Philip K. Dick, Herbert W. Franke & andere SF-Autoren

Literatur und Medien, die die Grenzen der bekannten Welt sprengen - die Zukunft der Menschheit und ihre Abenteuer in fantastischen Welten.
Fargo
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Di 1. Jul 2003, 10:21 - Beitrag #81

Insofern schwerfällig, als a) wenig passiert und wir b) ständig auf Informationen über diese Alternativwelt neugierig werden, die uns der Ich-Erzähler aufgrund seines arg begrenzten Blickwinkels und seiner mangelnden Beweglichkeit durch die sozialen Schichten und geografischen Räume nie und nimmer wird berichten können. Der Kerl grübelt und denkt viel mehr als dass er erlebt - was nicht gut für uns ist, die wir ihn doch gerne als lebende Kamerasonde durch diese andere Welt flitzen lassen würden.

Mir hat's trotzdem Spaß gemacht: ich bin ja immer ziemlich fasziniert, wenn einer so konsequent an Publikumserwartungen vorbei schreibt. ;)

Bin mal gespannt, wie Traitor die Unterhaltsamkeit einstuft. Aber für einen SF-Fan gehört das Buch wohl zum Kanon, behaupte ich jetzt mal - nur um Dir das Leben schwer zu machen... :D

Fargo

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Di 1. Jul 2003, 10:29 - Beitrag #82

... es ist schon schwer genug ... lol ;)

Traitor
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Di 1. Jul 2003, 18:12 - Beitrag #83

Schwerfällig stimmt, durch die langen Phasen, in denen wenig passiert. Aber auf jeden Fall interessant.
Den geringen Blickwinkel des Protagonisten würde ich nicht als Nachteil einstufen. Bei Parallelweltstories finde ich es eigentlich gerade faszinierend, wenn man nur einen kleinen Ausblick hat und sich selber immer weiter ausmalt, wie vielleicht der Rest der Welt aussehen könnte, und dies dann mit den paar Informationen abgleicht, die man im weiteren Verlauf doch noch erhält. Wohl auch einer der Gründe, warum es so unzählige Kurzgeschichten über dieses Thema gibt: die Welt wird nur kurz angerissen, entwickelt sich aber trotzdem im Geist des Lesers.
Das mit dem US-Zentrismus stimmt sicherlich, war mir bisher gar nicht so aufgefallen. Und gleichzeitig kommt auch eine Art Ur-Angst der Amerikaner durch: wieder von den Europäern dominiert zu werden. Die treten ja wieder wie eine halbe Kolonialmacht auf. Solche Elemente finden sich auch in mancher amerikanischen Post-Atomkriegs-Erzählung.

Traitor
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Mo 24. Mai 2004, 13:19 - Beitrag #84

Nach meiner ersten Dick-Lektüre "Das Orakel vom Berge" erhält dieser Thread nun mal wieder eine wohlverdiente Belebung...
Erstmal muss ich anmerken, dass es das schlechteste Buch war, dass ich je gelesen habe - in Bezug auf Schreibfehler :D Im Schnitt 2-3 pro Seite kamen mir unter... naja, dafür war es ja auch ein 1€-Remittenten-Exemplar von 1982 vom Grabbeltisch der Buchhandlung...

Also, zum Inhalt. Passenderweise hatte dieser Thread ja mit Ward Moores alternativem amerikanischem Bürgerkrieg aufgehört - jetzt also ein Buch zu einem alternativen WWII. Dabei deutlich besser umgesetzt als ersteres - kann mich eigentlich in allen Punkten nur Fargos Besprechung auf der ersten Seite anschließen.
Besonders interessant fand ich neben dem Alltagsleben der Menschen - der Umkehr der Rassenvorurteile, dem Anti-Kolonialismus sozusagen, etc - die Beschreibung der Machtkämpfe im Dritten Reich zwischen den Hitler-Erben. Die Absurdität dieser Quasi-Anarchie, die dennoch im Endeffekt die ganze Welt beherrschen kann, ist so getroffen, wie man es sich wirklich vorstellen könnte (aber sicherlich nicht wollte).

Zum Abschluss noch eine Frage, für die mich Fargo vermutlich wegen der damit verbundenen Gedächtnisarbeit töten wird: welchen Dick sollte ich als nächstes zur Hand nehmen? Im bisherigen Threadverlauf haben sich ja keine allzu eindeutigen Empfehlungen herauskristallisiert. VIelleicht erstmal eine Kurzgeschichten-Sammlung?

Fargo
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Di 25. Mai 2004, 09:07 - Beitrag #85

Original geschrieben von Traitor
Zum Abschluss noch eine Frage, für die mich Fargo vermutlich wegen der damit verbundenen Gedächtnisarbeit töten wird: welchen Dick sollte ich als nächstes zur Hand nehmen?


Gedächtnisarbeit hasse ich tatsächlich. Außer ich darf erzählen, früher sei alles besser gewesen. Dann kann ich stundenlang nicht aufhören zu faseln... :D

Aber hier stoße ich auf ein ganz anderes Problem - das ich früher im Thread wohl schon mal erwähnt habe. Ich halte Dick für eine so faszinierende gebrochene Figur, dass ich alles von ihm interessant finde, auch die eher missratenen oder jedenfalls für seine Verhältnisse zweitklassigen Texte. Weil die mir viel verraten über den Druck, unter dem er stand: durch den zynischen Markt, der eigentlich ganz andere Texte als die seinen haben wollte, durch seine zunehmende Generalopposition zum Mainstream der Gesellschaft, durch seine unbeherrschbar werdende psychische Erkrankung. Es gibt eine Menge Stories von ihm, die vertraute Themen wenig originell durchspielen - trotzdem sind sie für mich aufregende Zeugnisse, fühle ich mich beim Lesen dem Autor nahe.

Aber dem Konsens der Literaturkritik kann ich trotzdem zustimmen: die auf "The Man In The High Castle" folgenden Romane Dicks gehören zu seinen besten, am straffsten durchgeformten:

"Martian Time-Slip"

"Dr. Bloodmoney, or How We Got Along After The Bomb"

"The Three Stigmata Of Palmer Erdritch"

So, und jetzt nehme ich schnell die Finger von der Tastatur, bevor ich weitere zwanzig Titel empfehle. ;)

Dick-Fan Fargo

Traitor
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Di 25. Mai 2004, 12:02 - Beitrag #86

Danke für die Überwindung ;)
Ein oder zwei davon werde ich mir dann vielleicht demnächst mal anschaffen... auf Deutsch allerdings. Die Dick-Reihe ist übrigens interessant gestaltet - komplett einfarbige Cover... soll anscheinend den Klassiker-Status unterstreichen.

allnixe
 
Mo 30. Aug 2004, 23:03 - Beitrag #87

herbert w franke

Bei Herbert W. Franke ist für mich die gigantische Vielfalt echt beeindruckend. http://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_W._Franke

Tja, man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus...

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