und dem Überlebens-Interesse einer Sippe, die tatsächlich existentiell gefordert sein kann, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.

In der Natur ist es linear. Monogame Arten haben die kleinsten Hoden, promiske Arten die größten. Warum sollte der Mensch aus der Reihe tanzen? Des weiteren ist dies ja nur ein Hinweis von vielen.

Sind die Bonobos auch erwähnt? Sie betreiben Sex zum Abbau von sozialem Stress.
Nun, der Mensch kann anders, als die Reihung impliziert, und wenn beim Menschen Eifersucht herrscht, dann nicht zwangsläufig als Ausdruck von Spermienkonkurrenz, sondern zumindest gleichrangig um Zuwendung.
Die menschliche Fähigkeit zu einem differenzierten Gefühlsleben, zur Wahrnehmung von "ich" und "Du" und zur Empathie bedingt, daß die üblichen Erklärungsmuster hier nicht greifen, zumindest nicht in der direkten Übertragung.

"Wichtig ist auch der Hinweis, dass die gesteigerte Spermien-Insemination unabhängig davon auftrat, wann der Mann seine letzte Ejakulation hatte."

Steht so in dem Text...

Stimmt...hatte ich erst überlesen und dann nicht mehr korrigiert.
Allerdings...weiß man sicher, daß eine Masturbations-Ejakulation dieselbe Spermienmenge bringt wie eine sexuelle? Da könnte ein Artefakt verborgen liegen - nur mal angedacht, ich weiß es auch nicht sicher.

Allerdings hätte die Sache sonst was für sich.

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Sa 21. Okt 2006, 07:40 - Beitrag #46

Zitat von janw:Ob die Männer da auch ihr ausgeprägtes Machtdenken haben...mag sein oder nicht, jedenfalls wirkt dies dort nicht so stark auf die gesellschaftlichen Normen und Strukturen durch wie in patriarchalen Gesellschaften.

Wie sehr das ganze auf die Gesellschaft wirkt ist völlig unerheblich. Die Hypothese, die die evolutionäre Psychologie gemacht hat ist, dass Männer ein extremeres innergeschlechtliches Konkurrenzverhalten haben als Frauen und das ist auch in sog. "matriarchalischen" Gesellschaften so, ich behauppte sogar, dass es dort noch (viel) stärker ist, wobei man anmerken muss, dass es keine matriarchalischen Gesellschaften gibt, das sind eher gleichberechtigte^^ Deutschland zähle ich da mitlerweile auch dazu, wobei ich Deutschland sogar eher als noch matriarchaler ansehe, aber vielleicht lasse ich mich auch einfach nur von der gesellschaftlichen Tendenz blenden.


Zitat von janw:Die Sache hakt an zwei Stellen: Zum einen kann ein Mensch durchaus in zwei Menschen gleichzeitig verliebt sein

Nein, das kannst du nachlesen im neuen Buch von Helen Fisher. Ein Mensch kann gleichzeitig eine feste Bindung im nichtromantischen Sinne haben und verliebt sein, aber er kann nicht in 2 Menschen gleichzeitig romantisch verliebt sein. Für die romantische Verliebtheit und die feste Bindung werden 2 verschiedene Hirnzonen aktiviert, deswegen ist das so möglich, aber in 2 Menschen gleichzeitig verliebt sein ist nicht möglich, mag aber umgangssprachlich so den Anschein haben, aber dann handelt es sich um 2 verschiedene Gefühle.


Zitat von janw:Zum anderen ist Eifersucht eben nur eine der möglichen menschlichen Gefühlsregungen, als solche auf alles mögliche beziehbar, sicher vorrangig auf andere Menschen. Der Bezug auf Sexualpartner ist in dieser ziemlichen Ausschließlichkeit IMHO kulturell bedingt und erlernt - das fängt damit an, daß schon bei Kindergartenfreundschaften durch Eltern und Kindergärtnerinnen getuschelt wird, die anderen Kinder dies aufgreifen, und Kind somit lernt, daß es einen Unterschied macht, ob Freund vom gleichen oder anderen Geschlecht ist und daß ein Junge Zuspruch bekommt, wenn er unfröhlich reagiert, wenn seine Freundin auch mit einem anderen Jungen befreundet ist.
Eifersucht, die sonst z.B. im Kampf um Zuwendung eine Rolle spielt, wird so sexuell konnotiert.

