Ijon Tichy: Raumpilot

Literatur und Medien, die die Grenzen der bekannten Welt sprengen - die Zukunft der Menschheit und ihre Abenteuer in fantastischen Welten.
Traitor
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Mi 18. Apr 2007, 17:11 - Beitrag #1

Ijon Tichy: Raumpilot

Man könnte jetzt behaupten, ich schlösse mich nur Satleks Threadlawine an, aber diese Empfehlung hatte ich schon seit ein paar Tagen geplant.

(Sehr) frei nach Stanislaw Lems "Die Sterntagebücher" läuft derzeit im ZDF die Serie "Ijon Tichy: Raumpilot" über den wirr im Weltraum herumreisenden Titelgeber. Es gibt 6 fünfzehnminütige Folgen, bisher wurden 3 gesendet, Termin ist jeweils Montags um 23:50 oder so. Das besondere und für so eine Empfehlung mitten während der Laufzeit ungemein praktische aber ist: Auf den ZDF-Seiten kann man sich die Folgen schon vorher und auch nachher als Videostream ansehen.

Aber Achtung: es handelt sich um Trash, in vollkommen ehrlicher Form. Der Hauptcharakter und viele Andere sprechen Pseudo-Osteuropäer-Deutsch, die Rakete ist eine Berliner Wohnung, die Technik aus Haushaltsgegenständen zusammengesetzt, Planeten und Aliens billig bis grotesk und die Handlung stets grober Unfug. Einfach herrlich, und faszinierend, dass soetwas seinen Platz ausgerechnet im ZDF findet.

GenomInc
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Sa 21. Apr 2007, 00:41 - Beitrag #2

Also die Mepfehlung kann ich nicht ganz teilen, mir geht es da eher wie Prospero der im NGC6544 über die Serie schreibt.
http://www.ngc6544.de/eintrag/tichy-zum-letzten/
Ich finde sie einfach nur dämlich gemacht. Sie muss sich halt mit den ersten Doctor Who Folgen Mitte der 60er oder halt Raumpatrolie vergleichen lassen und den vergleich verliert sie eindeutig. Lobenswert ist die Vorreiterrolle der Serie nur in der hinsicht das sich a das ZDF an SF material herantraut und b sie die Serie vorab online stellt.
Aber wie gesagt wenn ich wählen müsste dann würde ich gerade auch als SF Fan dann würde ich jederzeit die älteren Doctor Folgen vorziehen. Gerade als SF Fan gib es ja einige sehr gute SF Serien, leider halt nur nicht aus Deutschland, wo sich das anschauen auf jedenfall lohnt:
Heroes, Jericho, Doctor Who New Series, Battlestar Galactica, Jericho, Sahra Jane Adventures, Torchwood, Life on Mars. Schade das sich ein deutscher Sender nicht mal trau eine Serie die Sowohl von den Chrakteren her anspruchsvoll ist als auch ein gutes Seeting hat inkls CGI effekten usw zu produzieren.

Traitor
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So 22. Apr 2007, 11:00 - Beitrag #3

Ich denke, du und dieser Blogger verkennen den Anspruch (bzw den Verzicht auf diesen) der Serie. Es soll keine wirkliche Lem-Verfilmung sein, keine Serie, die sich mit Klassikern des SF-Genres vergleichen kann. Einfach nur grober Unfug. Was wohl am ehesten als Vergleich taugt, ist nicht Doctor Who, sondern Raumschiff Gamestar.
Es soll keine philosophischen Gedanken geben, keine überzeugenden Alienmasken, sondern nur Klamauk und lustvolles Spiel mit der eigenen Unprofessionalität. Und darin kann mich die Serie vollstens überzeugen.

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So 22. Apr 2007, 13:23 - Beitrag #4

dann darf ich die Serie aber auch nicht als SF oder als Lem literatur verfilmung vermarkten was das ZDF ja getan hat sonder es müsste dann unter Comedy laufen

janw
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So 22. Apr 2007, 13:59 - Beitrag #5

Ach nun, das liefe darauf hinaus, daß als SciFi nur völlig ernsthaft daher kommende Geschichten gelten dürften, mit intensiv ausgearbeiteten Universen und Systemen und entsprechend technisch-futuristisch gestalteten Handlungsräumen. Scifi gewissermaßen als hypothetische Zukunfts-Doku.

Aber vernachlässigt das nicht, daß SciFi originär zur Unterhaltung gedacht ist, Spaß machen soll?
Unabhängig davon, bei all den Raabs und Pochers und Yanars, die das label "comedy" benutzen, wäre dieses label für Tichy geradezu eine Beleidigung - ich sehe ihn als eine wirklich witzige ironische Verlade des Sci-Fi-Genres, wobei der Name "Tichy", russ. der Stille, Ruhige, sein Wesen recht gut beschreibt und das Küchenambiente gut mit dem Bild zusammen passt, das von der russischen raumfahrt geprägt wurde - eben etwas handgreiflicher, weniger hypertechnisch als das amerikanische Pendant. Vielleicht liegt hierin der Bezug zu Lem, dessen zugrunde liegendes Werk ich allerdings nicht kenne.

