Hallihallo TWM ...
Es ist geraume Zeit her dass ich etwas geschrieben habe. Meine Zeit hier im Forum ist lang vorbei, und all meine Versuche das zu ändern sind fehlgeschlagen. Es mag daher etwas ironisch erscheinen dass ich gerade mit einem Problem, mit dem ich nicht klarkomme wieder aufschlage ... aber naja. Hoffentlich hilft es mir, meine Gedanken zu ordnen, und vielleicht hat der ein oder andere einen Tipp, einen Ratschlag ... oder einfach nur ein offenes Ohr.
Ich bin nun seit etwas mehr als 5,5 Jahren mit meiner Freundin zusammen. Eine lange Zeit, vor allem wenn man berücksichtigt dass es für uns beide die erste feste Beziehung war - wir haben uns mit 16 bzw 17 kennegelernt und sind seitdem auch ein Paar. Seit einem halben Jahr wohnen wir auch zusammen.
Die 5 Jahre waren nicht immer eine einfach, aber fast immer eine schöne Zeit. Wir sind beide recht starke Charaktere und geraten uns gerne in die Haare (und dass dann auch leidenschaftlich), aber haben uns jedes mal zusammengerauft. Bis auf den obligatorischen Streit hin und wieder gab es auch keine nennenswerten Krisen, vorrübergehende Trennungen oder dergleichen.
Bis letzte Woche.
Am Wochenende hat mir meine Freundin gestanden, dass sie mich betrogen hat. Es war für mich natürlich ein absoluter Schock. Sie war eine Freundin besuchen, die zusammen mit ihrem Freund auf einer Freizeit als Betreuer waren. Nach einer durchzechten Nacht landete sie dann, wie auch immer, mit diesem Freund im Bett. Das Ganze war vor ca. 1,5 Monate. Auf die Frage warum sie das getan hat konnte sie mir keine vernünftige Antwort geben - sie sagte nur, sie sie "neugierig" gewesen und habe in der Zeit in einer "gefühlskalten" Phase gesteckt, in der ihr viel egal gewesen sei. Verhütet haben sie i.Ü. auch nicht. Ich war völlig perplex, weil meine Freundin immer wieder betont hat wie wenig Bedeutung Sex eigentlich für sie habe und dass sie vor allem mit der eigenen Wohnung im Hinterkopf so etwas nie tun würde.
Nun, sie hat es mir gestanden, wir haben darüber geredet ... den ersten Tag über irgendwie noch versucht den Normalzustand aufrecht zu erhalten. Dann sackte es bei mir so langsam, ich war nur noch fertig, und seit vorgestern ist sie erst einmal bei ihren Eltern - vorerst bis zum Ende der Woche. Und ich bin allein daheim und versuche, wie schon gesagt, Ordnung in meinen Kopf zu kriegen.
Und ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ich denken soll. Es ist das allererste mal, dass mir so etwas passiert. Irgendwie - weil es eigentlich gut lief, weil ich es von meinen Eltern her nicht anders kannte - hatte ich auf diese Beziehung gezählt und ging davon aus, dass es auch immer so bleiben würde. Es ist auch das allererste Mal dass ich mich so wütend, traurig, enttäuscht, gedemütigt und was auch immer gleichzeitig fühle, und ich bin damit total überfordert.
Ich habe nun keine Ahnung wie es weitergehen soll. Ein Teil von mir will unbedingt dass alles wieder gut wird, dass ich sie wieder im Arm halten kann, dass wir wieder zusammen einschlafen. Das es so wie vorher ist. Der andere Teil von mir kann die Tatsache, dass sie mit einem anderen Mann geschlafen hat, einfach nicht begreifen und kriegt die Bilder davon (Fantasie kann eine grausame Sache sein) nicht mehr aus dem Kopf. Ich weiss nicht ob ich Tage oder Wochen brauche, um wieder klar denken zu können. Ich weiss nicht was aus uns wird oder was überhaupt wird, wenn sie länger weg bleibt. Ich weiss nicht was wird, wenn sie nach einer knappen Woche wieder kommt und wir versuchen, dass irgendwie zusammen zu lösen.
Als wir darüber gesprochen haben hat sie mir gesagt, dass es ihr leid tut, dass sie unbedingt will dass das zwischen uns wieder klappt und das sie mich liebt. Der vorrübergehende Auszug macht sie genauso fertig wie mich, aber als sie noch hier war haben wir uns nur gegenseitig mit kleinen Schritten des Entgegenkommens und erneuter Abweisung gefoltert.
Das Ganze hat mich auch zum Nachdenken angeregt. Wie gesagt. Unsere Beziehung war immer schön, aber nicht einfach. Um es ganz kurz zu fassen (und um dem Text nicht gänzlich epische Dimensionen zu verpassen):
- wir haben Probleme mit unseren jeweiligen Eltern. Ihre Mama ist ein dominanter Hausdrache, mit dem ich oft aneinandergerate und andersrum. Mein Paps ist ein etwas wortkarger Kerl, der seine Gefühle selten zeigt, damit kommt meine Freundin nicht klar.
- sie kann mit meinem Hobbies sehr wenig anfangen (viel Lesen, Rollenspiel, Zocken) und hat selber wenige Hobbies, um sich abzulenken. Ich komme mit den meisten ihrer Freunde nicht klar, weil die absolut nicht auf meiner Wellenlänge sind
- sie studiert Sozialarbeit, ich Physik ... Kommilitonen, Lernstoff und Interessen tragen wenig zu gegenseitiger Begeisterung bei
- sie ist sehr aufbrausend und versucht oft, in allen Belangen die Oberhand zu behalten - sonst zickt sie rum. Ich bin ziemlich eifersüchtig und habe von meinem Vater wohl auch ein Introvertiertheit geerbt
usw. Viele Dinge wegen denen wir uns über die Jahre in die Haare geraten sind.
Nun frage ich mich ... wäre es besser, wenn das nicht mehr ist? Wir sind zusammengezogen, weil es einfach nicht mehr anders ging. Wir haben uns On/Off technisch ein paar mal die Woche gesehen, dann wieder nicht. Haben uns oft mit riesigen Erwartungen getroffen und dann nicht selten gestritten, weil wir die nicht erfüllt haben. Nach einem sehr langen und bösen Streit wussten wir: Es muss sich etwas ändern. Das hat sich geändert. Ich habe nur keine Ahnung, ob das Zusammenziehen das Ende nur hinausgezögert hat und der einzige Nutzen, den wir nun daraus ziehen, Gewissheit ist was passieren wird.
Momentan vergeht kaum eine wache Minute in der ich nicht versuche, die Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen und irgendwie den Gedanken zu verarbeiten, was geschehen ist. Aber wenn ich es einmal schaffe weiss ich nicht mehr, ob wir es noch schaffen wieder zu uns zu finden - denn wenn wir es versuchen, wir es ein sehr langwieriger und für beide sehr schmerzhafter Vorgang. Da bin ich mir sicher.
Wenn irgendwer Ratschläge, Erfahrungen, irgendwas hat ... ich bin für alles dankbar. Und wenn gar nichts kommt habe ich wenigstens mal meine Gedanken verschriftlicht.