Das ganze findet aber imho nicht so gesellschaftsübergreifend statt wie Eifersucht bei jedem Menschen in dieser Gesellschaft vorkommt. Jeder Mensch wird anders erzogen, manche gehen gar nicht in den Kindergarten und sind bis zum Alter von 6 Jahren nur unter ihren Geschwistern. Dort unterliegen sie lediglich dem Einfluss der Eltern und somit wären Schwankungen möglich, aber es gibt sie auch dort nicht (zumindest bei den Leuten die ich von solchen kenne). Eine kulturelle Bedingtheit impliziert imho gesellschaftliche Schwankungen, die es bei Eifersucht nicht gibt bzw. noch nicht festgestellt wurden.


Zitat von janw:Um es mit Simone de Beauvoir zu sagen: "Man wird nicht als Frau (bzw. Mann) geboren, sondern dazu gemacht."

Durch so eine Meinung sind auch solche menschenrechtsverletzenden Bücher entstanden wie "Hilfe, mein Sohn ist ein Macho!"
Des weiteren gibt es auch einige Studien darüber, was mit Männern passiert, wenn man sie wie eine Frau erzieht oder sie mit Hormonen zu einer Frau machen möchte. Oder Klartext: Wir sollten Feministenmeinungen aus unserer Diskussion heraushalten, denn diese sind immer subjektiv und sollen einem gewissen Ziel dienlich sein, das entzieht ihnen jede wissenschaftliche Grundlage. Und wenn ich etwas von Feministen lese sehe ich das immer wieder bestätigt, unter anderem in dem Satz, dass man nicht als Frau/Mann geboren wird, sonder dazu gemacht wird. Zur Zeit von Beauvoir mag diese Meinung noch Stand der Wissenschaft gewesen sein, aber heutzutage ist eine solche Sicht nicht mehr zu rechtfertigen und richtet unaufhörlich weiteren gesellschaftlichen Schaden an, aber das soll hier nicht Gegenstand der Diskussion sein.


Zitat von janw:Sicher hat die geschlechtskorrelierte Rollenverteilung gesellschaftlich positive Wirkungen - sie sichert gewiss die Fortpflanzung und damit das Fortbestehen der Gesellschaft,

Und wenn man diese Rollenverteilungen unterdrückt bzw. Männer und Frauen gleichredet und dies versucht umzusetzen sieht man was dabei herauskommt: Es gibt immer weniger Kinder, immer mehr bindungsunfähige Menschen, eine davon ist mir gerade in der Disco begegnet: "Um 7 steht meine Tochter auf..." Vorher hatte sie mit irgendeinem Fremden rumgeknutscht, nach Hause wird sie den wohl schon nicht genommen haben...
Des weiteren ist Fortpflanzung nicht Aufgabe irgendeiner kulturellen Prägung (Prägung im weiten Sinne), sondern das muss Biologie sein. Wo kämen wir denn hin, wenn wir die Fortpflanzung als eine kulturelle Errungenschaft ansehen?


Zitat von janw:und sie sorgt dafür, daß tendenziell die entsprechenden geschlechterspezifischen Leistungsfähigkeiten an den richtigen Stellen zum Einsatz kommen können

Welche Leistungsfähigkeiten sind für dich geschlechterspezifisch?


Zitat von janw: - mit allen Gefahren der Etablierung unegalitärer Machtstrukturen,

Die wir in Deutschland nicht mehr haben, dennoch hat sich an gewissen Dingen nichts geändert wie Eifersucht oder dergleichen. Die ist eher noch stärker geworden, weil ja jede Frau mitlerweile "frei" ist ]
Der Unterschied zu den biologistischen Erklärungsmustern ist dabei aber der, daß Menschen an sich jederzeit anders könnten.
[/QUOTE]
Das habe ich glaub auch schon vor einigen Posts gesagt. Eine Verhaltensadaptation ist keine Determination, sondern sie erlaubt dennoch alle Freiheiten in der Handlung.


Zitat von janw:Was die Maasai betrifft...was die Entscheidungsstrukturen in der Stammesstruktur betrifft, sind sie sicher als patriarchal anzusehen, allerdings ist die Partnerwahl durch die Frauen für solche Gesellschaften eher untypisch. Insofern bin ich nicht so sicher, ob sie die Thesen der evolutionären Psychologie stützen...