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So 22. Apr 2007, 17:18 - Beitrag #6

janw ich glaub ich habe mich vieleicht etwas falsch ausgedrückt,

Ich meine eigendlich das wenn ich was als SF tituliere ich mich auch mit anderen Werken des Genres vergleichen lassen müsste.
vieleicht wäre ein verglich mit Traumschiff Surprise oder der alten Per Anhalter Serie der BBC besser gewessen aber selbst dagegen fällt Ijon Tichy: Raumpilot ab und Traumschiff ist wahrlich kein höhenflug.

Und wenn man es halt nicht mit den Sachen vergleicht sehen kann dann wäre eine andere genre einordnung besser ob das nun comedy ist das richtige ist das war nur als beispiel gedacht.

Vieleicht müsste es ein ganz neues Genre sein, aber wie gesagt das ZDF hat es als SF beworben und meiner Meinung nahc muss es sich dann durchaus mit den alten Doctor Who oder der Raumpatrolie vergleichen lassen.

janw
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Sa 10. Dez 2011, 02:48 - Beitrag #7

Seit kurzem gibt es nun eine neue Staffel. Die erste Folge wirkte auf mich etwas "glatter" als die erste Staffel damals, wobei ich allerdings auch erst später reingeschaltet habe, vielleicht täuscht das insofern. Recht amüsant war die Parodie einer skandinavischen Möbelhauskette.

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So 11. Dez 2011, 17:05 - Beitrag #8

Oh, danke für den Hinweis. Meine Eltern hatten mir letztens schon erzählt, es käme wieder Tichy im ZDF, aber das klang nur nach einer Wiederholung der alten Folge.
Zum Glück gibt es die neue Staffel auch wieder in der Mediathek zum Nachsehen. Im regulären TV dagegen wohl nur noch bei ZDFneo statt auf dem Hauptkanal.

Mal sehen, Felltier-Sidekicks sehen ja auf den ersten Blick nach einer Vermainstreamung aus... aber ich werde sie mir auf jeden Fall wieder ansehen.

janw
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So 11. Dez 2011, 20:44 - Beitrag #9

Ich habe es neulich auf dem Hauptkanal gesehen.. Regulärer Programmplatz wäre zu eruieren.

Traitor
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So 26. Feb 2012, 01:53 - Beitrag #10

Inzwischen habe ich die gesamte zweite Staffel nachgeholt. Und bin leider sehr enttäuscht.
Einzig der Ikea-Planet hatte etwas, das stimmt (auch, wenn es eine ähnliche Idee schonmal bei Raumschiff Gamestar gab - "Intergalaktisches Kollektiv zur Einrichtung Außerirdischer"), insbesondere die Genesis der berühmten Aufbauanleitungen war treffend.
Ansonsten stimmt aber leider fast nichts mehr. Die Handlungsbögen und die einzelnen Folgen sind zu lang und nehmen ihre Handlungen zu ernst als Wert an sich statt nur als Vehikel für den goben Unfug. Der Ton schwankt zwischen zu ernst (Reise ins Unterbewusste, Pseudoromanze mit der Halluzinelle...) und zu niederem Klamauk (Kloplanet), erreicht aber nie mehr die gehobene Sinnfreiheit der ersten Staffel. Die wiederkehrenden Nebenfigure nerven großenteils (Swami und Fellmel), nur Tarantoga geht. Und die Produktion ist zu (semi)professionell geworden, mit zu viel CGI und zu viel Knall-Bumm-Action-Szenen. Auch, wenn es immer noch immer mal wieder herrlich improvisierte Kulissen und Aliens gibt. Aber der Effekt hat sich auch ein bisschen abgenutzt, bzw. wirkt im veränderten Kontext weniger.

Schade also - die erste Staffel hätte man besser so stehen lassen sollen.

Maglor
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So 26. Feb 2012, 22:31 - Beitrag #11

Die Serie ist mir unbekannt, ich lese zurzeit Lems "Sterntagebücher".
Der Ijon Tichy des Buches ist ein Schelm. Der pikareske Kosmonaut erlebt nacheinander Aventuiren der seltsamsten Art. Nichts an dem Buch ist wirklich ernst.
Einzelne von ihm besuchte außerirdische Gesellschaften können noch als Satire auf die sozialistische Real-Dystopie gelten, andere sind auf andere Art Grotsesk oder auch eine Art "Klamauk". Die Rakete des Buch-Tichys hat tatsächlich eine Küchenzeile, in der er oft Spiegeleier auf dem Atomstrahl kocht oder Fischkonserven öffnet. Anachronistisch wirkt auf der stete Griff des Kosmonauten zu Büchern aller Hand, aber das könnte auch daran liegen, dass Stanislaw Lem sein Werk im vordigitalen Zeitalter verfasste. In einzelnen Geschichte enttarnt sich der Ich-Erzähler Ijon Tichy als plumper Lügner.
Der Science-Anteil des ganzen ist eher niedrig. Häufig finden sich Aneinanderreihung geistreicher Witze, insbesondere zu geisteswissenschaftlichen Problemen.

Traitor
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Di 28. Feb 2012, 02:00 - Beitrag #12

Die Original-Sterntagebücher habe ich auch vor 2 Jahren oder so mal gelesen. Der Tichy darin ist erwartungsgemäß weniger dümmlich als der in der Serie, und der Inhalt intellektueller komisch, aber es ist an Charakter, Handlung und Welt durchaus erkennbar, woher die Fernsehmacher ihre Inspiration für diese spezifische Interpretation nahmen.

Nochmal zur zweiten Staffel: der Blobfisch spielt übrigens mit, als Oberbösewicht in der Kloplanet-Folge.


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