Da 1. dieses Jahr eine Verfilmung von Ender's Game ansteht (
Trailer, mehr dazu s.u.) und ich 2. schon oft gehört hatte, das Buch würde sehr von seinem "Twist" leben, ich es also unbedingt vor dem Film lesen wollte, habe ich mir jetzt mal die vier Hauptgeschichten als "Quartet"-Box angeschafft und Band 1 auch immerhin schon gelesen.
Zur Threaauffrischung erstmal noch ein Zitat aus dem
Wblig:
Zitat von Padreic:Orson Scott Card: Ender's Game und Speaker of the Dead Angeregt von der im SF-/Fantasy-Forum geposteten Liste habe ich mal an dieses Werk gemacht, wohl einem Klassiker der Science-Fiction, von dem ich vorher allerdings noch nie gehört hatte - zu unrecht, denke ich. Ender's Game handelt von dem sehr jungen Ender Wiggins, der in früher Kindheit schon in eine Militärakademie gesteckt wird, um zu einem militärischen Genie ausgebildet zu werden. Es gilt einen anscheinend unvermeidlichen Krieg gegen die Spezies der 'Bugger' zu gewinnen, die die Erde schon zweimal angegriffen haben. Speaker of the Dead spielt 3000 Jahre später. Dank des Segnungen des nah-Lichtgeschwindigkeitsflugs ist Ender jedoch erhalten geblieben, wenn auch sehr verändert. Im Zentrum steht die Begegnung der Menschheit mit den 'Piggies', der ersten intelligenten Spezies, auf die sie seit 3000 Jahren stießen. Ich will zu beiden Romanen nicht viel mehr schreiben, keine Wendungen vorwegnehmen. Nur so viel: beiden Romen ist eine gewisse Konstruiertheit eigen. Das wird aber mehr als ausgeglichen durch den spannenden Plot, die faszinierende Welt, die strategischen Ideen im ersten Teil, die humanistischen Ideen und das schöne Charakterspiel im zweiten Teil. Empfehlung für den ersten Teil, deutlichere Empfehlung für den zweiten.
Ich fand es spannend, eingängig und sehr lesenswert. Und in seiner Kombination aus einfach konstruierter Grundgeschichte und relativ vielschichtigem Hintergrund auch überraschend tiefgängig. Ipsissimus' Einschätzung aus dem
Wichtige-Bücher-Thread, Card sei eine besondere literarische Größe des Genres, kann ich nach dieser ersten Stichprobe aber noch nicht ganz teilen, denn das "Spiel" hat für mich doch ein paar Probleme.
Zum einen wirken Sprache und Verhalten der Kinder etwas unglaubwürdig, trotz besonderer Umgebung und postuliertem Geniesein auch der Nebenfiguren. Ich möchte nicht wie manche (u.a. bei WP zitierte) Kritiker behaupten, das wäre von Grund auf unrealistisch, aber irgendwie fehlten doch zu sehr die emotionalen, verletzlichen, irrationalen Aspekte, zumindest in der Anfangszeit, bevor sie richtig in das System eingebunden wurden. Ich denke, zumindest die "Launchies" müssten 2-3 Jahre älter sein (aber nicht so alt wie im Film) oder alternativ etwas anders beschrieben werden. Gleichzeitig kann ich nicht akzeptieren, dass angeblich alle Kandidaten der Battle School aus den intelligentesten und geeignetsten Kindern der Erde ausgewählt wurden, die Zwischen-Antagonisten aber immer als ziemlich dumm dargestellt werden. Teil davon mag der enderlastigen Perspektive anzurechnen sein, Teil ist zu viel Verlassen des Autors auf einfache Sozialdynamik-Schemata.
Zudem wandeln sich Stil und Erzählebene im Laufe des Buches meines Erachtens auf ungute Weise. Anfangs werden Ereignisse, Umgebung und Enders Innenleben noch sehr ausführlich behandelt, später werden die Sprünge dann aber oft sehr groß und manche wichtigen Charakterentwicklungen werden nur noch in wenigen Sätzen behauptet, ohne nachvollziehbar zu sein.
Fragwürdig und überflüssig bis störend fand ich die Nebengeschichte um Enders Geschwister und ihre Karriere als Internet-Quasi-Politiker... die passte in ihrer Abgehobenheit und Blauäugigkeit nicht gut zum Ender-Teil.
Und dann wäre da noch der faschistoide Einschlag. Über den Großteil der Handlung ist nicht klar, ob Card die Rechtfertigungen der Militärs nur als negative Charakterisierung verwendet oder auch selbst vertritt. Das kann man als bewusst kritische Auseinandersetzung fördernde Offenheit interpretieren, dazu wäre ich auch bereit. Aber da die Klarstellung auch am Ende ausbleibt und parallel die Präsentation der drei Wiggin-Geschwister und die Einteilung aller anderen Figuren in von Geburt an weitgehend auf kompetent oder inkompetent, guter Charakter oder schlechter Charakter, festgelegte Typen ein ziemlich problematisches Menschenbild mit Tendenz zum Übermenschenkult andeutet, erscheint mir das Weltbild hinter der Geschichte doch recht unerfreulich. Noch will ich aber nichts endgültiges dazu sagen, das (ansonsten sehr unpassend wirkende) Schlusskapitel lässt für die Folgebände da noch die Hoffnung auf Richtigstellung. Meinungen anderer gerade zu diesem Punkt würden mich aber sehr interessieren.
Noch zum "Twist":
[spoiler]Es gibt ja früh genug Andeutungen, dass irgendetwas an der Sache nicht stimmt. Die Variante, dass es ab einem bestimmten Punkt keine Simulation mehr sein wird, kam mir auch recht früh in den Sinn. Allerdings hatte ich mich zwischendurch schon zu sehr für die noch bösere Option, dass es gar keinen Bugger-Konflikt (mehr) gibt und Ender von vornherein gegen die Russen eingesetzt werden soll, erwärmt (wird buchintern als Verschwörungstheorie von (iirc) Dink vertreten) und wurde daher vom tatsächlichen Ausgang doch noch milde überrascht.[/spoiler]
Und zum Film(-Trailer): Das starke Altern der Kadetten ist eine produktionstechnisch verständliche, wirkungsmäßig aber wohl relativ fatale Entscheidung. Ein paar Jahre wären akzeptabel, vielleicht sogar gut gewesen, aber von 6 auf 12-14 ist dann doch ein großer Sprung, der die ethischen Aspekte der Geschichte teilweise aushebelt und einer geradlinigen Veractionung Vorschub leisten könnte. Ansonsten sieht der Trailer relativ angemessen aus, mal sehen, was draus wird.
Es scheint auch gerade eine Debatte über Cards Mormonismus und harte "anti-gay" Äußerungen zu geben, bis hin zu Filmboykottaufrufen. Würde ja zu meinen politischen Zweifeln passen. Aber warum das gerade für den Film, an dem er nur teilbeteiligt ist, so entscheidend sein soll, während er als Autor ja generell anerkannt ist...