Tun sie, weil die evolutionäre Psychologie keine Aussagen über Patriarchat oder Matriarchat oder Freiheit der einzelnen Personen macht. In der westlichen Welt haben Frauen auch volle Entscheidungsfreiheit, manchmal mehr als ihnen selbst lieb ist, aber auch dort sind gewisse Parameter gleich wie in allen (dokumentierten) Gesellschaften.


Zitat von janw:Nun, die soziale Stellung Behinderter wäre wirklich mal eine globale Studie wert...
Ich habe den Eindruck, ohne daß ich diesen auf Zahlen stützen kann, daß das, was Du beschreibst, eine Folge der gesellschaftlichen Zersplitterung der Industriegesellschaft ist - durch die eben all jene, die eines sozialen Beziehungsnetzes bedürfen, nach Wegfall dessen auf Einzelne verwiesen werden, denen sie zur "Last" werden, weshalb diese sie dann in Heime geben.
Allerdings gibt es auch in anderen Kulturen Traditionen, Behinderte z.B. in den Tempel zu geben, wo man sie dann in guter Betreuung weiß.
Dies würde ich aber nicht primär als "Beseitigung" gesellschaftlch unnützer Menschen ansehen, sondern als Möglichkeit, zwischen ihren Interessen und dem Überlebens-Interesse einer Sippe, die tatsächlich existentiell gefordert sein kann, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.

Nun, das müsste man sicherlich mal genauer untersuchen.
Was damit eng zusammenhängt: Wodurch ist es dem Menschen möglich sich selbst zu töten? Ist das rein kulturell bedingt, hängt das mit der menschlichen Handlungsfreiheit zusammen oder ist es eine Möglichkeit, die die Evolution möglich gemacht hatte?
Menschen, die Selbstmordgedanken haben, haben zum Großteil gewisse Gemeinsamkeiten. Sie halten sich für wertlos und denken, dass sie den anderen "auf der Tasche" liegen.



Zitat von janw:Sind die Bonobos auch erwähnt? Sie betreiben Sex zum Abbau von sozialem Stress.

Sie sind in diesem Buch auch erwähnt, aber ich glaube nicht in dem Zusammenhang der Hodengröße. Ich bezweifel aber, dass die Bonobos plötzlich unerwartet kleine Hoden haben, denn das wäre wirklich zu offensichtlich, damit würde sich eine als Wissenschaft titulierte Strömung ja selbst den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich kann es leider nicht konkret überprüfen, weil mir der Zugang zu solch einer Literatur fehlt, aber ich halte es für zu simpel.

Zitat von janw:Nun, der Mensch kann anders, als die Reihung impliziert, und wenn beim Menschen Eifersucht herrscht, dann nicht zwangsläufig als Ausdruck von Spermienkonkurrenz, sondern zumindest gleichrangig um Zuwendung.

Bei Männern ist es Spermienkonkurrenz, bei Frauen ist es Zuwendung... Frauen können ja auch schlecht eine Eizellenkonkurenz haben ]
Die menschliche Fähigkeit zu einem differenzierten Gefühlsleben, zur Wahrnehmung von "ich" und "Du" und zur Empathie bedingt, daß die üblichen Erklärungsmuster hier nicht greifen, zumindest nicht in der direkten Übertragung.
[/QUOTE]
Wie meinst du das? Wo wird etwas direkt übertragen?

Zitat von janw:Stimmt...hatte ich erst überlesen und dann nicht mehr korrigiert.
Allerdings...weiß man sicher, daß eine Masturbations-Ejakulation dieselbe Spermienmenge bringt wie eine sexuelle? Da könnte ein Artefakt verborgen liegen - nur mal angedacht, ich weiß es auch nicht sicher.

Allerdings hätte die Sache sonst was für sich.

Nun, natürlich kann man diese Sache kritisieren. Die geringe Anzahl der Probanten ist schon ein Unsicherheitsfaktor usw. Das ganze soll aber auch kein Beweis, sondern allerhöchstens ein Indiz sein.


mfg Michi

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Di 21. Nov 2006, 14:01 - Beitrag #47

Letztens fiel mir dieser Begriff auf: Polyamorie.

Vielleicht kann ja der eine oder die andere etwas damit anfangen. ;)

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e-noon
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Di 21. Nov 2006, 18:18 - Beitrag #48

Ich habe mir den Artikel durchgelesen, klingt sehr interessant!

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Mi 22. Nov 2006, 03:34 - Beitrag #49

Ich kann da schon was dazu sagen, hoffe ich zumimdest^^


Anthropologische Untersuchungen zeigen, dass zwar Paarbindungen zu den Grundkonstanten menschlichen Verhaltens zählen, in der Mehrheit der menschlichen Kulturen jedoch nichtmonogame Lebensformen, besonders Polygynie, zu einem geringen Grad auch Polyandrie, vorkamen; Die Formen des Zusammenlebens waren immer eng mit ökonomischen Interessen der Wahrung und Weitergabe von familären oder gemeinschaftlichem Besitz und den sonstigen sozialen Beziehungen verknüpft. Ausschließliche Zweierbeziehungen als verbindliche soziale Norm beruhen zu einem großen Teil auf Konzepten und Idealvorstellungen, welche durch Polyamorie fundamental in Frage gestellt werden. So kommen zufolge der Antrophologin Helen Fisher Verhaltensweisen wie Fremdgehen oder Ehebruch, trotz oft harter Strafen in allen untersuchten Gesellschaften vor, in denen ausschließliche Zweierbeziehungen als Norm gelten. Trotzdem sind Äußerungen darüber, insbesondere gegenüber Beziehungspartnern, weitgehend tabuisiert.

Vor allem der Satz ist interessant:
"Ausschließliche Zweierbeziehungen als verbindliche soziale Norm beruhen zu einem großen Teil auf Konzepten und Idealvorstellungen, welche durch Polyamorie fundamental in Frage gestellt werden."

Wie kann man zu diesem Schluss kommen? Hier wird ein klarer Fehler begangen: Man setzt das Bestreben der Menschen mit den existierenden Idealen gleich, also es wird behauptet, dass Monoamorie aus den gesellschaftlichen Normen und Idealen resultiert. Diese Ideale werden nun von der Bewegung der Polyamorie in Frage gestellt.
Der erste Fehler der hier begangen wird ist, dass man die Diskrepanz zwischen Ideal und Verwirklichung der Monoamorie als Scheitern der Monoamorienorm bewertet, dabei wird an vielen anderen Stellen nur zu deutlich betont, wie sehr das Ideal und die Verwirklichung von Polyamorie auseinanderklaffen.
Das Ideal muss man meiner Meinung nach bei monoamoren Beziehungen im platonischen Sinne sehen, das heißt man kann ihm durchaus beliebig nahe kommen, aber es eben nie ganz erreichen UND das Ideal ist uns intuitiv gegeben. Beides trifft auf polyamore Beziehungen nicht zu: Zum einen kann man das Ideal (bei den meisten Formen von Polyamorie) nicht sonderlich gut erreichen und zum anderen ist das Ideal erlernt und ergibt sich aus Erfahrungen der betreffenden Personen, wie in dem Text auch behauptet wird. Auch die Beispiele der berühmten Personen, die polyamor gelebt haben, können wir aufgrund von Biografien genau genug erläutern um festzustellen, dass die polyamore Lebensform ein Resultat der bisherigen Erfahrungen und Umstände war und nicht intuitiv gegeben war. Das ganze psychologisch zu erklären dürfte nicht all zu viel Mühe bereiten, resultiert aber wohl immer aus einer Abweichung vom Urzustand der Psyche.
Des weiteren wird das Vorhandensein von Untreue als Widerspruch zu Monoamorie gesehen, dabei ist dies doch etwas, das zu Monoamorie gehört, wenngleich es als nicht erstrebenswert gilt. Monoamorie und Fremdgehen muss man also als Eins betrachten, das gesellschaftlich zusammengehört.


Des weiteren sieht man die Ursache für Monoamorie ausschließlich in gesellschaftlichen Idealen und zieht keine biologische Gegebenheit in Erwägung. Das ist eigentlich das Paradoxeste an der ganzen Sache, denn wie schon Helen Fisher sagt, die komischerweise in dem Absatz erwähnt wird und zu Gunsten der polyamoren Lebensform eingespannt wird (und die auch keine Antrophologin, sondern eher eine Anthropologin ist ;) ), ist die ausdrückliche Präsenz von Eifersucht und die Wichtigkeit des richtigen Umgangs damit ein mehr als klares Indiz dafür, dass Menschen ein monoamoröses Ideal innewohnend haben.

Letztendlich halte ich den ganzen Text für nicht sonderlich diskussionswürdig. Das Appellieren an das Tolerieren solcher Lebensformen halte ich für sinnlos, da ohnehin nur der geringste Teil etwas dagegen hat. Lediglich einen Satz in folgendem Absatz halte ich für erörterungswürdig, denn er ist das einzige "Revolutionäre" an der ganzen Geschichte überhaupt, aber da er weder belegt wird, noch der Sinn überhaupt klargestellt wird kann ich darauf nicht wirklich eingehen.

Oft wird befürchtet, dass nicht-ausschließliche Beziehungen negative Folgen für Kinder haben könnten. Die Praxis zeigt jedoch, dass dies nicht der Fall ist, sofern die Bezugspersonen in einer stabilen Partnerschaft leben. Bei Teenagern in der Phase der Identitätsfindung kann eine nichtmonogame Beziehungsform der Eltern Unsicherheit und Ablehnung auslösen; kleinere Kinder profitieren oft von den zusätzlichen Bezugspersonen. Bei Heranwachsenden aus solchen Familien kommt es sowohl vor, dass sie nicht-ausschließliche Beziehungen als zusätzliche Option betrachten, als auch, dass sie eher traditionelle Lebensentwürfe wählen und sich damit von ihren Eltern abgrenzen. Gelegentlich wird berichtet, dass Kinder weniger oder gar keine Eifersucht zeigen, was die Hypothese stützt, dass Eifersucht eine (wenn auch tief verwurzelte) kulturelle Norm darstellt.


Der Sachverhalt, auf den sich der letzte Satz bezieht, ist der einzige wirklich sinnvolle Sachverhalt, den man an dieser Bewegung diskutieren könnte. Ich verstehe den Satz einfach mal so wie er dort steht und behaupte, dass auch viele Menschen, die in monoamorösen Verhältnissen aufgewachsen sind, keine Eifersucht zeigen, da es einfach keinen Auslöser dafür gab. Das schränkt aber nicht die Möglichkeit ein, dass es für solche Personen keine solchen Auslöser gibt. Warum das die revolutionäre These, dass Eifersucht eine kulturelle Norm darstellt, stützen soll ist mir ein Rätsel und bedarf ohne weiterer Ausführung und Begründung dieser Hypothese auch keinen weiteren Kommetar, denn was nicht klar formuliert wurde kann auch nicht widerlegt werden.

Mir scheint die ganze Bewegung so eine Art Streben nach dem ewigen Leben zu sein. Und jeden Tag entdeckt man ein neues graues Haar. Die notwendigen Diskussionen über Eifersucht sind die Antifaltencreme des Polyamorösen ;)

mfg Michi

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Do 23. Nov 2006, 13:08 - Beitrag #50

Also, ich hab den Artikel noch nicht gelesen, werds in absehbarer Zeit wohl auch nicht tun. Ist mir zuviel Geschwafel. :D

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Do 30. Nov 2006, 21:50 - Beitrag #51

Ernsthaft? Ich fand das meiste sehr interessant (manches habe ich auch überlesen) und, für den Fall, dass man mehr als eine Person liebt und alle Beteiligten einverstanden sind, auch nachahmenswert :)

Hier wird ein klarer Fehler begangen: Man setzt das Bestreben der Menschen mit den existierenden Idealen gleich, also es wird behauptet, dass Monoamorie aus den gesellschaftlichen Normen und Idealen resultiert.

Das Ideal muss man meiner Meinung nach bei monoamoren Beziehungen im platonischen Sinne sehen [...] UND das Ideal ist uns intuitiv gegeben.
Machst du nicht den gleichen Fehler? Wie kommst du zu der Behauptung?

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Do 30. Nov 2006, 22:28 - Beitrag #52

Zitat von e-noon: Machst du nicht den gleichen Fehler? Wie kommst du zu der Behauptung?

Ich betrachte das Komplement davon und sehe dass es zu einem Widerspruch führt ;)
Das Komplement von "ist uns intuitiv gegeben" ist ja, dass es uns nicht innewohnend ist, also nicht in der Lebensform Mensch begründet ist, sondern anerzogen oder gelernt ist. Um das Komplement zu betrachten sehe ich mich nach Menschen um, die es anders versuchen zu machen, die also Polyamorie praktizieren. Dazu bietet der Wkipediaartikel einen guten Ausgangspunkt. Dort stelle ich fest, dass Eifersucht die polyamoröse Lebensweise unausweichlich prägt und das ist der Widerspruch.

mfg Michi

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Do 30. Nov 2006, 22:42 - Beitrag #53

Weil Eifersucht in allen oder vielen Beziehungen gleich welcher Art auftritt, heißt das nicht, dass eines der Beziehungsmodelle intuitiv vom Menschen angestrebt wird, finde ich. Es gibt auch monogame Beziehungen ohne Treuebrüche, in denen ein Partner eifersüchtig ist, und meist liegt es eher am mangelnden Selbstwertgefühl als an der Beziehung, soweit ich das beobachten konnte.

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Do 30. Nov 2006, 23:52 - Beitrag #54

Zitat von e-noon:Weil Eifersucht in allen oder vielen Beziehungen gleich welcher Art auftritt


Eifersucht tritt aber in polyamorösen Beziehungen immer und stärker auf, sofern es sich bei den Beteiligten um Liebende im Sinne der Fortpflanzung handelt.
(Also wenn Leute zusammen sind ohne sich so zu lieben, also nur freundschaftliche Gefühle haben, so ist klar dass eine polyamoröse Beziehung funktionnieren kann, ich denke sowas steht hier aber nicht zur Diskussion.)



Zitat von e-noon:Es gibt auch monogame Beziehungen ohne Treuebrüche, in denen ein Partner eifersüchtig ist, und meist liegt es eher am mangelnden Selbstwertgefühl als an der Beziehung, soweit ich das beobachten konnte.

Eifersucht ist ein Gefühl, das auf eine empfundene Gefährdung der Beziehung oder der Vaterschaft auftritt. (Ich muss allerdings gestehen, dass es mir im Moment schwer fällt eine klare Definition zu geben.)
Ein schlechtes Selbstwertgefühl führt logischerweise dazu, dass man ständig davon ausgeht, dass der Partner zu gut für einen ist und somit hat man den Eindruck, der Partner müsste eigentlich andere Menschen für eine Beziehung bevorzugen, was zu einer ständigen Empfindung der Gefährdung der Beziehung führt, also zu Eifersucht.
Das bedeutet aber nicht, dass Eifersucht ein Indikator für ein schlechtes Selbstwertgefühl ist, denn für Menschen jedes Selbstwertgefühles gibt es Auslöser für Eifersucht, sofern sie einen Menschen im Sinne der Fortpflanzung lieben.
Bei Polyamorie tritt Eifersucht (fast) immer auf, ich glaube kaum dass du daraus folgern kannst, dass alle Polyamorösen ein schlechtes Selbstwertgefühl haben.

Ich denke an dieser Stelle sollte ich vielleicht noch klären was ich unter "lieben im Sinne der Fortpflanzung" meine:
Darunter verstehe ich die Liebe, die mit sexuellen Empfindungen einhergeht. Man könnte es auch als romantische Verliebtheit und die eventuell daraus resultierende und zeitlich später einzuordnende feste Bindung bezeichnen. Ich hoffe dir ist klar was ich damit meine.

Zum Schluss vielleicht noch das, was bei Wikipedia dazu steht, allerdings unkommentiert von mir:

[quote]
Während die Erfahrung von Eifersucht in unserer Kultur normalerweise durch die Aufrechterhaltung monogamer Beziehungen vermieden werden sollte, existieren auch Subkulturen wie Polyamorie, Swinger und BDSM, in denen Beziehungspartner die Möglichkeit von weiteren sexuellen oder Liebesbeziehungen vereinbaren, und sich damit Eifersuchtsgefühlen durch den Umgang des anderen mit weiteren Sexualpartnern stärker aussetzen. Ein Teil dieser Menschen berichtet, dass sie mit der Zeit über die Eifersucht hinauswachsen (ähnlich wie ängstliche Personen durch Angehen angstbesetzter Situationen) und zusätzliche Selbstsicherheit gewinnen. Völlig überwunden wird die Eifersucht aber nur selten]

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Fr 1. Dez 2006, 17:23 - Beitrag #55

Zitat von Spendi: Also, ich hab den Artikel noch nicht gelesen, werds in absehbarer Zeit wohl auch nicht tun. Ist mir zuviel Geschwafel. :D
Zitat von E-Noon:Ernsthaft? Ich fand das meiste sehr interessant (manches habe ich auch überlesen) und, für den Fall, dass man mehr als eine Person liebt und alle Beteiligten einverstanden sind, auch nachahmenswert :)
Du hast recht!

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